Titel: | Mond's Verfahren zur Herstellung von Cyanverbindungen und Ammoniak. |
Fundstelle: | Band 248, Jahrgang 1883, S. 366 |
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Mond's Verfahren zur Herstellung von Cyanverbindungen und
Ammoniak.
Mit Abbildungen auf Tafel 25.
Mond's Herstellung von Cyanverbindungen und Ammoniak.
Um nach dem Vorschlage von Margueritte und Sourdeval, durch Erhitzen einer Mischung von
kohlensaurem Barium und Kohle in einer Atmosphäre von Stickstoff und nachheriger
Zersetzung der gebildeten Cyanverbindungen zu Ammoniak und kohlensaurem Barium
mittels Dampf, diese Stoffe zu gewinnen, empfiehlt L.
Mond in Northwich, England (*D. R. P. Kl. 75 Nr. 21175 vom 31. Januar 1882)
die Rohstoffe in Steine oder Klumpen geformt anzuwenden. Zur Herstellung derselben
wird gepulvertes kohlensaures Barium mit Kohlenstoff haltigen Massen gemischt und in
Blöcke gepreſst. Mond benutzt vorzugsweise eine
Mischung von Kokes aus Pech oder Oelrückständen oder Holzkohle und Pech, Theer,
Paraffinrückstände u. dgl. Statt des Barytes kann eine Lösung der Oxyde oder Salze
desselben bezieh. der Alkalien und alkalischen Erden angewendet werden, z.B. die
Lösung, welche durch Auslaugen der benutzten Briquettes erhalten wird. Unter
Umständen ist es vortheilhaft, der Mischung kohlensaures Strontium, Calcium oder
Magnesium zuzusetzen, um sie weniger schmelzbar zu machen. Das günstigste
Verhältniſs ist 32 Th. kohlensaures Barium, 8 Th. Holzkohle oder Kokes und 11 Th.
Pech; ein Zusatz von Alkalien ist wenig vortheilhaft. Es ist zweckmäſsig, die
geformten Steine in einer reducirenden Flamme zu erhitzen, bis das Pech verkokt,
oder auch, bis der kohlensaure Baryt ganz oder theilweise in Bariumoxyd verwandelt
ist. Wenn erforderlich, werden die Briquettes zu kleinen Klumpen zerbrochen. Es
können die Klumpen auch hergestellt werden durch das Erhitzen eines Gemisches von
kohlensaurem Baryt und Kohle auf dem Herde eines Flammofens oder in einem Drehofen
mit Hilfe einer reducirenden Flamme, bis die Masse zusammensintert, welche dann
herausgezogen und in Stücke gebrochen wird.
Mit diesen Stücken werden nun Oefen gefüllt, welche in der Art eines Ringofens
eingerichtet sind, so daſs einige Kammern erhitzt werden, während die anderen
abkühlen oder gefüllt bezieh. entleert werden. Ist eine Kammer voll, so läſst man
einen auf etwa 1400° erhitzten Strom von Gasen hindurchstreichen, welche möglichst
viel Stickstoff aber wenig Kohlensäure, Sauerstoff und Wasserdampf enthalten sollen.
Ist hierdurch eine genügende Menge von Cyanverbindungen gebildet, so wird der heiſse
Gasstrom unterbrochen und kaltes Gas von derselben oder ähnlicher Zusammensetzung
durch die Kammern geleitet, bis die Temperatur auf 500° gefallen ist. Entweder wird
alsdann der Gasstrom abgeschlossen und das Material mit Dampf behandelt, um Ammoniak
zu bilden, welches mittels eines Aspirators angesaugt und auf beliebige Weise condensirt oder absorbirt
wird, oder es wird die Abkühlung mittels des kalten Gasstromes fortgesetzt, bis das
Material kalt (unter 300°) genug ist, um es aus dem Ofen herausnehmen zu können,
ohne daſs sich die Cyanverbindungen zersetzen. Die Massen werden dann entweder mit
Wasser ausgelaugt, die Lauge in bekannter Weise weiter verarbeitet, um die
Cyanverbindungen zu gewinnen, oder dieselben werden bei 300 bis 500° mit Dampf oder
fein zerstäubtem Wasser behandelt, um Ammoniak zu gewinnen. Die so behandelten
Stücke können wiederholt denselben Prozeſs durchmachen, bis die Kohle gröſstentheils
verzehrt ist.
