Titel: | Calorimetrische Untersuchung der Dampfmaschinen. |
Fundstelle: | Band 249, Jahrgang 1883, S. 97 |
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Calorimetrische Untersuchung der Dampfmaschinen.
Calorimetrische Untersuchung der Dampfmaschinen.
In der Besprechung über die calorimetrische Untersuchungsmethode, welche Zeuner durch seine bekannten zwei AbhandlungenVgl. Civilingenieur, 1881 S. 385 und 1882 S.
353, besprochen von Gustav Schmidt in D. p. J. 1882 244 1
und 246 105. hervorrief; liegt nun die
EntgegnungBulletin de la Société industrielle de Mulhouse,
1881 S. 435 bis 522 und Sonderabdruck bei Gauthier
Villars in Paris. der Elsässer: „Réfutations d'une seconde critique de M. G. Zeuner par G. A. Hirn
et O. Hallauer“, sowie eine werthvolle
AbhandlungZeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
1883 S. 161. von F. Grashof:
Calorimetrische Untersuchung der Dampfmaschinen vor. Letztere schlieſst
sich eng an die Darstellungen Zeuner's an, indem sie
dieselben kritisch durchdringt und in mehreren prinzipiell nicht unwesentlichen
Punkten ergänzt und richtig stellt. Hierbei gebraucht Grashof die Zeuner'schen Bezeichnungen, was
den Berichterstatter aus Rücksichten der Zweckmäſsigkeit und Einheitlichkeit
veranlagst, dieselben ebenfalls hier zu verwenden.
Es bezeichnet nun:
La und Lb die
Wärmewerthe der vom Dampfe an den Kolben abgegebenen Arbeit während der
Einströmung bezieh. Expansion,
Lc und Ld die
Wärmewerthe der vom Kolben an den Dampf abgegebenen Arbeit während der
Ausströmung bezieh. Compression.
Hierbei kommen als vom Kolben zurückgelegte Volumen,
eingerechnet den schädlichen Raum, in Betracht: V1, V2, V3, V0 für das Ende der Einströmung, Expansion,
Ausströmung und der Compression (bezogen auf die wirkliche Dauer dieser Perioden).
Dieselben Stellenzeiger 1, 2, 3 und 0 kennzeichnen die zugehörigen Angaben für
Temperatur t, Spannung p,
Flüssigkeitswärme q, Verdampfungswärme r, innere Verdampfungswärme ρ, specifisches Gewicht y des betreffenden
gesättigten Dampfes, bez. den specifischen Dampfgehalt x (Wassergehalt 1 – x) des Gemenges. Das
Gewicht des vom Kessel für einen Hub gelieferten Gemenges ist G, in dem schädlichen Räume zurückgeblieben ist G0 (Dampf und Wasser);
am Ende der Einströmung enthält daher der Raum V1 das Gewicht G + G0 wenn Alles dicht
ist, was überhaupt vorausgesetzt wird.
Der Wärmeaustausch mit den Cylinderwandungen bedingt jedenfalls während der
Einströmung die Abgabe einer Wärmemenge Qa vom Dampfe an die Wände, während der
Ausströmung die Abgabe von Qc von den Wänden an den Dampf. Weil für die Perioden der
Expansion und Compression die Richtungen des Wärmeüberganges nach Umständen
verschieden sein können, versteht Zeuner unter Qb (vom Cylinder an den
expandirenden Dampf) und Qc (während der Compression vom Dampfe an die Wandungen) die
algebraischen (positiven oder negativen) Werthe der abgegebenen Wärmemengen.
Die Bildung der Gleichungen erfolgt bei Zeuner (und bei
Grashof) in anderer Weise als bei den Elsässern
(und bei Gust. Schmidt). Diese haben vor Allem den
praktischen Zweck vor Augen; sie schreiben daher die Gleichungen schon gelöst nach
den zu berechnenden Gröſsen oder als Verificationen und vereinfachen von Fall zu
Fall die Rechnung, indem sie Gröſsen von untergeordnetem Einflüsse weglassen, oder
nur annähernd in Rechnung ziehen, was zulässig ist, wenn die Fehler innerhalb der
Grenzen der Versuchsgenauigkeit fallen. Dem entgegen strebt Zeuner den möglichst correcten mathematischen Ausdruck der auftretenden
Beziehungen an, berücksichtigt demnach sämmtliche Einfluſs nehmenden Gröſsen
möglichst vollständig; der Aufbau der Gleichungen folgt regelmäſsig in der
Reihenfolge der Vorgänge und entspricht den Anforderungen der Theorie, zugleich die
genaueste Analyse der Versuche ermöglichend. Besonders tritt dies in der von Grashof angewendeten Ableitung hervor, welche wir
nachstehend wiedergeben. Auch in der neuen Form ist die Theorie noch vollständig an
die Versuchstheorie gebunden, also eine „Théorie
pratique“ im Sinne Hirns. Der Einwand
Zeuner's, daſs wegen der Wirbelungen die Vorgänge
nicht Gleichgewichtszustände sind, daher das Indicatordiagramm sowie auch die
Beziehungen zwischen Druck und Temperatur u. dgl. hier nicht verwendbar sind, wird
auch von Grashof als zu wenig ausgiebig bei Seite
geschoben, nachdem schon Zeuner selbst davon wesentlich
zurückgekommen ist.
