Titel: | Zur Untersuchung von Zucker. |
Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 134 |
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Zur Untersuchung von Zucker.
Zur Untersuchung von Zucker.
Nach A. Vivien ist die Bestimmung von Glykose im Zucker schwierig, wenn der Zucker weniger als
0,1 Proc. davon enthält; er schlägt daher in der Sucrerie
indigène, 1883 Bd. 21 S. 3 folgendes colorimetrische Verfahren vor: 10g Zucker werden in 200cc Wasser gelöst, dann mit 10cc einer
Kupferlösung versetzt, welche 10mg Glykose
entsprechen, und aufgekocht. Zeigt sich beim Stehen des Gemisches Entfärbung und
rother Niederschlag, so enthält der Zucker mindestens 0,1 Proc. Glykose, welche nun
in gewöhnlicher Weise bestimmt werden. Tritt keine Entfärbung ein, so vergleicht man
die beim Aufkochen des Gemisches eingetretene Veränderung mit 10 gleich behandelten
Glykoselösungen, welche 1 bis 9mg desselben
enthalten.
Nach K. Zulkowsky (Berichte der österreichischen chemischen
Gesellschaft, 1883 S. 39) eignet sich die optische
Prüfung eines Gemisches von Rohrzucker und Invertzucker nur für solche
Fälle, wo der Invertzuckergehalt bedeutender ist, weil die specifische Drehkraft
dieses Zuckers so klein ist, daſs die unvermeidlichen Beobachtungsfehler erhebliche
Unterschiede herbeiführen. Die von Reichardt und Bittmann (vgl. Wagner' Jahresbericht,
1882 S. 789) zur optischen Inversionsmethode, namentlich für die Bestimmung des
Rohrzuckers in Füllmassen, Melassen u. dgl. empfohlene Clerget'sche Formel: R = 100 (D + D') : 144 – 0,5 t ist grundsätzlich unrichtig, wenn die zu
untersuchende Probe gröſsere Mengen Invertzucker enthält, da die Temperatur dann
ebenso gut vor als nach der Inversion berücksichtigt werden muſs.
Es sei nun D die Drehung der
Zuckerlösung vor der Inversion, t deren Temperatur, D' die in Folge der Verdünnung berichtigte Linksdrehung
der invertirten Lösung, V deren Temperatur, S die Menge Saccharose in 100cc Lösung des fraglichen Productes, s die Menge Saccharose in 100cc Lösung, welche einem Saccharimetergrad
entspricht, I die Menge Invertzucker in 100cc Lösung des fraglichen Productes, i bezieh. i' die Menge
Invertzucker in 100cc Lösung, welche einem
Saccharimetergrad bei der Temperatur t bezieh. t' entspricht, so ist D = S : s
– I : i.
Da aus 1 Th. Saccharose 1,053 Th. Invertzucker entstehen, so ist
ferner D' = (1,053 S + I)
: i'. Sucht man aus beiden Gleichungen die beiden
Unbekannten S und I, so
findet man
S = s (iD + i'D') : (i + 1,053s) und I = i'D' – 1,053
S.
Benutzt man den Soleil'schen Apparat
und wiegt 16g,35 ein, so ist (weil s = 0,1635) der Procentgehalt:
S = (iD + i'D'): (i
+ 0,1721) für Saccharose
und
I = 100 (i'D' – 1,053 S) : 16,35
für Invertzucker.
Arbeitet man mit dem Ventzke'schen
oder dem Halbschatten-Apparate und wiegt 26g,048 ein, so ist (weil s = 0,26048) der Procentgehalt:
S = (iD + i'D') : (i
+ 0,2745) für Saccharose
und
I = 100 (i'D' – 1,053 S) : 26,048
für Invertzucker.
Verwendet man den Wild'schen Apparat,
wiegt 25g,096 ein und benutzt die Gradskala, so
ist (weil s = 0,7528) der Procentgehalt:
S = 3 (iD + i'D') : (i + 0,7927) für Saccharose
und
I = 100 (i'D' – 1,053 S) : 25,096
für Invertzucker.
Die Werthe von i und i' für
verschiedene Temperaturen ergeben sich aus den Beobachtungen Tuchschmie's, daſs 17g,21 Invertzucker,
welcher aus 16g,35 Saccharose entstand, zu 100cc gelöst, eine optische Wirkung von – (44,16 –
0,506 t)° Soleil ausübten.
