Titel: | Mc Evoy's Torpedo-System. |
Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 66 |
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Mc Evoy's Torpedo-System.
Mc Evoy's Torpedo-System.
Der im nordamerikanischen Kriege im Torpedowesen thätig gewesene Hauptmann Mc Evoy hat ein von verschiedenen Regierungen
angenommenes und jüngst im Westminster-Aquarium ausgestelltes Eindrahtsystem für Torpedos angegeben. Nach Engineering, 1883 Bd. 35 * S. 433 ist bei demselben
jede Gruppe von verankerten Torpedos, welche zu einer Hafen- oder
Küstenvertheidigung gehört, mit der feuernden Station am Ufer durch einen einzigen
Draht verbunden. Auf diesem Drahte wird zugleich telegraphisch eine fortlaufende
Controle darüber erlangt, ob die Torpedos flott und in gutem Zustande sind, und
sofortige Nachricht, wenn eines derselben von einem Schiffe angestoſsen wird, damit
die Uferstation, wenn sie dies angezeigt findet, unverzüglich diesen Torpedo
explodiren lassen kann. Ferner kann jeder Torpedo gegen die übrigen elektrisch
isolirt und dann auf die Stromfähigkeit der elektrischen Verbindungen geprüft
werden; endlich kann jeder entzündet werden, ohne daſs er mit dem zu zerstörenden
Schiffe in Berührung kommt.
Der eine Leitungsdraht läuft von der Signalstation am
Ufer nach dem Punkte im Hafen oder Kanäle, von welchem die nach den einzelnen
Torpedos weiter führenden einzelnen Drähte auslaufen, und endet daselbst in einer
runden Verbindungsbüchse. Mittels geeigneter Vorrichtungen kann jeder dieser weiter
führenden Drähte besonders mit dem nach der Signalstation führenden Hauptdrahte
verbunden werden; man kann aber auch sämmtliche Drähte zugleich mit dem Hauptdrahte
in Verbindung setzen. An seinem anderen Ende geht jeder Draht in einen Torpedo und
durchläuft nach einander eine Telephonrolle und einen Zünder, um schlieſslich zur
„Erde“ zu gehen. Ueber dem Telephone befindet sich anstatt des sonst
gewöhnlichen Mundstückes eine Glocke oder eine Büchse mit losen Kugeln, welche unter
der Wirkung der rollenden Wellen ein beständiges Geräusch erzeugen, das in dem
Telephone der Signalstation gehört werden kann. Der Zünder ist ein Stück
Platindraht, durch welchen ein Strom von mäſsiger Stärke gesendet werden kann, ohne
daſs eine Erhitzung desselben zu befürchten ist; wenn es dagegen wünschenswerth ist,
wird der Draht durch einen kräftigeren Strom rothglühend gemacht. Die Vorrichtung,
durch welche die Explosion herbeigeführt wird, wenn ein Schiff an den Torpedo
stöſst, besteht in einem Gewichte, welches durch eine Feder auf seiner Unterlage
gehalten wird, übrigens aber nicht befestigt ist; jeder heftige Stoſs gegen das
Torpedogehäuse rückt das Gewicht von seinem Platze und stellt hierdurch einen
Contact her, durch welchen der Strom in der Rolle des Telephons unterbrochen und
dafür durch einen Elektromagnet geführt wird, um nun die Theile in ihrer neuen Lage
festzuhalten, bis der zündende Strom gesendet, oder bis die Stromrichtung umgekehrt
und dabei der Contact durch Federwirkung wieder unterbrochen wird.
Jeder der von einem Torpedo nach der Verbindungsbüchse kommenden Drähte ist in dieser
Büchse an eines der im Kreise liegenden metallenen Contactstücke geführt; ein im
Mittelpunkte des Kreises auf eine Achse aufgesteckter Metallarm kann schrittweise
gedreht und dadurch der Reihe nach mit jedem der Contactstücke gebracht werden. Der
von der Signalstation kommende Draht läuft in der Büchse zuerst durch die Rollen
eines Elektromagnetes und dann zu der Achse des Contactarmes. Der Elektromagnet
zieht seinen Anker an, wenn er von einem hinlänglich starken Strome durchlaufen
wird; beim Aufhören dieses Stromes wird der Anker wieder abgerissen. Derselbe
überträgt seine Bewegung auf einen Sperrkegel, welcher auf ein Sperrrad auf der
Achse des Contactarmes wirkt und durch dieses den Arm schrittweise dreht, wenn die
Signalstation eine Reihe von Strömen sendet, indem sie die Kurbel eines Stromgebers
um das entsprechende Stück dreht. Ein Zeiger auf dem Apparatbrette der Signalstation
dreht sich ganz gleichmäſsig mit dem Contactarme, so daſs der Beamte stets an ihm
sehen kann, welchen der Torpedos der Contactarm eben mit der Signalstation
verbindet.
