Titel: | Ueber Geschütze kleinen Kalibers. |
Autor: | W. S. |
Fundstelle: | Band 248, Jahrgang 1883, S. 115 |
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Ueber Geschütze kleinen Kalibers.
Patentklasse 72. Mit Abbildungen auf Tafel 8.
Ueber Geschütze kleinen Kalibers.
Neben den Kartätschgeschützen haben sich auf den jetzigen groſsen Kriegsschiffen noch
Geschütze kleinen Kalibers als wirksames Vertheidigungsmittel gegen feindliche
Torpedoboote bewährt. Dieselben haben ein Kaliber von ungefähr 40mm, sind auf leicht beweglichen Karrenlafetten
oder auf Pivotlafetten gelagert und mit einer leicht und schnell zu handhabenden
Verschluſsvorrichtung versehen, welche sich derjenigen der Gewehre mit
Blockverschluſs nähert. Die Munition besteht aus Granatpatronen, deren Verwendung
dem Verschlüsse ein charakteristisches Gepräge durch die Anordnung eines Ausziehers
für die leeren Patronenhülsen aus Messing gibt.
Der Verschluſs von Th. Nordenfelt in London (*D. R. P.
Nr. 18144 vom 28. April 1881) bewegt sich in einem besonderen, an das Geschützrohr
angeschraubten Verschluſsgehäuse a (Fig. 14 und
15 Taf. 8), welches aus zwei Seitenwangen und einem Widerlager a1 gebildet wird. Der
Verschluſsblock besteht aus 2 Theilen, dem frei um die horizontale Welle c drehbaren Blocke d und
dem auf letzterem mittels Schwalbenschwanznuth verschiebbaren Keile e. In dem Verschluſsgehäuse a ist die Welle c gelagert, auf welche auſsen
der Handhebel f, innerhalb in einem Schlitze des
Blockes d der Hebel g
aufgekeilt ist. Durch den Schlitz h im Hebel g tritt ein an dem ebenfalls geschlitzten Keile e befestigter Stift h1 hindurch.
In der gezeichneten Stellung des Hebels f ist der
Verschluſs geschlossen. Bewegt man denselben jedoch nach hinten, so zieht der Hebel
g mittels des Schlitzes h den Keil e nach unten, bis der Stift h1 gegen das rechte
Ende von h stöſst. Dreht man noch weiter, so bewegen
sich der Block d und der Keil e um die Welle c und ist hierdurch die Kammer
des Rohres frei gelegt. Die Bewegungen des Verschlusses werden durch den in die Nuth
n eingreifenden und im Gehäuse a befestigten Stift p
begrenzt.
Die Schlag- und Abzugsvorrichtung liegt innerhalb des Keiles e; sie besteht aus dem Hammer i, dem Gelenke
k, der Schlagfeder l
und der Abzugsstange m. Verschiebt sich beim Oeffnen des Verschlusses der
Keil e gegen den Block d
nach unten, so bleibt der Hammer i, der mit seinem
vorderen Theile in eine Aussparung des Blockes d
hineinragt, so weit zurück, daſs die Stange m in die
Spannrast des Hammers einfallen kann. Dabei ist die Schlagfeder gespannt worden.
Schlieſst man den Verschluſs, so wird die Stange dadurch selbstthätig ausgelöst, der
Schuſs also abgefeuert, daſs der Arm g gegen den Stift
o der Stange m stöſst.
Soll eine solche Auslösung nicht stattfinden, so drückt man den durch eine
Schraubenfeder hochgehaltenen Stift o herunter, so daſs
2 Flügel am unteren Ende desselben in einen Schlitz im Arme g treten. Dreht man nun den Stift um 90° herum, so ist Stange m und Arm g gekuppelt. Der
Schlag des Hammers wird mittels des im Blocke d
gelagerten Schlagstiftes auf die Zündvorrichtung der Granatpatrone übertragen. Der
gabelförmige Auszieher q tritt mit seinen Haken, den
Block d umfassend, in die Ladekammer hinein; er ist um
die horizontale Welle r drehbar und besitzt einen Arm
s, in welchem sich eine Nuth befindet. In diese
greift ein Zapfen eines Hebels t, welcher sich mittels
eines Stiftes u in einer gebogenen, im
Verschluſsgehäuse angebrachten Nuth v bewegt und durch
den fest mit dem Blocke d verbundenen Arm x mit d in Verbindung
steht. Durch diese Einrichtung wird dem Auszieher beim Oeffnen des Verschlusses
zuerst eine langsame und zuletzt eine schnellende Bewegung ertheilt, so daſs ein
Auswerfen der leeren Patronenhülse stattfindet.
Auſser dieser Ausziehervorrichtung schlägt Nordenfelt
noch zwei weitere vor, welche einfacher aber nicht so wirksam wie jene sind. Bei der
ersten besitzt der Auszieher statt des Armes s einen
nach unten hängenden Arm, welcher beim Oeffnen des Verschlusses durch ein mit dem
Handhebel f verbundenes Excenter zurückgedrückt wird.
