Titel: | Notizen von der Schweizerischen Landesausstellung in Zürich 1883; von Friedr. Kick. |
Autor: | Friedrich Kick [GND] |
Fundstelle: | Band 249, Jahrgang 1883, S. 49 |
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Notizen von der Schweizerischen Landesausstellung
in Zürich 1883; von Friedr. Kick.
Kick, Notizen über die schweizerische
Landesausstellung.
Welcher Techniker unserer Zeit hätte nicht schon Ausstellungen betreten mit dem
Streben, das Neue, welches sie bieten, kennen zu lernen, und wem wäre es hierbei
nicht zugestoſsen, an Neuem achtlos vorübergeschritten zu sein, weil es vielleicht
umstellt war von Bekanntem. – Der Besuch von Ausstellungen kann mit
Entdeckungsreisen gar wohl verglichen werden; für beide ist die Art der Vorbereitung
wesentlich. So wie mangelhafte, an Lücken reiche Berichte eines ersten Reisenden die
Arbeit des zweiten dennoch wesentlich erleichtern können, so vermögen vielleicht
auch diese Zeilen dem Zwecke zu dienen, vorwaltend in mechanisch-technologischer Beziehung den folgenden Besuchern der sehr
gelungenen Schweizerischen Ausstellung die Auffindung von
besonders Sehenswürdigem zu erleichtern; keinesfalls vermögen sie
Vollständiges, auch nicht in der bezogenen Richtung zu bieten.
Die Schweizerische Ausstellung liegt, von der Kunsthalle abgesehen, dicht am
Bahnhofe. Sie zerfällt in zwei durch die Sihl getrennte Theile: die in einem Parke
nahe dem Eingange liegende Industriehalle einerseits,
die Maschinenhalle andererseits. Die Kunsthalle ist
etwa 20 Minuten entfernt, dicht am Züricher See bei der Tonhalle gelegen.
In der Industriehalle finden sich zunächst die
Erzeugnisse der Textilindustrie (Seide, Baumwolle, Wolle, Leinen, Stickerei), welche
in dieser Vielseitigkeit und Vorzüglichkeit kein zweites Land gleicher, ja selbst
mehrmal gröſserer Einwohnerzahl aufzuweisen hat. Laie und Fachmann werden im
vollsten Sinne durch das Gebotene befriedigt.
Besonders mag hier die Aufmerksamkeit auf die theils aus Winterthur, theils aus
Glarus stammenden Baumwollstoffe aus Feingarn gelenkt
sein, welche durch seidenartigen GlanzVielleicht „verseidet“ nach Hosemann's
Patent (vgl. 1882 243 268, ferner 1879 234 432. 1880 238
93). überraschen, sowie auf die im Stücke
gefärbten Seidenstoffe von Kasp. Honegger und
die gleichfalls im Stücke gefärbten, aus Winterthur stammenden Stoffe aus Baumwolle
und Schafwolle, welche zweifarbiges Muster (Dessin) aufweisen, als wären sie aus
Garnen zweierlei Farbe hergestellt, während doch das Färben im Stücke stattfand, aber so, daſs die eine Farbe nur auf der Wolle, die
zweite nur auf der entsprechend gebeizten Baumwolle anfiel. Die Kattundruckerei
bietet unter den ausgestellten mannigfachen Gattungen auch solche, welche den Laien
befremden, indem die ziemlich groſsen, farbenreichen Muster so gedruckt sind, daſs
die Farben nicht correct passen. Es mag bemerkt werden, daſs diese für den Orient
bestimmten Waaren Handdruckerei imitiren sollen und, weil in dieser Art verlangt,
auch, wie hervorgehoben,
absichtlich unvollkommen hergestellt werden. Unter den Stickereien ist insbesondere die Ausstellung von Rittmeyer und Comp. in St. Gallen hervorzuheben und wohl auch zu bemerken,
daſs dieser Industriezweig für die Schweiz bereits zur gleichen Bedeutung gelangte
wie die viel ältere Uhrenindustrie. Beide weisen eine Ausfuhr im Werthe von 80 Mill.
Franken aus.
