Titel: | Calorimetrische Prüfung einer 4e- bez. 8e-Otto'schen Gasmaschine. |
Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 333 |
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Calorimetrische Prüfung einer 4e- bez. 8e-Otto'schen Gasmaschine.
Mit Abbildungen.
Ueber die calorimetrische Prüfüng Otto'scher
Gasmotoren.
Heute, wo man sich bemüht, die Gasmaschine, welche man sonst immer nur als eine
Kraftquelle für ganz geringfügige Arbeitsleistungen anzusehen gewohnt war, mit der
Dampfmaschine in Wettbetrieb treten zu lassen, ist es von erhöhtem Interesse,
dieselbe auf ihre Wirkungsweise zu prüfen und den Verbleib der in der Maschine durch
Verbrennen des Gasgemisches erzeugten Wärme zu verfolgen. Eine solche Untersuchung
wurde für die alte Lenoir'sche Maschine schon von Tresca durchgeführt, während neuerdings A. Slaby gelegentlich eines auf der Jahresversammlung
des deutschen Vereins von Gas- und Wasserfachmännern in Berlin gehaltenen Vortrages
über Theorie und Leistung der Gasmaschinen (vgl. Journal für Gasbeleuchtung, 1883 S. 549) die Resultate
einer von ihm ausgeführten calorimetrischen Untersuchung des 4c-Otto'schen Motors
mittheilte. Mit Rücksicht auf die Wichtigkeit des Gegenstandes ist dieser Versuch
nachstehend ausführlich wiedergegeben.
1) Abmessungen der Maschine.
Cylinderdurchmesser
= 171,9mm
Hub
= 340,0
Compressionsraum: davon ab
A =B =C
=D =
4315cc 338 132–––––4785cc 15
= 4770cc
Vom Kolben verdrängtes
Volumen
= 7,888l
Compressionsraum
= 4,770
–––––––
Summe
= 12,658l.
Der Compressionsraum beträgt hiernach rund 0,6 vom Saugvolumen des
Kolbens.
Textabbildung Bd. 250, S. 333
2) Leistung der Maschine.
Dauer des Versuches
=
½ Stunde
Länge des Hebelarmes des
Bremsdynamometers
=
0m,669
Constante Belastung
=
30k,5
Gesammtzahl der Umläufe
=
4702
Gesammtzahl der Explosionen
=
2351
Mittlere Umlaufzahl in der Minute
=
156,7
Leistung = (30,5 × 0,669 × 156,7) :
716,2
=
4c,46.
3) Indicatordiagramme.
Die in der Zeit von 5 Uhr bis 5 Uhr 30 Min. genommenen 20
Diagramme ergaben an Flächeninhalt: 1800, 1804, 1800, 1760, 1792, 1788, 1816, 1776,
1752, 1792, 1776, 1735, 1730, 1735, 1718, 1722, 1775, 1770, 1760 bezieh. 1715,
insgesammt 35316qmm.
Mittlere Fläche
= 1766qmm
Constante Länge der Diagramme
= 101mm
Mittlere Ordinate
= 17,48mm
Maſsstab der Indicatorfeder
1at
= 4,7mm
Mittlere Nutzspannung
= 3,72k/qmm
Indicirte Leistung:
Ni = (0,17192 ×
π × 37200 × 0,34 × 156,7) : (4 × 60 × 75 ×
2)
= 5,11e
Wirkungsgrad η
= Bremsleistung: Indicirte Leistung
= 0,87.
4) Gasverbrauch.
Gesammtverbrauch mit Ausnahme der
Zündflammen
= 2,020cbm
Gasverbrauch auf die Stunde und
Nutzpferdestärke
= 0,906
Gasverbrauch der Zündflammen in
der Stunde
= 0,078
5)
Kühlwasserverbrauch.
Gesammtwasserverbrauch
= 107,25l.
Die Temperaturen, gemessen im Cylindermantel durch ein
eingelassenes Thermometer in der Zeit von 5 Uhr bis 5 Uhr 29 Min., waren: 60,0,
60,0, 60,5, 61,0, 61,0, 61,5, 61,5, 62,0, 62,5, 62,5, 62,5, 63,0, 63,5, 64,5, 64,0
64,5, 65,0, 64,5, 64,0, 63,5, 63,0, 62,5, 62,0, 61,5, 61,5, 60,5, 60,0, 60,0, 58,5,
58,0, also im Mittel 62°.
Temperatur des Kühlwassers vor Eintritt in
die Maschine
= 15°
Durchschnittliche
Temperaturerhöhung
= 47°
6) Temperatur der abziehenden Verbrennungsproducte.
