Titel: | Ueber die registrirenden meteorologischen Apparate der Gebrüder Richard in Paris-Belleville. |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 484 |
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Ueber die registrirenden meteorologischen
Apparate der Gebrüder
Richard in Paris-Belleville.
Mit Abbildungen auf Tafel 38.
Gebr. Richard's registrirende meteorologische Apparate.
Welchen Werth die registrirenden Barometer, Thermometer und Hygrometer der Gebrüder Richard für die Meteorologie bereits erlangt
haben, läſst sich aus der groſsen Anzahl der Instrumente, nahezu 300, schlieſsen,
welche die Genannten nach dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, 1882 Bd. 9 S. 531 innerhalb 18 Monaten
an die meteorologischen Anstalten nicht nur beinahe aller europäischen Staaten,
sondern auch anderer Welttheile geliefert haben.
Sämmtliche Instrumente haben das mit einander gemein, daſs sie den Druck, die
Temperatur und den Feuchtigkeitsgrad der Atmosphäre auf einem durch ein Uhrwerk in
Bewegung gesetzten Papierstreifen aufzeichnen. Die Apparate sind leicht
transportabel und bei sorgfältiger Ausführung nicht theuer (72 bis 80 M). Wir
schicken der Beschreibung derjenigen Theile, welche dem Instrumente als Barometer,
Thermometer oder Hygrometer eigenthümlich sind, die Erläuterung des
gemeinschaftlichen registrirenden Mechanismus voraus.
Jedes der in Fig. 10 bis
15 Taf. 38 dargestellten Instrumente ist auf einem Sockel unter einem
Glasgehäuse aufgestellt, welches den physikalischen Vorgang bequem zu beobachten
gestattet. Gehäuserahmen sowie Sockel sind bei Zimmerapparaten von Holz, bei solchen
jedoch, welche in freier Luft zu stehen haben, von Metall. Eine vertikale Trommel
E (Fig. 10)
wird durch ein in ihrem Inneren angebrachtes Uhrwerk in langsame Drehung versetzt.
Die obere Trommelplatte enthält zwei durch Klappen verschlieſsbare Oeffnungen für
die zum Aufziehen und Reguliren des Werkes dienenden Schlüssel. Durch die
Bodenplatte tritt eine der Räderachsen, deren Ende ein Getriebe h trägt; letzteres steht mit einem unbeweglichen
Zahnrade g in Eingriff, welches an die im Sockel des
Apparates feststehende und der Trommel als Achse dienende cylindrische Stange s (vgl. Fig. 12)
festgekeilt ist. Hieraus folgt, daſs das Getriebe h,
indem es das feste Rad g umkreist, die Drehung der
Trommel veranlaſst. Aus Fig. 12 und
14 ist ferner ersichtlich, daſs Trommel und Uhrwerk nach Abschrauben der
Mutter w zum Zweck etwaiger Ausbesserung o. dgl. leicht
von den übrigen Theilen des Apparates getrennt werden kann.
Der Abstand der Horizontallinien, womit die zur Aufnahme der Diagramme dienlichen
Blätter im Voraus bedruckt sind, hängt von der Bestimmung des Instrumentes ab. Die
Vertikallinien oder Erzeugenden dienen zur Zeitbestimmung und ihre Abstände richten
sich nach dem Gang des Uhrwerkes. Für die Apparate, auf welche sich gegenwärtige
Beschreibung bezieht, ist die Dauer einer Umdrehung auf 1 Woche und einige Stunden berechnet, so
daſs die Blätter alle 8 Tage zu einer festgesetzten Zeit umgetauscht werden können.
Die Erzeugenden sind im vorliegenden Falle in Zwischenräumen entsprechend der
Zeitdauer von 2 Stunden auf dem Papier angeordnet und wieder in Gruppen abgetheilt,
deren jede einen ganzen Tag darstellt. Am Kopf des Bogens sind die Tage der Woche
und die Ordnungsnummern der Stunden aufgezeichnet. Der Zeitraum von 2 Stunden
entspricht einem Abstande von 3mm.
