Titel: | Versuche mit Gebläsen bei Schiffskessel-Feuerungen. |
Autor: | Whg. |
Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 93 |
Download: | XML |
Versuche mit Gebläsen bei
Schiffskessel-Feuerungen.
Butler, über Versuche mit Gebläsen bei
Schiffskessel-Feuerungen.
Nachdem bei Torpedo- und anderen kleinen Dampfbooten schon seit längerer Zeit Gebläse
in geschlossenen Kesselräumen mit gutem Erfolge in Benutzung sind, scheint
neuerdings die Verwendung derselben auch auf Kriegsschiffen Eingang zu finden. So
hat die französische Regierung schon seit 3 Jahren die Einrichtungen für künstlichen
Zug unter Anwendung geschlossener Kesselräume auf den Kriegsschiffen eingeführt. In
England wurden im vorigen Jahre und im Anfange dieses Jahres mit zwei Schiffen, dem
Satellite und dem Conqueror, eingehende Versuche angestellt, um die durch den künstlichen
Zug zu erreichenden Vortheile näher zu ermitteln. Dem von R. J.
Butler erstatteten Berichte über diese Versuche ist nach Engineering, 1883 Bd. 35 S. 249 folgender Auszug
entnommen. (Vgl. Bertin 1878 227 * 124.)
Die beiden genannten Schiffe waren leider in so fern für die Versuche nicht sehr
geeignet, als ihre Maschinen verhältniſsmäſsig zu klein waren und schon den bei
natürlichem Zuge von den Kesseln erzeugten Dampf nicht voll verwerthen konnten.
Dennoch lassen die Ergebnisse den Werth des künstlichen Zuges gut erkennen.
Satellite ist eine Corvette von 1420 Tonnen Deplacement
mit einer Schraube. Sie ist mit horizontal liegenden Maschinen nach dem gewöhnlichen
Zweicylinder-Compoundsysteme versehen. Die 4 Kessel sind paarweise in zwei
getrennten, wasserdichten Kammern untergebracht, haben cylindrischen Mantel,
enthalten vorn zwei kurze Flammrohre, an welche sich eine gemeinschaftliche
Verbrennungskammer anschlieſst, und im hinteren Theile die engen Rauchrohren. Beide
Kesselpaare stoſsen mit den Rauchkammern an einander und haben einen
gemeinschaftlichen Schornstein. Kessel und Maschinen liegen unter einem Stahldeck,
in welchem die zur Lüftung u. dgl. nöthigen Oeffnungen durch Klappen dicht
verschlossen werden können. An die vorderen ebenen Stirnwände der Kessel schlieſsen
sich in derselben Ebene luftdicht dünne Bleche an, welche bis an das Deck, an beide
Seiten und an den Boden reichen, so daſs der unter Druck stehende Raum ziemlich
klein ausfällt. Die Zugänge zu den Räumen sind in bekannter Weise mit einer Art
Luftschleuse versehen. Jeder Kesselraum hat einen Ventilator von 1m,5 Durchmesser, welcher horizontal unter dem
Stahldeck liegt und mit einem besonderen, über das Oberdeck reichenden
Luftzuführrohre versehen ist.
Der Conqueror ist ein gepanzertes Rammschiff von 6200t Deplacement mit 2 Schrauben. Die Maschinen
sollten nach Schätzung 4500e ind. liefern und sind
nach dem Dreicylinder-Compoundsysteme mit vertikal oben stehenden Cylindern
angeordnet. Eine in der Mittelebene des Schiffes liegende Wand trennt die beiden
Maschinenräume von einander. Die Kessel, 8 an der Zahl, sind ebenfalls paarweise in vier
von einander wasserdicht getrennten Räumen aufgestellt und zwar mit dem hinteren
Ende gegen die Mittelwand gerichtet. Es sind hohe Kessel mit 3 Flammrohren und
darüber liegenden rückkehrenden engen Rauchröhren. Zwei Ventilatoren von 1m,2 Durchmesser mit gemeinschaftlicher Spindel
sind für jedes der hinteren Kesselpaare vorhanden und ein Ventilator von 1m,5 Durchmesser für jede vordere Kesselgruppe.
Es wurden nun zunächst Versuche auf dem Satellite wie
auf seinen Schwesterschiffen Heroine und Hyacinth, welche nicht mit Einrichtungen für Gebläse
versehen waren, unter natürlichem Zuge angestellt, die auſsergewöhnlich günstig
ausfielen. Es wurde eine Leistung von 108 bis 113e
für 1qm Rostfläche erreicht. Die vertragsmäſsig
auf 950e festgesetzte Leistung der Maschinen wurde
um 20 Proc. überschritten. Hierauf wurde auf der Heroine und dem Hyacinth der Zug durch
Dampfstrahlen verstärkt, wodurch der Effect auf fast 140e für 1qm Rostfläche, also noch um
reichlich 25 Proc. gesteigert wurde. Diese günstigen Ergebnisse sind ohne Zweifel
der auſsergewöhnlich guten Ventilation, dem hohen Schornstein und der angewendeten
hohen Dampfspannung (nahezu 6k für 1qc) zuzuschreiben. Auf dem Conqueror waren die Verhältnisse nicht so günstig. Selbst mit zeitweiliger
Benutzung eines Dampfstrahles war die Leistung geringer als bei ähnlichen Kesseln
unter natürlichem Zuge allein. Man erhielt nur 86e
für 1qm Rostfläche. Die Kesselspannung betrug hier
nur 4k,5 für 1qc. Hauptsächlich ist jedoch das anscheinend unvortheilhafte Ergebniſs auf die
ungewöhnlich (2m,28) langen Roste der Kessel
zurückzuführen, welche im Verhältnisse zur Heizfläche sehr groſse Rostflächen
ergaben und auſserdem nicht so gut zu bedienen waren wie die kürzeren Roste der
kleinen Schiffe.
