Titel: Bull's direkte Eisenerzeugung.
Autor: St.
Fundstelle: Band 248, Jahrgang 1883, S. 287
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Bull's direkte Eisenerzeugung. Mit Abbildungen auf Tafel 19. Bull's direkte Eisenerzeugung. Bull's direkter Prozeſs zur Erzeugung beliebig hochgekohlten Eisens wird nach dem Iron, 1883 Bd. 21 S. 89 und 201 in einem Gebläseschachtofen vorgenommen, welcher nur mit Eisenerz und Zuschlagskalk beschickt wird und als Brennstoff keinen festen Kohlenstoff, sondern stark erhitztes Gas bedarf. Auſserdem wird dem Schachtofen noch hoch erhitzter Gebläsewind in solchen Mengen zugeführt, daſs ungefähr 10 Procent des Gases verbrannt werden, um dem Ofen die zur Verflüssigung des Eisens und der Schlacken nothwendigen Wärmemengen zuzuführen. Das zum Ofen geleitete Gas besteht aus einem Gemenge von Kohlenoxyd und Wasserstoff zu gleichen Raumtheilen. Da diese Gase auſserhalb des Ofens erzeugt werden, so ist in letzterem keine Vergasungszone vorhanden, sondern nur eine Schmelz-, eine Reductions- und eine Kohlungszone. Eine Vorbereitung der Erze und Zuschläge durch Brennen, welche sonst im oberen Theile des Hochofens vor sich geht, wird in einem besonderen über der Gicht des Schachtofens liegenden Apparate vorgenommen. Der Schacht des Schachtofens a (Fig. 12 und 13 Taf. 19) ruht auf Säulen, so daſs das Gestell durch ihn nicht belastet wird. Er besitzt 2 Hemden, von denen das äuſsere aus gewöhnlichen, das innere aus feuerfesten Steinen hergestellt ist; das Ganze wird von einem Eisenmantel zusammengehalten. Das Gestell wird in der Weise aufgebaut, daſs in einen Mantel von feuerfesten Steinen ein kleinerer Eisenconus eingesetzt und zwischen beide Theile eine Masse von frisch gebranntem Thon, mit ungefähr 10 Proc. Sand gemischt, und Theer oder Oel eingestampft wird. Bevor der Ofen in Betrieb gesetzt wird, schmilzt man den Eisenconus heraus, wobei die beiden Stein- und Masseschichten fest zusammenbacken. Diese so zugerichteten Gestelle halten die gröſsten Hitzegrade aus; sie sind jedoch leicht zerdrückbar und muſs aus diesem Grunde das Gewicht des Ofenschachtes anderweitig abgefangen werden. (Diese Ofenconstruction kann man auch auf andere Oefen anwenden.) Den Gas- und Winddüsen, sowie dem Abstiche des Ofens gibt Bull die bekannte Einrichtung. In die Gicht des Ofens ist ein Röstofen b eingebaut, dessen Boden durch einen mit Wasser gekühlten doppelten Trichter gebildet wird. Im unteren Theile dieses Ofens liegen die Luftzuführöffnungen. Während des Betriebes ist der mittlere Trichter etwas gesenkt, so daſs dem Ofen b eine genügende Menge von Gichtgasen aus dem Schachtofen a zuströmt und diese in Berührung mit der Luft verbrennen kann. Die Gicht des Röstofens b ist offen, so daſs der Ofen leicht beschickt werden kann und die Gase ungehindert ins Freie entweichen. Durch diese Anordnung wird erreicht, daſs Erz und Zuschlag in trocknem und genügend erhitztem Zustande ohne Aufwand an besonderer Arbeit und Brennmaterial in den Ofen gelangen und daſs die Gichtgase des letzteren frei von Wasserdämpfen sind. Letzterer Umstand beeinfluſst den Gang der Winderhitzungsapparate in erheblichem Maſse. Ferner wird hierdurch die Reductionszone im Schachtofen höher gerückt und dadurch die Leistungsfähigkeit des Ofens bedeutend gesteigert. Bull schlägt vor, diese Einrichtung auch bei gewöhnlichen Hochöfen zu verwenden und sagt für diesen Fall eine Erhöhung der Leistung des Ofens um 20 Proc. voraus, ohne daſs sich die Betriebskosten irgendwie erhöhen. (Vgl. C. W. Siemens 1872 206 * 182.) Zur Vorwärmung der Gebläseluft besitzt jeder Schachtofen 4 Regenerator-Winderhitzungsapparate c, deren Kammern mit feuerfesten Steinen ausgesetzt sind. Statt jedoch die Verbrennungskammern in den