Wenn die Vertikallinien der Papierfläche ganz gerade wären, so müſste der zeichnenden
Feder eine streng vertikale Bewegung ertheilt werden, ein Umstand, welcher einen
besonderen Mechanismus voraussetzen und die Empfindlichkeit des Instrumentes
beeinträchtigen würde. Hierin liegt eine der Hauptschwierigkeiten, denen seither
Alle begegnet sind, welche sich die Construction von registrirenden Apparaten dieser
Art zur Aufgabe machten. Die Gebrüder Richard haben
diese Schwierigkeit sehr glücklich beseitigt, indem sie sich mit einer allerdings
nur annähernden Lösung begnügten, welche aber eine in der Praxis hinreichende
Genauigkeit darbietet. Alle ihre registrirenden Apparate sind nämlich mit einem an
seiner Drehungsachse durch ein Plättchen b geschützten,
elastischen Metallhebel C ausgestattet, welcher in
einer die Trommel E berührenden Vertikalebene beweglich
ist. In Folge der Biegsamkeit dieses Hebels bleibt die an seinem Ende angebrachte
Schreibfeder D mit der Cylinderfläche in steter
Berührung und beschreibt mit ihrer Spitze eine leicht einwärtsgebogene Linie. Der
Fehler, welchen diese Einbiegung hinsichtlich des den Aufzeichnungen entsprechenden
Zeitmaſses zur Folge haben könnte, wird dadurch vermieden, daſs man, wie Fig.
10 zeigt, den Vertikallinien des Papieres eine entsprechende Krümmung
gibt. Die Befestigung des Papieres auf der Trommel geschieht höchst einfach dadurch,
daſs die zusammenstoſsenden Ränder durch den Druck einer leicht auszulösenden
Messingfeder i zusammengehalten werden. Um den
Parallelismus der Horizontallinien mit den Cylinderkanten zu sichern, ruht der
Papierbogen mit seiner Basis auf dem vorspringenden unteren Rande der Trommel.
Letztere kann frei nach beiden Richtungen gedreht werden, weil sie mit dem
Triebwerk, wie das Stundenzeigerrohr einer Uhr, nur durch Reibung verbunden ist.
Somit läſst sich die schreibende Spitze zu jeder Zeit leicht auf die gewünschte
Abtheilung des Papieres bringen.
Zu den beachtenswerthen Eigentümlichkeiten der vorliegenden Instrumente gehört die
Schreibfeder D, durch welche die Aufgabe, die
Aufzeichnungen mit Tinte auszuführen, gelöst ist. Diese Feder besteht aus einem
kleinen Metallnäpfchen in Form einer 3seitigen Pyramide, welche mit ihrer Basis an
das Ende des Hebels C befestigt ist. Die das Papier
berührende Spitze ist wie der Schnabel einer gewöhnlichen Schreibfeder gespalten, um
vermöge der Capillarität die Tinte – ein Gemenge von Anilin und Glycerin, womit das
Näpfchen gefüllt wird, – dem Papier zuzuführen. Ihr Druck gegen die Trommel läſst sich mit Hilfe einer
Schraube c reguliren. Um sie von der Trommel abzuheben,
rückt man mittels des Winkelhebels e die vertikale
Stange d und durch diese den Arm C auf die Seite.
Fig.
