Titel: | Ueber neue Theerfarbstoffe und deren Darstellung. |
Fundstelle: | Band 249, Jahrgang 1883, S. 384 |
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Ueber neue Theerfarbstoffe und deren
Darstellung.
(Patentklasse 22. Schluſs des Berichtes S. 350
dieses Bandes.)
Ueber neue Theerfarbstoffe und deren Darstellung.
E. Nölting und E. v.
Salis-Mayenfeld in Mülhausen, Elsaſs (D. R. P. Nr. 22268 vom 31. August
1882) beschreiben neue gelbe, orange und braune
Farbstoffe, welche bestehen aus den Sulfosäuren nitrirter secundärer und
tertiärer aromatischer Amine oder tertiärer Amine, welche zwei aromatische und ein
fettes Radical enthalten. Man gewinnt sie durch Sulfonirung der entsprechenden
Nitramine oder durch Einwirkung aromatischer Halogennitroverbindungen auf
aromatische Amidosulfosäuren.
Halogennitroverbindungen, in denen die Nitrogruppen zum Halogen in Ortho- oder
Parastellung, zu einander aber in Metastellung sich befinden, wirken leicht auf
Amine ein, indem unter Salzsäureabspaltung ein secundäres oder tertiäres Nitramin
gebildet wird. So entsteht z.B. aus Dinitrochlorbenzol und Anilin mit Leichtigkeit
unsymmetrisches Dinitrodiphenylamin. Die so erhaltenen Nitramine sind Farbstoffe,
welche aber wegen ihrer Schwerlöslichkeit und sonstiger unliebsamer Eigenschaften
bis jetzt keine technische Verwendung finden konnten. Durch Ueberführung in
Sulfosäuren liefern sie jedoch brauchbare Farbstoffe.
Die hierfür verwendeten Nitramine erhält man durch Einwirkung von Chlordinitrobenzol,
Chlortrinitrobenzol (Pikrylchlorid), Orthochlordinitrotoluol, Parachlordinitrotoluol,
Chlordinitronaphtalin, Chlortrinitronaphtalin, Chlortetranitronaphtalin auf folgende
Amine: Anilin, (Ortho- und Para-) Toluidin, die Xylidine, Methyl-, Aethylanilin und
Homologe, Diphenylamin, Phenyltolyl- und Ditolylamine, die Dinaphtylamine,
Amidoazobenzol, seine Homologen und Substitutionsproducte, wie Aethyl- und
Phenylamidoazobenzol, Amidoazonaphtalin, Benzidin, Diamidotriphenylmethan,
Leukanilin. Alle so erhaltenen Nitramine lassen sich durch Behandeln mit
gewöhnlicher oder rauchender Schwefelsäure, mit Schwefelsäurechlorhydrin oder mit
Schwefelsäure in Gegenwart von Metaphosphorsäure in wasserlösliche Sulfosäuren
überführen, welche Wolle und Seide ohne Beize in gelben bis braunen Tönen
anfärben.
Die aromatischen Halogennitroverbindungen wirken ferner auch auf die Sulfo- und
Carboxylabkömmlinge der Amine ein und bilden so wasserlösliche Farbstoffe. Es werden
zu diesem zweiten Verfahren dieselben Halogennitroverbindungen verwendet als beim
ersten, womit man folgende Amidosäuren verbindet: Sulfanilsäure,
Metaamidobenzolsulfosäure, die Toluidin-, Xylidin, α-
und β-Naphtylaminsulfosäuren, die Sulfosäuren des
Diphenylamins, der Phenyltolylamine, der Ditolylamine, der Phenyl- und
Tolylnaphtylamine, der Dinaphtylamine, des Benzidins; Amidoazobenzolmono- und
Amidoazobenzoldisulfosäure (welche im Echtgelb des Handels vorhanden sind), die
Homologen derselben, Aethyl- und Phenylamidoazosulfosäuren, welche einen Benzol- und
einen Naphtalinkern enthalten.
