Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der Telegraphie und Telephonie. |
Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 304 |
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Neuerungen auf dem Gebiete der Telegraphie und
Telephonie.
Mit Abbildungen.
Neuerungen auf dem Gebiete der Telegraphie und
Telephonie.
Die am 16. August 1883 eröffnete Internationale Elektrische Ausstellung in WienVgl. Accumulatoren u.a. S. 260 und 281 d. Bd. bot natürlich eine
willkommene Gelegenheit zu einer prüfenden Umschau über die daselbst vorgeführten
Neuerungen in den verschiedenen Zweigen der Elektrotechnik, von denen hier die
Telephonie und Telegraphie näher ins Auge gefaſst werden möge. Die Wiener
Ausstellung enthielt einen ziemlich groſsen Reichthum an telegraphischen und telephonischen Apparaten,
welche in der inneren Rotunde und den dieselbe ringsum zunächst umschlieſsenden
Halbgalerien, sowie in dem Süd- und Ostflügel Aufstellung gefunden hatten; dieselben
traten dem Beschauer vorwiegend in gröſseren Gruppen vereinigt entgegen, welche von
staatlichen Telegraphen Verwaltungen, von Eisenbahn Verwaltungen, von
Telegraphengesellschaften und von einzelnen Fabrikanten ausgestellt waren, meist in
geschmackvoller und übersichtlicher Anordnung, zum Theile unter eigens dazu
errichteten Pavillons.
Bei weitem überwiegend waren unter den ausgestellten Apparaten diejenigen, welche
gegenwärtig in den verschiedenen ausstellenden Ländern im Gebrauche stehen und in
der Absicht ausgestellt erschienen, um ein Bild von dem derzeitigen Betriebe der
Telegraphie zu geben; doch waren auch eine groſse Anzahl der Geschichte angehöriger
Telegraphen vorgeführt und eine kleine Reihe anderer Constructionen, welche als
Verbesserungen bereits benutzter Apparate auftraten oder die Beseitigung von
gewissen den im Betriebe befindlichen Telegraphen noch anhaftenden Mängeln erstreben
und nach Einführung in den Betrieb ringen.
Was zunächst die geschichtlichen Apparate anlangt, so
sei zunächst daran erinnert, daſs vor 10 Jahren bei Gelegenheit der allgemeinen
internationalen Industrie-Ausstellung in denselben Räumen zufolge einer Anregung von
Dr. Werner Siemens von den deutschen
Telegraphenverwaltungen überhaupt die erste Ausstellung von historischen
Telegraphenapparaten veranstaltet worden ist. Leider hatten die deutschen
Verwaltungen jetzt in Wien überhaupt nicht ausgestellt. Dagegen waren solche
Telegraphenapparate in groſser Zahl namentlich von der österreichischen, englischen,
französischen, russischen und italienischen Telegraphenverwaltung ausgestellt.
Sicher würden diese zum Theile sehr reichen und werthvollen historischen Sammlungen
noch weit mehr Interesse bei dem Besucher der elektrischen Ausstellung erregt und
weit mehr Nutzen geschafft haben, wenn die einzelnen ausgestellten Gegenstände
überall mit einer deutlichen und genauen Bezeichnung und mit einer Mittheilung über
die Entstehungszeit bezieh. bei den wirklich im Betriebe gewesenen Gegenständen mit
einer Angabe über die Dauer der Verwendung versehen gewesen wären. Erfreulich war
es, daſs die österreichische Telegraphen Verwaltung – welche den Ausstellungen in
München 1882 und Paris 1881 fern geblieben war – diesmal ebenfalls ihre historischen
Schätze zur Schau gestellt hatte, wodurch so manche Lücke in der Vorführung der
Geschichte der Telegraphie ausgefüllt wurde. So reihte sich z.B. an den
englischerseits ausgestellten Bain'schen
Nadeltelegraphen (vgl. Zetzsche: Handbuch der elektrischen
Telegraphie, Bd. 1 S. 182. Verlag von J.
