Titel: | Ueber neuere selbstthätige Eisenbahnsignale. |
Fundstelle: | Band 249, Jahrgang 1883, S. 65 |
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Ueber neuere selbstthätige
Eisenbahnsignale.
Patentklasse 20. Mit Abbildungen auf Tafel 6.
Ueber neuere selbstthätige Eisenbahnsignale.
So verheiſsend vom Gesichtspunkte der Betriebssicherheit und zugleich in ökonomischer
Beziehung der Gedanke ist, gewisse Deckungssignale und Meldungen über den Lauf der
Züge – unter Umständen behufs Controle der Fahrgeschwindigkeit – dadurch von allen
aus der Mitwirkung des Zugs-, Stations- oder Streckenpersonales herrührenden
Fehlerquellen zu befreien, daſs man die Signale von der Locomotive selbstthätig und
allein geben läſst, so groſs sind die Schwierigkeiten, welche bei der Durchführung
dieses Gedankens zu überwinden sind. Denn daſs die dazu nöthigen Einrichtungen durch
heftige Stöſse und Erschütterungen, veranlaſst durch die rasche Bewegung des
schweren Zuges, in ihrer dauernd sicheren und zuverlässigen Wirkung nicht
beeinträchtigt werden, ist eine um so schwerer zu erfüllende Forderung, so lange
diese Wirkung wesentlich in der wechselnden Schlieſsung und Unterbrechung
elektrischer Stromkreise besteht. Gegenüber dem Contactmachen durch am Zuge
befestigte Reiber oder Bürsten bei deren Auflaufen auf die Fahrschienen oder auf
besondere Contactschienen, sowie der Strom schlieſsung durch Neigung von
Quecksilberkästchen oder durch Hebelverbindungen von Pedalen aus, aufweiche die
Räder wirken (vgl. 1881 242 422), ja selbst gegenüber der
von Siemens und Halske versuchten Verbindung der
Hebelwirkung mit einer
pneumatischen Wirkung (vgl. 1880 235 195) scheint daher
der Versuch, an Stelle solcher rein mechanischer
Wirkungen eine bloſs magnetische Wirkung aus der Ferne
zu setzen, eine gewisse Beachtung zu verdienen. Dieser Versuch ist in zwei
verschiedenen Richtungen gemacht worden, in der einen von Aubourg, in einer anderen von A. Ernst und
von Gebrüder Ducousso.
Vor der Besprechung dieser Versuche mag aber ein selbstthätiges Zugdeckungssignal von
Siemens und Halske in Berlin (* D. R. P. Nr. 18890
vom 16. Oktober 1881) beschrieben werden, bei welchem der Zug unter Mitwirkung eines
Triebwerkes selbstthätig sowohl die Stellung der optischen Signale, wie auch das
Geben der elektrischen besorgt. Die optische und elektrische Signalgebung, welche in
jedem Bahnabschnitte jederzeit nur einem Zuge zu fahren erlaubt, wird dabei vom Zuge
ohne Mitwirkung eines Wärters ausgeführt und zwar mittels eines Gewichtsoder
Federtriebwerkes, welches durch eine geeignete Vorrichtung beim Vorüberfahren des
Zuges durch diesen selbst aufgezogen wird. Da indessen zu gewissen Zeiten, z.B. zum
Anzünden der Signallichter, doch ein Signalwärter anwesend sein muſs, so kann dieser
dabei auch das Aufziehen bewirken.