An die Textilindustrie reiht sich die Ausstellung der Uhren,
Bijouterien und wissenschaftlicher Instrumente an, welche den Centralraum
der Industriehalle einnehmen. Von der Schweiz kann man hierin Groſses erwarten; ist
ja die westliche Schweiz die Taschenuhrenfabrik Europas, gegen welche sämmtliche
andere Producenten weitaus zurückstehen. Auch hohen Erwartungen ist völlig
entsprochen, das Gebotene ist reichhaltig in jeder Beziehung. Unter den
wissenschaftlichen Instrumenten sind Amsler's Apparate
zur mechanischen Integration (auch für Zwecke des Schiffbaues), die geodätischen
Instrumente von Coradi und von Kern sowie die Hipp'schen Chronoskope und
Chronographen technisch besonders interessant; die physikalischen Apparate, welche,
insbesonders die elektrischen, in reicher Zahl sich finden, seien nur nebenbei
bemerkt. Amsler hat auch eine Garnwage eigenartiger Construction ausgestellt, mit welcher man nahezu
ebenso rasch wie mittels der Zeigerwage, aber wesentlich genauer und verläſslicher
wiegt. Das Garn wird an einem kleinen äquilibrirten Balken aufgehängt, welcher mit
einem Röllchen auf dem eigentlichen, doppelarmigem Wagebalken aufruht. Letzterer
kann sammt seinem Drehpunkte horizontal unter dem Röllchen hin verschoben werden. Am
rechten Ende des Wagebalkens ist ein kleines Gewicht angeschraubt, auf den linken
Arm drückt durch die Vermittelung des Röllchens das Garngewicht des angehängten
Strähnes. Mittels der durch ein Getriebe bewirkten horizontalen Verschiebung des
Wagebalkens bringt man diesen endlich in jene Stellung, bei welcher trotz des auf
dem linken Arme lastenden Garngewichtes der Wagebalken einspielt (d.h. eine Marke
die horizontale Stellung erkennen läſst). Nachdem nun das Gewicht eines Strähnes
verkehrt proportional der Nummer des Garnes ist, für das Einspielen des Wagebalkens
aber das statische Moment der Belastung (Garngewicht mal wirksame Länge des
Hebelarmes) eine Constante seih muſs, so wird die zur Wirkung gebrachte Länge des
Wagebalkens proportional der Nummer des Garnes sein, woraus folgt, daſs der
Wagebalken für jede folgende um eine Einheit höhere Nummer um eine gleiche Länge nach rechts
verschoben werden muſs. Diese bestimmte Länge bildet die Einheit eines Maſsstabes,
welcher mithin, indem er die Verschiebung erkennen läſst, auch unmittelbar
gestattet, die Garnnummer des gewogenen Strähnes abzulesen, da die an den
Theilstrichen angebrachten Ziffern direkt den Garnnummern entsprechen.
In unmittelbarer Nähe des Raumes, welcher die wissenschaftlichen Instrumente birgt,
dicht neben dem in der Mitte der Längsfront des Industriegebäudes angebrachten Eingange, befindet
sich Amsler's aufklappbare
Rettungsleiter, Jede Sprosse ist durch zwei Gelenke mit den Leiterstangen
verbunden und, hebt man die vordere bewegliche Stange auf, so drehen sich sämmtliche
Sprossen und legen sich endlich derart ein, daſs die ganze Leiter wie ein an der
Wand befestigter, viereckiger Balken aussieht. Die Leiter kann nur von der Gallerie aus geöffnet werden; sie klappt
sich dann auf.
Die bedeutende Bijouterie-Industrie Genſs ist aus
merkantilen Gründen nur schwach vertreten; Aehnliches gilt von den Hilfsmaschinen
der Uhrmacherei, welche (im Anschlüsse an die Uhren) sich in geringer Zahl
vorfinden, was nicht Wunder nehmen darf, da in der Schweiz Patentschutz nicht
besteht und der Abnehmerkreis für diese Maschinen vorwaltend in der Schweiz selbst
zu suchen ist.
Das Industriegebäude enthält ferner noch die für Jeden hochinteressante Kartographie
und die Unterrichtsabtheilung, des weiteren Bekleidungsgegenstände, Papier,
Vervielfältigung (Buchdruck u. dgl.), Stroh, Holzschnitzerei, Möbel,
Zimmereinrichtungen. In getrenntem Anbaue ist das Hotelwesen zur Anschauung gebracht
und zeigt diese originelle und interessante Abtheilung, mit welchem Ernste die
Schweiz die Pflege des Fremdenverkehres behandelt. Die Jagd, das Forstwesen und der
Alpenclub finden ihre Darstellung in drei an einander stoſsenden Gebäuden, gegenüber
der Längsseite der Industriehalle tiefer in der Parkanlage gelegen, deren Aeuſseres,
die Verkleidung mit Tannenrinde, den forstlichen Inhalt errathen läſst, welcher
übrigens auch lehrreiche orographische Arbeiten, so über die Gletscherbewegung
u.a.m., enthält.
Schreitet man längs der Hauptfront der Industriehalle entlang über die Sihlbrücke, so
sieht die Maschinenhalle entgegen, welche aus zwei auf
einander senkrecht stehenden Flügeln von zusammen etwa 240m Länge und 30m
Breite besteht, an welche sich der gesammten Ausdehnung nach Seitenflügel
anschlieſsen, in denen Rohproducte, Baumaterialien, die Metallindustrie, das
Verkehr- und Ingenieurwesen, der Hochbau und die „Einrichtung des Hauses“
ihre Aufstellung finden. Mit dem Querflügel der Maschinenhalle in unmittelbarer
baulicher Verbindung stehen ferner noch weitere, ziemlich umfangreiche Gebäude,
welche der chemischen Production, den Nahrungs- und Genuſsmitteln, der Hygiene und
dem Rettungswesen, endlich der Landwirtschaft und deren Maschinen zugewiesen
sind.