Die Gleichungen Grashof's ergeben sich aus direkter
Anwendung des Fundamentalprinzipes der Aequivalenz verschiedener Formen von
Arbeitsvermögen (Prinzip der Umwandlung der Arbeit).
Die Aenderung des Arbeitsvermögens ist gleich der Arbeit der äuſseren Kräfte mehr dem
Arbeitswerthe der von auſsen mitgetheilten Wärme. (Andere Zustandsänderungen als
solche des mechanischen und des Wärmezustandes kommen hier nicht in Betracht.)
Das Arbeitsvermögen ist als Summe von äuſserem (lebendige Kraft B) und innerem Arbeitsvermögen (U) zu betrachten; die äuſseren Kräfte trennt Grashof in Massenkräfte (an den Massenelementen angreifende, den Massen
proportionale Kräfte, namentlich Schwerkräfte) und auf die Oberfläche ausgeübte
Druckkräfte, während die durch tangentiale und innere Reibungen verursachten
Umwandlungen lebendiger Kraft in Wärme als innere Vorgänge betrachtet werden. Ist
M die Arbeit der Massenkräfte, P die Arbeit der Druckkräfte,
\frac{1}{A}\,Q der Arbeitswerth der zugeführten Wärme, so
schreibt sich allgemein die Aenderung:
\Delta\,(B+U)=M+P+\frac{1}{A}\,Q . . . . . . .
(1)
Auſserdem bestimmt sich ΔB
gesondert, weil die Aenderung der lebendigen Kraft gleich ist der um den Betrag der
Reibungsarbeit (R) verminderten Arbeit der äuſseren
Kräfte, weniger dem Betrage für innere Zustandsänderung. Dieser ist hier entgegengesetzt
gleich der Arbeit der Volumenänderung \int\,p\ d\,v=E, also
gleich – E, somit subtrahirt:
\Delta\,B=M+P-R+E . . . . . . . (2) und
\Delta\,U=\frac{1}{A}\,Q+R-E . . . . . . . (3)
Hierin kann M als jedenfalls
unbedeutende Arbeit der Schwerkräfte vernachlässigt werden. Die Gleichungen
übergehen, in Wärmewerthen ausgedrückt (nach Multilication mit A = 1/424 Calorie), wenn AB=K,\ AU=J,\ AP=L,\
AR=R' und AE=E' gesetzt werden, in:
\Delta\,(K+J)=L+Q . . . . . . . . (4)
\Delta\,K=L-R'+E' . . . . . . .
(5) und \Delta\,J=Q+R'-E' . . . . . . . . (6)
Für umkehrbare Zustandsänderungen folgt aus der Natur des Begriffes ΔK = 0 und R' = 0; ferner
ist E' = – L, weil
jedesmal die specifische Pressung p gleich ist dem
specifischen äuſseren Drucke, somit die Arbeit der Volumenänderung entgegengesetzt
gleich der Arbeit des äuſseren Druckes. Dann folgt:
\Delta\,J=L+Q . . . . . . . . (7)
Bei der Dampfmaschine ist zunächst für die Einströmung
die nicht umkehrbare Zustandsänderung bezogen auf ein
Gemenge (G + G0)k, wovon G als Speisewasser mit einer Temperatur t' in den Kessel gepumpt wurde, während G0 im schädlichen Raume
V0 sich befand. Beide können anfänglich als in
Ruhe befindlich angesehen werden, so daſs ΔK = K = der lebendigen Kraft am Ende der Einströmung
gleichkommt.