Als Stickstoffquelle eignen sich vorzüglich die Gase, welche aus den
Kohlensäure-Absorptionsapparaten der Ammoniaksoda-Fabrikation entweichen. Dieselben
werden, nachdem sie zum Abkühlen der Cyan haltigen Briquettes gedient haben und
dadurch vorgewärmt worden sind, in einem beliebigen Apparate auf die nothwendige
Temperatur erhitzt, am zweckmäſsigsten in einem Siemens'schen Regenerator. Auch diejenigen Gase sind vollständig
zweckentsprechend, welche aus der Verbrennung von Kohle oder Kokes mit wenig Luft
hervorgehen, so daſs sie möglichst wenig Kohlensäure enthalten. Als vortheilhaft
wird es bezeichnet, die zur Verbrennung der Kokes verwendete Luft vorher in einem
Regenerator zu erhitzen. Es ist dann nothwendig, daſs die Gase, welche die letzte,
zur Zeit zum Erhitzen benutzte Kammer verlassen, weiter abgekühlt werden, indem man
sie unter einen Kessel, eine Pfanne oder durch einen Waschapparat leitet, ehe sie in
die Kammer gelangen, in welcher gerade das Material abkühlt. Nachdem sie diesen
Zweck erfüllt haben, können diese Gase, welche viel Kohlenoxyd enthalten, verbrannt
und als Wärmequelle benutzt werden, z.B. zur Erhitzung der Luft, Erzeugung des
Dampfes, zum Erhitzen des Apparates zur Ammoniakgewinnung in vorliegender
Fabrikation oder zu beliebigen anderen Zwecken. In einigen Fällen mag es
vortheilhaft sein, die zuletzt genannten Generatorgase zum Erhitzen des Materials
und die Gase von der Ammoniaksoda-Fabrikation oder ähnliche Gase aber zum Abkühlen
des Materials zu benutzen.
Für kleinere Anlagen wird folgendes Verfahren empfohlen. In einer Heizkammer B (Fig. 1 und
2 Taf. 25) stehen 4 Reihen Thonretorten A.
Heizgas und Luft treten, in einem Regenerator erhitzt, durch Schlitze c in den Ofen, während die Verbrennungsgase durch
Zwischenwände a gezwungen werden, um die Retorten herum
auf- und abzusteigen, bevor sie durch die Ausgangsöffnungen E zu den Regeneratoren R gelangen.
Die unteren, aus Eisen hergestellten Theile H der
Retorte A sind mit Wasser umgeben oder werden durch
Brausen e mit Wasser berieselt. Durch Rohre D treten die an Stickstoff reichen Gase in den Kühlraum
H ein und durch Rohre d kann Dampf zugeführt werden.
Nachdem die Retorten A mit zerbrochenen Stücken des
Barytgemisches gefüllt sind, steigert man die Temperatur auf 1100 bis 1400° und
läſst durch das Rohr D Stickstoff eintreten, der durch
die zu kühlenden Massen im Rohre H vorgewärmt wird. Von
Zeit zu Zeit wird nach Abschluſs des Hahnes n ein
Posten bei S abgezogen und eine entsprechende Menge der
frischen Beschickung oben bei N wieder nachgefüllt. Die
unter 300° abgekühlten, aus dem Rohre H entnommenen
Massen werden zur Gewinnung von Ammoniak in einem besonderen Apparate mit Dampf
behandelt. Soll dies in dem unteren Theile H der
Retorte selbst geschehen, so wird Hahn n geschlossen
und in die nur noch 500° heiſsen Massen durch Rohr d
Dampf eingeführt. Das gebildete Ammoniak tritt durch Rohr m aus. Wenn die Ammoniakbildung aufgehört hat, wird der Theil der Retorte
unterhalb des Hahnes geleert, der Hahn geöffnet, um diesen Raum wieder zu füllen,
und eine frische Beschickung oben in A eingefüllt.
In einigen Fällen kann es vortheilhaft sein, an Stelle der kalten Gase in diesem
Apparate auch die heiſsen Gase von Gasgeneratoren zu benutzen, welche dann durch den
Ansatz v eingeführt werden. In diesem Falle braucht
nicht so viel Hitze durch die Wände der Retorte übertragen zu werden und wird die
Leistungsfähigkeit des Apparates bedeutend erhöht. Es ist dann aber nöthig, den
Kühlraum zu vergröſsern, weil derselbe nur von auſsen gekühlt wird. Man kann jedoch
auch die Abkühlung in dem Räume H durch Einführung von
kalten Gasen bei D beschleunigen und zugleich heiſse
Generatorgase bei v einleiten. In diesem Falle muſs man
eine Oeffnung im oberen Theile von H unterhalb v anbringen, durch welche der gröſste Theil der zum
Abkühlen benutzten Gase entweichen kann, und wird zweckmäſsig ein Hahn oder Schieber
zwischen diesen beiden Oeffnungen angebracht. Die Kohlenoxyd haltigen Gase, welche
die Retorten A verlassen, können wie bei der ersten
Methode verwendet werden.