Titel: | Verwendung der Elektricität für Sprengzwecke. |
Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 14 |
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Verwendung der Elektricität für
Sprengzwecke.
F. A. Abel, über Verwendung der Elektricität für
Sprengzwecke.
Prof. F. A.
Abel hat am 19. April in der Institution of Civil Engineers in London
einen Vortrag über die Verwendung der Elektricität für Sprengzwecke gehalten,
welcher auszugsweise im Engineering, 1883 Bd. 35 S.
449 abgedruckt ist.
Die einzige Elektricitätsquelle, welche zur Zeit den wesentlichen Anforderungen für
die Zündung unterseeischer Minen entspricht, sind constante galvanische Batterien.
Sie sind einfach, billig, leicht lange in gutem Stande zu erhalten und erfordern
fast keine im letzten Augenblicke zu besorgende Behandlung. Schon bei den ersten
Verwendungen der Elektricität für Marinezwecke wurden galvanische Batterien in
Betracht gezogen. In Woolwich wurden verschiedene Batterien für Boots- und
Schiffsgebrauch zusammengestellt; letztere sollten kräftig genug sein, um schwere
Breitseiten mit Zweigströmen abzufeuern, und 24 Stunden dienstfähig bleiben, da sie
nach dieser Zeit durch inzwischen gereinigte und zusammengestellte Batterien ersetzt
werden können. Die anfänglich in Verbindung mit Zündern für hohe Spannung benutzten
Daniell- und Sand-Batterien wurden rasch durch Walker's und diese dann durch eine abgeänderte Leclanché'sche Batterie ersetzt.
Bald wurde man der Wichtigkeit inne, welche die Untersuchung der nach einer Mine
führenden Leitung und des in der Mine liegenden Zünders hat, und manche Fälle sind
aus der ersten Zeit der Seeminen bekannt, in denen die elektrische Anlage zufällig
gestört war und einen Fehler enthielt, dessen Ort man nicht bestimmen konnte. Die
Untersuchung des Abel-Zünders, in welchem die Brücke,
d.h. die zündende und leitende Masse, aus einer Mischung von Phosphorkupfer und Schwefelkupfer mit
chlorsaurem Kalium besteht, war (mittels schwacher Ströme hoher Spannung) leicht
auszuführen – in dem Verhältnisse, als das Schwefelkupfer das Phosphorkupfer
überwog. Selbst der empfindlichste Zünder lieſs sich so mit Sicherheit prüfen;
schwierig wurde es aber, wenn wie bei einer bleibenden Unterseeminen-Anlage
wiederholte Prüfungen oder selbst die Sendung eines Signales durch den Zünder nöthig
wird; denn durch wiederholte, selbst sehr schwache Ströme erleidet dieser Zünder so
beträchtliche Aenderungen in seinem Leitungsvermögen, daſs seine Entzündung durch
die Prüfungsströme in den Bereich der Möglichkeit rückte. Deshalb und zugleich weil
die Zündung dieser Zünder durch die chemischen Aenderungen minder empfindlich werden
konnte, stellte man in Woolwich einen im Besonderen für den submarinen Minendienst
geeigneten Zünder für hohe Spannung her, welcher zwar weit weniger empfindlich als
der ursprüngliche Abel-Zünder, aber beständiger und
unveränderlicher in seinem elektrischen Widerstände war und welcher, obgleich nicht
unbeeinfluſst durch lange fortgesetztes Hindurchschicken von Untersuchungsströmen,
doch durch diese in seiner Wirksamkeit wenig beeinträchtigt wurde.
