Titel: | Die Arbeitsvorgänge als Grundlage der Construction und Anwendung der Werkzeuge und Maschinen zur Holzbearbeitung. |
Autor: | Josef Pechan |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 405 |
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Die Arbeitsvorgänge als Grundlage der
Construction und Anwendung der Werkzeuge und Maschinen zur Holzbearbeitung.
Mit Abbildung.
C. Pfaff, über Werkzeuge und Maschinen zur
Holzbearbeitung.
Das für den Mann der Wissenschaft wie für den Praktiker gleich werthvolle Studium
specieller Theile der mechanischen Technologie wird immer lohnender und deshalb mehr
Beachtung finden, je mehr und je eingehender die hierzu gebotenen literarischen
Behelfe die Arbeitsvorgänge und die durch diese begründete Construction und
Anwendung der Werkzeuge und Maschinen behandeln. Durch die Verbreitung gründlicher
Kenntnisse der Arbeitsvorgänge wird unzweifelhaft nicht nur das Verständniſs für die
erfolgreiche Anwendung schon vorliegender Werkzeuge und Maschinen auſserordentlich
gefördert, sondern auch die Urtheilsfähigkeit über den Werth neuer Erfindungen auf
dem betreffenden Gebiete geschärft und endlich in Hinsicht zweckmäſsiger
Verbesserungen und neuer Constructionen anregend gewirkt. Der hiermit geschaffene
Nutzen aber ist für die Wissenschaft sowohl, als für die Praxis gleich zu erachten.
Ganz besonders gilt dies auf dem Gebiete der Holzbearbeitung. Es ist nicht zu
verkennen, daſs solche Behandlung des Stoffes gründliches Verständniſs voraussetzt,
und darum um so mehr zu schätzen, wenn bewährte Kräfte aus der Praxis selbst sich
solcher Arbeit widmen.
Von diesem Standpunkte verdient ein kürzlich erschienenes Werk des
durch seine hervorragenden Ausführungen auf dem Gebiete des praktischen
Maschinenbaues und auch durch seine bisherigen literarischen Leistungen rühmlich
bekannten Maschinen-Ingenieurs Carl Pfaff in WienDie Werkzeuge und Maschinen zur Holzbearbeitung,
ausschlieſslich der Sägen, also der Aexte, Beile, Stech- und Stemmzeuge,
Bohrer, Hobel und der hauptsächlichsten zur Bearbeitung des Holzes
gebräuchlichen Maschinen. Von Carl Pfaff,
Maschinen-Ingenieur in Wien, unter Mitwirkung von W.
F. Exner, Professor an der k. k. Hochschule für Bodencultur in
Wien. 294 S. in gr. 8. Mit 79 in den Text gedruckten Holzschnitten und einem
Atlas von 30 Foliotafeln. (Weimar 1883. Bernh.
Friedr. Voigt.) ganz besondere Beachtung und wollen wir
versuchen, an der Hand des Buches selbst zu eingehendem Studium desselben
anzuregen.
Wir begegnen in diesem Werke in vielen Dingen einer neuen
Richtung, welche darin besteht, daſs die Wirkungsweise der sowohl bei den
Werkzeugen, als auch bei den Maschinen als eigentlich thätiges Mittel auftretenden
Schneide möglichst eingehend untersucht und besprochen wird. Die sämmtlichen
weiteren Erklärungen gehen dann an der Hand der so aufgestellten Begriffe vor sich.
Der Verfasser sah sich hierzu, wie er selbst angibt, genöthigt, weil der Stoff ein
so auſserordentlich reichhaltiger ist, daſs es gar nicht möglich wäre, ihn rein
beschreibend zu bewältigen. Um aber die Wirkung der schneidenden oder sonstwie
thätigen Werkzeuge klar definiren zu können, sind ganz zweckmäſsig vorher die
Arbeitsvorgänge allgemein aus einander gesetzt, welche der Bearbeitung des Holzes zu
Grunde liegen, und zwar das Spalten, Schneiden, Biegen und Pressen. Der
Vollständigkeit wegen folgt darauf eine kurze Besprechung der Mittel zum Einspannen,
Festhalten, Anzeichnen, Messen u.s.w. Schon bei der folgenden Darstellung der
eigentlichen Handwerkszeuge finden wir wiederholt interessante und anregende
Erklärungen der Wirkungsweise der arbeitenden Kanten, Schneiden oder Spitzen und ist
namentlich der Wirkung des Hobels, welcher als zusammengesetztes Werkzeug
geschildert wird, eine eingehendere Beleuchtung gewidmet. Wir finden da die
auſserordentlich anziehende Schilderung der Wirkung und Begründung der
Spanlochkante, der verschiedenen Wirkungen des Hobeleisens u.s.w. und treffen auf
eine wohl noch nicht allgemein bekannte Auseinandersetzung über die Nothwendigkeit
des sogen. Anstellwinkels β. Letztere wird nämlich aus
der Reaction der Holzfasern, welche beim Schnitte verdichtet werden und sich nach
dem Schnitte wieder ausdehnen, zurückgeführt und es wird nachgewiesen, daſs ein
Schneiden des Holzes mit Werkzeugen ohne Anstellwinkel nicht möglich ist.