Im Folgenden soll nur von den Objekten der Maschinenhalle gesprochen werden. Schon
das Portal ist ein sehenswürdiges Ausstellungsstück der v.
Roll'schen Eisenwerke, dessen aus Achsbüchsen
gebildete Bogen trefflich in das Ganze eingefügt sind. Dieses Portal läſst die
Bestimmung des Gebäudes sofort errathen, obwohl dasselbe im Uebrigen in Holz
ausgeführt werden muſste. Betritt man die Maschinenhalle selbst, so fällt auf, daſs
die Transmissionen unter den Boden gelegt sind, eine Eigentümlichkeit, welche dem
Räume, selbst in den Arbeitsstunden, den Eindruck des Ruhigen gibt und die
Zugänglichkeit zu den Maschinen erhöht. Die Betriebsmaschinen sind natürlich
zugleich Ausstellungsgegenstände und ist als ein wahres Prachtstück in Construction
und Arbeit die von der Locomotiv- und Maschinenfabrik
Winterthur ausgestellte 50e-Dampfmaschine
mit Ventilsteuerung, Patent Brown, welche sich im
Querflügel befindet, in erster Reihe zu nennen, hiernach Sulzer's Compound-Ventildampfmaschine in dem Längsflügel. Besonders
reichhaltig ist die Ausstellung auch an Turbinen und kleinen Wassersäulenmaschinen,
sowie auch die kinematische Umkehrung des Schmid'schen
Motors in seiner Verwendung als Pumpe hervorgehoben werden muſs. Die Ausstellung Schmidt's, welcher durch seine Wasser-Kleinmotoren
bekannt geworden ist, befindet sich dort, wo der Längs- an den Querflügel stöſst und
enthält auch einen Luft-Federhammer eigentümlicher,
interessanter Construction (vgl. 1882 244 * 430). Wenn
auch dieser Hammer kaum so wenig Reparaturen erheischen dürfte als die bekannten
amerikanischen Frictionshämmer oder Stielhämmer, so hat er doch den wesentlichen
Vortheil, an die Höhe des Lokales nicht die Forderungen der Stielhämmer zu stellen,
und im Vergleiche mit Federhämmern jenen, daſs die nicht sehr dauerhaften
Stahlfedern durch die zwischen Kolben und Cylinder eingeschlossene Luft vertreten
sind. Ruht der Hammer am Ambosse auf, so steht der Kolben etwa in der Mitte des
Cylinders. Die Kolbenstange ist zugleich Hammerklotz bezieh. mit demselben
verbunden. Der Hammerklotz sowohl, als der Cylinder ist an den Ständersäulen gerade
geführt. Der Cylinder ist durch Gelenk mit der Pleuelstange verbunden und diese mit
der gekröpften Welle (Kurbelwelle). Die durch Riementrieb bedingte Bewegung der
Kurbelwelle bewirkt die auf- und abgehende Bewegung des Cylinders. Steigt derselbe,
so findet zunächst Zusammenpressen der Luft unter dem Kolben statt * dieser und der
Hammerklotz wird durch den Druck der Luft gehoben und bei der abwärts gehenden
Bewegung des Cylinders kommt Kolben und Hammerklotz zum Falle. Der Weg des Hammers
wird durch die Luftpolster über und unter dem Kolben allerdings etwas verringert,
wird aber durch angebrachte Ventile, welche von einer stellbaren Steuerschiene aus
zu entsprechender Wirkung gebracht werden, einigermaſsen beeinfluſst. Indem der über
dem Kolben befindliche Luftpolster wesentlich zur Beschleunigung des Hammers
beiträgt, gestattet derselbe sehr raschen Gang bei
guter und leichter Regulirbarkeit der Stärke der Schläge durch die erwähnten
Luftventile.