Der an einer Signalstelle C vorüberfahrende Zug hat auf
3 Signale gleichzeitig einzuwirken: 1) durch eine pneumatische oder andere
Uebertragung auf das Signal an der Fahrtstelle C, um
dieses hinter dem in den vorliegenden Bahnabschnitt CD
einfahrenden Zuge auf Halt zu stellen; 2) mittels
gleichgerichteter elektrischer Ströme auf das Signal am anderen Ende D des eben vom Zuge betretenen Abschnittes CD, um dieses auf Frei zu
stellen, sofern der nach vorwärts zu zweit folgende Abschnitt DE vom zuletzt vorausgegangenen Zuge bereits verlassen
worden ist; 3) mittels elektrischer Wechselströme auf das Signal am anderen Ende B des eben vom Zuge verlassenen Abschnittes BC, um daselbst die Bindung des auch fernerhin noch
stehen bleibenden Haltsignales so weit aufzuheben, daſs ein später in den Abschnitt
AB einfahrender Zug von A aus mittels des Anzeigesignales das Haltsignal in B in Frei zu verwandeln
vermag.
Hierbei kann die Einwirkung äuſserer Einflüsse auf die unter einander abhängigen
Signale die Einstellung eines Signales auf Frei unter
allen Umständen nur dann veranlassen, wenn das beim Eintritte des vorausgegangenen
Zuges in die nächste Bahnabtheilung rückwärts gesendete Befreiungssignal vorher
wirklich eingetroffen war; sie ist aber niemals im Stande, dieses letztere selbst zu
ersetzen.
Bei jedem Triebwerke eines Signales ist ein Stromerzeuger (Magnetinductor oder
Batterie) vorhanden. Setzt das Triebwerk sich in Bewegung, um ein Signal auf Frei zu stellen, so erfolgt hierbei keinerlei
elektrische Signalgebung. Setzt sich aber dasselbe in Umlauf, um das Haltsignal zu
erzeugen, so sendet eine durch dasselbe gleichzeitig in Thätigkeit gesetzte
Contacteinrichtung Ströme, welche das Anzeigesignal hervorbringen können
(gleichgerichtete Ströme bezieh. constanten Strom), in die Leitung nach der in der
Zugrichtung voraus gelegenen Signalstation, während es Ströme, welche geeignet sind,
das elektrische Befreiungssignal in der in der Zugrichtung rückwärts gelegenen
Signalstation zu erzeugen (Wechselströme), in die nach dieser führende Leitung
sendet. Beide Arten von Stromgebung wirken auf verschiedene Auslösevorrichtungen der
Triebwerke. Eine dritte Auslösungsvorrichtung endlich wird durch das Vorbeifahren
eines Zuges selbst mechanisch, d.h. durch Gestänge oder Drahtzugsvermittelung von
den über die Schiene rollenden Rädern, oder pneumatisch, oder auch elektrisch durch
den Strom einer Ortsbatterie in Wirksamkeit gesetzt.
Das allgemeine Schema der für die Stromgebung getroffenen Anordnung ist in Fig.
1 Taf. 6 in der Ruhelage dargestellt. Beginnt das Triebwerk der
betreffenden Signalstation zu laufen, so setzt es den Contacthebel a in hin- und hergehende Bewegung, der abwechselnd die
Contacte b1 und b2 von c abhebt. Tritt dabei einer der Contacthebel d1, d2 oder e1, e2 mit dem zugehörigen
Arbeitscontacte in Berührung, so bewirkt die hin- und hergehende Bewegung von a beim Schlüsse ersterer (d1, d2) die Absendung von wechselnd gerichteten, beim
Schlüsse letzterer (e1,
e2) die Absendung von gleichgerichteten Strömen
der Batterie oder eines anderen Stromerzeugers B1, zur entsprechenden Leitung (L1, L2). Die
gleichgerichteten Ströme werden in die eine Leitung und zwar in der Zugrichtung
voraus, die wechselnd gerichteten in die andere Leitung, welche von der Station
ausgeht, und zwar in der Zugrichtung rückwärts abgeschickt. Die aus der Leitung L1 ankommenden Ströme
nehmen den Weg über d1,
e2, nach dem
Wechselstrom-Elektromagnet W1
, über den Elektromagnet G2 für gleichgerichtete Ströme zur Erde.
