Titel: | Neuerungen an Umsteuerungen für Dampfmaschinen. |
Autor: | Whg. |
Fundstelle: | Band 248, Jahrgang 1883, S. 399 |
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Neuerungen an Umsteuerungen für
Dampfmaschinen.
Patentklasse 14. Mit Abbildungen auf Tafel 26.
Neuerungen an Umsteuerungen für Dampfmaschinen.
Um bei Coulissensteuerungen ein frühes Absperren des einströmenden Dampfes zu
ermöglichen, ohne zugleich ein frühes Ausströmen und starke Compression zu erhalten,
wenden D. Greig und Th. English in
Leeds (* D. R. P. Nr. 17 748 vom 17.
August 1881) einen Expansionsschieber an, welcher von der Mitte der
Coulisse aus eine geringe, stets gleiche Bewegung erhält. Die Einrichtung ist in
Fig. 11 und 12 Taf. 26
dargestellt. Wie daraus ersichtlich, ist eine Gooch'sche Coulisse benutzt; doch ist dieselbe nicht wie gewöhnlich an einer
Lenkstange aufgehängt, sondern sie wird in der Mitte geradlinig geführt, Zu dem
Zwecke ist an derselben eine Gabel B, mit zwei
seitlichen Zapfen K versehen, befestigt und auf diese
Zapfen sind Gleitstücke gesteckt, welche in festen Schienen L geführt werden. Der eine dieser Gleitklötze ist direkt mit der
Expansionsschieberstange verbunden; letztere besteht, um eine Verstellung der beiden
Schieberplatten zu ermöglichen, aus zwei Theilen, welche durch einen Muff mit
Rechts- und Linksgewinde gekuppelt sind. Die Coulisse kann jedoch auch in
gewöhnlicher Weise aufgehängt sein; nur muſs dann in der Schieberstange ein Gelenk
angebracht werden.
Die aus dieser Anordnung hervorgehende Bewegung der Schieber ist dieselbe wie bei
einer Meyer'schen Steuerung, bei welcher das
Expansionsexcenter einen Voreilwinkel von 90° hat, d.h. der Kurbel gerade gegenüber steht und
seine Excentricität gleich der Projection der Excentricität des Grundexcenters auf
die Kurbelmittellinie ist. Die Steuerung muſs daher für beide Drehungsrichtungen
gleich gut arbeiten. Aus dem in Fig. 10
gezeichneten Diagramme ist zu ersehen, daſs die Mittelpunkte der relativen
Schieberkreise auf der vertikalen Achse des Diagrammes liegen und daſs der Abschluſs
der Grundschieberkanäle um so früher stattfindet, je gröſser die Relativbewegung
zwischen beiden Schiebern, also auch der Ausschlag des Grundschiebers ist, d.h. je
näher der Gleitklotz den Enden der Coulisse liegt. Ferner ist zu erkennen, daſs mit
Benutzung des Expansionsschiebers nur kleinere als halbe Füllungen zu erreichen
sind. Der gröſste Füllungsgrad (in dem Diagramme etwa 0,4) ist dadurch bestimmt,
daſs der Grundschieber geschlossen sein muſs, wenn der Expansionsschieber sich
wieder öffnet. Letzteres findet für 0,4 Füllung bei b,
der Schluſs des Grundschiebers bei a statt. Dieser
gröſsten Füllung wird eine bestimmte Stellung des Coulissensteines entsprechen.
Schiebt man denselben allmählich mehr und mehr nach der Mitte hin, so wird der
Expansionsschieber zunächst die Grundschieberkanäle noch verengen, aber nicht mehr
vollständig schlieſsen und bald ganz wirkungslos werden. Der Füllungsgrad ist dann
allein von dem Grundschieber abhängig und wird mit dem Hube des letzteren immer
kleiner. Man erhält also geringe Füllungen durch den Grundschieber, wenn der Coulissenstein nahe der Mitte steht, und desgleichen durch den Expansionsschieber, wenn der Stein nahe einem Ende sich befindet: doch ist ein sehr wesentlicher Unterschied in so fern
vorhanden, als bei einem frühen Abschlüsse des Expansionsschiebers weder ein
vorzeitiges Ausströmen, noch eine übermäſsige Compression des Dampfes stattfindet.