Apparaten wie gewöhnlich an den Boden derselben zu verlegen, ordnet Bull dieselben im oberen Theile an, um die heiſsesten und deshalb am weichsten Steine am wenigsten durch darüber geschichtetes Füllmauerwerk zu belasten. Die dem Schachtofen entströmenden Gichtgase werden vermischt mit Luft der Verbrennungskammer zugeführt, verbrennen hier und entweichen, nachdem sie das Füllmauerwerk von oben nach unten umspült haben in eine Esse. Die Rohrleitungen zwischen dem Ofen a, den Winderhitzungsapparaten c und der Esse sind mit den gebräuchlichen Ventilen, Staubfängern u.s.w. versehen. Auch der Betrieb der Apparate ist der bekannte. Von den 4 Apparaten werden immer 3 geheizt, während der 4. weiſs glühende seine Wärme an die durchströmende Gebläseluft abgibt. Jeder der zu jedem Ofen gehörenden 8 Gaserzeuger d besteht aus 2 Kammern e und f, welche mit feuerfesten Steinen ausgekleidet sind. Die eine Kammer f dient als Generator und wird mit Kohle oder Kokes gefüllt, angezündet und durch heiſsen Gebläsewind in Glut versetzt; sie ist oben behufs Begichtung durch einen doppelten Trichter und unten durch einen lösbaren Boden behufs Entfernung der Schlacken geschlossen. Die anderen als Regenerator dienende Kammer e besitzt wie die Winderhitzungsapparate c eine im oberen Theile liegende Verbrennungskammer. Beide Kammern sind oben durch einen Kanal mit einander verbunden. In die Generatorkammer f mündet am Boden eine zur Schachtofendüse führende Rohrleitung, während der Regenerator e im unteren Theile durch einen Kanal mit der Hauptesse in Verbindung steht. Auſserdem kann dem Regenerator e durch ein Bodenventil Dampf und durch ein im oberen Theile liegendes Ventil Luft zugeführt werden. Der Betrieb der Gaserzeuger ist folgender: Nachdem die aus Kohlen oder Kokes bestehende Beschickung im Generator f entzündet worden ist, wird er durch die ihm von den Hauptwinderhitzungsapparaten c zugeführte Gebläseluft in lebhafteste Weiſsglut versetzt. Die erzeugten Gase treten durch den Verbindungskanal in die Verbrennungskammer des Regenerators f, vermischen sich hier mit Luft, verbrennen, durchstreichen das Füllmauerwerk von oben nach unten und entweichen zur Esse. Ist das Mauerwerk heiſs genug, so wird die Zufuhr der heiſsen Luft zum Generator f, der Verbindungskanal zwischen Esse und Regenerator und das Lufteinlaſsventil des letzteren geschlossen. Dagegen wird jetzt Dampf unter Druck in den unteren Theil des Regenerators e eingeleitet. Dieser streicht durch das weiſsglühende Füllmauerwerk und tritt hoch erhitzt von oben in den Generator f ein. Hier strömt er durch die weiſsglühenden Kokes und zersetzt sich mit letzteren in Wasserstoff und Kohlensäure. Letztere nimmt sodann in Berührung mit dem festen glühenden Kohlenstoff noch 1 Aeq. Kohlenstoff auf und verwandelt sich in Kohlenoxyd. Das aus Kohlenoxyd und Wasserstoff bestehende stark erhitzte Gasgemenge wird nun durch den direkten Dampfdruck aus dem Generator e dem Schachtofengestelle a durch die Gasdüse zugeführt. Hier wird es unter Vermischung mit der eingeblasenen Gebläseluft verbrannt. Eine bestimmte Anzahl von Gaserzeugern ist nicht vorgeschrieben; wesentlich ist nur ein solcher Betrieb, daſs immer ein genügend heiſses Gasgemisch in genügender Menge dem Schachtofen zugeführt werden kann. Die Gaserzeuger d sind, wie aus Fig. 13 zu ersehen ist, auf der den Windapparaten c gegenüber liegenden Seite des Schachtofens a angeordnet. Bei der Ausführung dieses direkten Eisenerzeugungsprozesses muſs man die Beschickungshöhe im Schachtofen je nach der Höhe des im Eisen erwünschten Kohlenstoffgehaltes ändern. Die Kohlung selbst geschieht durch das Kohlenoxyd. Je höher demnach die von diesem zu durchströmende Beschickungssäule, um so höher ist der Kohlenstoffgehalt