Ingenieur A. Schmid hat auch Absperr- und
Sicherheitsventile, sowie eine Luftcompressions- und Vacuumpumpe eigener
Construction ausgestellt. Eine besonders interessante Compressor-Construction ist von Burckhardt und
Comp. in Basel im Längsflügel (nahe dem Querflügel) ausgestellt. Die
erhöhte Leistung der Burckhardt'schen Vacuumpumpen und
Compressoren beruht darauf, daſs zu Ende jedes Hubes der schädliche Raum unter dem einen Kolben mit
dem vollen Räume unter dem anderen Kolben für kurze Zeit durch ein Steuerungsorgan
in Verbindung gesetzt wird. Hierdurch erlangt bei den Vacuumpumpen die Luft im
schädlichen Räume, welche am Ende des Hubes sonst die Pressung der äuſseren Luft
besitzt, jene niedrigere Spannung, welche unter dem zweiten Kolben herrscht, bei den
Compressoren jene Pressung, welche im Luftbehälter oder der Luftleitung vorhanden
ist. Hierdurch ist ein im quadratischen Verhältnisse höherer Grad des Vacuums
bezieh. der Compression ermöglicht. Bezeichnet α die
Verhältniſszahl des Volumens des schädlichen Raumes zum Räume des Pumpencylinders,
so ist der erreichbare Compressionsgrad bei gewöhnlichen Compressoren durch 1 : α, bei der neuen Anordnung durch 1 : α2 ausdrückbar.
An die Schmid'sche Ausstellung reihen sich im Querflügel
die in mehrfacher Beziehung sehr interessanten Objekte der Werkzeug- und Maschinenfabrik Oerlikon. Schon die äuſsere Ausstattung ist
abweichend; denn um die dieser Fabrik eigenthümliche, an die Sellers'sche Anordnung lebhaft erinnernde Transmissionsanlage zeigen zu
können, ist hier die Transmission auf einem besonderen eisernen Gerüste angebracht.
Dieselbe ist sehr beachtenswerth; in ausgezeichneter Weise ragen aber die von dieser
Firma ausgestellten Werkzeugmaschinen durch Originalität der Construction und
mustergültige Ausführung hervor. Bei der ausgestellten Metallhobelmaschine wird das Meiſselhaus beim Rückgange gehoben, so daſs
der Stahl hierbei gar nicht mit dem Arbeitstücke in Berührung ist, was jedenfalls
zur Schonung der Schneide etwas beiträgt. Die ausgestellte Schraubenschneidmaschine für Schraubenbolzen bearbeitet nach Art ähnlicher
amerikanischer Constructionen durch entsprechend eingestellte, nach einander zur
Wirkung gebrachte Werkzeuge die achsial zur rotirenden Spindel zugeführte Stange;
indem zuerst der Bolzen abgedreht, dann dessen Ende gerundet, hierauf die Schraube
(ähnlich wie dies bei den Maschinen zur Holzschrauben-Erzeugung geschah und auch
noch bei den einfacheren Maschinen geschieht) mittels eines in einem Hebel
eingesetzten Stahles eingeschnitten wird. Bei dieser Operation wird die geradlinige
Bewegung dem Messerhebel durch eine Patrone ertheilt. Endlich wird der Kopf
abgestochen und hierbei zugleich gerundet. – Besondere Beachtung verdient eine Schleifmaschine für Spiralbohrer. Der Stein rotirt
gegen das zu schleifende Werkzeug, welches unter dem geeigneten Winkel eingespannt 3
Bewegungen gleichzeitig erhält: Eine horizontale Rückkehrbewegung parallel zur
Steinachse, eine Schaukelbewegung um eine nahe der Schneidkante gedachte Linie und
eine oscillirende Drehbewegung um die Werkzeugachse entsprechend der Lage der
Schneide am Spiralbohrer. Hierzu gesellen sich die nöthigen Einstellbewegungen,
worunter auch jene gehört, vermöge welcher man das eingespannte Werkzeug, ohne seine
sonstige Lage zu ändern, um 180° drehen kann, um die zweite Schneide anzuschleifen.
Die Maschine arbeitet, vom Einspannen und Umschalten abgesehen, selbstthätig und ist constructiv
vollendeter als Haagen's Maschine (vgl. 1876 222 * 401), welche in Philadelphia 1876 zu sehen war.
Auch an den übrigen Ausstellungsgegenständen dieser Firma: einer
Walzenriffelmaschine, Egalisirbank, Plandrehbank, Fräsmaschine, finden sich neue
Constructionseinzelheiten.
Auch Wernly aus Genf hat sich amerikanische Muster zum
Vorbilde genommen, u.a. eine kleine Handhobelmaschine
für feinere Metallbearbeitung ausgestellt, welche ihrer praktischen Construction
(leichte Einstellbarkeit für verschiedene Formen des Arbeitstückes) und schönen
Ausführung wegen hervorgehoben zu werden verdient. Die Objekte dieses Ausstellers
stehen nahe am Ende des Querflügels, wo sich auch die vorzüglich ausgeführten und
mannigfachen Maschinen zur Blechbearbeitung von R.
