Titel: | H. Kumberg's neue Erdöllampe und B. Hoff's Multiplikator. |
Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 409 |
Download: | XML |
H. Kumberg's neue Erdöllampe und B. Hoff's
Multiplikator.
Mit Abbildung.
Kumberg's neue Erdöllampe und B. Hoff's Multiplikator.
H. Kumberg's Erdöllampe. Der russische Industrielle W. Ragosin bestimmte einen Preis von 750 Goldrubeln für
die Construction einer Lampe, in welcher die bei der Destillation des kaukasischen
Rohöles erhaltenen mittelschweren Oele von 0,865 bis 0,875 sp. G. = 31 bis 35° B.
unter Entwickelung einer leichten und hellen Flamme völlig verbrannt werden können.
Die Entscheidung wurde einer Commission der russischen chemisch-physikalischen
Gesellschaft, aus D. Mendelejew, Andrejew und Laczynow bestehend, übertragen. Bei der am 19. April d.
J. abgehaltenen Sitzung bezeichnete diese Commission unter den eingesendeten Lampenconstructionen die
von H. Kumberg, Abraham bezieh. Swessor als solche, welche den ausgeschriebenen Bedingungen vollständig
entsprächen. Mit Rücksicht darauf, daſs sich die Kumberg'sche Lampe in jeder Hinsicht als die beste und meist praktische
erwiesen hatte, wurde der ausgesetzte Preis Kumberg
zugetheilt. Der anwesende Vertreter überwies jedoch diesen Preis der
chemisch-physikalischen Gesellschaft für wissenschaftliche Zwecke.
D. Mendelejew führte in seinem Berichte an, daſs in
allen drei erwähnten Lampen nicht nur die mittelschweren Oele von 0,865 bis 0,875
sp. G. mit schöner und heller Flamme brennen, sondern daſs auch die gereinigte
Mischung aller bei der Destillation erhaltenen Oele, sogar einschlieſslich der ganz
schweren von 0,910 sp. G. oder 24 bis 25° B., in diesen Lampen ein schönes und
helles Licht gibt.
Sowohl das schwere russische, wie das leichtere amerikanische Rohöl geben bei der
fractionirten Destillation an 75 Proc. Oele; während jedoch das amerikanische Rohöl
im Allgemeinen leichtere, schon bei niedriger Temperatur entzündbare Gase
entwickelnde Oele liefert und das Ausbringen an gefahrlosem Erdöl doch nur 60 Proc.
beträgt, liefert das kaukasische Rohöl etwa 75 Procent eines Destillates, das erst
bei 50° entzündbare Gase entwickelt, also völlig gefahrlos ist und in den erwähnten
Lampen ein helles und angenehmes Licht gibt.
Sollte sich die Kumberg'sche Lampe in dem Maſse
bewähren, wie es die angestellten Versuche dargethan haben, und ihr Licht dem der
Rundbrennerlampen nicht nachstehen, so ist allerdings zu erwarten, daſs dann in
Folge der Gefahrlosigkeit das russische Erdöl nicht nur im eigenen Lande, sondern
vielleicht auf dem europäischen Markte überhaupt mit dem amerikanischen erfolgreich
concurriren wird. Aber nicht allein für die russische, sondern auch für die deutsche
und galizische Petroleumindustrie, welche gleichfalls im Allgemeinen schwere Rohöle
verarbeiten, ist diese Sache beachtenswerth.
Der Multiplikator von B.
Hoff ist ein neuer Apparat zur Destillation von Leuchtölen.