Technisch wichtig scheinen von diesen Farbstoffen namentlich folgende zu sein: Die
Trinitrodiphenylaminsulfosäure, zu deren
Herstellung 1 Th. Trinitrodiphenylamin langsam in 2 bis 2,5 Th. Schwefelsäure (40
Proc. Anhydrid) unter Vermeidung zu groſser Erwärmung eingetragen wird. Man läſst
einige Zeit stehen, bis alles Nitramin sulfonirt ist, gieſst alsdann in etwa 20 Th.
Wasser und stellt in üblicher Weise das Calciumsalz dar, aus dem sich leicht die
freie Säure oder andere Salze erhalten lassen. Statt mit rauchender Schwefelsäure zu
arbeiten, kann man auch einfach das Nitramin in etwa 5 Th. gewöhnlicher
Schwefelsäure von 66° B. lösen und auf dem Wasserbade erwärmen, bis das Product in
Wasser löslich geworden ist. Die weitere Verarbeitung geschieht wie oben. Nach dem
zweiten Verfahren erhält man die Trinitrodiphenylaminsulfosäure, wenn 3 Th.
Sulfanilsäure (1 Mol.) oder die entsprechende Menge eines Sulfanilates und 3 Th.
Pikrylchlorid (1 Mol.) mit 2 bis 2,5 Th. Natriumacetat in concentrirter wässeriger
Lösung so lange unter Rückfluſs gekocht werden, bis alles Pikrylchlorid verschwunden
ist. Die Reaction wird sehr beschleunigt, wenn man in geschlossenen Gefäſsen unter
Druck arbeitet, bei 120 bis höchstens 150°. Der erhaltene Krystallbrei wird
abgepreſst, um ihn von dem gebildeten Chlornatrium und der Essigsäure zu trennen,
und entweder direkt, oder nach vorhergehender Ueberführung in das Natrium oder ein
anderes Salz als gelber Farbstoff verwendet. Zur Reinigung kann entweder die freie
Säure, oder eines ihrer
Salze aus Wasser krystallisirt werden. Die Trinitrodiphenylaminsulfosäure sowie ihre
Salze bilden in Wasser, besonders in heiſsem, lösliche gelbe Krystalle, welche Seide
und Wolle auf saurem Bade direkt mit gelben Tönen anfärben.
Ersetzt man bei obigem Verfahren 4 Th. Pikrylchlorid durch 5,5 Th.
Chlortetranitronaphtalin, so erhält man die Tetranitronaphtylphenylsulfosäure, welche in ihren Eigenschaften der
vorigen sehr ähnlich ist, aber in gelbbraunen Tönen färbt.
Technisch wichtig erscheinen noch die Verbindungen, welche man erhält, indem man
Pikrylchlorid, Chlorbinitrobenzol und Chlortetranitronaphtalin auf Echtgelb
(Amidoazomono- oder Amidoazodisulfosäure) und auf Diphenylaminorange
(Phenylamidoazobenzolsulfosäure) einwirken läſst. Die Reaction verläuft ganz wie
oben; die anzuwendenden Verhältnisse sind: 35 Th. Amidoazobenzoldisulfosäure oder 35
Th. Phenylamidoazobenzolmonosulfosäure, 40 bis 45 Th. Natriumacetat in concentrirter
wässeriger Lösung, 20 Th. Chlorbinitrobenzol bezieh. 25 Th. Pikrylchlorid oder 35
Th. Chlortetranitronaphtalin. Die so erhaltenen Farbstoffe sind orange, in so fern sie sich von Chlorbinitro- und
Chlortrinitrobenzol, braun, falls sie sich von
Chlortetranitronaphtalin ableiten; sie färben Wolle und Seide auf saurem Bade ohne
Beize an.
E. Besthorn und O. Fischer
berichten im Anschlüsse an die frühere Mittheilung über das Flavanilin (vgl. 1883
247 48) über eine neue Klasse
von Farbstoffen in den Berichten der deutschen
chemischen Gesellschaft, 1883 S. 69. Bei der Nitrirung des Flavolins, C16H13N, entstehen
mehrere Nitroabkömmlinge, wovon sich einer, mittels rauchender Salpetersäure
erhaltene, durch Reductionsmittel in Flavanilin, d.h. Monoamidoflavolin, überführen
läſst. Nach den bisherigen Resultaten der Untersuchung kommt dem Flavanilin die
Formel C16H12.NH2.N, dem Flavenol die Formel C16H12.OH.N zu.