10 und 11 Taf. 38
stellen ein registrirendes Aneroïdbarometer dar, dessen
Empfindlichkeit in Folge einer von Richard angebrachten
Vervollkommnung wesentlich erhöht worden ist. Das bewegende Organ dieses Barometers
bildet eine luftleere Aneroïdkapsel, bestehend aus zwei an ihren Rändern
zusammengelötheten dünnen Metallschalen, deren Bestreben, unter dem Einflüsse des
atmosphärischen Druckes sich einander zu nähern, durch eine im Inneren angebrachte
Gegenfeder ein Ziel gesetzt wird. Eine Anzahl solcher Kapseln ist zu einem System
A vereinigt. Wenn die Basis dieser Säule auf einer
festen Ebene ruht, so hebt oder senkt sich das obere Ende derselben bei jeder
Aenderung des Luftdruckes um einen Betrag, welcher die Summe der Hebungen oder
Senkungen der einzelnen Kapseln darstellt. Die Bewegung der obersten Kapsel theilt
sich dem kürzeren Arm des Hebels B mit und wird von dem
längeren Arm des letzteren mittels eines Gelenkstückes auf den Hebel C aus Aluminium übertragen, dessen Ende, wie schon
bemerkt, die registrirende Sehreibfeder trägt. Ein kleines regulirbares Gegengewicht
a dient zur Ausgleichung des Hebelmechanismus.
Bei den gegebenen Hebelverhältnissen, welche die Bewegung des Aneroïdsystemes um das
40fache vergröſsern, würde die Schreibfeder für eine Luftdruckänderung entsprechend
einer Quecksilbersäule von 8cm die ganze Höhe der
Trommel durchlaufen. Innerhalb dieser gegebenen Grenzen wird die Theilung des zur
Aufnahme des Diagrammes bestimmten Bogens nach einem guten Quecksilberbarometer
ausgeführt, so daſs die Ziffern an der von der Federspitze berührten Stelle mit den
Skalenziffern des gleichzeitigen Quecksilberstandes übereinstimmen.
Einmal regulirt, ist das registrirende Barometer hinsichtlich der Gröſse seiner
Schwingungen keinen merklichen Störungen unterworfen; die einzige Aenderung, welche
man mit der Zeit beobachten kann, ist eine Bewegung des Ganzen in Folge einer
langsamen Veränderung im Gleichgewichtszustande des Metalles, woraus die Kapseln
bestehen, was mit einer Verschiebung des Nullpunktes der Barometerskala
gleichbedeutend ist. Um diese Abweichung berichtigen zu können, läſst sich die
Grundplatte, worauf das Kapselsystem ruht, mit Hilfe einer Regulirungsschraube heben
oder senken und auf diese Weise zu jeder Zeit die Uebereinstimmung der Anzeigen mit
denen eines Quecksilberbarometers wieder herstellen. Der störende Einfluſs der
Temperatur auf die Angaben des Instrumentes kann dadurch ausgeglichen werden, daſs
man eine gewisse Menge Luft in eine der Kapseln läſst. Bringt man alsdann das
Instrument in einen geschlossenen Raum, worin eine Temperatur von 50° herrscht, und
verändert die Federspitze merklich ihre Lage, so läſst man so lange von Neuem Luft in
die Compensationskapsel strömen, bevor man die Oeffnung zulöthet, bis der
beabsichtigte Zweck erreicht ist.
Eine so hohe Genauigkeit, wie sie Quecksilberbarometer gewähren, darf man von den
registrirenden Barometern dieser Art nicht verlangen; für die Mehrzahl der
Anwendungen und insbesondere für meteorologische Beobachtungen bieten sie jedoch
eine durchaus genügende Genauigkeit.
Das wesentliche Organ des in Fig. 12 und
13 Taf. 38 in Seitenansicht und im Grundriſs dargestellten registrirenden Thermometers besteht aus einer flachen,
hermetisch geschlossenen und bogenförmig gekrümmten Kupferröhre A nach Bourdon'schem
System, 18mm breit, 100mm lang, von 2cc
Rauminhalt und mit Alkohol gefüllt. Die Ausdehnung oder Zusammenziehung des Alkohols
in Folge der Temperaturveränderungen ist es, welche die Krümmung der Röhre ändert.