Gemessen am Auspuffrohre, welches durch Einbettung gegen Abkühlung
sorgfältig geschützt war. Es wurde Zink geschmolzen, Antimon dagegen nicht.
Schmelzpunkt des Zinkes (nach Mousson) = 423°, des Antimons = 432°.
7) Zusammensetzung des Explosionsgemisches.
2351 Explosionen haben verbraucht
2,020
cbm
Mithin Gas für jede Füllung
0,000859
Gemisch von Luft und Gas, angesaugt auf
jede Füllung
0,007888
–––––––
Angesaugte Luft auf jede Füllung
0,007029
cbm
Rückstände auf jede Füllung
0,004770
–––––––
Rückstände + angesaugte Luft auf jede
Füllung
0,011799
cbm
Volumenverhältniſs Gas zu (Luft + Rückstände) = 1 : 13,73,
Gas zu Luft = 1 : 8,18, das entsprechende Gewichtsverhältniſs = 1 : 29,75 bezieh. =
1 : 19,7.
8) Berechnung des Heizeffectes des Leuchtgases.
Nach der Analyse des Gases der Gasmotorenfabrik Deutz durch den Chemiker des städtischen Gaswerkes Köln
besteht 1cbm desselben aus:
Einfach Kohlenwasserstoff CH4
0,344cbm
Zweifach Kohlenwasserstoff C2H4
0,035
Wasserstoff H
0,569
Kohlenoxyd CO
0,052
–––––––
1,000cbm.
In der nachstehenden Tabelle sind die Gewichte und die Heizeffecte
der einzelnen Bestandtheile zusammengestellt:
Volumen
Gewicht von 1cbm
Gewicht
Heizeffect von 1k
CH4
0,344cbm
0,694k
0,239k
11700c
C2H4
0,035
1,215
0,043
11082
H
0,569
0,087
0,050
29004
CO
0,052
1,215
0,063
2403
––––––––
––––––
1,000cbm
0,395k
1cbm des Deutzer
Gases entwickelt hiernach bei der Verbrennung 4875c Wärme. Da 1cbm dieses Gases 0,395k wiegt, so berechnet sich der Heizeffect von 1k des Deutzer Gases zu H = 4875 : 0,395 = 12342c.
Calorimetrische Untersuchung.
Die Länge der abgenommenen Diagramme betrug constant 101mm. Da der Compressionsraum 0,6 vom Saugvolumen
des Kolbens ausmacht, so liegt der Coordinatenanfangspunkt des beigegebenen
Diagrammes (a. f. S.) um 0,6 × 101 = 60mm,6 vom
Anfangspunkte des Diagrammes nach links.
Der Untersuchung zu Grunde gelegt ist das Diagramm 5 Uhr 29 Min.
(Flächeninhalt = 1760qmm); die punktirte Linie ist
das abgenommene Diagramm, die ausgezogene Linie wurde berechnet. Dieselbe setzt sich
aus 4 Uebergängen mit 3 Expansionscurven und 1 Compressionscurve TT0, T0T1, T1T2 und T2T zusammen. Dieselben lassen sich annähern durch
Gleichungen von der Form:
pv^m=\mbox{const},
worin p die Spannung, v das Volumen und m eine
constante ganze oder gebrochene, positive oder negative Zahl bezeichnet.
Textabbildung Bd. 250, S. 335
Berechnung der Constanten m.
1) Compressionscurve TT0 ergibt (15 : 5,6) = (161,6 : 60,6)m, also m =1,00.
2) Expansionscurve T0T1 ergibt (15 : 50) = (66,5 : 60,6)m0, also m0 = – 12,95.
3) Expansionscurve T1T2 ergibt (31,2 : 17,5) = (138 : 90,7)m1, also m1 = 1,38.
4) Expansionscurve T2T ergibt (15,5 : 5,6)
= (161,6 : 152,5)m2, also m2 = 17,56.
Dichtigkeit des Gasgemisches.
Die Rechnung ergibt, daſs in Folge der Verbrennung der Gasgemische
von der angegebenen Zusammensetzung eine geringe Verdichtung der Arbeitsflüssigkeit
eintritt und zwar findet sich als Verhältniſs der Dichtigkeiten = 1,013.
Die specifischen Wärmen der Verbrennungsproducte.
Nach bekannten Methoden berechnen sich diese bei constantem Drucke
cp = 0,253, bei
constantem Volumen cr =
0,183, also cp : cr = x = 1,38.
Die Temperaturen.
\frac{T_0}{T_1}=\frac{p_0\,r_0}{p\,r}=\frac{15\,\times\,60,6}{5,6\,\times\,161,6}=1,00.