Flavanilin bildet sich ferner schon bei 100°, wenn man Acetylchlorid auf
schwefelsaures Anilin oder auch auf Acetanilid bei Gegenwart von Chlorzink einwirken
läſst. Auch das Anilid der Propionsäure bildet einen gelben, Formanilid aber keinen
Farbstoff.
Das Chinolin erinnert an das Azobenzol, da in beiden an sich nicht färbenden Stoffen
bereits durch Einführung von Hydroxyl oder der Amidogruppe färbende Verbindungen
entstehen. Die einfachen, bisher bekannten Abkömmlinge des Chinolins, wie das α-Amidochinolin sind keine brauchbaren Farbstoffe; das
Flavanilin zeigt jedoch, daſs complicirte Chinolinabkömmlinge wirklich hübsche
Farbstoffe zu liefern im Stande sind. Es scheint daher nicht ausgeschlossen, daſs
man aus den hochsiedenden Chinolinbasen des Steinkohlentheers, z.B. das Acridin,
durch Nitriren und Amidiren werthvolle Farbstoffe zu gewinnen im Stande ist. Es ist
ferner nicht unmöglich, daſs gewisse, natürlich vorkommende Alkaloidfarbstoffe, wie
das Harmalin, einer ähnlichen Ursache ihren färbenden
Charakter verdanken.
Die Farbstoffe der Safraninreihe wurden von R. Nietzki untersucht (Berichte
der deutschen chemischen Gesellschaft, 1888 S. 464). Nach neueren Angaben
von Witt im Journal of the
Chemical Industry, 1882 S. 255, stellt derselbe durch Oxydation eines
Gemenges von 1 Mol. Paraphenylendiamin mit 2 Mol. Anilin ein Safranin her, welches
als das erste Glied dieser Farbstoffreihe angesehen werden muſs. Er fand ferner,
daſs – entgegen der Beobachtung Bindschedler's (1880
236 73) – nur 1 Mol. dieser Monamine durch
Paratoluidin ersetzt werden kann und daſs die Diamine durch solche Stoffe ersetzt
werden können, welche bei der Reduction in jene übergehen, z.B. Dichlorchinonimide
oder die Nitrosoabkömmlinge tertiärer Basen.
Nietzki verwendet als Oxydationsmittel Kaliumdichromat
in heiſser, neutraler Lösung. Das Safranin ist dabei das Product eines zweiten
Reactionsverlaufes, da bei kalter Oxydation blaue, grüne oder violette Verbindungen
entstehen, welche schon beim Erhitzen theilweise in Safranine übergehen.
Paraphenylendiamin gibt safraninartige Verbindungen mit 2 Mol. Anilin, Ortho- oder
Metatoluidin, mit 1 Mol. Anilin, Ortho- oder Metatoluidin und 1 Mol. Paratoluidin,
bezieh. auch mit 1 Mol. Mono- oder Dimethylanilin und 1 Mol. eines primären Monamins
beliebiger Stellung, nicht aber mit secundären oder tertiären Basen oder mit
Paratoluidin allein. Alkoholreste in der einen Amidogruppe des Diamins ändern nichts
an der Reactionsfähigkeit desselben; das gewöhnliche Dimethylparaphenylendiamin (aus
Nitrosodimethylanilin) bildet, wie Bindschedler fand,
Safraninfarbstoffe. Das symmetrische, in beiden Ammoniakresten substituirte
Diäthylparaphenylendiamin, C2H5HN.C6H4.NHC2H5, zeigt dagegen dieses Verhalten nicht. Nach Nölting erhält man letztere Verbindung durch Erwärmen
von 1 Mol. Paraphenylendiamin mit 2 Mol. Bromäthyl. Aus dem entstehenden
Basengemenge wird die obige Substanz in Gestalt des Nitrosamins isolirt. Man
verwandelt das entstandene Bromhydrat am besten durch Freimachen der Base,
Ausschütteln mit Aether und Absättigen mit Salzsäure in das Chlorhydrat. Wird dieses
in saurer Lösung mit einem Nitritüberschusse versetzt, so geht beim Ausschütteln mit
Aether das Nitrosamin, NOC2H5N.C6H4.NC2H5NO, in Lösung. Alle übrigen Basen bilden dagegen
basische Nitrosoabkömmlinge, welche sich nicht ausschütteln lassen. Durch
Umkrystallisiren aus Benzol, unter Zusatz von Ligroin, wurde das Nitrosamin in
graugelben, bei 90° schmelzenden Blättchen erhalten. Saure Zinnchlorürlösung führte
es beim Erwärmen leicht in das symmetrische Diäthylparaphenylendiamin über.