Springer in Berlin) diesmal in der österreichischen Verwaltung die in
Oesterreich eine Zeit lang sehr verbreitete Abänderung von Ekling u.a. und erregte besonderes Interesse nicht allein durch die vorgeführten älteren
Formen des Gebers, sondern auch durch den dem einen Empfänger beigegebenen Wecker
und durch den eigenthümlichen Doppelstiftschreiber zum Niederschreiben der
Nadelsignale zweier Relais mit Bain'schem
Elektromagnete. In der österreichischen Abtheilung war auch der im J. 1847 von Stöhrer für die Telegraphendirection in Wien gelieferte
Nadeltelegraph für Inductionsströme (vgl. Handbuch, Bd.
1 S. 191) ausgestellt, sowie ein Doppelstiftschreiber von Stöhrer mit zugehörigem Relais, ferner jene alte Form des Morse'schen Schreibapparates (vgl. Handbuch, Bd. 1 S. 135), bei welcher der Schreibhebel
mit drei in demselben Papierstreifen zugleich die Schrift eindrückenden
Schreibspitzen versehen war. Weder ein äuſserlich dem Kramer'schen ähnlicher Zeigertelegraph, noch Gintl's chemische Telegraphen in der älteren und jüngeren Form, noch ein
dem äuſseren Ansehen nach leicht mit einem Stöhrer'schen Doppelstiftapparate zu verwechselnder Translator, dessen zwei
Morse-Schreibapparate einen gemeinschaftlichen Papierstreifen beschrieben, noch
endlich ein für eine Wiener Eisenbahnstation gebauter eigenartiger Zeigertelegraph
waren mit irgend einer Zeitangabe versehen. Der letztere zeigt die für die
systematische Eintheilung der Telegraphenapparate bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit,
daſs eine durch den elektrischen Strom abzulenkende Magnetnadel ihre Bewegungen auf
ein Steigrad überträgt, auf dessen Achse ein Zeiger sitzt und ein mit verschiedenen
eisenbahndienstlichen Meldungen beschriebenes Zifferblatt überstreicht.
Nach diesem Hinweise auf die historische Abtheilung wenden wir uns nun der Gegenwart
zu.
Die mehrfache gleichzeitige Telegraphie war nicht nur in
geschichtlicher Beziehung, sondern auch in Betreff neuer Erscheinungen dürftig
vertreten. Zwar waren in der englischen Abtheilung die in England gegenwärtig
benutzten Gegensprecher für einfache Ströme und für Wechselströme, sowie die
Doppelgegensprecher ausgestellt; auch die französische Verwaltung hatte ihren
Morse-Gegensprecher mit Differentialschaltung, sowie die Schaltung (Verbindung der
Differentialschaltung mit der Brückenschaltung nach Ailhaud) eines Thomson'schen Galvanometers
zum Gegensprechen auf den Kabeln zwischen Frankreich und Algier vorgeführt. Neu
dagegen waren nur in der österreichischen Abtheilung Teufelhart's Hughes-Gegensprecher, mit welchem eben Versuche zwischen Wien
und Budapest durchgeführt wurden, und zwei Gegensprecher für Arbeits- und für
Ruhestrom mit gewöhnlichem Taster und je zwei Relais von O.
Schaeffler, letztere jedoch nicht rücksichtlich ihrer Schallungsweise,
sondern mit Bezug auf die Anordnung und Einrichtung der Relais; jedes Relaispaar ist
nämlich auf einer gemeinschaftlichen Grundplatte angeordnet und steht einander ganz
nahe, da die beiden Relais ziemlich klein sind.
Als Vertreter der absatzweisen mehrfachen Telegraphie
enthielt die österreichische Abtheilung den Illimit-Telegraphen von A.
Bauer (vgl. 1874 213 * 17. 1878 228 120) und den im J. 1874 patentirten Granfeld'schen Hughes-Perfeetor (vgl. 1878 228 * 121), ferner den Schaeffler'schen mehrfachen Typendrucker, endlich Williot's Telegraph, welcher sich wie in Paris 1881 so auch jetzt noch
„im Zustande des Entwurfes“ befand. In weiterer Entwickelung dagegen
erschienen wieder die mehrfachen Telegraphen von Bernh.