Ferner ist: ΔJ = (G + G0) (q1 + x1ρ1) – Gq' – G (q0 + x0p0) und, wenn p die
specifische Pressung im Kessel, σ das specifische
Volumen des Wassers bedeuten: L = GApσ – La = – La, weil GApσ relativ sehr klein ist.
Entspricht dem Kesseldrucke p und der Temperatur t' die Flüssigkeitswärme q
und die Verdampfungswarme r und ist x das specifische Dampfgewicht im Kesseldampfe, so ist
q + xr – q' die zur Erzeugung von 1k desselben mitgetheilte Wärme; ist sodann am Wege
vom Kessel zum Cylinder noch die Wärmemenge Qx dem Dampfe mitgetheilt worden, so hat Q die Bedeutung: Q = G
(q + xr – q') + Qx – Qa; somit lautet die Gleichung Δ (K + J) = L + Q hier:
La +
Qa = G (q + xr) + Qx + G0 (q0 + x0ρ0) – (G + G0)(q1 + x1ρ1) – K.
Qx ist positiv oder
negativ, je nachdem Ueberhitzung (Trocknung) oder Wärmeverlust nach auſsen
stattgefunden hat. Man kann indessen in allen Fällen G
(q + xr) + Qz = Gλ setzen, d. i.
gleich der ganzen für den Kolbenhub dem Dampfe mitgetheilten Wärme, wobei dann bei
unverändert angenommenem Kesseldrucke p:
λ = q + x'r oder λ = q + r + cp (tz – t),
je nachdem der Dampf am Ende der Rohrleitung gesättigt oder
auf tx überhitzt ist,
wobei im ersten Falle x' ≷ x, je nachdem Qx ≷ 0, im zweiten Falle cp die
Wärmecapacität bei constantem Drucke ist. Drosselung wird erst beim Eintritte in den
Cylinder vorausgesetzt- bei überhitztem Dampfe muſs (wegen q1 + x1
ρ1) der Dampf am Ende
der Einströmung wieder gesättigt geworden sein. Die Gleichung lautet nun:
La + Qa = Gλ + G0
(q0 + x0ρ0) – (G + G0)(q1 + x1ρ1) – K . . . . . . . (I)
Bei Zeuner ist links noch ein
Wärmeverlust Q0'
vorhanden für Ausstrahlung nach auſsen, der jedenfalls in Qa enthalten ist und nur in der
Wärmegleichung des Dampfcylinders Platz findet (ebenso wie der Einfluſs eines
Dampfmantels); anderseits fehlt das Glied K. Grashof
bemerkt, daſs Zeuner seine Gleichung ohne K
„für den vorliegenden nicht umkehrbaren Prozeſs
streng richtig“ erklärt, während die später unter (7) angeführte Gleichung
(G + G0) x1 = V1γ1 nach ihm „voraussetzt, es sei am Ende der
Admission der Gleichgewichtszustand vorhanden“.
Grashof erklärt ganz richtig, daſs gemäſs der Entstehung
der Gleichung (I) aus der allgemeinen das Glied K
prinzipiell nicht weggelassen werden dürfe.
Der wirkliche calorische Einfluſs von K ist allerdings
meist ein ganz untergeordneter. Jedenfalls bedingt derselbe keine angebbare Störung
der Beziehungen von p, t, γ u.s.w., was Grashof in sehr ansprechender Weise aus der Erhaltung
des mittleren Druckes – bei den rasch folgenden Schwankungen – sowie aus der
Vorstellung vom Wesen des Wärmezustandes begründet; letzterer – abhängig von der
mittleren Gruppirung der Atome, den wirksamen inneren Kräften und der inneren
Bewegung – wird durch eine äuſsere Bewegung des ganzen Elementes nicht
beeinfluſst.Vgl. hierüber Zeitschrift des Vereins deutscher
Ingenieure, 1883 S. 170 Anmerkung. Jedenfalls kann (G + G0)x = V1γ1 als allgemein gültig angesehen werden, so lange
nur das Wasservolumen gegen das Dampfvolumen verschwindend ist.
Grashof untersucht (zu Anfang der Abhandlung a. a. O. S.
164 ff.) die Ursachen der wirbelnden Bewegung näher und findet dieselben: 1) in der
heftigen Einströmung in den schädlichen Raum und Mischung mit dem vorhandenen
niedriger gespannten Dampfe, 2) in schon vorhandener Wirbelung im Dampfe, in Folge
der Widerstände bei der Bewegung im Dampfrohre, 3) in der groſsen Geschwindigkeit,
welche der Dampf beim Durchströmen der Steuerungsorgane annehmen muſs. Letztere
Ursache ist nach Grashof hauptsächlich maſsgebend, da
die beiden ersteren Wirbelbewegungen dem Schlüsse der Einströmung ferner liegen und
bereits, wie in der Hydraulik stets üblich, als in Wärme umgesetzt angenommen werden
können.