Zulkowsky hat danach die Invertzuckermengen
berechnet, welche 1° der Saccharimeter für die Temperaturen von 15 bis 22°
anzeigt:
Beobach-tungs-temperatur
g Invertzucker, welche in 100cc Lösungenthalten sind, bei der
optischen Wir-kung von
1° Soleil
1° Ventzke
1° Wild
15°
0,4706
0,7506
2,1676
16
0,4772
0,7612
2,1983
17
0,4839
0,7719
2,2292
17,5
0,4875
0,7776
2,2456
18
0,4910
0,7832
2,2616
19
0,4981
0,7945
2,2944
20
0,5056
0,8064
2,3287
21
0,5133
0,8187
2,3642
22
0,5210
0,8311
2,3992
Zur Bestimmung des Invertzuckers neben Rohrzucker wird,
wie Zulkowsky a. a. O. S. 41 ausführt, zuerst der
Saccharosegehalt durch Polarisation ermittelt, dann der an Invertzucker.
Um zunächst das Mischungsverhältniſs beider zu bestimmen, wiegt man so viel Substanz
ab, daſs darin etwa 25g Trockensubstanz angenommen
werden kann. Dieselbe wird in einem Meſskölbchen gelöst, geklärt und mit Wasser bis
100cc verdünnt. Von dem Filtrate werden 75cc abgemessen, in einem zweiten Meſskölbchen mit
Soda entbleit und mit Wasser auf 100cc gebracht.
Bei reineren Producten entfallt selbstverständlich diese Art der Reinigung. Nun
miſst man 50cc
Fehling'scher Lösung in eine tiefe Porzellanschale ab
und läſst die geklärte Zuckerlösung aus einer Bürette absatzweise einflieſsen, bis
die klare Flüssigkeit nach 2 Minuten andauerndem Aufkochen nicht mehr blau
erscheint. Hätte man ncc Zuckerlösung gebraucht,
so ist in diesem Volumen 0g,247 Invertzucker.
Genau ist diese Bestimmung bekanntlich nicht, weil das Volumen um 10 Proc. gröſser
oder kleiner gefunden werden kann.
Bedeutet p die Einwage, so findet sich die procentische
Menge von Invertzucker zu x = 247000 : 75 pn. War keine Klärung und Entbleiung nöthig, so ist x = 2470 : np. Wäre der
procentische Saccharosegehalt S, so ist aus dem
Verhältnisse S : x ein
neues abzuleiten, bei welchem die Summe der Verhältniſszahlen 100 ist. Bezeichnet
man mit S1 die neue
Verhältniſszahl für Saccharose, so ist S1 = 100 S : (S + x). Die neue Verhältniſszahl x1 für den Invertzucker
ist x1 = 100 – S1.
Die endgültige Probe erfordert nur so viel Zuckerlösung, daſs dadurch die Fehling'sche Lösung nicht völlig zersetzt wird. Hat man
z.B. bei der Vorprobe 20cc gebraucht, so verwendet
man nur 18 oder 17cc. Man miſst 50cc
Fehling'che Lösung in eine Porzellanschale ab, verdünnt
dieselbe mit so viel Wasser, damit die Summe beider mit der hinzukommenden
Zuckerlösung 100cc ausmache. Hat man die Fehling'sche Flüssigkeit zum Kochen gebracht, so wird
die Zuckerlösung aus einer Bürette in einem Strahle einflieſsen gelassen und das
Ganze 2 Minuten im Sieden erhalten. Das ausgeschiedene Kupferoxydul wird durch ein
Soxhlet'sches Asbestfilter abfiltrirt, im
Wasserstoffstrome geglüht und als Kupfer gewogen. Die diesem Gewichte entsprechende
Menge Invertzucker findet man aus umstehender von Zulkowsky berechneter Tabelle und zwar benutzt man hierfür jene Reihe,
welche dem durch die Vorprobe gefundenen Verhältnisse zwischen Rohrzucker und
Invertzucker am nächsten steht.
Hat man z.B. pg
Substanz eingewogen, vcc Zuckerlösung gebraucht und ig
Invertzucker gefunden, so bestimmt sich der procentische Gehalt I = 1000000 i: 75 pv. War keine Klärung und Entbleiung erforderlich, so
ist I = 10000 i : pv
Procent Invertzucker.
Da der Invertzucker die optische Wirkung der Saccharose beeinträchtigt, so muſs der
durch Polarisation gefundene Saccharosegehalt einer Berichtigung unterzogen werden.