Letztere ist mit dem einen Ende an die Säule F
befestigt, welche sich von einer Platte f erhebt, deren
Lage mittels einer Schraube m regulirt werden kann. Das
freie Ende der Röhre ist durch ein Gelenkstück B mit
dem Messinghebel C verbunden, welcher die registrirende
Schreibfeder trägt. Die Theilung geschieht nach einem Quecksilberthermometer und
dieselbe erstreckt sich bei den für meteorologische Zwecke construirten Instrumenten
von – 15° bis zu + 40°. Innerhalb dieser Grenzen sind die Ortsveränderungen der
Schreibfeder den Temperaturveränderungen nahezu proportional.
Die registrirenden Thermometer sind sehr empfindlich. Die Röhre bildet einen
ausgezeichneten Wärmeleiter und sie bietet der Luft bei geringem Rauminhalte eine
beträchtliche Berührungsfläche dar, weshalb der sie füllende Alkohol sich mit der
umgebenden Temperatur schnell ins Gleichgewicht setzt. Die Folge ist eine solche
Empfindlichkeit, daſs bei dem Versuch, das registrirende mit dem gewöhnlichen
Thermometer zu vergleichen, das letztere bei einigermaſsen raschem Temperaturwechsel
immer hinter dem ersteren zurückbleibt. Wenn man aber, wie dies auf den
meteorologischen Centralbüreaus geschieht, die von den Maximum- und
Minimumthermometern gelieferten Anzeigen mit denjenigen des in Rede stehenden
Instrumentes vergleicht, so zeigt es sich, daſs sie nahezu bis auf 0,1°
übereinstimmen.Gebrüder Richard verfertigen auch Thermometer
für gewisse industrielle Zwecke; andere sind für die Marineartillerie
bestimmt, um die Temperaturveränderungen der Trockenstuben für
Schieſsbaumwolle zu registriren. In diesem Falle ist jedoch im Interesse der
genaueren Zeitablesung die Anordnung getroffen, daſs die Registrirtrommel 1
Umdrehung schon in 24 Stunden macht.
Die Schwierigkeiten, welche der Construction eines praktisch anwendbaren registrirenden Hygrometers im Wege stehen, sind
bekannt. So empfindlich die Haarhygrometer sind, so bewahren sie doch diese
Eigenschaft nicht lange. Durch Anwendung des Goldschlägerhäutchens, welches
hinsichtlich der Empfindlichkeit dem Haar gleichkommt, jedoch dem letzteren
gegenüber den Vortheil einer groſsen Beständigkeit besitzt, scheinen
Gebrüder Richard eine wesentliche Verbesserung erzielt
zu haben. In Fig. 14 und
15 Taf. 38 bezeichnet A das über einen
Metallring gespannte Goldschlägerhäutchen; ein Gelenkstück B verbindet seine Mitte mit einem kleinen Hebel, welcher unter dem
Einflüsse einer Gegenfeder das Gelenk leicht gegen das Häutchen andrückt. Die mit
dem Feuchtigkeitsgrade der Luft sich ändernde Spannung des Häutchens äuſsert sich
durch eine gröſsere oder geringere Einbiegung desselben und diese wieder durch eine
entsprechende Bewegung, welche, durch den Messinghebel C vervielfacht, sich in der bekannten Weise auf der Trommel
darstellt.Die Bewegungen des Apparates sind sehr regelmäſsig und die Resultate so
zufriedenstellend, daſs man ein nach diesem System ausgeführtes Instrument
den Mitgliedern der meteorologischen Expedition an das Cap Horn anvertrauen
konnte. Man darf wohl hoffen, daſs diese Apparate ihre Empfindlichkeit
hinreichend lang bewahren werden; denn ein im J. 1878 angefertigtes
Hygrometer dieser Art, welches eine 35cm
lange Nadel bewegt, zeigt stets die gleichen Resultate und die nämliche
Empfindlichkeit, obgleich es bei verschiedenen Gelegenheiten dem äuſsersten
Feuchtigkeitsgrade und der absoluten Trockenheit ausgesetzt worden
ist.