Ersterer Magnet wird nur von Wechselströmen, letzterer nur von gleichgerichteten
Strömen beeinfluſst. Die Auslösung der Elektromagnete der einen Seite (z.B. von W1 und G1) bewirkt das
Inthätigkeittreten der Contacthebel derselben Seite (d1 und e1). Die Verschiedenartigkeit der Einwirkung von
Strömen gleicher und wechselnder Richtung auf in demselben Stromkreise liegende
Elektromagnete wird, wie bekannt, mit Hilfe eines polarisirten Ankers in dem einen
derselben erzeugt und dadurch verstärkt, daſs die Abmessungen der Eisentheile in
beiden verschieden gewählt werden, ferner, indem der Wechselstrom-Elektromagnet hohl, der andere voll
gebildet wird. Zur Erzielung eines noch wirksameren Unterschiedes in der
Beeinflussung der Elektromagnete bringt man bei B2 eine Verstärkungsbatterie an, oder schaltet, indem
die Batterie B1
entsprechend verstärkt wird, in die von c nach d1 und d2 führenden
Verbindungen je einen Widerstand ein.
Da nur eine Leitung für die Beförderung der Signale beider Zugrichtungen dient,
würden sich die Ströme beim Begegnen vernichten. Um dies zu verhindern, wird die
in Fig. 3 Taf. 6 dargestellte Contacteinrichtung angebracht. Die mit
Vorsprüngen und Einschnitten versehenen Scheiben D1, E1 und D2, E2 werden von dem Triebwerke des Signales in der
Weise in Umdrehung gesetzt, daſs sie beim Einstellen des der betreffenden Richtung
dienenden Flügels auf Frei eine halbe Umdrehung, beim
Einstellen desselben auf Halt aber eine weitere halbe
Umdrehung in demselben durch die Pfeile angedeuteten Sinne 'machen. Die linke Seite
der Figur zeigt die Stellung der Scheibe, wenn das Signal auf Halt, die rechte, wenn es auf Frei steht. Die Scheiben beider Seiten zeigen verschiedenartige
Ausschnitte, in welche die die Contacte in Thätigkeit setzenden Nasen einfallen
können. Beim Drehen der Scheiben erfolgt, wenn gleichzeitig der Hebel a (Fig. 1)
seine hin- und hergehende Bewegung macht, die Stromgebung, wie in den in Fig.
3 angedeuteten Kreisen x1 und x2 angegeben. Die gleichgerichteten Ströme sind darin
mit + + +, die wechselnden mit + – + – bezeichnet.
Zum Inthätigkeitsetzen jeder Art der beiden elektrischen Auslösungen bedarf es nun
nur eines Bruchtheiles der während einer halben Umdrehung des Werkes erzeugten
Ströme. Bei symmetrischer Anordnung der Werke werden diejenigen
Contacteinrichtungen, welche durch eine Leitung verbunden sind, von ungleichen
Scheiben beeinfluſst. Die von denselben hergestellten Stromschlüsse bezieh.
Ruhepausen ermöglichen dann, selbst wenn zwei benachbarte Werke gegen einander
gleichzeitig arbeiten, daſs in beiden die zu den Auslösungen nöthigen Stromimpulse
ankommen. Daſs beide Contacteinrichtungen d1, e1 und d2, e2 nicht gleichzeitig, sondern nur eine nach der
anderen in Wirksamkeit treten können, sichert eine Kupplung an den
Auslösevorrichtungen des betreffenden Werkes.
Die Auslösung des Werkes zum Einstellen des Signalarmes F der einen Fahrrichtung auf Frei und zum
Zurückstellen desselben auf Halt ist in Fig. 2 Taf.