Jäcklin aus Basel befinden. Wesentlich Neues ist hier nicht hervorzuheben;
doch ist das Sortiment der ausgestellten Maschinen so reichhaltig, wie es auf wenig
Ausstellungen vereint zu finden war. Als besonders praktisch gebaut – namentlich
betreffs der von der Stuttgarter Ausstellung 1881 her bekannten Trittanordnung – sind die Holz- und Metalldrehbänke von
Geiger und Comp. (Filialwerkstätte in Kreuzungen,
Hauptgeschäft in Stuttgart) noch zu erwähnen; dieselben befinden sich am Beginne des
Querflügels neben Schmidts oben besprochenen
Gegenständen.
Holzbearbeitungsmaschinen sind zwar mehrseitig
ausgestellt; doch wird es genügen, Joh. Weber's
Band-Brettsäge (Bandsäge für Stammholz) zu nennen, an welcher eine einstellbare
Sägenführung erwähnenswerth ist. Die kleineren Maschinenbauer der Schweiz stehen im
Vergleiche zu jenen Württembergs zurück; namentlich mangelt jene Specialisirung,
welche bei der Stuttgarter Ausstellung 1881 mehrfach hervorgetreten ist,
groſsentheils. Es mag dies theilweise seine Begründung in dem mangelnden
Patentschutze finden; theilweise aber ist die in Württemberg ersichtlich gewordene
Specialisirung gewiſs eine Folge des Einflusses der dortigen Centralstelle für
Gewerbe.
Bevor von den Arbeitsmaschinen für specielle Zwecke gesprochen wird, wollen wir der
Dynamometer, Winden u. dgl. Hilfsmaschinen gedenken. Auf der Rückseite des
Headstockes des von Rieter ausgestellten Selfactors
(Maschinenhalle, Längsflügel, Mitte) ist ein Dynamometer beigefügt, welches prinzipiell mit dem Hartig'schen Dynamometer verwandt ist, constructiv aber in mehreren
Beziehungen sehr wesentlich abweicht. Der treibende Riemen bethätigt eine fixe Achse
a1 am Gestelle des
Dynamometers; von einer zweitem fixen Achse a2 führt ein Riementrieb zu der zu treibenden
Maschine. Mit a1 und
a2 sowie einer zwischen beide gelegten dritten Achse c, sämmtlich horizontal neben einander, sind drei
gleich groſse Zahnräder verbunden, durch deren Vermittelung die Bewegung von a1 auf a2 übertragen wird. Die
Zahndrücke wirken am Zwischenrade in gleicher Gröſse nach abwärts und, da die
Zwischenachse c auf einem einarmigen Hebel gelagert
ist, welcher durch eine kräftige Feder gehalten ist, so bewirken diese Drücke eine entsprechende Spannung
der Feder, zugleich eine geringe Ortsveränderung des Hebels proportional den
Drücken. Diese Ortsveränderung bewirkt die gleichfalls proportionale Ortsveränderung
eines zeichnenden Stiftes, welcher seine Stellung auf einem proportional der
Tourenzahl bewegten endlosen Papierstreifen markirt und dadurch ein Diagramm der
übertragenen Arbeit liefert, dessen Ordinaten proportional den Drücken und dessen
Abscissen proportional den Wegen sind. Ein Zählwerk bestimmt zudem noch eigens die
Umlaufszahlen. – Zwei weitere Dynamometer, das eine ebenfalls für Riementrieb, das
zweite für Einschaltung in Wellentrieb hat Bourry-Séquin und
Comp. in Zürich ausgestellt. Diese Dynamometer liefern kein Diagramm,
sondern gestatten die Ablesung der Tourenzahl, der übertragenen Kraft, des
statischen Momentes der Kraft und der Kraftarbeit an Zeigerwerken (vgl. 1883 247 229).
Der Geschwindigkeitsmesser, System Klose, ist sowohl von den Vereinigten Schweizerbahnen
(neben dem Querflügel der Maschinenhalle), als von der Werkzeug- und Maschinenfabrik Oerlikon ausgestellt. Dieser
Geschwindigkeitsmesser wird durch Reibung bethätigt, braucht keinen besonders
vorzubereitenden Antrieb und liefert Diagramme auf einem durch ein Uhrwerk bewegten
Papiere, läſst aber nur die verschiedenen Geschwindigkeiten erkennen, nicht aber die
Rückwärtsbewegung unterscheiden. Constructiv ist der Apparat sehr gelungen.
