Titel: | Ueber die Herstellung von Glas. |
Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 406 |
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Ueber die Herstellung von Glas.
Patentklasse 32. Mit Abbildungen auf Tafel 28.
Ueber die Herstellung von Glas.
Kalk-Thonerdeglas. Bekanntlich hat schon J. Pelouze (1867 184 314)
die Herstellung eines Thonerdeglases versucht, ohne jedoch nennenswerthe Erfolge zu
erzielen. O. Korschelt in Dresden (* D. R. P. Nr. 24227
vom 4. Oktober 1882) empfiehlt nun die Herstellung eines weiſsen Glases aus
Thonerde, Kieselsäure und Kalk. Als Rohstoffe sollen namentlich die Porzellanerde
von Meiſsen, welche aus 77 Proc. Kieselsäure, 18 Proc. Thonerde und 5 Proc. Wasser
besteht, sowie ein Eisen freier Kalkspath oder gebrannter Kalk verwendet werden.
Quarz wird nur dann zugesetzt, wenn der verwendete Thon nicht genug Kieselsäure
enthält. Immer wird das Gemenge so gewählt, daſs der Glassatz aus 55 bis 67 Th.
Kieselsäure, 10 bis 18 Proc. Thonerde und 35 bis 15 Th. Kalk besteht. Ein Gemenge
von 100 Th. Meiſsener Porzellanerde und 41 Th. gebranntem Kalke würde z.B.
enthalten: 55,2 Proc. Kieselsäure, 14,2 Proc. Thonerde und 30,6 Proc. Kalk. Der Kalk
des Satzes kann ganz oder theilweise durch Magnesia oder Baryt vertreten werden.
Magnesia macht den Satz zwar schwerer schmelzbar, erlaubt aber die Verwendung
Magnesia haltiger Kalke bezieh. Dolomit.
Die nach dem angegebenen Mischungsverhältnisse zusammengebrachten Materialien werden,
zerkleinert und gemengt, am besten in einem Siemens'schen continuirlichen Ofen verarbeitet; doch genügt auch ein Windofen.
Bei leichter schmelzbaren Glassätzen wird hierbei die Kokesfüllung einfach
niedergebrannt, ohne Nachschüttung; bei schwerer schmelzbaren Gläsern müssen Kokes
nachgefüllt werden. Die Häfen stehen etwa 2 Stunden lang in voller Glut, nach Verlauf
welcher Zeit das Glas zu einer gleichartigen Masse verschmolzen ist, ohne
Gallenbildung. Das Läutern geht schneller vor sich als bei anderen Gläsern, weil ein
groſser Theil der Kieselsäure an Thonerde gebunden ist.
Aus dem Verhalten des so dargestellten Glases gegen Säuren schlieſst Korschelt, daſs die Kalk-Thonerdegläser gegen alle
Einflüsse mehr oder weniger ebenso widerstandsfähig sind als die bekannten
Kalk-Natrongläser, so lange das Verhältniſs der SiO2 zu RO (Al2O3 3fach gerechnet) das Verhältniſs von 1 : 1,05
nicht übersteigt. Diese Widerstandsfähigkeit des Kalk-Thonerdeglases bleibt
ungeändert, wenn der Kalk ganz oder theilweise durch Magnesia ersetzt wird; sie ist
aber geringer, wenn Baryt oder Natron den Kalk ganz oder theilweise vertritt.
Ein stark lichtbrechendes Glas wird erhalten, wenn in obigem Glassatze 5 bis 7 Proc.
Natron an Stelle von ebenso viel Kalk zugesetzt werden. Ein so bereitetes Glas
besitzt ein Brechungsvermögen gleich demjenigen einer Mischung von 80 Proc.
Schwefelkohlenstoff und 20 Proc. absolutem Alkohole, was also einem
Brechungsexponenten von etwa 1,56 entspricht. Da auch dieses Glas mit dem von Alkali
freien Kalk-Thonerdeglase die Eigenschaft theilt, leicht zu läutern, also blasenfrei
zu sein, so eignet es sich besonders zur Anfertigung von
Linsen. (Vgl. G. Wagener 1882 246 30. 84).
Zur Herstellung von Glas in Schachtöfen wird nach E. Heusser in Dürkheim (* D. R. P. Nr. 23950 vom 23.