des erzeugten Eisens, so daſs man es in der Hand hat, Roheisen, Stahl bis zum weichsten Schmiedeisen herunter zu erzeugen. Schwefel, Silicium, Phosphor und Mangan sind im Erze bezieh. als Schwefelsäure (durch den Brennprozeſs gebildet), Kieselsäure, Phosphorsäure und Manganoxyd vorhanden. Bevor diese Substanzen sich mit metallischem Eisen verbinden können, müssen sie reducirt werden. Da aber fester Kohlenstoff bei dem Bull'schen Prozeſs nicht vorhanden ist, so sollen die einzig vorhandenen reducirenden Gase, Kohlenoxyd und Wasserstoff, nur auf das Eisenoxyd einwirken und die sämmtlichen Unreinigkeiten demnach in die Schlacke gehen. Um den Prozeſs auszuführen, wird der Schachtofen a wie ein gewöhnlicher Hochofen mittels Steinkohle, Kokes oder Holzkohle angeblasen, indem demselben heiſse Luft zugeführt wird. Ist das Ofeninnere weiſsglühend, so läſst man das erhitzte Gasgemenge durch die beiden sich diametral gegenüber liegenden Düsen eintreten, vergast den noch vorhandenen festen Kohlenstoff und leitet endlich den Gang unter Aufgabe von Erz- und Zuschlagsgichten so, bis das gewünschte Product abgestochen wird. Dadurch daſs man bei diesem Prozesse den festen Kohlenstoff entbehren kann, fällt die Vergasungszone im Schachtofen a und damit der groſse Wärmeverbrauch des gewöhnlichen Hochofens, welcher durch die Reduction der Kohlensäure in Kohlenoxyd entsteht, fort. Ferner wird die mit dem zur Verbrennung nöthigen Sauerstoff verbundene Menge Stickstoff dadurch auf das geringste Maſs zurückgeführt, daſs das Gasgemenge und die Gebläseluft in hocherhitztem Zustande benutzt werden. Während des J. 1881 wurde Bull's direkter Prozeſs von der Gesellschaft John Cockerill in Seraing ausgeführt. Der dabei benutzte Schachtofen hatte 1m,82 Durchmesser und war 6m,4 hoch; er war mit Cowper'schen Winderhitzungsapparaten und Wassergaserzeugern nach dem Kupolofensysteme versehen. Die groſsen Erzmengen jedoch, welche dem Schachtofen groſse Mengen Feuchtigkeit zuführten, bewirkten, daſs der Ofen einfror, weshalb der Betrieb desselben am 4. November 1881 eingestellt wurde, um Vorrichtungen zu treffen, das Erz vorher zu rösten und es dem Ofen mit einer Temperatur von 300° zuzuführen, sowie um den Wind auf 1500° zu erhitzen und den Winddruck auf 20cm Quecksilbersäule zu erhöhen. Auſserdem sollten neue Gaserzeuger gebaut werden, in welchen der Gehalt des Gases an Stickstoff und Kohlensäure möglichst erniedrigt, die erzeugte Gasmenge auf das 10 fache erhöht und die Temperatur auf 2000° gehalten werden könnte. Unter Berücksichtigung dieser Abänderungen steht es nach Bull's Ansicht auſser Zweifel, daſs die besten Eisen- und Stahlsorten von jedem gewünschten Kohlenstoffgehalte auf dem direkten Wege aus den unwerthigsten Erzen oder Schlaken zum geringsten Preise hergestellt werden können. Die im Iron mitgetheilten Angaben über diese Versuche sind deshalb von wenig Werth, weil der Zusatz von festem Kohlenstoff' in Form von Kokes zu den Gichten wegen der Unvollkommenheit der Apparate nicht ganz aufgegeben werden konnte und in Folge dessen das eigentliche Wesen des Prozesses auch nicht zur Geltung kam. Bull jedoch rechnet aus den einzelnen Angaben und Analysen folgendes Endresultat heraus: Für einen ohne Gas in bekannter Weise und einen nach dem Bull'schen Prozesse betriebenen Hochofen verhalten sich die in 24 Stunden erzeugten Eisenmengen wie 645 zu 3534k, die auf 100k Erz erzeugten Eisenmengen wie 25 zu 29k und die auf 100k Kokes (sowohl in den Gaserzeugern als dem Schachtofen) erzeugten Eisenmengen wie 13,5 zu 38k,5. In England und Amerika haben sich schon mehrere Gesellschaften zur Ausbeutung des Bull'schen Prozesses gebildet. St.

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Tafel Tafel 19
Tafel 19