Trotz der entschiedenen Vorzüge, welche die Zünder für hohe Spannung in Betreff der
Bequemlichkeit und Wirksamkeit vor den älteren Platindrahtzündern besitzen, führte
doch die Forderung sicher wirksamer Vertheidigungssysteme durch Unterseeminen und
einer auf lange Zeit praktisch constanten Batterie für den Schiffsgebrauch zur
Verwendung der Drahtzünder für diesen Zweck zurück. Auſser den bereits erwähnten
Uebelständen lag bei den Zündern für hohe Spannung noch eine Gefahr und Unsicherheit
darin, daſs dieselben zufällig bei Gewittern oder selbst bei schwächeren
elektrischen Störungen in der Atmosphäre durch in den Kabeln inducirte Ströme
entzündet werden können. Bei genügender Nähe kann schon durch Entladung einer
Leydener Flasche in einem Kabel die Zündung in benachbarten Kabeln durch
Inductionsstrom erfolgen. Einer Zündung durch Gewitter gedenkt v. Ebner in seinem Berichte über die Verteidigung von
Venedig, Pola und Lissa durch Seeminen im J. 1866 und ebenso der Zündungen einiger
Minen in Folge des Einschlagens des Blitzes in die feuernde Station. Zwei zufällige
Zündungen zufolge der Ladung oberirdischer Drähte bei Blitzschlägen kamen auch 1873
in Woolwich vor, ebenso daselbst später eine Zündung in einem Kabel bei einem
Gewitter.
Abel bemühte sich deshalb einen verhältniſsmäſsig
empfindlichen Zünder von niedriger Spannung herzustellen, dessen Widerstand viel
gleichmäſsiger wäre als der Widerstand der in früheren Jahren verwendeten Zünder. Er
fand, daſs Unterschiede der physikalischen Eigenschaften im Metalle nur wenig dessen
Leitungsvermögen änderten, daſs deshalb die beobachteten beträchtlichen Abweichungen
im Leitungsvermögen verschiedener Platindrahtproben auf Rechnung des verschiedenen Grades der Reinheit
zu schieben seien. Die nun angestellten Versuche mit feinen Drähten aus Neusilber
und der von Matthiesen für Widerstandsmaſse verwendeten
Legirung aus 66 Silber und 33 Platin erwiesen sich beide bezüglich des Widerstandes
wesentlich besser als gewöhnliches Platin, das Neusilber aber noch etwas besser als
die Platin-Silberlegirung; dagegen widerstand das Neusilber nicht gut der
zerfressenden Wirkung, welche das Schieſspulver und andere Explosivstoffe ausüben,
mit denen es in den Zündern in Berührung gebracht werden muſs, während sich das
Platinsilber hier unverändert erhielt. Auch Versuche mit Platin-Iridiumlegirungen
wurden angestellt und hier erwiesen sich feine Drähte mit 10 Proc. Iridiumzusatz als
entschieden das beste Material für Drahtzünder von verhältniſsmäſsig hohem
Widerstände und Gleichmäſsigkeit, worin es wie in der Festigkeit (der nur 0mm,025 dicken Drähte) den Platin-Silberdraht
entschieden übertraf; daher werden denn jetzt Drähte aas dieser Legirung für
Militär- und Submarinezwecke verwendet.
Die elektrischen Kanonenzündröhrchen in der Flotte werden durch eine besonders dazu
eingerichtete Leclanché-Batterie abgefeuert. Beim
Breitseitenfeuer war es wichtig, daſs das zuerst abgefeuerte Röhrchen augenblicklich
beim Durchgange des Stromes geschmolzen wurde, damit sein Stromzweig ausgeschaltet
würde. Deshalb wurden die Zünder für die Flotte aus der verhältniſsmäſsig leicht
schmelzbaren Platin-Silberlegirung hergestellt. Da die Gleichheit des elektrischen
Widerstandes in den Zündern von so groſser Wichtigkeit war, so wurden dieselben mit
der nämlichen Genauigkeit wie wissenschaftliche Instrumente verfertigt.
Eine der ersten Verwendungen der Elektricität zur Entzündung von Schieſspulver war
die Benutzung einer Grove-Batterie und eines
Kanonenzündröhrchens zum Abfeuern der Kanonen bei der Probe derselben. Der Strom
wurde dabei durch einen Umschalter nach einander den verschiedenen Stromkreisen
zugeführt. Als Zünder für hohe Spannung erfunden waren, wurden sie auch in den
Kanonenzündröhrchen angewendet und Wheatstone gab eine
Zündvorrichtung an, mittels deren 24 Kanonen nach einander abgefeuert werden konnten
durch das Niederdrücken von verschiedenen Tastern, von denen jeder mit einer Kanone
verbunden war.