\frac{T_1}{T}=1,013\,\times\,\frac{p_1\,r_1}{p\,r}=1,013\,\frac{50\,\times\,66,5}{5,6\,\times\,161,5}=3,72.
\frac{T_2}{T}=1,013\,\times\,\frac{p_2\,v_2}{p\,v}=1,013\,\frac{15,5\,\times\,152,5}{5,6\,\times\,161,6}=2,64.
Berechnung der auf den einzelnen Uebergängen zu- und
abgeführten Wärmemengen.
Die auf irgend einer Expansionscurve für 1k Arbeitsflüssigkeit zu- oder abzuführende
Wärmemenge findet sich allgemein nach der Formel Q=c\,\int dT,
worin die Constante c die für die betreffende
Expansionscurve gültige specifische Wärmemenge bezeichnet. Diese Zahl wird
bekanntlich gefunden nach der Formel c=\frac{m-x}{m-1}\,c_v,
worin m die oben in gleicher Weise bezeichnete
Constante, cv die
specifische Wärmemenge für constantes Volumen und x das
Verhältniſs der specifischen Wärmen für constanten Druck und constantes Volumen
bedeutet. Die entsprechenden Constanten c und m sind mit gleichen Indices bezeichnet. Es folgt
hiernach:
c_0=\frac{-12,95-1,38}{-12,95-1}\,0,183=0,187, c_1=0, c_2=\frac{17,56-1,38}{17,56-1}\,0,183=0,179.
Bezeichnet man die auf den Curven m0, m1 und m2 zuzuführenden Wärmemengen mit Q0, Q1 bezieh. Q2, so wird:
Q_0=c_0\ (T_1-T_0)=0,5086\,T.
Q_1=0. Q_2=c_2\ (T-T_2)=-\
0,2936\,T.
Hieraus folgt, daſs auf der Curve m0 eine starke
Wärmezuführung stattfindet; es entspricht dieser Theil des Diagrammes der
Explosionsperiode, während welcher der gröſste Theil des im Gemische enthaltenen
Leuchtgases zu ziemlich spontaner Verbrennung kommt.
Die während der Expansion zuzuführende Wärmemenge Q1 ist für den
Kreisprozeſs = 0; mithin ist die Expansionscurve adiabatisch, was auch schon aus der
Gleichheit von m und x
erhellt. Die Wärmemenge Q2 ist negativ; es muſs mithin während der Zustandsänderung m2 Wärme abgeführt
worden sein, die sich in den ausgestoſsenen Verbrennungsproducten vorfindet.
Um die während der ½stündigen Dauer des Versuches zu- und
abgeführten Wärmemengen zu berechnen, hat man zu beachten, daſs in der Maschine die
Arbeitsflüssigkeit aus einem Gemische von 1k
Leuchtgas mit 29k,75 Luft und
Verbrennungsrückständen besteht. Während der ganzen Dauer des Versuches sind 2cbm,02 = 0,395 × 2k,02 Leuchtgas verbraucht worden; mithin entsprechen diese einem Gewichte
von (1 + 59,75) × 0,395 × 2k,02
Arbeitsflüssigkeit, Wir erhalten demnach die Wärmemengen für die Gesammtdauer des
Versuches, wenn wir die oben erhaltenen Werthe für 1k Arbeitsflüssigkeit mit diesem Faktor multipliciren. Es mögen diese
Werthe mit \frakfamily{Q}_0 und
\frakfamily{Q}_2 bezeichnet werden:
\frakfamily{Q}_0=12,447\,T und
\frakfamily{Q}_2=-\ 7,1853\,T.
Es erübrigt nun noch die Ermittelung derjenigen Wärmemenge, welche
während der Compression auf der Curve m zu- oder
abzuführen ist. Die Berechnung hat m = 1 ergeben; wir
haben mithin eine Curve von der Form: pv = p0v0, d.h. die Mariotte'sche oder isothermische Linie, nach welcher
eine Arbeitsflüssigkeit zu verdichten ist, wenn die Temperatur ununterbrochen
dieselbe bleiben soll. Da durch Compression Wärme erzeugt wird, so ist diese
Zustandsänderung nur möglich, wenn mit der Arbeitsflüssigkeit ein Körper in
Berührung steht, welcher Wärme aufnehmen kann. Dies ist im vorliegenden Falle der
Wassermantel des Cylinders. Zur Berechnung der abzuführenden Wärmemenge versagt in
diesem Falle die oben mitgetheilte Formel. Wir schlagen deshalb einen anderen Weg
ein. Der Werth der erzeugten Wärme läſst sich auch aus der Compressionsarbeit
bestimmen. Mittels des Planimeters wurde der Arbeitswerth der Compression aus dem
Diagramme ermittelt. Die entsprechende Fläche betrug 768qmm. Da nun die Fläche des ganzen Diagrammes = 1766qmm einem Arbeitswerthe von 5e,11 entspricht, so findet sich der gesuchte Werth
aus der Beziehung:
1766:5,11=768:x und daraus
x=2^e,22.