6 dargestellt. Das den Signalen beider Fahrrichtungen dienende Triebwerk und der
gemeinsame Stromgeber sind in der Figur punktirt gezeichnet, die symmetrische
Einrichtung für das Signal F ist der Uebersichtlichkeit
wegen weggelassen. Das durch Gewichts- oder Federkraft in Bewegung gesetzte Triebrad
R fängt zu laufen an, sobald die halbdurchfeilte
Achse A der Hemmung h den
Vorbeigang erlaubt hat. Seine Drehung setzt die Scheiben D und E in Umdrehung und bewirkt gleichzeitig
durch Vermittelung der Kurbel k bei dem ersten halben
Umlaufe die Einstellung des Signales auf Frei, beim zweiten halben Umlaufe die
Wiedereinstellung auf Halt. Die halbdurchfeilte Achse
A ist mit dem Auslösehebel H1 verbunden, der in dem vom
Wechselstrom-Elektromagnete W beeinfluſsten
polarisirten Echappement P ruht. Hinter diesem
Auslösehebel liegt ein zweiter H2, welcher durch die von den gleichgerichteten
Strömen in Thätigkeit gesetzte Auslösung festgehalten wird. Jede dieser beiden
Auslösevorrichtungen setzt für sich allein das Werk nicht in Umdrehung; es müssen vielmehr, um dies zu
bewirken, beide beeinfluſst worden sein. Denn wenn Hebel H1 allein ausgelöst worden ist, legt er
sich mit dem Stifte f gegen den Hebel E2 und bleibt in dieser
Lage, bis die Auslösung des letzteren erfolgt. War dagegen Hebel H2 früher ausgelöst
worden, so bringt das Befreien von H1 unmittelbar das Werk in Umlauf.
Bei der ersten halben Umdrehung des Triebrades, d.h. bis die Einlösung beider Hebel
H1, H2 durch den Stift g1 mittels der an H2 vorhandenen Knagge
m erfolgt ist, stellt sich das Signal auf Frei ein. Wenn diese Einlösung eintritt, also kurz
bevor der Stift g1 in
die Stellung g2
getreten ist, ist eine Aenderung in der Lage der Auslösungen eingetreten. Das
Excenter i hat den Winkel l nach rechts bewegt und hierdurch ist zunächst der Haken n der gleichgerichteten Stromauslösungen durch
Vermittelung des Ansatzes q auſser Bereich der Hemmung
u getreten; dann sind die Haken o1 und o2, welche durch den
Knebel p in einem gröſseren Abstande von einander
gehalten wurden, enger zusammengetreten; endlich ist durch Vermittelung des Ansatzes
r das Echappement P
gegen den Ruheanschlag gedrückt und der obere Zahn der Wechselstromauslösung auſser
Bereich der Zähne des Hebels H1 gebracht worden. Bei der Einlösung der beiden
Hebel H2, H1 (denn ersterer
drückt letzteren mit dem Stifte f nieder) geht hiernach
H2, ohne bei n einzuhaken, dem Uebergewichte folgend, wieder zurück,
H1 aber wird nicht
durch die Sperrzähne im Echappement P, sondern durch
die in o1, o2 einfallende
Einlösung s festgehalten. Die in dieser Stellung
(Freistellung des Signales) ankommenden Ströme, gleichgerichtete sowohl als
Wechselströme, bringen keine Veränderung hervor.
Erst wenn der Zug selbst den Bahnabschnitt durchfahren hat und die betreffende
Station verläſst, erfolgt die Lösung des solchergestalt gehemmten Werkes, indem die
Bewegung der Räder auf den Schienen durch Vermittelung einer beliebigen Uebertragung
den Hebel t in Thätigkeit bringt. Wird dieser mit
seinem linksseitigen Theile gehoben, so befreit er s
von dem Haken o2 und
das Werk beginnt den Umlauf von neuem, um die zweite halbe Umdrehung zu vollführen.
Hierbei stellt sich das Signal wieder auf Halt und der
frühere (gezeichnete) Zustand der Stellungen tritt wiederum ein, da jetzt das
Excenter i wieder die linksseitige Lage eingenommen hat
und daher ein vollständiges Einlösen beider Hebel H1, H2 stattfinden kann.