Das Abfeuern von Kanonenschüssen als Zeitsignale scheint zuerst in Edinburg mittels
Elektricität aus der Ferne bewirkt worden zu sein, wo seit 1861 das Abfeuern der
Zeitkanone durch eine mechanische Vorrichtung mit Hilfe einer Uhr erfolgte, deren
Zeitangaben von der Mittelzeituhr in der Sternwarte auf Calton Hill elektrisch
controlirt wurden. Kurz darauf wurden Zeitkanonen in Newcastle, Sunderland, Shields,
Glasgow und Greenock eingeführt, welche theils unmittelbar von der Sternwarte in
Edinburg abgefeuert wurden, theils aus kürzeren Entfernungen, mittels Wheatstone'scher magneto-elektrischer Zünder. Jetzt sind Zeitkanonen in
West-Hartlepool, Swansea, Tynemouth, Kendal und Aldershot, welche elektrisch
abgefeuert werden, theils durch Ströme unmittelbar von London, theils durch
Localbatterien, welche von St. Martin's-le-Grand aus durch Relais geschlossen
werden.
Vor etwa 13 Jahren wurde in der Flotte das elektrische Abfeuern von Kanonen,
besonders für Breitseiten, zuerst eingeführt, unter Verwendung galvanischer
Batterien und der Abel'schen Kanonenröhrchen für hohe
Spannung. Die damaligen, für das Probiren der Kanonen und Artillerieversuche
angefertigten, einfachen und billigen Kanonenröhrchen erwiesen sich als beständig
genug gegenüber den Witterungseinflüssen, denen sie auf der Flotte und in den
Vorrathsräumen in den verschiedenen Welttheilen ausgesetzt waren. Die
Kanonenröhrchen für niedrige Spannung mit Zünder aus sehr dünnem
Platin-Silberdrahte, umgeben von leicht entzündlicher Zündmasse, wurden daher für
die Flotte eingeführt. Die Einrichtungen für Breitseiten- und Einzelnfeuer, ebenso
das Abfeuern von Kanonen in Thurmschiffen wurde sehr sorgfältig und erfolgreich bis
ins Kleinste durchgearbeitet.
Der Anwendung von Elektricität zur Zündung der Unterseeminen zu Angriffs- und
Vertheidigungszwecken wendeten die Russen im Krimkriege unter Jacobi einige Aufmerksamkeit zu; so wurde während der
Kertsch-Expedition 1855 ein bei Berührung mit einem Schiffe elektrisch zu zündender
Torpedo bei Jenikale entdeckt. Gegen Ende des Krieges versuchten die Engländer in
den Häfen von Sebastopol und Kronstadt groſse Pulverladungen zur Beseitigung
versenkter Schiffe elektrisch zu entzünden. Im J. 1859 legte v. Ebner zur Verteidigung von Venedig Unterseeminen, welche vom Lande
elektrisch entzündet werden sollten, aber nie in Gebrauch kamen. 1860 wurden Abel'sche Zünder mit einer groſsen Henley'schen magneto-elektrischen Maschine nach China
geschickt, wo sie auf dem Peiho benutzt werden sollten, aber nicht wurden. Erst
einige Jahre später wurde die Wichtigkeit der Seeminen durch die Zahl der im
amerikanischen Kriege durch dieselben zerstörten Schiffe dargethan. Am Ende dieses
Krieges waren ausgedehnte elektrisch zu zündende Minenanlagen bei beiden
kriegführenden Parteien weit vorgeschritten, da sehr befähigte Männer, wie Capitän
Maury, N. J. Holmes und Capitän Mc Evoy, ernstlich daran arbeiteten.
Versenkte Pulverladungen wurden schon 1583 bei der Belagerung von Antwerpen durch
mechanische Mittel entzündet. Die Russen waren die Ersten, welche selbstthätige
mechanische Torpedos mit Aussicht auf Erfolg verwendeten und bei der Verteidigung
der Ostsee wahrscheinlich durch dieselben den an sie stoſsenden englischen Schiffen
groſsen Schaden zugefügt haben würden, wenn die Pulverladungen nicht bloſs 3,6 bis
4k,1 (8 bis 9 Pfund engl.) betragen hätten.
