Titel: | Verfahren zur Herstellung von Farbstoffen aus Pyridin- und Chinolinbasen. |
Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 467 |
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Verfahren zur Herstellung von Farbstoffen aus
Pyridin- und Chinolinbasen.
E. Jacobsen's Farbstoffe aus Pyridin- und
Chinolinbasen.
Nach E. Jacobsen in Berlin (D. R. P. Kl. 22 Nr. 23188
vom 4. November 1882) bilden sich beim Erhitzen von Phtalsäureanhydrid mit Pyridin-
oder Chinolinbasen meist gelb gefärbte Condensationsproducte. Gelbe
Phtalsäure-Abkömmlinge liefern Pyridin, Picolin, ferner die höheren Pyridinbasen des
Steinkohlentheeres, welche zwischen 130 bis 230° sieden, und die Chinolinbasen des
Steinkohlentheeres vom Siedepunkte 230 bis 310°. Auch das von O. Döbner und W. v. Miller
entdeckte Chinaldin sowie die Homologen desselben,
welche man durch Behandlung von Toluidin bezieh. Xylidin mit Paraldehyd und Wasser
entziehenden Mitteln erhält, sowie die auf entsprechendem Wege aus Naphtylamin
dargestellte Chinolinbase, das Naphtochinaldin, geben mit Phtalsäureanhydrid gelbe Farbstoffe.
Zur Darstellung der Farbstoffe wird am besten 1 Mol. Phtalsäureanhydrid mit 2 Mol.
der betreffenden Pyridin- oder Chinolinbase und 1 Mol. Chlorzink erhitzt. Bei den
Steinkohlentheerbasen genügt hierzu eine Temperatur von 200°, während beim Chinaldin
und seinen Homologen eine Erhitzung bis etwa 250° erforderlich ist. Nach 5 bis 6
Stunden ist die Reaction beendet. Man trennt dann den gebildeten Farbstoff von dem
Chlorzinke sowie der nicht in Reaction getretenen Base und Phtalsäure durch
Auskochen mit Salzsäure haltigem Wasser oder auch durch Auflösen der Schmelze in
concentrirter Schwefelsäure und Eingieſsen der Lösung in Wasser. Die in Wasser
unlöslichen Farbstoffe werden darauf durch Krystallisation aus siedendem Eisessig
gereinigt.
Die Ueberführung dieser Farbstoffe in wasserlösliche Sulfoverbindungen geschieht am
besten durch Auflösen derselben in Chlorsulfosäure, Erhitzen auf 100°, Verdünnen der
Lösung mit Wasser, Neutralismen mit Soda oder Kalk und Ausfällen des sulfosauren
Salzes durch Kochsalz. Die sulfosauren Alkalisalze sind in Wasser leicht löslich und
färben Wolle und Seide ohne Beize. Die Färbungen widerstehen dem Lichte im
Allgemeinen sehr gut. Besonders schön und echt ist der aus dem Leukolin, d.h. dem um
235° siedenden Theile des basischen Steinkohlentheeröles, erhaltene Farbstoff,
welcher einen rein gelben, der Pikrinsäure ähnlichen Ton besitzt.
Man kann auch die Chlorzinkdoppelsalze oder andere Salze der Chinolin- und
Pyridinbasen mit Phtalsäureanhydrid erhitzen oder die Sulfosauren der Basen mit
Phtalsäureanhydrid und Chlorzink zusammenschmelzen. Letztere Methode liefert direkt
lösliche Farbstoffe, aber anscheinend in weniger guter Ausbeute als die zuerst
beschriebene.
Das Phtalsäureanhydrid kann ersetzt werden durch Nitrophtalsäure, sowie durch
Phtalimid. Die so dargestellten Farbstoffe sind den entsprechenden mit
Phtalsäureanhydrid erhaltenen sehr ähnlich gefärbt.
Zur Darstellung rother Farbstoffe nach dem in D. p. J. 1883 247 136
angegebenen Verfahren kann nach dem Zusatzpatente Nr. 23967 vom 16. December 1882
das Benzotrichlorid ersetzt werden durch Benzalchlorid, Benzalbromid oder
Benzalchlorobromid. Während die meisten tertiären aromatischen Amine bei Behandlung
mit Benzalchlorid farblose Verbindungen (Leukobasen) liefern, welche erst bei der
Oxydation Farbstoffe geben, gehen die Pyridin- und Chinolinbasen unter diesen
Umständen sofort in Farbstoffe über. Die so erhaltenen Farbstoffe sind in ihrem Tone
den mit Benzotrichlorid dargestellten sehr ähnlich, indessen nicht damit identisch,
indem sie schwerer löslich in Wasser sind und weniger Neigung zur Krystallisation
besitzen.