Joh. Jac. Rieter in Winterthur (Längsflügel, Mitte) hat
einen hydraulischen Bremsregulator ausgestellt, dessen
Aufgabe darin besteht, in einer Arbeitstätte, in welcher gleichbleibende Tourenzahl
ein wesentliches Bedürfniſs ist, jenen ergänzenden Widerstand selbstthätig
beizufügen, welcher zur Einhaltung der constanten Geschwindigkeit erforderlich ist,
wenn Schwankungen im Kraftbedarfe eintreten. Das Wesen dieses Bremsregulators
(Patent Schrieder) besteht darin, daſs Wasser oder
Seifenwasser durch ein Kapselradpumpwerk beständig aus einem Gefäſse entnommen und
wieder in dasselbe zurückgeführt wird. So lange das Rücklaufrohr frei ist, ist eine
sehr geringe Arbeit zum Betriebe dieser Pumpe erforderlich; sowie aber durch den
Centrifugalregulator ein Schieber den freien Querschnitt mehr und mehr verengt, wird
der Wasserbewegung ein bedeutendes Hinderniſs entgegengesetzt und der so geschaffene
Widerstand durch den das Kapselwerk treibenden Riemen ebenso auf die Transmission
zurückgeleitet, wie dies mit dem Widerstände jeder anderen Arbeitsmaschine
geschieht, und dadurch die Geschwindigkeit, wenn zu hoch, vermindert, also regulirt.
(Zeichnungen finden sich im 40. Hefte des Uhland'schen
Skizzenbuches.) Der Apparat soll vorzüglich arbeiten.
R. Rieter in St. Georgen und Winterthur hat Krahne, Aufzüge und Winden
eigenartiger, interessanter Construction ausgestellt. Die Winde für 150k Last ist so eingerichtet, daſs bei dem Heben der
Last unter Rechtsdrehung der Kurbel, ein Sperrrad unter einen nun ausgehobenen Sperrkegel vorübergeht,
während bei der geringsten Linksdrehung der Sperrkegel zuvörderst einfällt und,
indem er an einer Bremsscheibe sitzt, ein weiteres Sinken der Last nur dann zuläſst,
wenn der Bremswiderstand durch kräftige Linksdrehung der Kurbel überwunden wird. An
der Kurbelachse sitzt ein Kettenrad, welches auf die Lastkette einwirkt, die durch
eine gröſsere Führungsrolle an dem Kettenrade gehalten, im Uebrigen aber frei
ist.
Wir gehen nun zu den speciellen Arbeitsmaschinen über und seien hier zunächst die Steinbohrmaschinen hervorgehoben, unter welchen
besonders die durch Sulzer in Winterthur ausgestellte
Maschine von Brandt (1878 227 * 56) und die von Roy und Comp. in Vevey
ausgestellte, gleichfalls in Thätigkeit gezeigte Maschine von Ferroux (1875 215 * 495) das
Interesse der Besucher erwecken werden; denn diese sonst wohl ziemlich allgemein
bekannten Maschinen waren noch auf keiner Ausstellung zu sehen. Dieselben befinden
sich in einem Nebenraume, welchen man erreicht, wenn man den Längsflügel der
Maschinenhalle im linken Gange völlig durchschreitet.
Maschinen zur Thonbearbeitung. Henggeler, Hämmerli und
Comp. in Landquart haben eine Maschine für die Erzeugung von Dachziegeln ausgestellt (Längsflügel, Mitte), bei
welcher die Nase aus einer Wulst entsprechend ausgeschnitten wird. Die Presse selbst
unterscheidet sich von den gebräuchlichen für Hohlziegel, Drainröhren u. dgl.
verwendeten nicht wesentlich- doch ist das Mundstück der Presse nach innen zu so
geformt, daſs die oberwähnte Wulst rein entsteht; ferner ist die Einrichtung des
Abschneidetisches bemerkenswerth, auf welchem durch einen vertikal bewegten Draht in
gewöhnlicher Weise das Querschneiden, durch einen zweiten horizontal und dann
vertikal bewegten Draht jenes Wegschneiden der Wulst eintritt, welches nur die Nase
stehen läſst. (Vgl. 1883 247 * 159. 248 319.) Von demselben Aussteller ist auch eine beachtenswerthe
Cement-Schlackenziegelpresse ausgestellt.
Nicht leicht zu übersehen sind die in der zweiten Hälfte des Querflügels
aufgestellten Maschinen von Blösch, Neuhaus und Comp.
in Biel zur Erzeugung von Holzschrauben, Drahtstiften
und Schuhnägeln. Diese Maschinen arbeiten sämmtlich
selbstthätig und sehr vorzüglich. Den bekannten Constructionen am ähnlichsten ist
die Drahtstiftenmaschine; die beiden übrigen sind origineller Construction, wenn
auch die Holz-schraubenschneidmaschine an die französische Construction von 1867
erinnert und die Schuhnägelmaschine in Bezug auf die Art der Arbeit einer früheren
Construction von Egli verwandt ist.
Müllerei-Maschinen sind in ziemlich bedeutender Zahl
meist im Längsflügel der Maschinenhalle ausgestellt. Sogleich beim Eintritte in
dieselbe fällt ein hohes Gerüste auf, welches die Anlage einer sehr einfachen Mühle
darstellt und Ingenieur G. Daverio in Zürich zum
Aussteller hat. Bemerkenswerth sind nur einige Detailverbesserungen an seinem bekannten und ziemlich
weit verbreiteten Dreiwalzenstuhl und der Antrieb des Centrifugalsichters ohne
Rädervorgelege.