In nachstehender Figur bezeichet α
den Schneidwinkel, β den Anstellwinkel, γ den Zuschärfungswinkel, δ den Winkel für die Neigung der Ausschleiffläche. Die Wichtigkeit der
Ausschleiffläche erhellt aus der Betrachtung über das Schleifen der Werkzeuge, bei
welcher sowohl das Schleifen im Allgemeinen mit natürlichen und künstlichen Steinen,
als auch die Schleifvorrichtungen eingehend besprochen erscheinen.
Textabbildung Bd. 247, S. 406
Bezüglich der Holzbearbeitungsmaschinen finden wir gesondert
behandelt: den Bau und Betrieb der Maschinen, die Spindeln, Achsen und Lager
derselben, die Riementriebe, Riemenscheiben und Räder, die schneidenden Werkzeuge
und endlich die Balancirung der rotirenden Theile – durchwegs vom Standpunkte des
Technologen, mit Einfügung sowohl für den Holzindustriellen, als auch für den
Maschinenconstructeur sehr werthvoller praktischer Winke und kritischer Bemerkungen,
welche dieses Werk noch ganz besonders auszeichnen, ohne daſs hiermit in das Gebiet
des eigentlichen Maschinenbaues hinübergegriffen erscheint. Nach diesen
festgestellten allgemeinen Grundsätzen folgt naturgemäſs die Beschreibung einer
Reihe verschiedener typischer Holzbearbeitungsmaschinen nach Klassen geordnet,
ebenfalls in höchst anregender Weise, wobei auch die Sandpapiermaschinen,
Spaltmaschinen und Biegemaschinen mit in Betracht gezogen sind. Auch die
Einrichtungen für den Spänetransport in gröſseren Fabriksanlagen für Holzbearbeitung
sind behandelt und durch Zeichnungen erläutert. Der Anwendung in der Praxis sehr
dienlich ist die Angabe des Kraftbedarfes und seiner Berechnungsweise nach
ausgeführten Versuchen über Kraftbedarf und Leistungsfähigkeit verschiedener
Holzbearbeitungsmaschinen, wie sich dieselben hier zusammengestellt finden.
Neu und interessant ist der Versuch, die Maximalbeanspruchungen zu
berechnen, denen Bestandteile einer Holzbearbeitungsmaschine ausgesetzt sein können,
und wir legen einen hohen Werth auf die bezügliche Berechnung, welche zwar nicht
beansprucht, als Grundlage für die zu wählenden Abmessungen einer neu zu erbauenden
Maschine angenommen zu werden, welche jedoch nothwendig ist, um zu zeigen, daſs man
die Dimensionirung derartiger meist schnell laufender Maschinen nicht etwa
irrthümlicher Weise aus dem gesammten Kraftverbrauch derselben ableiten dürfe. Die
Berechnung ist an der Messerwalze einer Holzhobelmaschine durchgeführt, deren
Verhältnisse nach einer ausgeführten Maschine festgestellt sind. Als besondere Fälle
auſserordentlicher Beanspruchung, wie sie in der Praxis vorkommen können, sind
angenommen, daſs durch Abreiſsen der Schrauben ein Messer von der Messerwalze
weggeflogen und hierdurch eine einseitige Belastung der Messerwalze eingetreten sei,
ferner, daſs der Riemen abfällt und, falls er hängen bleibt, eher reiſst, ohne den
Zapfen abzubrechen, und endlich, daſs ein zu dickes Brett die Messerwalze plötzlich
zum Stillstande brächte, in welch letzterem Falle jedoch nicht mehr darauf gerechnet
wird, daſs alle Theile der Messerwalze in gutem Zustand verbleiben.
Wir haben in diesem in gedrängter Form einen recht umfangreichen
Stoff behandelnden Werke des Neuen und Anregenden so viel gefunden, daſs wir nicht
umhin können, es allen Technologen angelegentlichst zu empfehlen. Wir glauben dies
um so mehr thun zu können, als wir eigentlich in deutscher Sprache ein ausführliches
Werk über diesen Gegenstand noch nicht besitzen. Es ist zwar vor 2 Jahren von A. Ledebur eine treffliche Arbeit über die mechanische Verarbeitung des Holzes (bei Friedr. Vieweg und Sohn) erschienen, deren Umfang und
Ziele jedoch bei Weitem enger gezogen sind; aber eine erschöpfende Bearbeitung
besitzen wir, wie gesagt, noch nicht. In englischer Sprache sind: Treatise on the Construction and Operation of Wood Working
Machines von J. Richards und ein kleineres
Werk von M. Powis Bale erschienen; in französischer
Sprache haben wir ein hübsches Werk von Armengaud ainé.
In allen diesen Werken ist aber auf Handwerkzeuge keine Rücksicht genommen und sind
dieselben ausschlieſslich beschreibend; sie erstrecken sich nicht auf das Feld der
Arbeitsvorgänge und
untersuchen nicht die Thätigkeit des Werkzeuges an seiner Schneide, lassen daher in
dieser Richtung eine Lücke.
Wir glauben somit, daſs auch die gründlichen Kenner des
Specialfaches, welche die genannten Bücher gelesen haben, Pfaff's Werk mit Nutzen und Vergnügen studiren werden.
Prof. Josef Pechan.