Titel: | Der Bentheimer Asphalt unter Hinweisung auf analoge Vorkommen in Italien in geologisch-bergmännischer und chemisch-technischer Beziehung. |
Autor: | C. Engler. |
Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 265 |
Download: | XML |
Der Bentheimer Asphalt unter Hinweisung auf
analoge Vorkommen in Italien in geologisch-bergmännischer und chemisch-technischer
Beziehung.
(Fortsetzung der Abhandlung S. 216 d.
Bd.)
Engler und Strippelmann, über den Bentheimer Asphalt.
2) Chemisch-technische Untersuchung des
Bentheimer Asphaltes; von Prof. C. Engler.
Das specifische Gewicht des Asphaltes beträgt 1,092. Er ist unlöslich in Alkohol,
Aether, Schwefelkohlenstoff, Terpentinöl u. dgl.; nur Aether und Terpentinöl färben
sich gelblich. Bei stärkerem Erhitzen schmilzt der Asphalt und bläht sich unter
Abgabe groſser Mengen verbrennlicher Dämpfe stark auf.
Die Aschenbestimmung ergab als Mittel aus 2 Bestimmungen
1,11 Proc. Asche. Diese rührt allem Anscheine nach vorwiegend von anhaftenden Resten
des Nebengesteines her. Nicht besonders ausgesuchte Theile des Asphaltes ergaben bis
5 Proc. Asche.
Bei der Elementaranalyse wurden gefunden:
I
II
Kohlenstoff
89,46
Proc.
89,33
Proc.
Wasserstoff
9,55
9,88
Aschenrückstand
1,09
1,14
Nach einer früher ausgeführten Analyse des Bentheimer
Asphaltes von StromeyerNeues Jahrbuch für Mineralogie, 1862 S.
883. enthält derselbe 86,68 Proc. Kohlenstoff, 9,30 Proc.
Wasserstoff, 0,66 Proc. Stickstoff, 2,82 Proc. Sauerstoff und 0,52 Proc. Asche. Alle
diese Analysen zeigen den ausnehmend hohen Wasserstoffgehalt dieses Materials und
geben einen Fingerzeig für die Eignung desselben zur Verarbeitung auf Leuchtgas oder
zur Gewinnung von Leuchtölen, Paraffin u. dgl. mittels Schweelarbeit.
Trockene Destillation.
Die trockene Destillation wurde nach wesentlich 3 Methoden: in kleinerem Maſsstab
in Glasretorten mit und ohne Zuhilfenahme von Wasserdämpfen, sowie unter
Anwendung gröſserer Schweelapparate (Blase und Retorten) durchgeführt.
Bei der trockenen Destillation in Glasretorten ohne
Wasserdampf betrug der angewendete Asphalt in 2 Versuchen 180 bezieh.
250g. Es wurden erhalten:
I
II
Theer
36,8
Proc.
38
Proc.
Kokes
48,9
48
Verlust (Gas und Wasser)
14,3
14
Das Destillat zeigt 0,834 sp. G. und besteht aus einer
dicken, dunkel-gefärbten halbflüssigen Masse, welche bei 80° anfängt zu sieden
und sich in folgende Fractionen zerlegen läſst:
Bis 150° destilliren über
10,3 Proc. Oel von 0,743 sp. G. (ganz wenig
Wasser enthaltend)
Von 150 bis 310° (Leuchtöl)
43,3 Proc. Oel von 0,806 sp. G.
Rückstand
46,4 Proc.
Die zur trockenen Destillation in Glasretorten unter
Zuhilfenahme von Wasserdämpfen angewendete Asphaltmenge betrug in 2
Versuchen 200 bezieh. 600g. Dabei wurden
erhalten:
I
II
Theer
41,4
Proc.
41,8
Proc.
Kokes
43,5
45,0
Verlust (Gas und Wasser)
15,6
13,2
Das Destillat zeigt 0,853 sp. G. und hat im Ganzen
dieselben Eigenschaften wie das vorbeschriebene. Die fractionirte Destillation
ergab:
Bis 150° destilliren über
7,1 Proc.
Oel
von
0,743
sp. G.
Von 150 bis 310° (Leuchtöl)
34,4 Proc.
„
„
0,805
„ „
Rückstand
58,4 Proc.
Bezüglich der Oelausbeute ist sonach die Destillation ohne
Wasserdampf vortheilhafter. Dagegen scheint in dem Rückstande des mit
Wasserdampf erhaltenen Theeres mehr Paraffin enthalten zu sein.