Meyer bezieh. Baudot. Ueber Baudot's Telegraph, welcher theils als sechsfacher,
theils als vierfacher, theils als einfacher Apparat, theils im Gegensprechen auf
mehreren französischen Telegraphenlinien benutzt wird, soll in nächster Zeit etwas
ausführlicher berichtet werden. Hier seien zunächst die neueren Aenderungen an Meyer's Telegraphen (vgl. 1875 215 * 310. 1878 229 * 530) näher berührt.
B. Meyer verfolgt schon seit dem J. 1881 denselben
Gedanken und zum Theile auch mit den nämlichen Mitteln, welchen Granfeld mit seinem Hughes-Perfector durchzuführen
strebte, nämlich die Lostrennung der eigentlichen Telegraphenapparate von dem
dieselben in regelmäſsigem Wechsel mit der Telegraphenleitung verbindenden
Vertheiler. Durch diese Lostrennung werden aber die Telegraphenapparate nicht nur
von dem Vertheiler, sondern auch unter einander selbst unabhängig. Daher sind denn
zunächst die beiden zusammenarbeitenden Vertheiler der zwei Aemter weit leichter in
dem nöthigen Synchronismus zu erhalten, weil den Vertheilern alle jene
Arbeitsleistungen abgenommen wurden, welche nur zeitweise zu verrichten sind und
deren Gröſse überdies bei den verschiedenen zu telegraphirenden Buchstaben nicht
stets die nämliche ist. Die zwei als ein Paar mit, einander arbeitenden
Telegraphenapparate müssen sodann zwar auch jetzt noch synchron laufen, allein nicht
in aller Strenge und stets nur für die Dauer eines einzigen Umlaufes; nach jedem
Umlaufe werden sie angehalten, um später gleichzeitig wieder losgelassen zu werden.
Der Vertheiler läſst sich leicht so einrichten, daſs er nach Belieben und Bedarf für
einen 1-, 2-, 3- bis 8fachen Telegraphen gebraucht, also mit ihm eine Gruppe
verbunden werden kann, welche aus entsprechend gleich vielen Telegraphen besteht.
Ueberdies besitzt dabei der eigentliche Telegraph (bis auf Auswechselung eines
einzigen Räderpaares) genau dieselbe Einrichtung, mag er als zweifacher oder
vielfacher Telegraph verwendet werden. Weil ferner ein mechanischer Zusammenhang
zwischen dem Vertheiler und den eigentlichen Telegraphen nicht mehr erforderlich
ist, so werden damit zugleich die groſsen und schweren Apparatgestelle entbehrlich
und es brauchen die in jedem einzelnen Falle zu einer Gruppe vereinigten (2 bis 8)
Apparate nicht mehr auf einem und demselben Tische, ja nicht einmal in demselben
Zimmer, in demselben Hause oder selbst derselben Stadt aufgestellt zu werden. Es
wäre nicht einmal nöthig, daſs stets alle Apparate,
welche zu einer Gruppe vereinigt werden können, wirklich arbeiten, sondern es
können beliebig viele von ihnen unbenutzt bleiben.Erstrebt man die Füglichkeit, in dem Falle, wo nicht alle, sondern nur einige
Apparate der Gruppe arbeiten sollen, die arbeitenden ganz nach Belieben
auswählen zu können, so müſste allerdings der in Fig. 2 abgebildete Umschalter noch eine kleine Abänderung
erfahren; es dürften die unteren Schienen desselben nicht unmittelbar mit
den 8 Empfängern verbunden, sondern es müſste durch Hinzufügung weiterer,
ihnen gegenüber zu stellender Schienen die Möglichkeit beschafft werden, sie
nach Belieben mit verschiedenen Empfängern zu verbinden. – In Fig. 2 sind die Platten links und rechts
ungetheilt geblieben, weil angenommen ist, daſs der erste Apparat stets
benutzt wird und in einem 8fachen Apparate stets sämmtliche acht. Zeitweise
läſst sich jeder der Apparate durch einen ihm beigegebenen Kurbelumschalter
(vgl. Fig. 4) auſser Thätigkeit
setzen.