Die Darstellung geschieht am besten durch Erhitzen von 1 Mol. Benzalchlorid mit 2
Mol. der betreffenden Base und etwas Chlorzink auf 150°. Nach 4 bis 5 Stunden
unterbricht man die Erhitzung, destillirt das unangegriffene Benzalchlorid mit
Wasserdampf ab, macht die Flüssigkeit schwach alkalisch und treibt die nicht in
Reaction getretene Base ebenfalls mit Wasserdampf über. Von dem rückständigen, sehr
schwer löslichen Farbstoffe wird die wässerige Flüssigkeit abgegossen; der Farbstoff
wird aus Alkohol bezieh. aus siedendem Wasser umkrystallisirt. Die so erhaltenen
Farbstoffe sind von ihrem Zinkgehalte sehr schwer zu befreien. Ihre Bildung erfolgt
anscheinend nach der Gleichung: C6H5.CHCl2 + 2RH = C6H5.CHR2 + 2HCl, wo RH eine Pyridin- oder Chinolinbase
bedeutet.
Da die Zinkdoppelsalze der Farbstoffe wegen ihrer Schwerlöslichkeit zum Färben wenig
geeignet sind, so führt man dieselben, um sie löslicher zu machen, vortheilhaft in
Sulfosäuren über, was durch Erhitzen mit Chlorsulfosäure oder rauchender
Schwefelsäure auf 100° leicht gelingt. Beim Ausgieſsen der Lösung in Wasser scheiden
sich die schwer löslichen Sulfosäuren gröſstentheils aus. Ihre Alkalisalze sind
dagegen in Wasser leicht löslich.
Reines Chinolin, wie man es nach dem Skraup'schen
Verfahren (1881 242 375) aus Anilin, Nitrobenzol,
Glycerin und Schwefelsäure erhält, liefert keinen violettrothen, gelb
fluorescirenden Farbstoff, sondern einen gelbrothen mit grüner Fluorescenz; ebenso
verhält sich das aus Cinchonin dargestellte Chinolin. Dagegen entstehen aus
Steinkohlentheer-Chinolin mit Benzotrichlorid sowohl, wie mit Benzalchlorid sehr
leicht schöne, gelb fluorescirende Farbstoffe. Die Ursache dieses verschiedenen
Verhaltens beruht in dem Gehalte des Steinkohlentheer-Chinolins an einer zweiten
Base, dem von Döbner und Miller aus Anilin und Aldehyd dargestellten Chinaldin, welches auch mit
dem bei der Reduction von Orthonitrobenzylidenaceton mit Zinnchlorür erhaltenen
Methylchinolin identisch ist. Weder das Chinolin, noch das Chinaldin vermögen in
reinem Zustande mit Benzotrichlorid violettrothe Farbstoffe zu liefern; erhitzt man
aber ein Gemenge der beiden Basen mit Benzotrichlorid, so erhält man sofort den
beschriebenen violettrothen, gelb fluorescirenden Farbstoff. Die Bildung dieses
Farbstoffes geschieht daher voraussichtlich nach folgender Gleichung: C6H5.CCl3 + C9H7N + C10H9N = C6H5CCl.C9H6N.C10H8N + 2HCl. Bei dieser Reaction kann das Chinaldin
vertreten werden durch Methylchinaldin oder Dimethylchinaldin; andererseits kann das
Chinolin ersetzt werden durch im Benzolkerne methylirte Chinoline, z.B.
Toluchinolin: C6H3.CH3.C3H3N.
Als neu wird beansprucht die Herstellung von Farbstoffen durch Einwirkung von
Chinolin, Toluchinolin oder Dimethylchinolin, C6H2(CH3)2.C3H3N, mit Chinaldin, Methylchinaldin oder
Dimethylchinaldin auf Benzotrichlorid, Benzalchlorid u. dgl.
Da der bei 230 bis 240° siedende Theil des Theerchinolins nur 20 bis 25 Proc.
Chinaldin enthält, so liefert er nur eine verhältniſsmäſsig geringe Ausbeute an
Chinolinroth. Um eine möglichst groſse Ausbeute zu erhalten, ist es daher
zweckmäſsig, dem Theerchinolin einen gewissen Procentsatz Chinaldin zuzusetzen, so
daſs die Mischung 1 Mol. Chinaldin auf 1 Mol. Chinolin enthält. In ähnlicher Weise
kann man die höher siedenden Chinolinbasen des Steinkohlentheeres, welche
vermuthlich neben den Homologen des Chinolins (Lepidin, Kryptidin) auch in
geringerer Menge dem Chinaldin homologe Basen enthalten, da sie gleichfalls mit
Benzotrichlorid u. dgl. rothe Farbstoffe liefern, durch Zusatz von Chinaldin bezieh.
homologen Chinaldinen zur Farbstoffbildung geeigneter machen.
Behandelt man das Steinkohlentheer-Chinolin oder synthetisches Chinolin mit
nascirendem Wasserstoff, so erhält man Hydrochinoline, welche mit Benzotrichlorid
grüne Farbstoffe liefern.