Es kann erlaubt sein, viele hierher gehörige Ausstellungsgegenstände und ihre
Aussteller unerwähnt zu lassen, da besonders in diesem Zweige sich selbst
bedeutendere Fabriken begnügten, von der in der Schweiz gestatteten Nachahmung
auswärtiger Patente Gebrauch zu machen. Theilweise Originelles haben Millot, Weber und Ernst
geboten. Wegmann hat leider nicht ausgestellt. A. Millot in Zürich hat Walzenstühle mit sehr handsamer
Ausrückvorrichtung, eine Knoblauch-Auslesemaschine und Gries- bezieh.
Dunstputzmaschinen neuerer Construction, nebst den zahlreichen Kleinerfordernissen
zur Ausstellung gebracht; Weber in Uster jenen
Detacheur, welcher bereits in diesem Journale (1880 237 *
197) beschrieben wurde, nebst Walzenstühlen u.a.; von Gebrüder Ernst in Müllheim endlich ist ein sehr solid gebauter
Desintegrator zu erwähnen, bei welchem der Zwischenraum der rotirenden Scheiben
gegen den Umfang abnimmt. Die in der Schweiz in neuerer Zeit mit recht gutem Erfolge
angewendeten Bürstmaschinen für erstes Schrot gelangten nicht zur Ausstellung. Hier
mag bemerkt werden, daſs sich in Gruppe 25a (in der Nähe des Querflügels der
Maschinenhalle) von Maggi und Comp. in Zürich und Roussy Fils in Vevey sehr interessante Darstellungen
des Vermahlungsprozesses finden, vom Ersteren in einem Schema des ganzen Prozesses
mit Beifügung der Gewichtsmengen gegeben, von Letzterem durch Ausstellung
sämmtlicher Zwischenproducte des Weizenmahlprozesses.
Baumwollspinnerei. Ein vollständiges Sortiment hierher
gehöriger Maschinen hat Joh. Jac. Rieter in Winterthur
ausgestellt (Längsflügel Mitte). Obwohl an diesen Maschinen keine wesentliche
Neuerung sich findet, so sei doch auf die ausgezeichnete Lagerung der Flyerspindeln
aufmerksam gemacht.
Weberei und deren Hilfsmaschinen. Das Beste in dieser
Gruppe hat Kaspar Honegger in Rüti mit seinen
Kraftstühlen für Halbseidenstoffe geboten; auch eine sehr genau arbeitende
Seidenspulmaschine, sowie eine Maschine zum Zusammenlegen (Falten) der Seidenstoffe
sind zu erwähnen (Längsflügel gegen die Mitte). An der rechten Wand des Längsflügels
stehen kleine Winde- und Spulmaschinen, unter welchen besonders die von J.
Brunner in Oetweil hervorzuheben ist, welche sich für kleine
Seidenwebereien sehr gut eignet. Eine sehr genau arbeitende, selbstthätige Maschine
zum Litzenstricken für Webstuhlschäfte ist von Joh. Müller in Kempten, Canton Zürich, (im Längsflügel,
Mitte) ausgestellt. Strickmaschinen nach Lamb's System sind in mehrfachen Verbesserungen für
gemusterte Gestricke von Ed. Dubied in Couvet und von
der Schaffhauser Strickmaschinenfabrik in Schaff hausen
ausgestellt; erstere im Längsflügel an der rechten Wand nahe am Eingänge, letztere
an der linken Wand nahe am Ende dieses Flügels. Wesentlich Neues hat für die
Herstellung mehrfarbiger Gestricke die Schaffhauser
Strickmaschinenfabrik
gebracht; auch ist die
musterhafte Ausführung dieser Maschinen hervorzuheben.
Stickmaschinen sind in der Maschinenhalle zahlreich
vertreten, entsprechend dem mächtigen Aufschwünge der Stickerei-Industrie der
Schweiz. Ausnahmslos sind es solche, welche mit vielen Nadeln gleichzeitig arbeiten;
jene sogen. Kettenstich-Stickmaschinen, die u.a. von Schatz in Württemberg gebaut werden und nach Art der Nähmaschinen mit
meist nur einer Nadel arbeiten, werden wohl zum Aufnähen von Mustern, auch nach
Mustern ausgeschnittener Stoffe, nicht aber zu
eigentlichen Stickereien, sogen. „Plattstich-Stickereien,“ verwendet. Die
Maschinen, womit diese letzteren hergestellt werden, arbeiten theils mit 2 (bezieh.