Die Versuche mit verstärktem Zuge sowohl unter Anwendung
von Ventilatoren, wie auch mit Hilfe von Dampfstrahlen wurden auf dem Satellite zunächst mit den beiden vorderen Kesseln
allein angestellt, um nicht über die Leistungsfähigkeit der Maschinen hinaus zu
gehen. Die Pressung der Luft betrug bei Benutzung der Ventilatoren durchschnittlich
25mm Wassersäule. Es ergab sich während eines
3stündigen Versuches eine Leistung von fast 170e
für 1qm Rostfläche. Bei einem Versuche mit allen 4
Kesseln wurde zunächst nur eine Luftpressung von 6mm Wassersäule innegehalten, wobei die Wirkung die gleiche war, als wenn
die Kesselräume geöffnet waren und der natürliche Zug benutzt wurde. Bei den
folgenden Versuchen wurde dann die Pressung allmählich gesteigert. Mit 12mm Wassersäule erhielt man ungefähr dasselbe
Resultat wie mit dem Dampfstrahlgebläse. Für den nächsten Versuch wurden nur 3
Kessel in Betrieb genommen und die Luftpressung wieder bis auf 25mm Wassersäule gebracht. Man erreichte 172e für 1qm
Rostfläche; doch erwies sich schon für diese Leistung der Condensator zu klein, so
daſs die Verdünnung zurückging. Dieser Uebelstand nahm noch zu, als man die Luftpressung allmählich
bis auf 50mm Wassersäule erhöhte. Die
Geschwindigkeit der Maschinen wurde indessen mit einem hohen Grade von
Gleichförmigkeit beibehalten. Die gröſste Leistung, welche sich hierbei während
zweier Stunden mit 32 bis 50mm Pressung ergab,
betrug im Mittel 182e für 1qm Rostfläche, d. i. 62,5 Proc. mehr als mit
natürlichem Zuge und 30 Proc. mehr als mit Dampfstrahlgebläse. Im Ganzen erhielt man
1570e bei 126 Umdrehungen in der Minute,
mithin 65 Proc. mehr, als festgesetzt war. Ein Versuch, alle 4 Kessel mit 38mm Luftpressung hi Betrieb zu nehmen, scheiterte,
da die Maschinen den Dampf nicht bewältigen konnten.
Auf dem Conqueror wurden zuerst zwei Versuche
angestellt, um die überhaupt zu erreichende gröſste Leistung der Maschine bei
Benutzung aller 8 Kessel zu ermitteln. Man erhielt mit natürlichem Zuge insgesammt
4658e oder 86e für 1qm Rostfläche und mit 38mm Luftpressung 5842e oder 108e für 1qm Rostfläche. Dabei hatten aber die
Sicherheitsventile fortwährend abgeblasen und auch in die Niederdruckcylinder war
frischer Kesseldampf eingeleitet worden. Für die folgenden Versuche wurden, um die
Leistungsfähigkeit der Kessel festzustellen, nur die 4 hinteren derselben in Betrieb
genommen. Es ergaben sich mit 25 bis 38mm Pressung
während 1½ Stunden im Mittel 3665e oder 131e für 1qm
Rostfläche und mit 38 bis 50mm Pressung während
der gleichen Zeit im Mittel 4023e oder 144e für 1qm
Rostfläche.
Auf die Rostflächen bezogen, blieb also die Leistung der Kessel auf dem Conqueror bedeutend hinter der Leistung der Kessel auf
dem Satellite zurück. Etwas günstiger ist das
Verhältniſs bezüglich der Heizflächen. Bei stärkstem Zuge (35 bis 50mm Pressung) kamen auf dem Satellite 8e,3 und auf dem Conqueror 7e,6 auf
1qm Heizfläche. Vermuthlich würde man bessere
Ergebnisse auf dem Conqueror erzielt haben, wenn man
die Roste verkürzt hätte; immerhin zeigen aber die Versuche, daſs durch Anwendung
von Gebläsen eine ganz bedeutende Mehrleistung der Kessel zu erlangen ist.