Die in den Meyer'schen mehrfachen Telegraphen nöthige
doppelte Zeittheilung wird in den neueren Apparaten durch zwei verschiedene und
räumlich getrennte Apparattheile bewirkt. Der mit dem in genau synchronem Gange zu
erhaltenden Triebwerke verbundene Hauptvertheiler (Diviseur) weist die Telegraphenleitung in regelmäſsiger Folge abwechselnd
und auf unter sich gleiche Zeiträume den einzelnen Telegraphenapparaten zu und
vermittelt elektrisch die Correction des Synchronismus; jeder der mit dem Laufwerke
eines einzelnen Empfängers verbundenen Nebenvertheiler (Distributeur) dagegen theilt die diesem Empfänger bezieh. seiner
Klaviatur zugewiesenen Zeiträume in die zur Erzeugung der Schrift und der Entladung
der Leitung bestimmten Unterabtheilungen.
Fig. 1., Bd. 250, S. 308
Im Hauptvertheiler (Fig. 1), dessen Laufwerk als
Regulator ein conisches Pendel besitzt (vgl. Fig. 3)
und dessen etwa 50k schweres Triebgewicht
allstündlich einmal aufgezogen werden muſs, ist zunächst bei c1/15
der Vertheilerscheibe der Correction aufgespart; die dann noch bleibenden 14/15 der
Vertheilerscheibe wären z.B. bei einem 6 fachen Telegraphen in 6 gleiche Theile zu
theilen und an den Theilpunkten je eine Contactplatte einzulegen, damit der über
dieselbe hinweggehende Contactarm des Vertheilers den Stromkreis einer Lokalbatterie
schlieſse und dabei die Auslösung der 6 Empfänger bewirken könne; bei jedem Umlaufe
würde der Arm also 6 Ströme entsenden und zwar der Reihe nach je einen durch den Auslöse-Elektromagnet
der sechs dem Hauptvertheiler beigesellten Telegraphenapparate:, jederzeit ist also
nur einer der 6 Telegraphenapparate ausgelöst, daher im Gange und zum Telegraphiren
(Geben oder Nehmen) bereit.
Fig. 2., Bd. 250, S. 309
Damit nun aber derselbe Hauptvertheiler nicht bloſs für 6, sondern allgemein für 2
bis 8 ihm beizugesellende Telegraphen benutzt werden könne, werden nicht bloſs an
den Theilpunkten für die Theilung in 6, sondern, wie dies in Fig. 1 zu sehen ist, auch an den Theilpunkten für die
Theilung in 2 bis 8 Theile Platten eingelegt und ein Stöpselumschalter (Fig. 2) beigegeben, mittels dessen die in jedem
einzelnen Falle zu verwendenden 2 bis 8 Contactplatten mit den eben zu benutzenden 2
bis 8 Telegraphen verbunden werden können. Dabei wird die Platte 1 für alle
Theilungen benutzt- die Theilplatten für die Theilung in 2 und 4 Theile fallen mit
solchen für die Theilung in 8 Theile zusammen, die für die Theilung in 3 Theile mit
solchen für die Theilung in 6 Theile; die Theilung in 7 Theile ist in Fig. 1 nicht angegeben.
Fig. 3., Bd. 250, S. 309
Wie in Fig. 2 an zwei Schienen angedeutet ist, läuft
in dem Stöpselumschalter von der schmalen Schiene links, von der zugleich zur
Aufbewahrung der eben
nicht benutzten Stöpsel dienenden und deshalb breiteren Schiene rechts und von den
sechs zwischen diesen liegenden verschieden langen unteren Schienen je ein Draht
nach je einem der 8 Empfänger; der erste und der achte Empfänger sind beständig mit
der nämlichen Platte des Hauptvertheilers verbunden; der zweite bis siebente
Empfänger sind dagegen je nach der (wechselnden) Zahl der im einzelnen Falle
gleichzeitig benutzten Empfänger mit verschiedenen (in Fig.
