Titel: | Ueber das Türkischroth-Oel; von E. Lauber. |
Autor: | E. Lauber |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 469 |
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Ueber das Türkischroth-Oel; von E. Lauber.
E. Lauber, über das Türkischroth-Oel.
Verschiedene Aufsätze über das in den letzten Jahren in der Kattundruckerei
verwendete sogen. „Türkischroth-Oel“ (vgl. 1883 247 38), welche sowohl über dessen Ursprung und Anwendung, als auch über
seine Eigenschaften und seine chemische Zusammensetzung falsche Ansichten zu
verbreiten geeignet sind, veranlassen mich, auf einen über diesen Gegenstand in den
Berichten der österreichischen chemischen
Gesellschaft, 1880 S. 36 veröffentlichten Artikel hier zurück zu
kommen.
Die erste Anregung zur Präparation der Baumwollzeuge mit Sulfoleïnsäure gibt Runge im ersten Theil der im J. 1834 bei Mittler in Berlin erschienenen Farben-Chemie; er beschreibt die Darstellung des sulfoleïnsauren Kalis und
betont ganz besonders, wegen der leichten Zersetzbarkeit des Präparates die
Sulfosäure mit kalter und nicht mit heiſser Kalilauge zu neutralisiren. Soweit mir
bekannt ist, wurden im J. 1860 im Hause Gros, Roman,
Marozeau und Comp. in Wesserling i. E. die Stücke geölt, welche mit
Anilindampffarben bedruckt wurden, und erst im J. 1873 nach Einführung des
künstlichen Alizarins begegnen wir hübschen Möbelstoffen mit Roth oder Rosa, die auf
geölten Zeugen gedruckt waren. Aehnliche Fabrikate kamen 1874 aus der Druckerei von
Lemaître, Lavotte und Comp. in Volbec bei Rouen.
Das Verfahren der beiden Häuser blieb aber vollständig geheim.
Die bis dahin angewendeten Oelmethoden beruhten auf der Anwendung von sulfoleïnsauren
Salzen, welche aus Olivenöl bereitet wurden. Die damit erhaltenen Resultate waren
jedoch noch sehr unvollkommen und es trat namentlich bei Dampffarben der Uebelstand
ein, daſs die Stücke einen ockergelben Grund hatten, welcher sich nicht wieder
bleichen lieſs.
Wir kommen nun zu dem eigentlich wesentlichen Fortschritt in der Oelerei der
Baumwollstoffe, nämlich zur Anwendung der Ricinölsulfosäuren, womit alle bisherigen
Uebelstände beseitigt wurden, in Folge dessen sich die neue Methode mit groſser
Schnelligkeit verbreitete. Fast gleichzeitig brachten Ende 1876 zwei Firmen, nämlich
John M. Sumner und Comp. in Manchester und P. Lhonoré in Havre das neue Präparat in den Handel,
das erstere Haus eine Natronverbindung, letzteres eine ammoniakalische.
Das erste, was wir in technischen Zeitschriften darüber vorfinden, brachte Reimann's Färberzeitung, 1877 Nr. 10 und 14. Nach
einigen Bemerkungen über eine Arbeit, welche Weiſsberger über Türkischroth machte, theilte Reimann die Lhonoré'schen Verfahren
ausführlich mit. Letztere Firma war also die erste, welche eine wirklich praktische
und ausführliche Methode zur Herstellung des Türkischroth und der Dampffarben unter
Anwendung des von Fritz Storch entdeckten
ammoniakalischen Türkischroth-Oeles gab, und nur ihr gebührt das ausschlieſsliche
Verdienst der groſsen Entwickelung, welche die vereinfachte Türkischroth-Fabrikation
genommen hat. Die Erfolge riefen bald eine sehr ausgebreitete Concurrenz hervor, so
daſs heute die beiden Häuser, welchen das Verdienst der Einführung des neuen
Präparates gebührt, mit sehr geringem Nutzen arbeiten. (Vgl. Kielmeyer 1879 234 483.)
Ein Zusatz von pyroterebinsaurem Natron, wie er von anderer Seite versucht wurde,
kann nur als eine Verfälschung des ursprünglichen und heute beinahe allgemein
angewendeten ricinölsulfosauren Salzes betrachtet werden. Wem etwa die Mischung mit
dem pyroterebinsauren Natron noch als eine Verbesserung des Türkischrothöles
erscheinen sollte, der darf nur beachten, wie aus der Formel der Ricinölsäure, C18H34O3, ersichtlich ist, daſs dieselbe leicht als ein
Oxydationsproduct der Oelsäure, C18H34O2, angesehen
werden kann. Es ist leicht anzunehmen, daſs bei der alten Türkischroth-Fabrikation
Oxydationsproducte der Oelsäure entstanden sind, welche dem Stoffe die Fähigkeit
gaben, in dem bekannten Ton sich färben zu lassen, und es ist gewiſs, daſs dort
keinerlei pyroterebinsauren Verbindungen entstehen konnten.
Das Oel von Lhonoré enthält regelmäſsig 55 bis 58 Proc.
Oelsulfosäure, die mit Ammoniak neutralisirt ist, und gewisse Mengen Ammoniumsulfat,
welches von der Fabrikation herrührt. Stein hat in Reimann's Färberzeitung, 1879 Nr. 25 die
Aussalz-Methode zur Bestimmung der Oelsulfosäure angegeben, ist aber in Nr. 32 von
Wuth in Ramsbottom, welcher behauptet, er sei der
Erste, der im J. 1876 das Oel dargestellt und in den Handel gebracht habe,
berichtigt worden.
Was nun die Wirkung des Türkischrothöles betrifft, so läſst sich dieselbe sehr leicht
begreifen und erklären: Man tränkt entweder den Stoff mit einer Lösung des
ricinölsulfosauren Salzes, um ihn nachher mit einer Thonerdeverbindung zu beizen,
oder man färbt unter Zusatz derselben Verbindung mit Alizarin, oder man klotzt den schon
gefärbten Stoff mit Oel. In jedem Fall bildet sich durch doppelte Zersetzung eine
ricinölsulfosaure, bei Erhöhung der Temperatur vielleicht hydroricinölsaure Thonerde
(vgl. die Arbeiten von Frémy über die Oelsäure); ob nun
auf schon gefärbter Waare das Oel erst verbunden, oder nachträglich das Färben
vorgenommen wird, so hat man eine Doppelverbindung an Ricinölsulfosaure, Alizarin
und Thonerde, welche einen bräunlichen Ton besitzt. Dämpft man nun, so werden die
Sulfosäuren zersetzt und es bildet sich eine Verbindung von Ricinölsäure, Alizarin
und Thonerde, welche die Eigenschaften des Türkischroth vollständig besitzt.
Zawiercie, März 1883.
Dr. E. Lauber.