Ueber den Kohlen verbrauch konnte bei der kurzen Dauer der Versuche nichts
festgestellt werden. Daſs bei verstärktem Zuge die Ausnutzung der Heizgase
mangelhaft und der Kohlenverbrauch verhältniſsmäſsig groſs sein muſs, ist
anzunehmen. Während z.B. auf dem Conqueror die
Temperatur der abziehenden Gase im Schornsteine bei natürlichem Zuge nur 135° bis
140° betrug, wurde sie bei Benutzung des Dampfstrahlgebläses zu 250° bis 315° und
bei Anwendung der Ventilatoren zu 450° bis 540° ermittelt. In den Kesselräumen
herrschte beiläufig bei natürlichem Zuge eine mittlere Temperatur von 25° und bei
stärkster Pressung eine solche von 37°. Die Maximalwerthe waren 38° bezieh. 47°. Als
ein weiterer Nachtheil der Anwendung von Gebläsen ist anzuführen, daſs die Kessel
unter der Anstrengung sehr leiden, die Röhren leicht undicht werden und eine sehr
häufige Reinigung derselben, wie auch der Flammrohre, Rauchkammern u.s.w. nöthig wird.
Es würde hiernach zu empfehlen sein, die Kriegsschiffe mit den nöthigen nicht sehr
kostsspieligen Einrichtungen für den Betrieb mit Gebläsen zu versehen, jedoch für
gewöhnlich nur natürlichen Zug unter voller Ausnutzung der Leistungsfähigkeit der
Kessel zu verwenden und nur in auſserge wohnlichen Fällen die Gebläse zu benutzen.
Bei Passagierdampfern, welche Fahrten von nur wenigen Stunden zu machen haben und
bei welchen der Kohlen verbrauch gegen die Erlangung gröſstmöglicher Geschwindigkeit
zurücktritt, kann auch wohl für den Normalbetrieb die Anwendung von Gebläsen
vortheilhaft sein.
Bei den Torpedobooten werden im Allgemeinen noch höhere Luftpressungen, als bei den
vorstehenden Versuchen benutzt. Im Engineer, 1882 Bd.
53 S. 465 werden über eine Fahrt mit einem groſsen Torpedoboote folgende Angaben
gemacht. Mit dem Gebläse wurde eine Pressung von 150mm Wassersäule unterhalten und dabei wurden auf einem Roste von 2qm,32 in der Stunde 1270k Kohlen verbrannt; dies macht 550k für 1qm
Rostfläche. Die Maschinen liefen bei langsamstem Gange mit 280 Umdrehungen, bei
voller Kraft mit 440 Umdrehungen in der Minute und gaben während 3 Stunden im
Durchschnitte 620e. Sie waren 5 Stunden lang
ununterbrochen, ohne Störungen zu verursachen, im Gange. Bei dem ungemein starken
Zuge waren zur Bedienung des Kessels immer 3 Mann nöthig; der eine stellte, wenn
geschürt werden sollte, das Gebläse ab, der zweite öffnete mit einer Stange die
Feuerthür und der dritte schaufelte die Kohlen ein. Aus den Schornsteinen stiegen
bei Tag sichtbare Flammen auf und groſse Mengen glühender Kohlen wurden ausgeworfen.
In der Rauchkammer sammelten sich in ein paar Stunden 200 bis 250k Asche und Kokes bis zu Haselnuſsgröſse. Das
Bemerkenswertheste aber war, daſs sich an den vorderen Mündungen der Rauchröhren
eine Kruste angesetzt hatte, welche in den wenigen Stunden den Querschnitt schon bis
zur Hälfte verengte. Dieselbe bestand im Wesentlichen aus 15,12 Eisen, 38,18
Thonerde, 30,28 Kieselsäure, 0,20 Kalk, 6,48 Schwefel und 0,92 Proc. Kohlensäure.
Die Bildung dieser Kruste wird in dem Berichte auf den wenn auch geringen
Eisengehalt der verwendeten Kohlen zurückgeführt. Bei Feuerungen unter ähnlichen
Verhältnissen, jedoch mit eisenfreier Kohle, soll wenigstens die Krustenbildung bei
weitem nicht in gleichem Maſse aufgetreten sein.
Schlieſslich mag noch erwähnt werden, daſs bei Versuchen, welche auf Anordnung der
englischen Regierung mit 4 Torpedobooten im Juni 1882 ausgeführt wurden, eingeschraubte Rauchröhren sich am besten bewährten.
Weder die in gewöhnlicher Weise mit umgelegtem Rande eingedichteten, noch die in
wulstförmige Vertiefungen der Rohr wand eingerollten, noch die mit langen
Stahlhülsen eingetriebenen Röhren waren dicht zu halten. Die Luftpressung betrug bei
diesen Versuchen 125mm Wassersäule. Die Kessel
wurden dabei allerdings möglichst schlecht behandelt. Sie wurden zunächst während 20 Minuten unter
eine Pressung von etwa 8at gesetzt; dann wurde
dieselbe in 20 Minuten auf etwas über 1at
vermindert, um die Wirkung der Zusammenziehung bei der Abkühlung zu beobachten, und
diese abwechselnde Steigerung und Verminderung der Spannung während jedes Versuches
3 mal hinter einander wiederholt. Bis auf den Kessel mit eingeschraubten Röhren war
denn auch nach wenigen Tagen keiner mehr betriebsfähig.
Whg.