Paradiamidodiphenylamin bildet Safranine, wenn es mit gleichen Molekülen eines
primären Monamines von beliebiger Stellung zusammen oxydirt wird. Mit secundären
oder tertiären Monaminen konnten dagegen keine Safranine erhalten werden.
Phenosafranin, zuerst von Witt dargestellt, entsteht durch Oxydation von 2 Mol. Anilin mit 1 Mol.
Paraphenylendiamin oder von gleichen Molekülen Anilin und Paradiamidodiphenylamin. Der
Farbstoff unterscheidet sich im Tone wenig von seinen Homologen, den Safraninen des
Handels, zeichnet sich aber durch die auſserordentliche Krystallisationsfähigkeit
seiner Salze aus. Das Chlorhydrat des Phenosafranins bildet cantharidengrüne Nadeln,
welche sich schwer in kaltem, leicht in heiſsem Wasser lösen und deren
Zusammensetzung der Formel C18H16N4.HCl entspricht.
Das Sulfat bildet lange stahlblaue Nadeln.
Oxydirt man das aus Nitrosodiäthylanilin dargestellte Diäthylparaphenylendiamin bei
Gegenwart von 2 Mol. Anilin, so entsteht Diäthylsafranin, ein fuchsinrother Farbstoff, dessen Chlorhydrat in
schönen, grün schillernden Nadeln krystallisirt. Das Platinsalz, welches gleichfalls
grüne Nadeln bildet, zeigte bei 100° getrocknet die Zusammensetzung: 2C18H14N4 (C2H5)2HCl.PtCl4. Oxydirt man in derselben Weise ein Gemenge von 1
Mol. Paraphenylendiamin mit 1 Mol. Diäthylanilin und 1 Mol. Anilin, so entsteht eine
Verbindung, welche in der Farbtönung dem obigen sehr ähnlich, mit demselben jedoch
nicht identisch, sondern nur isomer ist. Obwohl beide Diäthylsafranine mit
Schwefelsäure grüne Salze bilden, liefern sie doch keine grüne Diazoverbindung.
Tetraäthylsafranin entsteht durch Oxydation eines
Gemenges gleicher Moleküle Diäthylparaphenylendiamin, Diäthylanilin und Anilin der
Farbstoff unterscheidet sich von dem vorigen durch einen viel violetteren Ton. Noch
reiner erhält man denselben, wenn man, wie Bindschedler
bei Darstellung des entsprechenden Methylderivates gethan hat, das grüne
Oxydationsproduct aus den erstgenannten Basen unter Zusatz von etwas Bichromat in
wässeriger Lösung mit salzsaurem Anilin erhitzt. Der Farbstoff bildet ein sehr
leicht lösliches Chlorhydrat, dagegen ein schwieriger lösliches, sehr schön
krystallisirendes Chlorzinkdoppelsalz. Letzteres bildet goldglänzende gröſsere
Blättchen. Auf Wolle und Seide erzeugt der Farbstoff einen violetten Ton, auf letzterer mit schöner Fluorescenz. Für die technische
Verwendung ist der Farbstoff zu wenig lichtecht.