4) Zangenapparaten vor und hinter dem vertikal ausgespannten Stoffe, wobei die
Nadeln das Oehr in der Mitte haben und durch den Stoff
hindurch gehen und den Faden nachziehen; theils arbeiten sie mit Nadeln, welche das
Oehr an der Spitze haben, und ein zweiter Faden wird gleich dem Vorgange an den mit
Schiffchen arbeitenden Nähmaschinen zur Schlingenversicherung verwendet. Bei den
Maschinen der letztgenannten Gruppe sind hinter dem Stoffe so viele Schiffchen als
vor dem Stoffe Nadeln. Als Vertreter der ersten Gruppe sei die von Martini und Comp. in Frauenfeld ausgestellte Maschine
(Längsflügel, nahe beim Eingange), als Repräsentant der zweiten J. J. Rieter's Maschine (Längsflügel, Mitte)
hervorgehoben; beide Maschinen bieten constructive Verbesserungen; doch finden sich
solche auch an Maschinen anderer Aussteller und war überhaupt noch keine Ausstellung
so reich an Stickmaschinen als die diesjährige Schweizerische Ausstellung.
Maschinen für Papierfabrikation sind von Escher Wyss und Comp. in Zürich und von Theod. Bell in Kriens in tadelloser Ausführung
ausgestellt; namentlich hat Bell überraschend Schönes
und Interessantes geboten. Seine Papiermaschine weist mehrere Detail Verbesserungen
nebst auſsergewöhnlich schöner Ausführung auf. Dieselbe Firma hat eine
Papiermaschine mit cylindrischer Form zur Imitation von Handpapier ausgestellt, bei
welcher statt eines endlosen Papieres die einzelnen Bogen vom Schöpfcylinder auf den
abnehmenden Filz übertragen werden. Hierbei ist das Format der Bogen veränderlich,
durch entsprechendes Auflegen von Filzstreifen auf der Schöpftrommel. Bell hat endlich nebst einer Papierquerschneidmaschine
nach Verny's System auch eine Holzschleifmaschine eigenartiger Construction ausgestellt. Der Andruck des
Holzes findet an beiden Seitenflächen des
Schleifsteines statt und soll hierdurch nach der Angabe competenter Fachmänner ein
viel langfaserigerer Holzstoff als auf den Maschinen nach Völter's System erzielt werden (vgl. Bach
1883 247 412). Escher Wyss und
Comp. haben nebst der groſsen Papiermaschine auch eine
Papierschneidmaschine zum Schrägschneiden, für die
Erzeugung groſser Couverts, ausgestellt. Im Anschlüsse an diese Maschinen seien auch
die Falz- sowie die Falz- und
Heftmaschine von
Martini in Frauenfeld erwähnt, welche diese Arbeiten
mit aller Schärfe ausführen und sehr genau gebaut sind (Längsflügel, Anfang).
Das Schweizerische Fabriksinspectorat hat eine gröſsere
Zahl von Schutz- oder Sicherheitsvorrichtungen und Einrichtungen zum Schütze der Arbeiter vor
Verletzungen zur Ausstellung gebracht (Längsflügel, linke Wand, zweite Hälfte),
welche theilweise als sehr gelungen bezeichnet werden können und alle Beachtung
verdienen. So ist z.B. ganz besonders einfach (und auch schon anderwärts vielfach im
Gebrauche) die Anbringung einer Querschiene bei Satinirwalzen, wodurch die
Einführung von Stoff und Papier in keiner Weise gehindert, hingegen das Erfassen der
Hand des Arbeiters unmöglich wird. Diese Ausstellung, für welche meist
sachverständige Erklärung vorhanden ist, wird der Beachtung bestens empfohlen.
Hier sei noch bemerkt, daſs dem Zuge der Zeit entsprechend sich sowohl Maschinen zur
elektrischen Beleuchtung, als zur elektrischen Kraftübertragung mehrseitig ausgestellt
finden, desgleichen Eismaschinen,
Am Ende des Längsflügels, wo derselbe an den Querflügel stöſst,. stehen eine Reihe
meist in Thätigkeit befindlicher Maschinen, als: Rundstühle, ein Kettenstuhl,
Maschinen der Chokoladefabrikation, Schnellpressen u. dgl., welche, als auſserhalb
der Schweiz erzeugt, eigentlich keine Ausstellungsobjekte bilden. Ausgestellt sind
die in andere Gruppen gehörigen Fabrikate. Diese Abtheilung der Maschinenhalle ist
im Kataloge als Arbeitsgallerie bezeichnet.
Aus dem Vorstehenden, welches doch nur das innerhalb weniger Tage Gesehene behandelt,
kann entnommen werden, daſs die ausgestellten Objekte sowohl durch ihre
Mannigfaltigkeit, als Vorzüglichkeit den Besuch der Schweizerischen Ausstellung
empfehlenswerth erscheinen lassen.