Die Untersuchung der durch Rectification des Theeres
erhaltenen 5 Fractionen ergab die folgenden Resultate:
1) Die leichten, unter 150° siedenden Oele bestehen
im Wesentlichen aus Kohlenwasserstoffen der Fettreihe. Ihr Verhalten gegenüber
rauchender Salpetersäure deutet jedoch auch auf die Anwesenheit geringer Mengen
aromatischer Stoffe. Durch weitere Rectification läſst sich das Oel in ganz
leichte Theile (Gasolin, Petroleumäther und Ligroin), eine Mittelfraction
(Benzin) und schwerer siedende Putzöle trennen.
2) Die Mittelfraction (Leuchtöl), von 150 bis 310°
überdestillirt, besitzt roh unangenehmen Geruch, welchen sie aber durch
Waschen mit wenig Schwefelsäure und Natronlauge verliert. Sie stellt dann ein
hellgelbes, nicht unangenehm riechendes Oel dar, dessen specifisches Gewicht
0,795 beträgt. Seine Bestandtheile sind ebenfalls Kohlenwasserstoffe der
Fettreihe mit geringen Mengen aromatischer Oele. Die photometrische Prüfung
dieses Oeles ergab im 10'''-Kosmosbrenner von Wild und
Wessel in Berlin eine Lichtstärke von 9,8 Kerzen (deutsche
Vereinskerzen). Der Oelverbrauch berechnet sich für
Stunde und Kerze auf nur 3g,2. Dies ist der
geringste Oel verbrauch, welchen ich bis jetzt bei zahlreichen Messungen
beobachtet habe. Pennsylvanisches Petroleum verbraucht nach meinen Versuchen
unter gleichen Umständen im Mittel 3g,5,
hannoversches 3,4 bis 3g,7, elsässisches Oel
3g,4 für Kerze und Stunde.
Das Oel brennt mit schöner geruchloser Flamme, ohne
am Dochte Kohle anzusetzen. Da der Entflammungspunkt des Oeles ein sehr hoher,
rund 60° ist, so lassen sich die beschriebenen leichten Oele mit dem Leuchtöle
vermischen, ohne daſs dadurch das Gemisch zum Brennen in Lampen feuergefährlich
würde. Die Gemische zeigen noch immer Entflammungspunkte von 40° Abel und darüber, also noch etwa das doppelte des
gesetzlich zulässigen Entflammungspunktes (21°). Auch in dieser Beziehung stehen
diese Oele einzig da; denn Brennöle, welche bei so geringem specifischem
Gewichte einen so hohen Entflammungspunkt zeigen, kommen im Handel nicht
vor.
3) Der bei der fractionirten Destillation des Theeres hinterbleibende Rückstand (46,4 bezieh. 58,4 Proc.) erstarrt zu einer deutlich krystallinischen Rohparaffinmasse,
welche durch weitere Rectification ohne Thermometer in 3 Fractionen (I bis III)
zerlegt wurde. 100 Th. Oelrückstand ergaben dabei:
Fraction
I
33,3
Proc.
„
II
33,3
„
III
20,2
und auſserdem
Kokes
10,6
also
Verlust
2,5
Fraction I und II erstarren beim Erkalten schon bei 17° zu einer gelben Paraffinmasse, ebenso
scheidet sich auch aus Fraction III Paraffin aus;
doch bleibt das
Ganze butterartig. Die Menge des Paraffins wurde bei diesen Versuchen mit der
Glasretorte nicht festgestellt, da der zur Verfügung stehende Theer zu gering
war und auſserdem das Paraffin in den noch zu beschreibenden Versuchen im
Groſsen seiner Menge nach genauer ermittelt wurde. Selbstverständlich lassen
sich die vom Paraffin durch Pressen zu entfernenden Oele als Schmieröle verwenden.
Die trockene Destillation des Asphaltes unter Anwendung gröſserer Schweelapparate in Blase und Retorten wurde in der
Mineralölfabrik Köpsen durch Hrn. Dr. Grotowsky durchgeführt, dessen Resultaten wir die
folgenden Angaben entnehmen.
Bei der Destillation aus der guſseisernen Blase
kamen je 50k Asphalt zur trockenen
Destillation und lieferten:
I
II
Theer
33,0
Proc.
34,5
Proc.
Kokes
47,0
45,0
Verlust, (Wasser und Gas)
20,0
20,5
Das specifische Gewicht des Theeres, in üblicher Weise bei 35°
R. (44° C.) bestimmt, ergab 0,838.
Bei der Schwierigkeit, den Asphalt in der verhältniſsmäſsig groſsen Blase
gleichmäſsig zu durchhitzen, und bei der dadurch notwendigen theilweisen
Ueberhitzung und eintretenden starken Vergasung wurde ein weiterer
Destillationsversuch unter Zusatz von 15 Proc. Theer eines früheren Versuches
durchgeführt, wobei erhalten wurden:
Theer
35 Proc. (sp. G. 0,836)
Kokes
47
Verlust (Wasser und Gas)
18
Hiernach ermäſsigen sich die Verluste durch Wasser- und
Gasbildung bei Zusatz von Asphaltöl um rund 2 Proc.