Bewirkt man bei der Herstellung der Safranine die Oxydation in der Kälte, so
entstehen, wie bereits erwähnt, meist blau oder grün gefärbte Stoffe, welche sich beim Erwärmen unter
Bildung von Safranin zersetzen. Ein zu dieser Klasse gehöriger, ziemlich beständiger
Farbstoff ist das Toluylenblau von Witt (vgl. 1879 233 247), welches 2 Atom Wasserstoff mehr enthält als das
dazu gehörige Safranin, das Toluylenroth. Ebenso stellt Bindschedler einen ziemlich beständigen grünen Farbstoff her durch
Oxydation eines Gemenges von Dimethylparaphenylendiamin mit Dimethylanilin, dessen
schön krystallisirendes Chlorzinkdoppelsalz sich in Wasser mit grüner Farbe löst.
Das Jodid zeigt die Zusammensetzung C16H20N3J.
Weitere Versuche ergaben, daſs in den Safraninfarbstoffen zwei amidirte Reste durch
ein Stickstoffatom verkettet sind und daſs letzteres zu den beiden Amidogruppen in
der Parastellung steht. Das einfachste Safranin enthält mithin die Gruppe: H2N.C6H4.N.C6H4.NH2, den Rest des
Paradiamidodiphenylamins. Das Safranin erscheint als Abkömmling des Triphenylamins
und es tritt eine groſse Analogie mit dem Rosanilin, als einem Derivate des
Triphenylmethans, hervor. Hier sind 3 Benzolkerne durch einen 4werthigen Kohlenstoff
vereinigt, dessen freie Valenz in den Rosanilinsalzen an Stickstoff gebunden ist;
dort vermittelt der Stickstoff diese Bindung und muſs, da er noch mit dem anderen
Stickstoffatome verbunden ist, 5werthig sein. Leukosafranin würde ein
Triamidotriphenylamin sein, während das Leukoanilin ein Triamidotriphenylmethan ist.
Rosanilin und Safranin zeigen ferner die gemeinsame Eigenschaft, daſs sie trotz
ihrer gröſseren Anzahl von Amidogruppen, nur einbasische Salze von beständigem
Charakter bilden.
Erhitzt man Phenosafranin mit der 3 bis 4fachen Menge concentrirter Salzsäure im
geschlossenen Rohre auf etwa 170°, so entsteht unter Austritt von Ammoniak eine
Verbindung, welche die auffallendste Aehnlichkeit mit Anilinschwarz und zwar mit dem
niedriger oxydirten, dem sogen. Emeraldin, zeigt.
Auch R. Bindschedler (a. a. O. S. 864) macht weitere
Mittheilungen über die Safranine. Behandelt man 1 Mol.
Dimethylparaphenylendiamin mit 1 Mol. Dimethylanilin in wässeriger, Zinkchlorid
haltiger Lösung bei etwa 30° mit soviel Kaliumbichromat, daſs 2 Atom Sauerstoff
abgegeben werden können, so scheiden sich nach wenigen Minuten prachtvolle,
kupferglänzende Krystalle ab. Dieser neue Farbstoff, das Dimethylphenylengrün, 2C16H19N3HCl.ZnCl2, löst sich leicht in Wasser mit grüner Farbe, ist
in Alkohol und Aether unlöslich, färbt Seide gelbgrün,
ist aber ziemlich vergänglicher Natur. Die Bildung des Farbstoffes erfolgt nach der
Gleichung: C6H4.NH2.N(CH3)2 + C6H5N(CH3)2 + O2 =
C16H19N3 + 2H2O. Durch
Reductionsmittel wird der neue Farbstoff entfärbt und in die zugehörige Leukobase
übergeführt. Dieses Leukodimethylphenylengrün – seiner Zusammensetzung gemäſs einem
Tetramethyldiamidodiphenylamin, HN[C6H4N(CH3)2]2, entsprechend –
ist farblos oder schwach bräunlichgelb und wird durch Oxydationsmittel wieder in
Grün übergeführt. Wird das Dimethylparaphenylendiamin durch
Diäthylparaphenylendiamin ersetzt, so erhält man bei der Oxydation ebenfalls
intensiv grüne Lösungen; allein ein Zinkdoppelsalz
scheidet sich nicht ab und der Farbstoff zersetzt sich bald. Günstiger gestalten
sich die Verhältnisse, wenn man bei Gegenwart von Quecksilberchlorid arbeitet, in
welchem Falle sich in der Kälte glänzende kupferrothe Krystalle erhalten lassen;
allein in der Wärme werden sie wieder weich und gehen der Zersetzung entgegen.