Dies sind: 2,22\times 75\times 60\times
30=299700^{mk} oder gleichwertig mit
\frakfamily{Q}=299700:424=706^c,839.
Ehe weitere Schlüsse aus den berechneten Wärmemengen gezogen
werden können, müssen wir bestimmte Annahmen für die niedrigste Temperatur T des Kreisprozesses machen. Es ist miſslich, diese aus
der für die abziehenden Verbrennungsproducte durch Messung gefundene Temperatur
abzuleiten, da ja durch Ansaugung frischer kühler Luft, die sich mit den
zurückbleibenden Verbrennungsproducten mischt, eine starke Aenderung einstellen
wird. Man braucht diese wichtige Temperatur aber gar nicht durch Schätzung zu
bestimmen, sie läſst sich aus den erhaltenen Resultaten durch Rechnung ableiten. Wir
haben im Kreisprozesse nur auf einem Uebergange (nämlich auf m_0)
eine Wärmezuführung \frakfamily{Q}_0. Sowohl
\frakfamily{Q}_2 als auch \frakfamily{Q}
sind als abzuführende Wärmemengen in Rechnung zu stellen. Die Differenz beider
=\frakfamily{Q}_0-\frakfamily{Q}+\frakfamily{Q}_2) entspricht
der im Kreisprozesse in Arbeit umgesetzten Wärme; diese ist aber gemessen als
indicirte Arbeit. Es folgt hiernach für die Bestimmung von T die Gleichung: 12,447\,T-7,1853\,T-706,839=(5,11\times 75\times
60\times 30):424, also T=443^{\circ} und weiter
nach Obigem: T_0=443^{\circ}\ T_1=1648^{\circ} und
T_2=1169^{\circ}.Um hieraus die wirklichen Temperaturen in Celsiusgrad der
gewöhnlichen Skala zu erhalten, hat man überall noch 2730 in Abzug zu bringen.
Auf Grund der erhaltenen Resultate läſst sich nun die Wärmebilanz
wie folgt aufstellen:
1)
Gesammte durch Verbrennung von 2cbm,02 Gas frei gewordeneWärme = 2,02
× 4875 =
9847c
2)
Gesammte während des Versuches in
indicirte Arbeit verwandelteWärme = (5,11 × 75 × 60 × 30) : 424
=
1626c
3)
Gesammte während des Versuches vom
Kühlwasser aufgenommeneWärme = 107,25 × 47 =
5041c
4)
Gesammte während des Versuches mit den
Verbrennungsproductenfortgegangene Wärme O2 = 7,1853 × 443 =
3183c.
Die Summe der unter 2, 3 und 4 angegebenen Wärmemengen ergibt =
9850c, so daſs die geringe Differenz von rund
3c nicht nachzuweisen ist; wahrscheinlich ist
diese Wärmemenge durch Leitung und Strahlung weggegangen.
Bezeichnet man die gesammte verfügbare Wärmemenge mit 1, so ist:
In Arbeit verwandelt
0,165
Durch das Kühlwasser abgeführt
0,512
Durch die Verbrennungsproducte abgeführt
0,323
––––––
Summe
1,000.
Die bei der Explosion frei gewordene Wärmemenge ist
\frakfamily{Q}=12,447\times 443=5514^c, d.h. 56 Procent der
gesammten durch Verbrennung des Leuchtgases erzeugten Wärmemenge; die übrigen 44
Proc. sind im Verlaufe der Expansion frei geworden und wegen der adiabatischen
Zustandsänderung völlig in das Kühlwasser übergegangen.
Im Anschlüsse sei noch eine von der Gesellschaft für das
Studium der Elektricität mit einem 8e-Otto'schen Motor angestellte Untersuchung erwähnt, über
welche Monnier in der Revue
industrielle, 1883 S. 390 berichtet. Diese Versuche haben zur Aufstellung
einer Beziehung zwischen der Nutzarbeit Q, den
Umlaufzahlen N0 und N der Maschine beim Leergange und bei Kraftabgabe und
den entsprechenden Explosionszahlen n0 und n geführt, welche
Beziehung durch die empirische Formel Q = α [n – (N : N0) n0] ausgedrückt ist. Für die betreffende Maschine
ergab sich der nach der Methode der kleinsten Quadrate berechnete Werth des
constanten Faktors α zu 112, wobei dann Q in Meterkilogramm erhalten wird.