Januar 1883) der aus Natriumsulfat, Calciumsulfat und Kieselsäure bestehende
Glassatz gut gemischt und mit in der Wärme flüssigem Steinkohlentheerasphalt zu gut
bindenden Stücken geformt, welche an der Luft getrocknet werden. Diese Stücke werden
im Schachtofen unter Anwendung erhitzter Gebläseluft niedergeschmolzen, wobei der
Schwefel als Schwefligsäure entweicht, welche durch eine unter der Gichtöffnung
seitlich angebrachte Rohrleitung abgeleitet wird. Man führt das mit Kohlenoxyd
verunreinigte Schwefligsäuregas zum Zwecke der Abkühlung durch eine etwa 0m,5 weite Rohrleitung und läſs diese Gase dann von
unten in einen mit Kokes gefüllten Thurm treten, in welchem Natronlauge oder
Kalkmilch zur Darstellung von Natrium- oder Calciumsulfit den Gasen entgegenströmt.
Die am Thurme austretenden Gase führt man zur letzten Absorption der Schwefligsäure
durch eine mit Hürden gefüllte Kammer, welche mit schwach feucht gehaltenem
Kalkhydrat belegt sind. Die fast nur noch aus Kohlenoxyd bestehenden Gase sollen aus
der Absorptionskammer unter den Dampfkessel oder den Winderhitzungsapparat geleitet
werden, um hier noch zum Heizen zu dienen.
In entsprechender Weise soll Wasserglas aus
schwefelsaurem Natrium, Kieselsäure und Steinkohlentheerpech hergestellt werden.
F. Lürmann in Osnabrück (* D. R. P. Nr. 22736 vom 22.
März 1882) empfiehlt zur Kühlung von Glasöfen (vgl.
1883 248 * 284) die zu kühlende Stelle, wie in Fig. 11 und
12 Taf. 28 angegeben ist, mit einem halben Ziegelsteine so zu ummauern,
daſs ein zur Kühlung geeigneter Zwischenraum c
entsteht. Die äuſsere Wand kann man auch dadurch bilden, daſs man, wie Fig.
13 zeigt, vor die zu kühlende Stelle ein aus Metall gefertigtes offenes
Gefäſs stellt.
Fig.
14 bis 16 stellen
offene Kühlvorrichtungen dar; der zu kühlende Theil des Glasofens besteht aus
Glassteinen (vgl. Fig. 14),
aus Metall, an welches sich von innen Glas ansetzt (Fig. 15),
oder aus Metall und Stein (Fig. 16).
Immer ist gegenüber, vor oder hinter dem zu kühlenden Theile a ein Rohr r angeordnet, aus welchem das
Kühlwasser durch entsprechende Oeffnungen gegen die Fläche des zu kühlenden Theiles
a spritzt, auf derselben herunterflieſst, diese
also kühlt. Es ist hier nur die Kühlung für Seitenwände gezeichnet. Auf ähnliche
Weise können aber auch Gewölbe und Böden gekühlt werden. Das überflüssige Kühlwasser
sammelt sich in einer am unteren Ende der zu kühlenden Fläche angeordneten Rinne und
wird an einer oder mehreren Stellen abgeleitet. Ein unbeachtetes Eindringen von
Kühlwasser in den Ofen ist durch die Uebersichtlichkeit der Anlage und durch
Abdichtung mit Cement ausgeschlossen.
Um eine bequeme Befestigung und Auswechselung der die Seitenwandungen eines Glasofens
bildenden einzelnen Theile zu ermöglichen, wird ein von diesen Seitenwandungen
unabhängiges Widerlager des Ofengewölbes angewendet. Die eisernen Ständer s (Fig. 11 bis
18) stehen sicher auf oder in gemeinschaftlichen eisernen Bodenstücken
f, welche durch untere Anker e in ihrer Lage erhalten werden. Die Ständer s tragen ein eisernes Widerlager w, z.B. ein gewalztes ⊔-Eisen, und sind oben durch die
Anker n verhindert, dem Drucke des Gewölbes
nachzugeben. Die auswechselbaren, zu kühlenden Seitenwandungstheile der Glasöfen
werden einzeln gegen die Ständer s durch irgend welche
zwischen gelegte Materialien m so sicher verstrebt, als
dies während ihrer Anwendung als Seitenwandungen des Glasofens nothwendig erscheint.
Diese Wandungen können sich, weil kein Druck auf ihnen ruht, bis zu der geringsten
Dicke, bei welcher die Kühlung eigentlich erst wirksam wird, abnutzen. Zwischen den
zu kühlenden Seitenwandungen und dem davon unabhängigen Ofengewölbe können sich die
Einlege- oder Arbeitsöffnungen o befinden, deren
Umgebungen ebenfalls gekühlt, ausgewechselt und abgestrebt werden können.