Grashof berechnet den Betrag dieses Verlustes für die
Hirn'sche Maschine, welche bei 0,45 Füllung rund
2⅔m augenblickliche Kolbengeschwindigkeit hat und nimmt hierbei
die Geschwindigkeit des Dampfes in den Kanälen 15 mal so groſs, also mit etwa 40m an. Dem entspricht eine Geschwindigkeitshöhe von
80m und, da G =
0k,2822 ist, nur (0,2822 × 80) : 424 = 0c,0532.
Wir bemerken, daſs in Wirklichkeit die Maschine sehr bedeutend engere Kanäle hat.
Nach der Zeichnung, welche Leloutre seinem Berichte
über die Versuche Hirns im Bulletin de Mulhouse, 1866 Taf. 202 beigibt, berechnet sich der
Querschnitt der Dampfkanäle mit nur etwa 70qc oder
nahe 1 : 40,7 der Kolbenfläche. Die Dampfgeschwindigkeit müſste also, wobei noch von
Contractionen abgesehen und ebenso ein Mehrdurchgang für etwaige Condensation im
Cylinder vernachlässigt wird, 2,66 × 40,7 oder rund 108m erreichen. Dies erfordert 600m
Geschwindigkeitshöhe und muſs, vermehrt durch Contraction sowie wegen der Reibung im
Kanäle, den Spannungsverlust erklären, welcher bei der Hirn'schen Maschine mit 0k,352 bei 3k,788 Spannung und 0k,267 bei 3k,032 beträgt und mit der
Spannung wächst.Vgl. S. 504 der Seconde Réfutation im Bulletin 1882. – Wir bemerken anschlieſsend,
daſs merkwürdiger Weise vielfach die übliche weitere Dimensionirung der
Auslaſskanäle die entgegengesetzte Ansicht veranlaſst, während dieselbe nur
gröſsere Eröffnung beim Hubwechsel bezweckt, was durch früheres Voreröffnen
besser erreicht wird.
Im vorliegenden Falle war überdies mit dem Anlaſsventile gedrosselt worden, so daſs
die Spannung im Cylinder mit 2k,307 gegen 4k,807 vor dem Ventile um 2k,5 niedriger erscheint. Hierbei muſste das Ventil
gewiſs nur sehr wenig offen gewesen sein, so daſs 400 bis 500m Dampfgeschwindigkeit – welche sich, wenn
erlaubt, wie oben berechnet – nicht unmöglich erscheint.
Der Wärmebetrag bei solcher Geschwindigkeitshöhe beträgt mehrere Calorien, und wenn
auch trotzdem noch die übliche Rechnungsweise (mit den Beziehungen des
Gleichgewichtszustandes) hier angeht, wie aus Früherem sich ergibt, so erzeugt doch
die Nichteinführung von K in Zeuner's Rechnung falsche Vorstellungen. Es scheint geradezu hierin der
Kern des sonst fast unbegreiflichen Miſsverständnisses bezüglich der Hallauer'schen Verificationen zu liegen, worauf wir
später zurückkommen werden.
Für die Expansion ist unter Voraussetzung, daſs die
wirbelnde Bewegung gegen ihr Ende hin aufgehört hat (auch von Zeuner zugegeben):
ΔK = – K, ΔJ = (G + G0)(q2 + x2ρ2 – q1 – x1ρ1),
L = – Lb und Q = Qb.
Daraus ergibt sich:
Lb – Qb = (G + G0)(q1 + x1ρ1 – q2 – x2ρ2) + K . . . . . . . . . (II)
Grashof bemerkt, daſs es hier ganz besonders wichtig
ist, die Expansion (wie schon bei V1, V2 u.s.w. bemerkt) nur bis zum Beginne der
Vorausströmung zu rechnen, da sonst die Dampfmenge sich bereits verringert hat. Bezüglich Zeuner's Gleichung (II) gilt dasselbe wie bei Gleichung
(I); dieselbe enthält Qv'', dagegen nicht K.
Für Ausströmung und Compression kann von lebendiger Kraft abgesehen und ΔJ = L + G gebraucht
werden.
