| Titel: | Ueber die Widerstandskraft von Gefässen aus nickelplattirtem Eisenbleche gegen organische Säuren; von K. Birnbaum. | 
| Autor: | K. Birnbaum | 
| Fundstelle: | Band 249, Jahrgang 1883, S. 515 | 
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                        Ueber die Widerstandskraft von Gefäſsen aus
                           								nickelplattirtem Eisenbleche gegen organische Säuren; von K. Birnbaum.
                        Einwirkung organischer Säuren auf nickelplattirte
                           								Eisenbleche.
                        
                     
                        
                           In neuerer Zeit kommt Kochgeschirr aus nickelplattirtem Eisenbleche in den Handel,
                              									das durch sein sehr gefälliges AussehenAnsehen rasch Eingang in die Küchen gewinnen dürfte. Das Geschirr wird um so
                              									unbedenklicher zu allen Operationen bei der Bereitung der Speisen benutzt werden,
                              									als mit der Empfehlung der Töpfe ein Auszug aus einer Abhandlung von H. Schulz (Greifswald) versendet wird, wonach dieser in
                              									einem Vortrage in der Niederrheinischen Gesellschaft für
                                 										Natur- und Heilkunde mittheilte, daſs 2l
                              									Milch, welche 8 Tage lang in einer Nickelschale standen, nur 0g,022 Nickel gelöst hätten. Diese Menge sei gar
                              									nicht zu beachten, da ein Hund in 21 Tagen in Summe 10g,5 Nickeloxydulacetat in seinem Futter genossen habe, ohne in seinem
                              									Befinden die geringste Störung zu erleiden; derselbe habe vielmehr sein
                              									Körpergewicht während dieser Zeit von 6k,5 auf
                              										7k,5 vermehrt.
                           In der mit dem chemischen Laboratorium des Polytechnikums in Karlsruhe verbundenen
                              									Station für Prüfung von Nahrungsmitteln und Gebrauchsgegenständen wurden kürzlich
                              									einige Beobachtungen über diesen Gegenstand gemacht, welche geeignet sind, die
                              									Angaben von H. Schulz
                              									zu ergänzen, und die ich
                              									hier mittheilen möchte, um zu zeigen, daſs die Resultate von seinen Versuchen nicht
                              									allgemein als maſsgebend betrachtet werden dürfen.
                           In einem etwa 400cc fassenden, aus nickelplattirtem
                              									Eisenbleche hergestellten Topfe mit zwei Henkeln wurden 250cc Essig (3,5 Proc. Essigsäurehydrat enthaltend),
                              									in welchem 0g,5 Kochsalz gelöst waren, bei
                              									aufgelegtem Deckel eine Stunde lang gekocht. Die grüne saure Lösung lieſs man zur
                              									Abkühlung 2 Stunden in dem Gefäſse stehen und prüfte sie dann auf einen
                              									Nickelgehalt. Es zeigte sich, daſs die 250cc Essig
                              									bei diesem Versuche 0g,095 Nickel0g,95 Nickel gelöst hatten. Nach der Ausleerung der Flüssigkeit aus dem Gefäſse
                              									erschien an der Stelle der Innenwand derselben, bis zu welcher der Essig den Topf
                              									gefüllt hatte, ein rother Streifen, der sich bei näherer Untersuchung als aus
                              									metallischem Kupfer bestehend erwies. Dieses Kupfer stammte nicht aus dem Metalle,
                              									das zum Ueberziehen des Eisenbleches benutzt war; ein besonderer Versuch ergab, daſs
                              									dieses auf dem Eisen auſserordentlich festhaftende Metall aus reinem Nickel bestand.
                              									Von dem erwähnten rothen Streifen führten senkrecht an der Innenwand des Topfes
                              									verlaufende rothe Linien zu den Nietstellen der Henkel; von hier stammte offenbar
                              									das Kupfer. Das Hartloth, mit welchem die Henkel in der Gefäſswand befestigt waren,
                              									ist durch den im oberen Theile des Topfes verdichteten verdampften Essig angegriffen
                              									worden; derselbe hat kleine Mengen von Kupfer in Lösung treten lassen, die aber
                              									sofort durch die Berührung mit dem metallischen Nickel wieder niedergeschlagen
                              									wurden.
                           In einem zweiten Gefäſse aus nickelplattirtem Eisenbleche, einer mit Stiel
                              									versehenen, auch etwa 400cc fassenden Kasserole,
                              									lieſs man 250cc von dem oben erwähnten 3,5
                              									procentigen Essig unter Zusatz von 0g,5 Kochsalz
                              									24 Stunden lang bei gewöhnlicher Zimmertemperatur stehen. Auch hier entstand eine
                              									grüne Lösung, welche 0g,074 Nickel enthielt.
                           Dasselbe Gefäſs wurde nach sorgfältiger Reinigung etwa zur Hälfte mit Sauerkirschen
                              									gefüllt und diese ½ Stunde lang darin gekocht. Die Unterseite des Deckels und die
                              									Wandung des Geschirres überzog sich hierbei mit einem grünen Anfluge von basischem
                              									Nickelsalze und in der von den Kirschen abgezogenen Brühe konnte gelöstes Nickel
                              									leicht nachgewiesen werden.
                           Aus diesen Versuchen ergibt sich, daſs das nickelplattirte Eisengeschirr bei der
                              									Bereitung von sauren Speisen eine Nickelmenge an diese abgibt, welche, obgleich nur
                              									der achte Theil des von ihm angewendeten Flüssigkeitsvolumens benutzt wurde, doch 3
                              									bis fast 5mal gröſser ist, als H. Schulz sie bei seinem
                              									Versuche mit Sauermilch beobachtete. Aus den Versuchen ergibt sich ferner, daſs die
                              									Gefäſse kleine Mengen von Nickel dauernd an saure Speisen abgeben, so daſs der
                              									Nickelüberzug, der nur sehr geringe Stärke besitzt, bloſs 5 bis 20 Procent von der
                              									Dicke des Bleches beträgt, voraussichtlich in sehr kurzer Zeit zerstört wird.
                           
                           Sehr wünschenswerth erscheint es aber auch unter den geschilderten Verhältnissen,
                              									daſs die physiologischen Versuche über die etwaige Giftigkeit der Nickelsalze noch
                              									nicht als abgeschlossen betrachtet werden. H. Schulz
                              									hat bisher nur an einem Hunde experimentirt; ob andere
                              									Versuchsthiere, namentlich aber auch Menschen in gleicher Weise indifferent gegen
                              									Nickelsalze sich verhalten, steht dahin. Es ist auch von H.
                                 										Schulz nicht ausgesprochen, ob die Nickel Verbindungen den Körper rasch
                              									durchwandern, ob sie nicht etwa im Organismus aufgespeichert werden; im letzteren
                              									Falle dürfte die Beobachtungszeit von 3 Wochen wohl als zu kurz bemessen erscheinen,
                              									um ein endgültiges Urtheil zu ermöglichen.
                           Jedenfalls sollte man, ehe diese physiologischen Fragen ganz erledigt sind, bei der
                              									Benutzung der nickelplattirten Eisenblechgeschirre sehr vorsichtig sein; man sollte
                              									diese Töpfe namentlich zur Bereitung von saurenwarmen Speisen nicht verwenden.
                           Karlsruhe, August 1883.