1 mit eben dieser Zahl beschriebenen) Platten des Hauptvertheilers zu
verbinden und deshalb stehen ihrer Schiene im Umschalter die danach nöthige Anzahl
oberer Schienen gegenüber, von denen aber immer höchstens eine durch einen Stöpsel
mit der unteren zu verbinden ist. Bei dem vorhin gewählten Beispiele der Benutzung
als 6facher Telegraph wären Stöpsel bei den fünf in Fig.
2 mit der Ziffer 6 markirten oberen Schienen
einzustecken.
Von dem Umschalter läuft also nach jedem Empfänger nur ein einziger Draht und dieser
führt den Lokalstrom dem Auslöse-Elektromagnete des Empfängers zu.
Die Correction vollzieht sich, wie Fig. 3 erkennen
läſst, wesentlich noch in der früher (1875 215 * 323)
beschriebenen Weise und mit den nämlichen Mitteln. Ein Unterschied findet sich nur
in Bezug auf die Gabel, welche mittels ihrer beiden Sperrkegel und zweier Sperrräder
die Schraube und durch diese die Trabantenräder und das übrige Räderwerk vorwärts
bezieh. rückwärts dreht. Diese Gabel wirkt nämlich nicht mehr (vgl. Bd. 215 Taf. C Fig. VIII) beim Niedergehen, sondern bei ihrem
Emporgehen auf die Sperrräder, also schiebend.
Fig. 4., Bd. 250, S. 310
Auch in den Empfängern, deren einer Fig. 4 abgebildet
ist, hat Meyer die frühere Anordnung des
Elektromagnetes, der Schreibwalze mit Schreibschnecke und der über derselben
liegenden Farbwalze beibehalten. Die Schreibschnecke bildet jetzt jedoch auf der
Schreibwalze einen vollen Umgang von 30mm
Ganghöhe: sie schreibt bei jedem Umlaufe 1 Buchstaben. Auf die Achse der Schreibwalze ist der
Contactarm des zugehörigen Nebenvertheilers aufgesteckt. Der Nebenvertheiler hat für
die vier Punkte bezieh. Striche der verschiedenen telegraphischen Zeichen in seiner
Scheibe nur 11 schmälere Contactplatten, zwischen der ersten und letzten aber eine
breite Erdplatte mit einem isolirenden Ruhepunkte für den Contactarm in seiner
Ruhestellung. Wenn daher auch die Achsen sämmtlicher Nebenvertheiler beständig mit
der Leitung verbunden bleiben, so kann doch stets nur der eben ausgelöste Empfänger
aus der Leitung Telegraphirströme aufnehmen oder derselben solche zuführen. Jeder
Empfangsapparat hat sein eigenes Triebwerk, dessen Triebfeder mit dem Fuſse
aufgezogen wird; das Triebwerk läuft beständig, ebenso das in Fig. 5 bis 7
abgebildete Räderpaar, und mit der Achse des oberen dieser Räder wird die Achse der
auſserhalb des Triebwerksgehäuses liegenden Schreibwalze durch die Lokalströme zur
rechten Zeit gekuppelt und so in das Triebwerk eingerückt. Letzteres kann nur
geschehen, so lange der Stromkreis in dem in Fig. 4
rechts sichtbaren Kurbelumschalter geschlossen ist; wird die Kurbel zur Seite
bewegt, so läuft das Triebwerk fort, kann aber die Schreibwalze nicht mehr
mitnehmen. Nach jeder Kuppelung macht die Schreibwalze nur einen einzigen Umlauf und
nach Vollendung desselben wird von selbst wieder ausgekuppelt. Die Ein- und
Ausrückung der Kuppelung erfolgt in ähnlicher Weise wie beim Typendrucker von Hughes.