Steht der Zeiger in der Signalstation auf Null, so liegt der Contactarm in der
Verbindungsbüchse auf einem Contacte, welcher mit allen nach den Torpedos führenden
Drähten verbunden ist; dies ist die gewöhnliche Stellung der Apparate. In dieser
Lage geht der Strom der Untersuchungsbatterie der Signalstation durch die
Widerstände in allen Torpedos zur Erde. Wird jetzt einer der Torpedos durch ein
vorüberfahrendes Schiff angestoſsen, so wird sein Widerstand ausgeschaltet und diese
plötzliche Widerstandsverminderung wird in der Signalstation durch den gröſsern
Ausschlag der Nadel eines Galvanometers angezeigt; die Bewegung der Nadel schlieſst
zugleich eine kleine Batterie durch einen Wecker. Der dadurch aufmerksam gemachte
Beamte kann also diesen Torpedo explodiren lassen, indem er einen Umschalterhebel
umlegt und dadurch eine stärkere Batterie einschaltet; der Strom dieser Batterie
verzweigt sich in der Verbindungsbüchse im umgekehrten Verhältnisse der Widerstände
in alle Leitungen nach den Torpedos, geht deshalb zum gröſsten Theile durch den zu
Folge des Stoſses unmittelbar an Erde gelegten Torpedo und bringt dessen Zünder zum
Glühen. In den Fällen, wo nicht zu befürchten ist, daſs ein befreundetes Schiff in
die Luft gesprengt werde, kann die Mitwirkung eines Beamten in der Signalstation
entbehrlich gemacht werden, indem die Zündbatterie durch Einstecken eines Stöpsels
in einen neben dem Wecker befindlichen Ausschalter beständig in den Stromkreis
eingeschaltet wird.
Die Explosion eines Torpedo läſst dessen Leitungsdraht an Erde gelegt und macht so
die gemeinschaftliche Prüfung des ganzen Systemes unmöglich. Um dies zu verhüten,
wird dieser Leiter dann durch einen kräftigen Strom von seinem Contactstücke
getrennt, entweder durch Schmelzen eines Verbindungsdrahtes zwischen beiden, oder durch Trennung beider
mittels eines Elektromagnetes. Der Beamte der Signalstation kann leicht
herausfinden, welcher Torpedo explodirte, wenn er den Contactarm schrittweise dreht
und dabei den Ausschlag des Galvanometers beobachtet.
Zur genaueren Messung und Untersuchung des Zustandes des Kabels und der Zünder ist
eine Wheatstone'sche Brücke mit einem zweiten
Galvanometer links vom Wecker vorhanden, nebst einem Widerstandskasten.
In jedem Torpedo ist ein sinnreicher Stromschlieſser angebracht, welcher dem Beamten
in der Signalstation telegraphirt, wenn der Torpedo angestoſsen wird. Diese
Vorrichtung ist in ein wasserdichtes Metallgehäuse eingeschlossen, das an den
unteren Theil des Torpedo angeschraubt wird. Das Gehäuse enthält auſser dem Zünder
eine gewisse Menge trockener Schieſsbaumwolle. Feuchte Schieſsbaumwolle läſst sich
bekanntlich mit groſser Sicherheit behandeln und explodirt selbst durch einen
gewöhnlichen Zünder von der üblichen Gröſse nicht- wenn aber die Zündröhre von einer
kleinen Menge trockener Schieſsbaumwolle umgeben ist, so entzündet sich das Ganze
und deshalb kann man durch Anwendung feuchter Schieſsbaumwolle gröſsere Sicherheit
ohne Einbuſse an Wirkung erlangen. Vom unteren Theile des Torpedo gehen 2 Säulen
nach oben, welche 4 verschiedene Dinge tragen: einen elektromagnetischen
Contactmacher, in einem Gehäuse das Gewicht, welches durch sein Schwanken den Strom
unterbricht, ein Telephon und zu oberst einen Zünder. Für gewöhnlich tritt der Strom
unten ein, geht in einem isolirten Drahte neben dem Gewichtgehäuse in die Höhe,
tritt auf der einen Seite in den Telephonraum ein und kommt hinter den Rollen des
Telephons auf der anderen Seite wieder heraus, durchläuft den Zünder und geht
endlich zum Boden des Apparates, der als „Erde“ dient. Bei diesem Stande kann
der Ton der Glocke oder das Rollen der Kugeln in dem Telephone der Signalstation
gehört werden. Erhält dagegen der Torpedo einen Stoſs, so kommt das für gewöhnlich
durch eine Feder auf seinem Platze erhaltene Gewicht aus seiner Lage und hebt
mittels eines Stabes den Anker des Elektromagnetes und ein Contactstück; dadurch
werden die Elektromagnetrollen in den Stromkreis gebracht, das Telephon aber
ausgeschaltet; der Elektromagnet zieht seinen Anker an und hält so das Contactstück
in seiner neuen Lage fest; der Strom aber geht jetzt unmittelbar zum Zünder und zur
Erde. Rührte der Stoſs von einem Schiffe her, dessen Zerstörung nicht gewünscht
wird, so kehrt der Beamte in der Signalstation den Strom kurze Zeit um, der Anker
fällt dann ab, nimmt das Contactstück mit und der alte Stromweg ist hergestellt.
Sonst feuert der Beamte den Torpedo durch Hindurchsenden eines starken Stromes
ab.