Bei der Destillation aus guſseisernen liegenden
Retorten, wobei in 8 Beschickungen 600k Asphaltkohle zur Verarbeitung kamen, war das Ergebniſs:
Theer
28,66 Proc. (sp. G. 0,830)
Kokes
46,09
Verlust (Wasser und Gas)
25,25
Ein Vergleich der in den verschiedenen Apparaten durchgeführten Schweelversuche
ergibt das nicht auffallende Resultat einer erheblichen Minderausbeute an Theer
bei trockener Destillation gröſserer Massen. Die Ausbeute unter Anwendung von
Wasserdampf in Glasretorten (Mittel 41,6 Proc.
Theer) zu 100 gesetzt, beträgt die Ausbeute in der Blase 82,2 Proc., in den Retorten 68,9
Proc. Theer. Auch bei den Schweelkohlen Sachsens rechnet man bekanntlich für den
Groſsbetrieb nur ⅔ der Theerausbeute, welche ein Destillationsversuch mit 100g derselben Kohle in der Glasretorte ergibt.
(Ein mit bloſs 100g der Bentheimer
Asphaltkohle in der Glasretorte durchgeführter Destillationsversuch ergab 45
Proc. Theer, was bei Vergleich mit der sächsischen Kohle eine im Groſsbetriebe
zu erhaltende Ausbeute von 30 Proc. erwarten läſst.)
Der im Groſsen gewonnene Theer enthält wenig oder
gar keine Phenol bezieh. Kreosot artigen Verbindungen, weshalb er bei seiner
weiteren Verarbeitung auf Oel und auf Paraffin einer Reinigung mit Aetznatron
nicht bedarf. Bei Behandlung mit 4 Proc. Schwefelsäure von 95 Proc. H2SO4 bei 60°
wurden 94 Proc. gereinigter Theer erhalten; 6 Proc. gehen sonach als sogen.
Brandharze in die Schwefelsäure (Säureharz) und in Verlust.
Eine Rectification des Theeres (134k,5
gereinigten Theeres = 143k Rohtheer oder
500k Asphaltkohle) über 0,4 Proc.
Aetznatron nach Art der Destilation des Braunkohlentheeres aus Guſseisenblase
ergab folgende nach Maſsgabe des specifischen Gewichtes der überdestillirten
Theile geordnete Fractionen:
2,02,42,42,42,42,411,5
Oele
0,776 sp.
G.0,7850,7860,7890,7910,7950,805
= 25,5 Proc. leichte
Oele.
10,811,0
0,8220,834
= 21,8 Proc. mittlere Oele.
44,8
Paraffinmasse
2,4
Paraffinschmiere
3,2
Kokes
2,3
Gasverluste
–––––
100,0
Die leichteren Oele (25,5 Proc), gemischt mit den
schwereren (21,8 Proc.), zusammen 47,3 Procent des Theeres, brennen auf
gewöhnlichen Erdöllampen bis auf den letzten Tropfen mit gleicher Lichtwirkung
wie das weiter oben beschriebene Oel der Destillationsversuche in kleinerem
Maſsstabe, ohne zu ruſsen oder Kohle am Docht abzusetzen; doch muſs das Gemisch,
da es bei nur einmaliger Destillation noch gelb gefärbt ist, einer zweimaligen
Rectification unterworfen werden. Alsdann kann aber das Oel mit den feinsten
Sorten von Solaröl und Petroleum in Wettvertrieb treten.
Die Verarbeitung der Paraffinmasse (44,8 Proc. des
Theeres oder 12 Proc. der Asphaltkohle) geschah in der üblichen Weise durch
Stehenlassen in kaltem Räume, dadurch bewirktes Auskrystallisiren des Paraffins,
Abfiltriren und Auspressen desselben. Die erste Krystallisation ergab dabei:
Rohparaffin
9,91
Proc.
von
51° Schmelzpunkt,
Oel
90,09
„
„
0,864 sp. G.
Die in kleinerem Maſsstabe mit dem noch an Paraffin
reichen Preſsöle (Mutterlaugenöl) unter stärkerer Abkühlung fortgesetzten
Krystallisationsversuche ergaben weitere 2,6 Proc. Paraffin, so daſs,
Bestätigung dieser Resultate durch die jedenfalls nicht erheblich abweichenden
Versuche in groſsem Maſsstabe vorbehalten, die Gesammtausbeute an Paraffin 12,5 Proc.