Am Ende der Ausströmung ist G0 im Cylinder und G als Wasser von t4 (entsprechend q4) durch die Luftpumpe gefördert; ferner ist eine Kühlwassermenge Gik von ti (bezieh. qi) auf eine Temperatur t5 (bezieh. q5) erwärmt worden,
welche bei Mischungs- oder Einspritzcondensation t5 = t4, q5 = q4, sonst aber kleiner ist:
ΔJ = G0 (q3 + x3ρ3) + Gq4 + Gi (q5 – qi) – (G + G0) (q2 + x2ρ2),
L = Lc und Q = Qc
– Qi,
mit Rücksicht auf Wärmeverluste durch Ausstrahlung der
Luftpumpe u.a., was auch die nothwendige Correction für Luftpumpenarbeit, lebendige
Kraft des Einspritzwassers u.s.w. umfaſst:
Lc + Qc – Qi =
Gq4 + Gi (q5 – qi) + G0 (q3 + x3ρ3) – (G + G0)(q2 + x2ρ2) . . . . . . . . . (III)
Die Compression ergibt mit:
ΔJ = G0 (q0 + x0ρ0 – q3 – x3ρ3), L = Ld, Q = – Qd
die Gleichung:
Ld – Qd = G0 (q0 + x0ρ0 – q3– x3ρ3) . . . . . . . (IV)
Dazu tritt noch eine Gleichung, welche ausdrückt, daſs im (periodischen)
Beharrungszustande der Cylinder für den Kolbenschub ebenso viel Wärme abgibt, als
empfängt:
Qa –
Qb – Qc + Qd + Qm + Qr – Qv = 0, . . . . . . .
(V)
wenn Qm die Wärme bedeutet, welche vom Dampfmantel geliefert wird, Qr, welche von der
Kolbenreibung herrührt, bezieh. Qv als Betrag der Wärmeausstrahlung.
Zeuner berücksichtigt, weil ohne Dampfmantel rechnend,
Qm nicht, Qr und Qv weniger passend mit
Qv' und Qv'' in seiner
Gleichung (I und II). Auſserdem dehnt Zeuner die 5
Gleichungen auch noch auf Ueberhitzung am Ende der Expansion und am Anfange der
Compression aus.
Die Gleichungen lassen sich verschieden combiniren, ohne natürlich mehr als 5
unabhängige Beziehungen der vorkommenden Gröſsen zu ergeben. Aus Gleichung (I + II)
folgt:
La +
Lb + Qa – Qb = Gλ + G0
(q0 + x0ρ0) – (G + G0)(q2 + x2ρ2).
Gleichung (III + IV) gibt:
Lc + Ld + Qc – Qd – Qi =
Gq4 + Gi (q5 – qi) + G0 (q0 + x0ρ0) – (G + G0)(q2 + x2ρ2).
Gleichung (I + II) – (III + IV) – (V) liefert mit der
Bezeichnung La + Lb – Lc – Ld = Li = den Wärmewerth der gesammten indicirten
Arbeit:
Li – Qm – Qr + Qv +Qi = G
(λ – q4) – Gi (q5 – qi), . . . . . . . (VI)
was an sich klar ist, weil die Wärmemenge G (λ – q4) + Qm + Qr sich wiederfinden muſs in der Wärme = Gi (q5 – qi) + Li + Qv + Qi im Kühlwasser, der
indicirten Arbeit und den Verlusten.
Zur weiteren Benutzung eignen sich Gleichung (I) bis (IV) und (VI), wobei:
(G + G0) x1 = V1γ1
G0x3 = V3γ3
(G + G0) x2 = V2γ2
G0x0 = V0γ0
gesetzt werden darf, weil die specifische Wassermenge im
Volumen verschwindet. Damit schreiben sich die Gleichungen:
Qa =
V0γ0ρ0 – V1γ1ρ1 + G (λ – q1) – G0 (q1 – q0) – La – K . . . . . . (Ia)
Qb =
V2γ2ρ2 – V1γ1ρ1 – (G + G0)(q1 – q2) + Lb – K . . . . . . . . . . . . (IIa)
Qc =
V3γ3ρ3 – V2γ2ρ2 – G (q2 – q4) – G0 (q2 – q3) + (Giq5 – qi) –Lc + Qi . . . (IIIa)
Qd =
V3γ3ρ3 – V0γ0ρ0 – G0 (q0 – q3) + La . . . . . . . . . . . . . (IVa)
Von den Gröſsen sind V0, V1, V2, V3 durch den Cylinder und die Stellung der Steuerung,
La, Lb, Lc, Ld, Li durch
das Indicatordiagramm gegeben. q1, ρ1, γ1, q2, ρ2, γ2, q3, ρ3, γ3, q0, ρ0, γ0 sind für vorliegende Zustände aus den
Dampftabellen zu finden; die Messung ergibt t1, t4, t5 und daraus qi, q4 sowie q5, ebenso λ aus den Beobachtungen. G und Gi werden direkt gemessen.