Kohlenwasserstoffe, welche bis über den Siedepunkt erhitzt werden, zerlegen sich
einestheils in flüchtige und an Kohlenstoff arme, anderentheils in weniger flüchtige
und an Kohlenstoff reichere. Es ist demnach bei gewissen Temperaturen möglich, an
Kohlenstoff arme Oele, z.B. Leuchtöle, aus schweren, an Kohlenstoff reichen Oelen
auszuscheiden; die hierbei im Destillirkessel zurückbleibenden schweren Oele
erleiden bei zunehmender Temperatur denselben Zersetzungsprozeſs, welcher so oft und
so lange wiederholt wird, bis das Rohöl vollständig in Leuchtöl und Kohle zersetzt
ist. Aus einem Gemenge von Dämpfen verschieden schwerer Kohlenwasserstoffe
condensiren sich bei einer gewissen Temperatur zuerst die Dämpfe der schweren
Kohlenwasserstoffe, während die der leichteren Kohlenwasserstoffe bei derselben
Temperatur nicht niedergeschlagen werden.
Gestützt auf diese Beobachtungen hat Hoff einen Apparat
construirt, um bei der Destillation des Rohöles gröſsere Mengen von Leuchtöl zu
gewinnen, und nannte denselben „Multiplikator“. Derselbe gestattet aus Rohöl
von 0,90 sp. G. oder 27° B. bis 95 Proc. Leuchtöl zu gewinnen; ebenso kann damit
alles Oel, welches in dem Abfalle bei der Reinigung des Leuchtöles durch
Schwefelsäure enthalten ist, ausgeschieden werden. Der Apparat unterscheidet sich
von den gegenwärtig gebräuchlichen durch die Einrichtung des Helmes und des
Kühlapparates.
An einen gewöhnlichen Destillirkessel a ist ein Deckel
angeschraubt, welcher mit einer Oeffnung b zum Reinigen
und einem bei d kugelförmig; erweiterten und mit dem
Kühlrohre e verbundenen Abführungsrohre c versehen ist. Das Abführungsrohr c hat ⅓, die kugelförmige Erweiterung 1/9 der Höhe des
Kessels. Das Kühlrohr ist 7m lang und endigt in
dem Condensator f, welcher mit Wasser umgeben und durch
das Rohr g mit dem Sammler h verbunden ist. An dem letzteren befindet sich ein senkrechtes Rohr k, welches über das Dach der Fabrik hinausragt und zur
Ableitung der leicht entzündlichen Gase dient, und ein Hahn zum Ablassen des
Destillates.
Textabbildung Bd. 250, S. 411
Wenn die Temperatur im Kessel 300° erreicht hat, so beginnt die Zersetzung der
schweren Oele in flüchtige Kohlenwasserstoffe, welche sich erst im Condensator, und
in weniger flüchtige, die sich schon im Helme oder Kessel condensiren, wo sie bei
der zunehmenden Temperatur wiederum zersetzt werden. Die Gröſsen Verhältnisse des
Helmes sind so bemessen, daſs sich die Dämpfe der Kohlenwasserstoffe mit dem
specifischen Gewichte über 0,830 im Helme verflüssigen, während die Dämpfe der
leichteren Oele sich erst im Kühlrohre oder Condensator niederschlagen. Nothwendige
Bedingung zu einer vollständigen Zersetzung ist eine solche Regulirung des Feuers,
daſs der Inhalt des Kessels stark siedet. Da das Rohr des Helmes mit dem Theile m in den Kessel hineinragt, so wird die Entweichung der
schweren Dämpfe erschwert, wodurch diese länger im Kessel zurückgehalten und öfters
zersetzt und condensirt werden.
Der beschriebene Apparat besitzt auch noch den Vortheil eines geringen
Wasserverbrauches für die Condensation. Nach den in dieser Hinsicht angestellten
Versuchen genügt es nämlich, wenn der Condensator im Beginne der Destillation mit
Wasser abgekühlt wird; im weiteren Verlaufe des Prozesses reicht die Abkühlung durch
die Luft vollständig aus.