Fig. 5., Bd. 250, S. 311
Fig. 6., Bd. 250, S. 311
Fig. 7., Bd. 250, S. 311
Jeder Empfänger besitzt auch seinen eigenen Centrifugalregulator, welcher in einer
runden Büchse auf dem Triebwerkskasten untergebracht ist. Die Summe der
Umlaufszeiten sämmtlicher gleichzeitig benutzten Schreibapparate muſs der Zeit
gleichen, während welcher der Arm des Hauptvertheilers über den nicht für die
Correction aufgesparten Bogen der Vertheilerscheibe läuft. Die Umlaufszeiten der
Schreib walzen müssen daher innerhalb des Verhältnisses 1 : 4 wechseln, wenn 8 bis 2
Apparate mit dem Vertheiler verbunden werden. Dies wird dadurch ermöglicht, daſs die
Bewegung auf die Schreibwalze von der nächsten Triebwerksachse nicht immer durch
dasselbe Räderpaar übertragen wird, daſs vielmehr in den einzelnen Fällen auf die
Achse der Schreibwalze und die nächste (etwas tiefer und mehr rechts liegende)
Triebwerksachse verschiedene Räderpaare aufgesteckt werden (vgl. Fig. 5 bis 7), deren
Durchmesser nach dem jedesmal nöthigen Uebersetzungsverhältnisse berechnet sind.
Während z.B. das Räderpaar in Fig. 5 dem
Uebersetzungsverhältnisse 1 : 1 zugehört, entspricht das Paar in Fig. 6 dem Uebersetzungsverhältnisse 2 : 1, das Paar
in Fig. 7 aber übersetzt die Umdrehungszahlen im
Verhältnisse 1 : 2.
Die Papierbewegung erfolgt nicht ruckweise, sondern stetig durch Vermittelung einer
kleinen Walze, welche vom Triebwerke aus in Umdrehung versetzt wird. Da die
Auslösung der Schreibapparate mit einem gewissen Geräusche erfolgt, so sind die
sonst an den Klaviaturen angebrachten Taktschläger nicht mehr erforderlich.
Unter den ausgestellten Schreibtelegraphen befanden sich
zunächst zwei Zickzackschreiber: Thomson's
Heberschreibapparat (Siphon recorder) und Lauritzen's Undulator.
Der von der Eastern Telegraph Company ausgestellte, von
James White in Glasgow gebaute Heberschreibapparat
zeigt keine wesentlichen Abänderungen gegenüber der in D. p.
J. 1877 224 * 280 beschriebenen Einrichtung;
doch war das magnetische Feld, worin die den Schreibheber bewegende Spule schwebt,
nicht durch einen Elektromagnet gebildet, sondern durch einen sehr groſsen
Hufeisenmagnet, welcher mit dem Bug befestigt mit den Schenkeln aufrecht stand und
seine Pole nach oben kehrte. In Fig. 8 sind als
Schriftprobe einige von diesem Heberschreibapparat geschriebene Buchstaben
abgebildet.
Fig. 8., Bd. 250, S. 312
Der um das J. 1878 erfundene, auf den Linien der Great
Northern Telegraph Company in Kopenhagen benutzte und von dieser
Gesellschaft auch ausgestellte Undulator von S. Lauritzen arbeitet mit Wechselströmen und läſst
daher je nach der zwischen den beiden Strömen des Wechselstrompaares liegenden
Zeitpause das Schreibröhrchen auf dem Papierstreifen Wellenzüge von gröſserer oder
kürzerer Länge schreiben, welche die Striche und Punkte der Morse-Schrift ersetzen-
die Schriftprobe in Fig. 9 zeigt das Wort „Rotunde“.