Nach Tuchschmied polarisirt eine Lösung, welche 17g,21 Invertzucker in 100cc enthält, – (44,16 – 0,5060 t) Grad Soleil, wo t die Temperatur der Lösung bedeutet. Wird die
mittlere
Kupferin mg
Invertzucker in
mg
Verhältniſs zwischen
Rohrzucker und Invertzucker:
99 : 1
98 : 2
97 : 3
96 : 4
95 : 5
94 : 6
93 : 7
92 : 8
91 : 9
90 : 10
110
–
–
–
51,0
53,3
53,8
54,4
54,9
55,5
56,0
120
–
49,0
52,5
56,0
58,3
58,9
59,6
60,2
60,9
61,5
130
49,0
53,5
57,5
60,5
63,3
63,9
64,6
65,2
65,9
66,5
140
54,0
58,5
62,0
65,5
68,0
68,8
69,6
70,4
71,2
72,0
150
59,0
63,0
67,0
70,0
73,0
73,8
74,6
75,4
76,2
77,0
160
64,0
68,0
72,0
75,0
78,0
78,9
79,8
80,7
81,6
82,5
170
69,0
73,0
77,0
80,0
83,0
84,0
85,0
86,0
87,0
88,0
180
74,0
78,0
81,5
85,0
88,0
89,0
90,0
91,0
92,0
93,0
190
79,0
83,0
86,5
90,0
93,0
94,1
95,2
96,3
97,4
98,5
200
84,5
88,0
91,5
95,0
98,0
99,2
100,4
101,6
102,8
104,0
210
89,5
93,0
96,5
100,0
103,5
104,7
105,9
107,1
108,3
109,5
220
95,0
98,5
102,0
105,5
109,0
110,2
112,4
113,6
114,8
115,0
230
100,0
104,0
107,0
111,0
114,5
115,7
116,9
118,1
119,3
120,5
240
105,0
109,0
112,5
116,5
120,0
121,2
122,4
123,6
124,8
126,0
250
110,5
114,0
118,0
122,0
126,0
127,1
128,2
129,3
130,4
131,5
260
115,5
119,5
123,0
127,0
131,0
132,2
133,4
134,6
135,8
137,0
270
120,5
124,5
128,5
133,0
137,0
138,1
139,2
140,3
141,4
142,5
280
126,0
130,0
134,0
137,5
142,5
143,6
144,7
145,8
146,9
148,0
290
131,0
135,5
139,5
144,0
148,0
149,1
150,2
151,3
152,4
153,5
300
137,0
141,0
145,0
149,5
153,5
154,6
155,7
156,8
157,9
159,0
310
142,0
146,5
150,5
155,0
159,5
160,6
161,7
162,8
163,9
165,0
320
147,5
152,0
156,0
161,0
165,0
166,1
167,2
168,3
169,4
170,5
330
153,0
157,5
161,5
166,5
171,0
172,1
173,2
174,3
175,4
176,5
340
158,5
162,5
167,0
172,0
177,0
178,0
179,0
180,0
181,0
182,0
350
164,0
168,0
173,0
178,0
183,0
184,0
185,0
186,0
187,0
188,0
360
169,0
173,5
178,0
183,5
189,0
190,0
191,0
192,0
193,0
194,0
370
174,5
179,0
184,0
189,0
194,5
195,5
196,5
197,5
198,5
199,5
380
179,5
184,5
189,5
195,0
200,5
201,5
202,5
203,5
204,5
205,5
390
185,0
190,0
195,0
201,0
206,5
207,7
208,9
210,1
211,3
212,5
400
190,5
196,0
201,0
–
212,5
213,8
215,1
216,4
217,7
219,0
410
196,0
201,0
–
–
218,5
219,9
221,3
222,7
224,1
225,5
420
201,5
–
–
–
225,0
226,6
228,2
229,8
231,4
233,0
430
–
–
–
–
232,0
233,7
235,4
237,1
238,8
240,5
Zimmertemperatur von 17,5° in Rechnung gebracht, so ergibt
sich eine Polarisation von – (44,16 – 8,86) = – 35,3° Soleil. Eine Polarisation von + 35,3° Soleil
entspricht 5g,772 Saccharose; somit neutralisirt 1
Th. Invertzucker die optische Wirkung von 5,772 : 17,21 = 0g,3354 Saccharose bei der Zimmertemperatur von
17,5°. Hätte man beispielsweise I Proc. Invertzucker
gefunden, so wird zu dem gefundenen procentischen Saccharosegehalte noch 0,3354 I hinzuaddirt.