Auch die Amerikaner brachten verschiedene mechanische Mittel zur Zündung von
Torpedos in Anwendung, z. Th. mit gutem Erfolge. Die mechanische Zündung ist aber zu sehr dem Zufalle
unterworfen, als daſs sie nicht für Freund und Feind gleich gefährlich sein
sollte.
Die wichtigsten Vorzüge der elektrischen Zündung unterseeischer Minen liegen darin,
daſs letztere ohne jede Gefahr für die Arbeiter an ihre Stelle gebracht und
jederzeit vom Ufer aus entzündet werden können, daſs die durch sie zu schützenden
Gewässer erst kurz vor Annäherung des Feindes für befreundete Schiffe abgesperrt zu
werden brauchen, daſs sie in jeder beliebigen Tiefe unter dem Wasserspiegel
angebracht und schlieſslich ohne Gefahr weggeräumt werden können. Die einfachste
Anwendung der Elektricität, bei welcher die Zündung von der Schlieſsung des
Stromkreises abhängig gemacht wird, bedingt die Mitwirkung eines oder mehrerer
Beobachtungsposten an der Küste, ist daher in ihrer Wirkung von deren Wachsamkeit
und Geschick abhängig und bei Nacht und Nebel unbrauchbar. Die andere Art der
Anwendung, welche mit jener sich verbinden läſst, macht die Minen selbstthätig,
indem die Stromschlieſsung durch das Anstoſsen eines Schiffes bewirkt wird und nun
die Zündung selbst ohne weiteres veranlaſst, oder bloſs dem Beobachter an der Küste
ein Signal gegeben wird.
Die Verwendung der Elektricität bei Sprengungen zu militärischen Zwecken hat sich in
neueren Kriegen bereits als wichtig erwiesen, so bei der Sprengung der Forts von
Alexandria, nachdem dieselben zum Schweigen gebracht waren. Die Vorbereitungen von
elektrisch zu zündenden Vertheidigungsminen zu Lande während des Krieges selbst
stoſsen auf groſse Schwierigkeiten, namentlich bezüglich der Geheimhaltung der Lage
der Kabel u.s.w.
Auch bei den Tunnelbohrarbeiten u. dgl. läſst sich die Elektricität häufig mit
Vortheil verwenden.
Eine eigenthümliche Verwendung hat die elektrische Zündung bei dem Stapellaufe eines
groſsen Schraubendampfers zu Kinghorn in Schottland gefunden, wobei kleine
Dynamitladungen in die Keile entlang dem Kiele gelegt und paarweise abgefeuert
wurden, nach dem Wegschieſsen des letzten Keiles aber Maschinenkraft angewendet
wurde.
Die Anwendung der Elektricität beim Wegräumen von natürlichen oder künstlichen
Hindernissen in Flüssen und Häfen liegt ganz nahe (vgl. 1876 222 286).
Einen Ersatz für die gleichzeitige elektrische Zündung mehrerer Ladungen könnte eine
Abänderung der Bickford'schen Zündschnur bieten, wobei
die letztere nicht langsam, sondern blitzartig auf ihrer ganzen Länge abbrennt, mit
einer Geschwindigkeit von über 30m in der Secunde;
dieselbe gleicht äuſserlich der gewöhnlichen Zündschnur, erhält aber zur
Unterscheidung eine farbige Hülle. Bei ihrer Verwendung wird die entsprechende
Anzahl von Schnuren von einem Punkte aus nach den Sprengladungen geführt und
zugleich angezündet. In der Marine wurden solche Zündschnuren zur Zündung schwacher
Schieſsbaumwollladungen benutzt, welche mit der Hand in sich nähernde feindliche Boote
geworfen werden; dabei wurde die Zündschnur vom angreifenden Boote mittels einer
kleinen Pistole abgeschossen, in deren Rohr sie mit dem einen Ende eingesteckt
wurde.