Bei der zweiten Construction dreht sich der Auszieher um die Welle c innerhalb des Blockes und wird von letzterem mittels
eines sich zwischen Auszieher und hintere Rohrfläche schiebenden Stiftes
zurückgedrängt.
Ein sich vertikal im Verschluſsstück verschiebender Blockverschluſs wurde von Benj. B. Hotchkiss in Paris (*D. R. P. Nr. 20418 vom
21. December 1881) angegeben. Der Verschluſsblock a
(Fig. 19 und 20 Taf. 8)
ist massiv und besitzt an der rechten Seite eine theils kreisförmige, theils gerade
Nuth b. In diese greift die Warze einer Kurbel c, deren Welle durch die rechte Verschluſsstückwand
hindurchgeht und auſserhalb den Spannhebel d trägt.
Bewegt man also letzteren vor oder zurück, so findet ein Schlieſsen bezieh. Oeffnen
des Verschlusses statt. Die Bewegung des Blockes wird durch einen in die gerade
Blocknuth e eingreifenden Stift f begrenzt. Der Auszieher g ist in einer
Schwalbenschwanznuth in der linken Verschluſsstückwand gelagert und wird dadurch
bewegt, daſs eine an demselben angebrachte Knagge in eine geknickte Nuth h am Blocke eingreift. Innerhalb des Blockes liegt der
Schlagbolzen i, welcher mittels einer Kerbe auf dem mit
einer seitlichen Rippe
versehenen Schlagarme k geführt ist, also beim Bewegen
des Blockes auf dem fest gelagerten Schlagarme k
gleiten kann. Hinter letzterem liegt die Schlagfeder l.
k ist auf die Spannwelle m aufgekeilt, welche
auſserhalb den Hebel n trägt, der auf einem an d befestigten Excenter o
aufliegt. Auſserdem ist mit der Spannwelle m noch der
Rastarm p, unter welchen bei gespanntem Schlosse der
Abzug q einspringt, und der Arm r befestigt, welcher verhindert, daſs der Hebel n beim Abfeuern des Schlosses auf das Excenter o aufschlägt. Im ersten Theile der Bewegung des Spannhebels wird also das
Schloſs gespannt und, wenn dies geschehen, der Block gesenkt.
Bei einer Abänderung des Schlosses liegen der drehbare
Hammer, die Schlagfeder und die Abzugsstange innerhalb des Blockes und wird ersterer
dadurch gespannt, daſs ein auf der Hammerwelle auſserhalb des Blockes befestigter
Arm auf dem Excenter o aufliegt.
Wie bei der Hotchkiss'schen Revolverkanone ist auch hier
ein Schulterstück s zur Stütze des zielenden Mannes und
ein Pistolenkolben zum Abfeuern angebracht. Ersteres besitzt am unteren Ende 2
Handgriffe als Ruhepunkte für die linke Hand des Bedienungsmannes. Auſserdem ist mit
dem Schulterstücke noch eine schräg nach unten steigende und zum Ladeloch führende
Rinne t verbunden. Dieselbe soll das Einbringen der
Patronen beim Laden erleichtern. Behufs Entfernung der leeren Patronenhülsen besitzt
die Rinne dicht hinter dem Ladeloche eine kleine Oeffnung u.
Ein anderer Verschluſs für Geschütze kleinen Kalibers von Hotchkiss ist im Engineering, 1882 Bd. 34 S.
331 beschrieben. Das betreffende Rohr ist 1m,156
lang und hat ein Kaliber von 42mm. Der Verschluſs
wird durch einen horizontal verschiebbaren Keil L (Fig.
16 bis 18 Taf. 8)
von rechteckigem Querschnitte mit abgerundeten Kanten gebildet. Derselbe wird nach
rechts geöffnet und nach vollständiger Einschiebung durch die halb fortgeschnittene
Schraube M, welche an der hinteren Fläche des Keiles
angeordnet ist, angezogen. Die Verschiebbarkeit des Blockes wird durch die Nuth l und die Schraube l1 begrenzt. Die geknickte Nuth n dient zur Bethätigung des Ausziehers N, welcher in einer im Rohrkörper angebrachten Nuth N1 gleitet. Auf der
linken Seite besitzt der Keil die Ladeöffnung L1, durch welche bei geöffnetem Verschlüsse
die Ladung in das Rohr eingeschoben wird. Der Zündstollen durchdringt in einem
Winkel von 45° Rohrkörper und Keil. Die Art der Zündung ist nicht näher angegeben.
Da Patronenhülsen aus Messing benutzt werden, so fällt die Nothwendigkeit einer
Liderung zwischen Keil und Rohr fort.
W. S.