Das Ziel, welches F. Aubourg in Les Loges, Frankreich (*
D. R. P. Nr. 17151 vom 26. September 1880) bei Herstellung eines elektrischen
Apparates zur Vermeidung von Zusammenstöſsen der Eisenbahnzüge sich steckte, war die
Schliessung und Unterbrechung der für die Signalgebung erforderlichen galvanischen
Ströme durch magnetische Fernwirkung. Sowie ein Zug in einen Geleiseabschnitt
einfährt, worin schon in gleicher oder in entgegengesetzter Richtung ein anderer Zug
fuhrt, soll auf der Locomotive des ersteren ein Warnungssignal mit der Dampfpfeife gegeben werden.
Dies soll dadurch geschehen, daſs ein Elektromagnet am Geleise, zwischen den
Schienen, anziehend auf eine sehr leichte und biegsame horizontale Feder aus weichem
Eisen wirkt, welche unterhalb der Locomotive so angebracht ist, daſs sie nahe über
den Polen jenes Elektromagnetes hinweggeht; für gewöhnlich befindet sich die
kupferne Contactplatte am Ende dieser Feder etwa 2mm über zwei anderen Kupferplatten, an denen ein Stromkreis mit Batterie
und Elektromagnet endet; wird durch Anziehung der Feder nach unten dieser Stromkreis
geschlossen, so zieht der Elektromagnet auf der Locomotive seinen Anker an und löst
durch ihn ein Fallgewicht aus, welches nun auf einen Handgriff herabfällt und
mittels desselben die Dampfpfeife in Thätigkeit setzt. In ähnlicher Weise könnte
selbst der Dampfzutritt abgesperrt oder die continuirlichen Bremsen angezogen
werden. Der Geleise-Elektromagnet muſs durch den in den Geleiseabschnitt
einfahrenden Zug magnetisirt, durch den aus ihm ausfahrenden Zug wieder
entmagnetisirt, der ihn magnetisirende galvanische Strom also beim Einfahren
geschlossen, beim Ausfahren wieder unterbrochen werden. Dazu dienen wieder zwei
äuſserst leichte und empfindliche, 1m lange und
1cm breite, zur Erzielung gröſserer
Steifigkeit mit senkrecht umgelegten Rändern versehene, an ihrem Ende ebenfalls mit
einer Kupferplatte belegte Federn aus weichem Eisen, auf welche ein an der
Locomotive etwa 1m hinter der erwähnten
Contactfeder angebrachter Hufeisenmagnet, dessen mit den Polen nach unten gerichtete
Schenkel in einer zur Bahnachse parallelen Verticalebene liegen, beim
Darüberhinfahren wirken kann. Die am Anfange des Abschnittes liegende
Schlieſsungsfeder schlieſst, wenn sie vom Hufeisenmagnete gehoben wird, den auf
Stangen entlang dem Bahnabschnitte geführten Stromkreis und wird zugleich in der
gehobenen, den Strom geschlossen haltenden Lage festgehalten, da sie neben den Polen
des eben durch den Strom wirksam werdenden Geleise-Elektromagnetes liegt und von
ihnen während der Stromdauer angezogen wird. Die am Ende des Abschnittes liegende
Unterbrechungsfeder hält für gewöhnlich den Stromkreis geschlossen und unterbricht
ihn, wenn sie vom Locomotivelektromagnete beim Ausfahren aus dem Abschnitte gehoben
wird; bevor sie dann wieder herabfällt und ihn wieder schlieſst, muſs die
Schlieſsungsfeder bereits abgefallen sein. An der Berührungsstelle zweier Abschnitte