Fig. 9., Bd. 250, S. 312
Bliebe das in eine feine Spitze auslaufende Schreibröhrchen
ruhig stehen, so würde es auf dem Streifen eine gerade Linie schreiben. Ihm wird die
Farbe – eine Abkochung von Anilin, welcher nach der Abkühlung Spiritus zugesetzt wird – aus einem
gröſseren Farbgefäſse zugeführt. In seiner elektrischen Anordnung steht der
Undulator den Inductionszeiger- und Typendruck-Telegraphen Wheatstone's sehr nahe: die Kerne der vier aufrecht stehenden
Stabelektromagnete enden oben und unten in je einem Polschuhe und stehen je zwei je
einem Pole des vierpoligen, aus zwei gekrümmten Magnetstäbchen gebildeten und auf
einer gemeinschaftlichen Achse zu deren beiden Seiten befestigten [ ) | ( ]
polarisirten Ankers gegenüber; auf diesen Pol wirken jene beiden Pole gleichzeitig
und zwar stets der eine anziehend, der andere abstoſsend. Auf der Ankerachse ist
zugleich das Schreibröhrchen befestigt und bewegt sich bei deren Schwingungen über
dem Streifen hin und her. Das silberne Schreibröhrchen ist in einem auf die Achse
der gekrümmten Stahlmagnete aufgeschraubten Messingblättchen befestigt; sein in der
Richtung der Ankerachse liegendes oberes Ende wird von dem unteren Ende des aus dem
luftdicht geschlossenen Farbgefäſse kommenden Röhrchens umschlossen, so daſs es sich
in demselben frei drehen kann, während durch den schmalen Zwischenraum zwischen
beiden Röhrchen doch keine Farbe ausflieſst; sollte sich aber dennoch beim Aufsetzen
und Abheben des Farbgefäſses ein Tropfen durchdrängen, so wird er von einer kleinen,
am Messingblöckchen angebrachten Schale aufgefangen. Das auf jeder Seite des Ankers
stehende Elektromagnetpaar ist auf einer Metallschiene befestigt; beide Schienen und
somit beide Elektromagnetpaare lassen sich durch eine Schraube einander und dadurch
dem Anker nähern bezieh. von ihm entfernen. Auſser dieser Regulirung der
Empfindlichkeit ist noch eine Nebenschlieſsung zu gleichem Zwecke verwendbar und
ebenso eine Spannfeder, welche sich an der dem Schreibröhrchen entgegengesetzten
Seite am Anker anheftet und ihn nach jeder Ablenkung aus der Mittellage in dieselbe
zurückführt. Der hauptsächlich für Kabel von mittlerer Länge berechnete Undulator
soll in einem Stromkreise von 30000 Ohm Widerstand mit 1 Leclanché-Element noch gute
Schrift geben.
Elektromagnetsystem, Schreibvorrichtung und Farbgefäſs lassen sich um eine
gemeinschaftliche horizontale Achse zurückklappen, so lange nicht telegraphirt wird
und die Farbe nicht unnütz aus dem Schreibröhrchen ausflieſsen soll. Als Geber wird
beim Undulator theils ein Handtaster benutzt, theils die in England und Frankreich
gebräuchliche neuere Form von Wheatstone's
selbstthätigem Sender (vgl. 1873 207 469).
Die genannte Telegraphen-Gesellschaft pflegt die vom Undulator beschriebenen Streifen
– behufs des Wiederabtelegraphirens in der Undulatorschrift – auf Papierblätter mit
dem nöthigen Vordrucke für die dienstlichen Zusätze aufzukleben. Jede Station
verwendet für die verschiedenen anderen Stationen der Gesellschaft Blätter von
verschiedener Farbe, so daſs sie schon aus der Farbe die Station erkennen kann, von
welcher ihr das auf
dem Blatte befindliche Telegramm gegeben wurde. Zum Aufkleben werden die Streifen in
einem kleinen Gummirapparate, dem sogen. Dextrineur von Joh.
Mygind, auf ihrer Unterseite gummirt. Dieser als Verbesserung des schon
seit 1871 benutzten Apparates bezeichnete Dextrineur enthält eine mit der unteren
Hälfte in die Dextrinlösung eintauchende Walze, über deren obere Hälfte der durch
eine Zuführungswalze eingeführte Streifen hinweg geht, um endlich unter einem
Abstreicher hindurch zu gehen und unter einer Abstreich- nach der Abführwalze zu
gelangen und auszutreten.
(Fortsetzung folgt.)