(Schmelzpunkt 50 bis 51°) der Paraffinmasse beträgt, d. i. 5,26 Procent vom
Gewichte des Rohtheeres (= 5,6 Procent des gereinigten Theeres) oder 1,51
Procent der Asphaltkohle.
Die neben Paraffin aus der Paraffinmasse erhaltenen Preſsöle können als Gasöle oder Maschinenschmieröle sehr gut
verwerthet werden. Bei Anwendung für letzteren Zweck müſste jedoch, da sie zu
dünnflüssig sind, noch eine Trennung durch Destillation vorausgehen.
Die weiter oben unter den Rectificationsproducten des Theeres erwähnte Paraffinschmiere kann als Schmiermaterial für
Achslager u. dgl. schwerer Maschinen benutzt werden und ebenso bilden die beim
Schweelprozesse in groſser Masse erhaltenen Kokes
mit den in den Theerblasen in geringer Menge zurückbleibenden Kokes ein sehr
gutes Feuerungsmaterial zum Heizen von Füllöfen, für Metallgieſser u. dgl. Die
beim Reinigen des Theeres mit Schwefelsäure abgeschiedenen Brandharze endlich lassen sich nach der in den
sächsischen Mineralölfabriken üblichen Methode (Ausscheiden mit heiſsem Wasser
oder Dampf und Destillation) auf Goudron bezieh. Asphalt verarbeiten.
Bei Verarbeitung der Asphaltkohle durch Schweelarbeit u.s.w. im Groſsen erhält
man sonach:
Leuchtöle
12,72
Gasöle und Maschinenschmieröle
9,78
Paraffin
1,50
Paraffinschmiere
0,65
Retortenkokes
46,09
Theerkokes
0,86
Brandharze
1,52
Verlust (Gas und etwas Wasser)
26,88
––––––
100,00.
Vergasungsversuche.
Die von mir in kleinem Maſsstabe wiederholt durchgeführten Versuche der Vergasung
der Asphaltkohle ergaben einschlieſslich einer geringen Theermenge zwischen 50
und 56 Procent eines mit hellleuchtender Flamme brennenden Gases. Ziemlich
übereinstimmend hiermit fand Grotowsky bei
Versuchen im Kleinen 50 Proc. Gas, was etwa 42cbm,5 Gas für 100k Asphaltkohle
entspricht. Nach einer anderen, in einer Gasanstalt durchgeführten Bestimmung,
wurden 56,4 Proc. Theer und Gas, sowie 43,6 Proc. Kokes erhalten, oder für
100k 39cbm,62 Gas.
Verglichen mit anderen bekannten Gaskohlen zeigt sich die Vorzüglichkeit des
Materials für Gewinnung von Leuchtgas. Westphälische Gaskohlen geben etwa 28,
Saarkohlen (Heinitz Ia.) 29, Newcastler bis 33, Bogheadkohlen im günstigsten
Falle 43cbm, meist aber weniger Gas für 100k Kohle. Auch die bei Vergasung des Asphaltes
erhaltenen Kokes liefern ein gutes
Feuerungsmaterial für Füllöfen u. dgl.
Auf Grund der angestellten chemischen Untersuchung stehen für die demnächst in
gröſserem Maſsstabe auszubeutende Bentheimer Asphaltkohle zwei Verwerthungsarten im
Vordergrunde: die Verarbeitung auf Leuchtgas und die Darstellung von Leuchtöl,
Paraffin, Schmierölen u. dgl. In Rücksicht auf die hohen Anforderungen, welche
an die Güte des Leuchtgases in der Gegenwart gestellt werden, tritt eine
gesteigerte Nachfrage nach bestem Vergasungsmateriale mehr und mehr hervor und
dasselbe wird behufs Verwendung als Zusatz zu minderwerthigen Materialien zu
hohen, die Preise gewöhnlicher Backkohlen um das 4 bis 5 fache übersteigenden
Preisen bezahlt. Diese Art der Verwendung würde also zunächst die einfachste und
nicht minder einträgliche sein. Die Bentheimer Asphaltkohle bildet hiernach ein
Bitumen-Material von hoher technischer Bedeutung und vorzüglicher praktischer
Verwerthbarkeit und ich kann deshalb nur wünschen, daſs die Hoffnungen, welche
man einer umfangreichen Gewinnung voraus zu sagen berechtigt ist, sich in vollem
Maſse erfüllen.
(Schluſs folgt.)