liegt ein Holzkästchen mit Zinkdecke], worin eine Batterie, ein Elektromagnet, eine
Schlieſsungsfeder für den vorwärts, und eine Unterbrechungsfeder für den rückwärts
gelegenen Abschnitt untergebracht sind; der erste Kasten braucht natürlich keine
Unterbrechungs-, der letzte keine Schlieſsungsfeder. Gegenüber diesen Kästchen liegt
neben der anderen Schiene noch je ein zweites Kästchen mit einem in die Leitung des
rückwärtigen Abschnittes eingeschalteten Elektromagnete, welcher wirken soll, wenn
ein Zug in der entgegengesetzten Richtung in den Abschnitt einfahren will. Aubourg scheint aber übersehen zu haben, daſs dieser zweite Elektromagnet
nur wirken und dadurch die Gefahr signalisiren kann, wenn der Zug über ihn erst
einfährt, nachdem bereits der erste Zug im Anfange
desselben Abschnittes eingefahren ist, es müſste denn sein, daſs er für die in
entgegengesetzter Richtung bezieh. rückwärts fahrenden Züge noch ein besonderes
Leitungs- und Elektromagnetsystem anzuordnen beabsichtigt, was darin angedeutet
liegen könnte, daſs beim Rückwärtsfahren der Hufeisenmagnet an der entsprechenden
Seite des Vordertheiles angebracht werden soll.
Die einzelnen Abschnitte macht Aubourg 8km lang, ordnet aber zwei sich übergreifende
Leitungen an, so daſs von je 4km von einander
entfernten Kästen der 1., 2., 3., 4.... mit dem 3., 4., 5., 6.... in Verbindung
steht.
Der Betriebs-Telegrapheninspeetor A. Ernst in Leipzig (*
D. R. P. Nr. 4461 vom 30. Mai 1878) will, wie der Patentanspruch sagt, „eine
Inductions-Blocksignaleinrichtung durch am Zuge befindliche Stahl- oder
Elektromagnete in Thätigkeit setzen.“ Der Magnet oder die Magnete würden so
am letzten Wagen des Zuges anzubringen sein, daſs sie trotz der Schwankungen des
Zuges – die ihnen gegenüber gestellten, mit Draht bewickelten Anker nicht berührend,
bei etwaiger Berührung mit ihnen aber mit ihren kugelsegmentförmigen Endflächen der
Schenkel über die gleichgeformten Ankerenden hinweggleitend – stets Ströme von
ausreichender Stärke induciren. Die Streckenabsperrung dürfte am besten durch eigene
Kabelleitungen zu bewirken sein und der in unmittelbarer Nähe des Signalpostens
vorübergehende Zugmagnet könnte in starker Drahtleitung und starkem Elektromagnete
einen starken Strom erzeugen und durch ihn ein beträchtliches Signalmittel haben,
während letzterer bei der von weither erfolgenden Auslösung des Signales zur
Freigebung der Strecke, mittels feinerer Drähte und schwächerer
Elektromagnetwirkung, durch das eigene Gewicht in die Haltlage zurückgehen könnte.
Vor-theilhaft würde dabei die Freigebung erst von der zweitnächsten Station
erfolgen, damit der Zug, bis er auf ein Sperrsignal trifft, unbesorgt mit voller
Geschwindigkeit fahren kann, weil dann der vorausgegangene Zug sicher den an diesem
Sperrsignale beginnenden Bahnabschnitt bereits wieder verlassen hat und deshalb der
ihm nachfolgende Zug diesen Abschnitt ungefährdet noch durchfahren kann. Unter
Festhaltung des Grundgedankens läſst sich die Ausführung im Einzelnen in die
verschiedensten Formen bringen.