Will man ausnahmsweise gröſsere Füllungen verwenden, so muſs man die beiden Platten
des Expansionsschiebers so weit zusammenschrauben, daſs sie überhaupt nicht zur
Wirkung kommen, und den Grundschieber wie gewöhnlich benutzen. Als unvortheilhaft
ist anzuführen, daſs der Abschluſs des Dampfes durch den Expansionsschieber,
namentlich bei gröſseren Füllungen, ziemlich langsam stattfindet und daſs der
Grundschieber verhältniſsmäſsig groſse äuſsere Deckungen benöthigt.
L. C.
Wolff in Berlin (* D. R. P. Nr. 18477 vom 26. Juli 1881) benutzt zur
Uebertragung der Bewegung vom Coulissenstein auf die Schieberstange eine zweite mit
der letzteren starr verbundene Coulisse, wie in Fig. 13 bis
18 Taf. 26 veranschaulicht ist. Diese Coulisse ist doppelt ausgeführt und
beide Theile K (Fig. 14)
sind mit Schraubenbolzen und Schwalbenschwanzkeilen an einem Rahmen T befestigt, welcher in zwei am Gestelle festen Böcken
in der Richtung der Schieberstange geführt wird. Die mit den Excenterstangen
verbundene Coulisse C ist als gerader Vollkörper
ausgeführt, wie es bei der Allan-Steuerung zuweilen
gebräuchlich ist. Sie ist in der Mitte mit einer Aussparung versehen, durch welche ein Bolzen geht
(vgl. Fig. 16). An diesen ist mittels eines übergelegten Bügels die Stange G gehängt, welche in dem zu einem Rohre ausgebildeten
einen Ende des Rahmens T gleitet. Auf diese Weise wird
auch die Coulisse C in der Mitte geradlinig geführt wie
bei der vorigen Anordnung. DerDer der Vollcoulisse entsprechende hohlprismatische Gleitblacken J (Fig. 13)
trägt an seitlichen Ansätzen, an welche auch die Hängestangen Z angreifen (Fig. 18),
zwei Zapfen, auf welche die Gleitklötze für die Coulissen K gesteckt werden. Die Dampfvertheilung erfolgt hier wie bei der Steuerung
von Gooch mit constantem linearen Voreilen: die
Centrale der Schieberkreise im Diagramme ist eine Gerade. Dabei hat diese
Einrichtung noch den Hauptvorzug der Allan-Steuerung,
die gerade Coulisse, und den Hauptvorzug der Stephenson-Steuerung, den Fortfall der Schubstange zwischen Gleitklotz und
Schieberstange, also Vermeidung groſser Länge der ganzen Anordnung. Diese
verschiedenen Vortheile mögen unter Umständen die Hinzufügung der zweiten Coulisse
wohl werth sein.
In Fig. 19 Taf. 26 ist nach dem Iron, 1882 Bd.
19 S. 447 eine nur für Zwillingsmaschinen, hauptsächlich für Locomotiven, bestimmte
Umsteuerung von G. P. Renshaw in Nottingham
dargestellt. Der Zweck dieser Anordnung ist, mit nur zwei Excentern für beide Coulissen auskommen zu können. Unter der
Voraussetzung, daſs die Kurbeln der beiden Maschinen um 90° gegen einander versetzt
sind, ist die eine Excenterstange B mit dem
Vorwärtsende der einen Coulisse K und die andere
Excenterstange C mit dem Rückwärtsende der anderen
Coulisse L verbunden. Ferner ist unter Einschaltung von
Zugstangen F und G, welche
annähernd senkrecht zu den Excenterstangen sind, sowie von Winkel liebeln H und I das Excenter B durch Stange M mit dem
Vorwärtsende der Coulisse L und Excenter C durch Stange N mit dem
Rückwärtsende der Coulisse K verbunden. Die
Aufhängepunkte der Stangen F und G sind möglichst hoch gewählt, damit die Stangen F und G möglichst lang
ausfallen.