Vermischt man das früher besprochene Zinkdoppelsalz oder das sogen, Dimethylphenylengrün mit 1 Mol. essigsaurem Anilin und
oxydirt in der Siedehitze mit Kaliumbichromat, so erhält man einen prachtvollen violetten Farbstoff, welcher in wässeriger und noch
mehr in alkoholischer Lösung sehr hübsche Fluorescenz zeigt, sich in seinem chemischen Verhalten dem bis
jetzt bekannten Safranin vollkommen anschlieſst und sich als ein Tetramethylphenylensafranin erweist. Das leicht
krystallisirende salpetersaure Tetramethylphenylensafranin, C22H22N4.HNO3.H2O, ist bräunlich-violett gefärbt. Die Bildung des
Farbstoffes erfolgt somit nach der Gleichung: C16H19N3 +
C6H5NH2 + O2 = C22H22N4 + 2H2O, oder wenn
man vom Dimethylparaphenylendiamin direkt ausgeht: C6H4.NH2.N(CH3)2
+ C6H5N(CH3)2 + C6H5NH2 + 2O2 = C22H22N4 + 4H2O. Daſs Nietzki 2 Atom Wasserstoff mehr fand, wird dadurch
erklärt, daſs das salzsaure Phenylensafranin sehr hygroskopisch ist.
Ersetzt man bei der Umwandlung des Dimethylphenylengrün in Safranin das Anilin durch
Paratoluidin, Orthotoluidin, Xylidin u. dgl., so entstehen ähnliche Farbstoffe,
nicht aber mit einem dritten Molekül Dimethylanilin.
Oxydirt man 1 Mol. Dimethylparaphenylendiamin und 2 Mol. Anilin mit dichromsaurem
Kalium, so entsteht ein fuchsinrother Farbstoff': das
Dimethylphenylensafranin, C20H18N4. Der Farbstoff
bildet sich nach der Gleichung: C6H4.NH2.N(CH3)2 + 2C6H5.NH2 + 2O2 = C20H18N4 + 4H2O. Auch hier läſst sich das Anilin durch andere
Monamine ersetzen, z.B. durch Orthotoluidin, Orthotoluidin und Paratoluidin, nicht
aber durch Paratoluidin allein. Das an Stelle von Dimethylparaphenylendiamin
verwendete Diäthylparaphenylendiamin gibt in allen Fällen ähnliche Farbstoffe.
Es wurden ferner 3k reines Anilin wie bei der
gewöhnlichen Safraninbereitung mit Salpetrigsäure behandelt, dann mit Zink und
Salzsäure reducirt, mit dichromsaurem Kalium oxydirt, mit Kalkmilch neutralisirt und
schlieſslich der Farbstoff mit Kochsalz ausgefällt. Es wurden so 410g eines Farbstoffes erhalten, welcher sich bei der
Untersuchung als salzsaures Phenylensafranin, C18H14N4.HCl, erwies:
C6H4 (NH2)2 +
2C6H5NH2 + 2O2 = C18H14N4 + 4H2O.
Alle Safranine lassen sich durch Reductionsmittel entfärben. Um zu erfahren, wie viel
Atom Wasserstoff hierbei aufgenommen werden, wurde eine abgewogene Menge von reinem
Phenylensafranin, C18H14N4, bei Abschluſs der Luft in einer
Wasserstoffatmosphäre mit einer titrirten Lösung von schwefelsaurem
Eisenoxydulammoniak reducirt und hierbei die beachtenswerthe Thatsache festgestellt,
daſs beim Uebergange in die Leukoverbin düng 4 Atom Wasserstoff eintraten. Dem
Leukophenylensafranin kommt somit die Formel C18H18N4 zu.
Die Zusammensetzung sämmtlicher Safranine läſst sich durch die allgemeine Formel CnH2n – 22N4 ausdrücken.