In nur wenig anderer Weise, nämlich durch die Wagenräder selbst, erzeugen die Gebrüder Ducousso in Paris in ihrem Signalapparate die
Magnetinductionsströme. Schon im J. 1881 hatten dieselben die Pariser
Elektricitätsausstellung mit einem Modelle eines vom Zuge selbstthätig betriebenen
Blocksignalapparates beschickt; mit einem von Bréguet
in Paris ausgeführten und vervollkommneten selbstthätigen Zuganzeiger aber sind bei der französischen
Nordbahn unter der Leitung des Ingenieurs Banderali
seit April 1882 Versuche angestellt worden, später auch auf der
Paris-Lyon-Mittelmeerbahn. Der Stromerzeuger beim Zuganzeiger hat sich während
dieser Zeit wenig geändert, im Empfänger dagegen ist wiederholt gewechselt worden.
Nach der Wiederaufstellung der Apparate bei der Nordbahn zu Anfang November 1882
haben dieselben bis in den April d. J. gearbeitet, ohne zu versagen. Daſs längeres
Regenwetter ihr Wirken nicht beeinträchtigt, hat sich im December auf der
Paris-Lyon-Mittelmeerbahn gezeigt; daſs bei einer zu groſsen Geschwindigkeit des
Zuges ein Versagen nicht zu befürchten ist, haben Versuche auf der Nordbahn
dargethan, wo die auf 3km in der Stunde
Geschwindigkeit eingestellten Apparate auch bei 60km Geschwindigkeit noch gut arbeiten. Viel gefährlicher als die durch
Vergröſserung der Geschwindigkeit herbeigeführte Verkürzung der Inductionsströme
dürfte dagegen in dieser und in A. Ernst's Anordnung
die Schwächung der Ströme durch Fahren des Zuges mit zu kleiner Geschwindigkeit sein und durch dieselben eine nicht ausreichende
Sicherheit in den Fällen beschafft werden können, wo die Inductoren von Zugtheilen –
vielleicht unabsichtlich und unbemerkt – in sehr langsamer Bewegung überschritten
werden könnten.
Der Stromerzeuger ist nach Engineering, 1883 Bd. 35 S.
16 in Fig. 4 und 5 Taf. 6
abgebildet; er besteht aus einem kräftigen Magnete C,
auf dessen Pole zwei Spulen D aufgesteckt sind; Magnet
sammt Spulen sind in einer Messingbüchse G
untergebracht, welche mit passenden Oesen versehen ist, um mittels derselben an die
Schiene A an deren Aufsenseite bei B angeschraubt zu werden und zwar so, daſs die Pole des
Magnetes auf der nämlichen Horizontalen mit der Schienenoberkante liegen, jedoch
selbst von den ausgelaufensten Radkränzen nicht berührt werden. Das eine Ende der
Spulenbewickelung ist bei E an die Büchse angelöthet
und so durch die Schiene oder erforderlichen Falles unmittelbar an Erde gelegt, das
andere F mit der Leitung nach dem Empfänger verbunden.
Beim Darüberhinfahren des Zuges erzeugen die Wagenräder in den Spulen D eine Reihe von kurzen
Magnetinductions-Wechselströmen; der Empfänger darf daher nur auf den ersten
derselben ansprechen, wenn jeder Zug nur ein Signal geben soll.
Bei einem Versuche auf der Paris-Lyon-Mittelmeerbahn sind zwei Inductoren angewendet
worden, einer an jeder Schiene, weil man feststellen wollte, ob es besser sei, einen
einzigen kräftigen Inductor anzuwenden, oder zwei kleinere hinter einander zu
schalten. Jetzt sind die Schenkel des Magnetes nicht mehr gebogen (wie in der
älteren in La Lumière electrique, Bd. 8 * S. 439
beschriebenen Form), sondern gerade (Fig. 4); die
Büchse ist aus dem Ganzen und gelöthet, auſserdem gegen das Eindringen von Wasser
mit Paraffin ausgefüllt; die Spulen haben 18000 Windungen aus 0mm,14 dickem Drahte und 3780 Ohm Widerstand, so
daſs der innere Widerstand eines Apparates 7560 Ohm beträgt.