Die beiden folgenden Versuche mögen den Verlauf der Destillation im Multiplikator
veranschaulichen. Der erste Versuch wurde mit dunkelbraunem Rohöle aus Bóbrka
(Galizien) von 0,875 sp. G. (bei 10°) ausgeführt. Davon wurden 3000cc der Destillation unterzogen und je 200cc des Destillates gesondert aufgefangen:
Sp. G. der Probevon je 200cc
Farbe und andere Eigenschaften
0,735
Weiſslich, getrübt
0,765
Weiſslich
0,7750,7950,8200,830
Weiſslich „GelblichGelb
gelb„
Geruch nach Schwefligsäure
0,8550,8700,8700,8750,860
Dunkelgelb. „ „
„ „
Zu stark erhitzt
0,850
„
–
0,835
Gelb
–
0,9000,860
Röthlich „
gelb„
Zu stark erhitzt
Die Mischung sämmtlicher Proben lieferte ein dunkelgelbes Oel von 0,821 sp. G.,
welches in der Lampe mit einer schönen hellen Flamme brannte, obwohl dasselbe mit
Schwefelsäure noch nicht gereinigt war.
Der zweite Versuch wurde mit einem dunkelbraunen, fast schwarzen Rohöle von 0,900 sp.
G. bei 10° (von Hrn. Ujhelyi aus Wien übersendet),
ausgeführt. Von demselben wurden gleichfalls 3000cc der Destillation unterzogen und je 200cc des Destillates gesondert aufgefangen:
Sp. G. der Probevon je 200cc
Farbe und andere Eigenschaften
0,751
Weiſslich getrübt
0,780
„ „
0,800
„ „
0,830
„ „
0,850
Gelblich
0,875
„
0,880
Dunkelgelb (zu stark erhitzt)
0,875
Gelb
0,845
Gelblich
0,850
Gelb
0,860
Dunkelgelb
0,865
„
0,860
Röthlich gelb
0,862
„ „
0,858
„ „
Die Mischung sämmtlicher Destillate ergab ein gelbes Brennöl von 0,840 sp. G.,
welches, obwohl mit Schwefelsäure noch nicht gereinigt, in der Lampe mit heller
Flamme brannte. Bei 43° entwickelte es keine entzündbaren Gase. Nach der Reinigung
mit Schwefelsäure betrug das specifische Gewicht 0,830 bei 15°. Die Leuchtkraft
desselben wurde mit dem Bunsen'schen Photometer als
gleich mit der besten Salonnaphta bestimmt; sie betrug 6,5 Normalkerzen, während für die
Salonnaphta 6,7 gefunden wurden.
Aus den vorstehenden Tabellen ist ersichtlich, daſs der Destillationsprozeſs bis zur
10. bezieh. 7. Fraction normal verlief und Oele von zunehmendem specifischem
Gewichte lieferte; bei der 10. bezieh. 7. Fraction aber liegt der Wendepunkt, von
welchem ab das specifische Gewicht der Destillate nicht mehr zunimmt, sondern eine
Zeit lang gleich bleibt und dann wieder abnimmt. Diese Erscheinung tritt auf, wenn
bei der Temperatur von 300° die Zersetzung der schweren Oele in leichtere beginnt
und die letzteren im Sammler anlangen.
Der Verlauf des Destillationsprozesses im Multiplikator ist also ein wesentlich
anderer, als in den gegenwärtig gebräuchlichen Apparaten. Diese liefern vom Beginne
bis zum Ende der Destillation nur Oele von stets zunehmendem specifischem Gewichte,
von denen nur die gröſsere Hälfte als Leuchtöle benutzbar ist, während der
Multiplikator bis 95 Proc. Brennöl von 0,81 bis höchstens 0,83 sp. G. ausgibt. Der
Multiplikator kann aber auch dadurch ein recht beachtenswerthes Mittel zur
Verminderung der Productionskosten des Leuchtöles werden, daſs er auch die Gewinnung
des Oeles ermöglicht, welches in dem in groſsen Mengen bei den Raffinerien
angesammelten Abfalle enthalten ist. Dieser Abfall rührt von der Reinigung des
Erdöles mit Schwefelsäure her; die Menge des darin enthaltenen Oeles beträgt 40 bis
50 Proc., welches sich im Multiplikator vollständig gewinnen läſst. (Nach dem Górnik, 1883 Bd. 2 S. 13.)