Die aus dieser Anordnung sich ergebende Wirkungsweise ist die, daſs das eine Excenter
B die oberen Enden und
das andere Excenter C die unteren Enden beider Coulissen, je mit einem Phasenunterschiede von einer
Viertelumdrehung, bewegt, so daſs die Dampfvertheilung ebenso ausfällt, als wenn für
jede Coulisse zwei Excenter vorhanden wären. Die beiden Winkelhebel drehen sich um
eine gemeinschaftliche feste Achse; sie sind in der Zeichnung nur der Deutlichkeit
halber gegen einander verschoben. Aus demselben Grunde ist auch die Stange N durchgebrochen gezeichnet. Die Reibung wird bei
dieser Construction, wenngleich man für jedes der fortgefallenen Excenter 4
Gelenkbolzen erhält, doch etwas geringer sein als bei Anwendung der gewöhnlichen 4
Excenter. Ob aber dieser Vortheil den Verlust an Einfachheit aufwiegt, dürfte zu
bezweifeln sein.
Fig.
21 bis 23 Taf. 26
zeigen eine Vorrichtung von J. Weidtman in
Dortmund (* D. R. P. Nr. 18509 vom 6.
December 1881), welche für die bekannten Umsteuerungen mit einem zwischen zwei Anstoſsknaggen auf der Kurbelwelle
drehbaren Excenter bestimmt ist und dazu dienen soll, die Drehung des Excenters in
bequemer Weise ausführen zu können. Es ist wieder eine Zwillingsmaschine
vorausgesetzt und befinden sich daher an dem Excenterkörper f zwei Excenterscheiben. Der aus zwei Theilen zusammengeschraubte Körper
f umfaſst einen auf der Kurbelwelle angebrachten
Bund g, welcher ihn an der Verschiebung hindert. In
eine Nuth der Welle ist ein Keil b eingelegt, dessen
eines Ende ein schräg liegendes Klötzchen h, ein Stück
eines Gewindeganges, trägt, welches in eine innere schraubenförmige Nuth des
Excenterkörpers eingreift. Am anderen Ende von b sind
Vorsprünge angebracht, welche in entsprechende Vertiefungen einer zweitheiligen
Hülse c einfassen. Wird diese mittels eines Hebels e auf der Welle verschoben, so nimmt der Keil b an dieser Verschiebung theil und bewirkt dadurch eine
Drehung des Excenterkörpers f gegen die Welle. Beim
Gange der Maschine liegen die Vorsprünge k des Körpers
f an Knaggen, welche auf der Welle befestigt sind,
so daſs dann die Stücke b und h keinen Druck aufzunehmen haben. Die Abnutzung dieser Theile wird daher
auch nicht bedeutend sein. Die Einrichtung mag für kleine Maschinen, welche für
Vorwärts- wie für Rückwärtsgang stets mit gleicher Füllung arbeiten sollen,
brauchbar sein.
Eine Umsteuerung, welche im Wesentlichen mit der Brown'schen Locomotivsteuerung (vgl. 1878 229 *
497) übereinstimmt und neuerdings in England vielfach Anwendung findet, ist in Fig.
20 Taf. 26 nach dem Engineer, 1881 Bd. 52 S.
401 dargestellt. Dieselbe rührt von Joy her und wird
u.a. von Worth und Mackenzie in Stockton-on-Tees
ausgeführt; sie unterscheidet sich von der Brown'schen
Steuerung hauptsächlich dadurch, daſs statt der Lenkerführung für den mit der
Schieberschubstange verbundenen Hebel h hier eine
Coulissenführung benutzt ist. Die Coulisse befindet sich in einer drehbaren Scheibe
s, welche mit dem Umsteuerhebel in Verbindung
steht. In der gezeichneten Mittellage der Scheite hat der Schieber den kleinsten
Hub, bei welchem ein Oeffnen der Kanäle nicht mehr stattfindet. Je mehr die Scheibe
in dem einen oder anderen Sinne gedreht wird, um so gröſser wird der Hub des
Schiebers, also auch um so gröſser die Füllung. Die gezeichnete Anordnung ist für
Locomobilen bestimmt. Bei einer noch etwas
einfacheren Construction ist der Hebel h direkt mit der
Kurbelstange verbunden, so daſs der Hilfslenker i in
Wegfall kommt, Dabei muſs jedoch der Schieberspiegel etwas weiter von dem Cylinder
entfernt werden, damit der Hebel h nicht zu kurz
ausfällt.
Whg.