Im Empfänger wollte man zuerst einen Hughes-Elektromagnet (Hufeisenmagnet mit Spulen um den auf die Pole
aufgesetzten Kernen aus weichem Eisen) anwenden, dessen Anker bei Ankunft der die
Wirkung des Hufeisens neutralisirende Ströme durch die Abreiſsfeder abgerissen
werden, und einen Localstrom durch eine elektrische Klingel schlieſsen sollte.
Entweder verstärkte sich aber der Magnet bei längerer Ruhe, so daſs die Ströme den
Anker nicht zum Abfallen brachten, oder bei feiner Einstellung fiel der Anker durch
die Erschütterungen ab, welche der Zug verursachte; blieb der Anker endlich längere
Zeit abgerissen, so schwächte sich der Magnet so, daſs er dann den Anker nicht mehr
festzuhalten vermochte. Aenderungen der Widerstände und der Spulenlänge fruchteten
dagegen nichts. Ein Ader'scher telephonischer Empfänger
mit Fallscheibe lieferte keinen besseren Erfolg. Daher griffen Ducousso und Bréguet zu
dem bekannten Siemens'schen polarisirten Relais (Fig.
6 Taf. 6). Auf dem Nordpole des rechtwinkelig gebogenen Magnetes A ist die eiserne Zunge nn1 drehbar befestigt; das Ende n1 liegt als Nordpol
zwischen den beiden süd polaren Enden s1 und s2 der auf dem Süd-pole s des Magnetes A befestigten Kerne der in die
Leitung L eingeschalteten Spulen. Für gewöhnlich liegt
nn1 an der Schraube
w; der vom Stromerzeuger kommende Strom schwächt
s1, verstärkt s2 und legt so nn1 an v, um den Strom einer Localbatterie durch einen in den
Stromkreis x eingeschalteten Wecker zu schlieſsen;
jetzt liegt die Zunge nn1 viel näher an s2 als früher an s1 und bleibt daher an v
liegen, bis man sie mit der Hand an u zurückführt,
indem man auf einen äuſserlich vorstehenden Knopf drückt. Die Spulen sind aus 0mm,08 dickem Drahte gewickelt, haben jede 18000
Windungen und 3460 Ohm Widerstand, das Relais also 6920 Ohm.
Bei den Nordbahnversuchen war der Empfänger ungefähr 150m von dem am Abfahrtsgeleise der Züge nach Chantilly aufgestellten
Stromerzeuger und hat an den einzelnen Versuchstagen im Mittel 15 Züge und 30
Maschinen mit Geschwindigkeiten zwischen 3 und 60km in der Stunde, ohne zu versagen, angezeigt.
In dem Blockapparate sind nach der Lumière électrique,
1883 Bd. 9 * S. 45 zwei Hughes'sche Elektromagnete
vorhanden. Wenn ein Strom den Anker des unteren zum Abfallen bringt, kommt ein Arm
am Ankerhebel in eine solche Lage gegen einen Arm am Ankerhebel des oberen, daſs
erst ein den Anker des oberen Elektromagnetes zum Abfallen bringender und eine
elektrische Klingel in Thätigkeit setzender Strom den oberen Elektromagnet
durchlaufen haben muſs, bevor der Wärter mittels eines Hebels beide Anker zugleich
wieder an die Pole ihrer Elektromagnete legen kann. Den ersteren Strom entsendet der
Zug beim Fahren über den Contact am Anfange des Bahnabschnittes, um durch ihn den
einfahrenden Zug zu decken. Der zweite Strom ist der Entblockirungsstrom und wird
entsendet, wenn der Zug über einen zweiten Contact am Ende des Abschnittes fährt. Wie die
optischen Signale mit den elektrischen in Verbindung gebracht sind, ist nicht zu
ersehen. Fährt ein zweiter Zug in den Abschnitt ein, so vermöchte der Wärter den
Abschnitt bereits zu entblockiren, sobald der erste Zug den Abschnitt verlassen
hat.
E–e.