Von den noch fehlenden Gröſsen G0, Qa, Qb, Qc, Qd, K, Qi, Qm, Qr und Qv lassen sich Qm aus dem Mantelwasser bestimmen, Qv wird aus dem
Mantelwasser bei Stillstand, sonst, wenn kein Mantel vorhanden ist, durch Schätzung
bestimmt. Qr muſs
geschätzt (oder weggelassen) werden, so daſs endlich aus Gleichung (VI) ein
angenäherter Werth für Qi sich ergibt. Dieser bildet zugleich eine Correctur für
Beobachtungsfehler, welche bei der Gröſse von Gi durch sehr kleine Fehler bei Messung von
U und t5 sehr bedeutend werden können.
„Im Vergleiche mit dieser Unsicherheit,“ sagt nun Grashof, „und mit derjenigen, welche durch die nothgedrungene
Abstraction von der Dampflässigkeit des Kolbens und der Schieber bezieh. Ventile
verursacht wird, ist der Fehler einer bloſsen Schätzung oder gänzlichen
Vernachlässigung der in den Gleichungen (I) und (II) vorkommenden Gröſse K wahrscheinlich von ganz untergeordneter
Bedeutung. Wird derselbe zugelassen, so bleiben jedoch die 4 Gleichungen (I) bis
(IV), welche zu der hier hauptsächlich in Betracht kommenden Bestimmung der
Wärmemengen Qa, Qb, Qc
und Qd benutzt
werden müssen, immer noch auſserdem mit der Unbekannten G0 behaftet. Auf die dadurch
verursachte Unsicherheit hingewiesen, den Grad derselben geprüft und als
erheblich nachgewiesen zu haben, ist hauptsächlich das Verdienst Zeuner's in Betreff der hier in Rede stehenden
Fragen.“
Die Elsässer gehen von der Anschauung aus, daſs die Cylinderwandungen während der
Expansion und der Ausströmung den gröſsten Theil des Wassers verdampfen; – ein
kleinerer Theil wird vom auspuffenden Dampfe vertheilt mitgerissen.Grashof meint, man könne einwenden, „daſs es mit Rücksicht auf den keineswegs
verschwindend kleinen Wärmeleitungswiderstand des Metalles bei diesen
Vorgängen nicht nur auf die mittlere Wandtemperatur, sondern zugleich
auf
die jeweiligen Temperaturen der auf einander folgenden elementaren
Wandschichten ankommt, bis zu derjenigen der innersten, die von der
Temperatur der angrenzenden Wasserschicht stets nur wenig verschieden
bleibt“.Streng genommen, ist dies kein Einwand, weil die
Verdampfung erst beginnt, sobald der Dampfdruck kleiner geworden, als der
Temperatur des Wassers und Eisens entspricht, welches letztere also immer
schon Wärme abgeben kann. Ein zweiter Einwand, daſs während der Expansion im
Inneren der Dampfmasse sich wieder Wasser bilden dürfte, bestätigt in
interessanter Weise die Erfahrung der Elsässer, daſs niemals die ganze
Wassermenge verdampft wird, was G. Schmidt
zuerst hervorgehoben hat (vgl. 1880 238 267), Zeuner aber anders beurtheilt. Sie
nehmen demnach den Dampfinhalt des schädlichen Raumes als frei von Wasser an, womit jener
von Zeuner angenommene Einfluſs von G0 bedeutungslos wird.
Ganz besonders soll dies aus der nahen Uebereinstimmung (Verification) der auf
zweierlei Weise berechneten Werthe von Qc klar werden, welche Hallauer in der ersten Erwiederung eigens zu diesem
Zwecke entwickelt. Diese Verification bezeichnet Zeuner
als irrig, indem er beide Rechnungsarten, wenn fehlerfrei gemacht, identisch findet, und nimmt hieran Anlaſs, die ganze
Rechnungsweise der Elsässer (und G. Schmidt's)
schärfstens zu verurtheilen. Grashof schlieſst sich
dieser abfälligen Kritik an.
(Schluſs folgt.)