Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der Telegraphie und Telephonie. |
Autor: | E. Zetzsche |
Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, S. 516 |
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Neuerungen auf dem Gebiete der Telegraphie und
Telephonie.
(Schluſs des Berichtes S. 395 d. Bd.)
Neuerungen auf dem Gebiete der Telegraphie und
Telephonie.
Im Anschlusse an die in der englischen Abtheilung ausgestellten, meist der
Vergangenheit angehörigen, zum Theile jedoch in England noch jetzt im Betriebe
befindlichen Nadeltelegraphen sei noch der ebenda
vorgeführten Klopfer (sounders) gedacht, deren
Benutzung in England sich stark ausdehnt (vgl. 1883 248
300). Von den sich an die Nadeltelegraphen anreihenden sind eine andere Form des Bright'schen Klopfers (vgl. 1881 242 69. 1883 247 121) und Neale's Acoustic dial zu nennen. Bei ersterem sind am
Gestelle durch Schrauben zwei Winkel bleche befestigt, gegen welche je ein Stift am
Ankerhebel eines Elektromagnetes schlägt; da das linke Blech aus Eisen, das rechte aus
Messing ist, so unterscheiden sich die den Schlägen auf beide entstammenden Töne
deutlich von einander. Neale's Telegraph besitzt rechts
und links von dem mit einem magnetisch inducirten Eisenstücke verbundenen Zeiger je
ein geschlitztes Schallröhrchen mit einem stiftförmigen Ansätze nach dem Zeiger hin,
an welchen der Zeiger bei den Ablenkungen des mit seinem oberen Ende zwischen den
Polen eines Elektromagneten liegenden Eisenstückes anschlägt. Die zur hörbaren
Wiedergabe des Telegrammen in Morseschrift, bestimmten und sich an die
Morse-Stiftschreiber anschlieſsenden Klopfer zeigten im ganzen Baue und namentlich
in ihrer Gedrängtheit (ganze Länge etwa 10cm) die
gröſste Aehnlichkeit mit ihren amerikanischen Vorbildern.
Unter den in Wien ausgestellt gewesenen Nebenapparaten sei zunächst einer Wippe gedacht, welche von der österreichischen Südbahn
benutzt wird in Stationen, wo abwechselnd 2 und 3 Contacte herzustellen sind und
Störungen hintangehalten werden sollen, die bei Benutzung von Stöpsel Umschaltern
durch falsches Stöpseln veranlaſst werden könnten. Die etwas geschweiften
Messingspangen der Wippe sind an zwei gegen einander isolirten Contactplatten
drehbar befestigt und treten, wenn sie links oder rechts in die horizontale Lage
niedergelegt werden, in leitende Berührung mit den ebenfalls geschweiften
Auſsenflächen je zweier ebenfalls gegen einander isolirter Platten, stellen somit in
jeder der beiden Lagen zwei Contacte her; an ihren freien Enden ferner sind die
Spangen durch ein zugleich als Griff dienendes Elfenbeinstück verbunden, in das ein
Messingstöpsel eingesetzt ist, welcher beim Niederlegen der Spangen z.B. nach links
in ein Loch zwischen zwei in etwas gröſserer Entfernung liegende Contactplatten
eintritt und so einen dritten Contact herstellt.
Telegraphische Blitzableiter mit mehreren
Abschmelzdrähten, von denen beim Abschmelzen eines dieser Drähte sofort ein
folgender an Stelle des abgeschmolzenen tritt, waren in verwandter Form von der
Südbahngesellschaft und von A. Bein und Comp. in Görz
ausgestellt; in beiden waren die Drähte zwischen den Schenkeln einer Metallgabel
unter einander ausgespannt und es lehnte sich mit einem gewissen Drucke gegen den
obersten Draht ein etwas schräg stehender Hebel, welcher Wim Abschmelzen des
obersten Drahtes bis auf den nächstfolgenden niedergeht. Ein Unterschied zwischen
diesen beiden Blitzableitern befand darin, daſs Bein
die Drähte in der einen Zinke der Gabel isolirt hatte, was bei den Blitzableitern
der Süd bahn nicht der Fall war. – Dr. R. R. Wreden in
Petersburg hatte unter der Benennung Telephon-Protector
einen Blitzableiter für Telephonanlagen ausgestellt, an welchem Referent gegenüber
dem von J. D. Reid in Philadelphia im J. 1846
angegebenen Blitzableiter kein anderes unterscheidendes Merkmal auffinden konnte,
als daſs der Erdcontact, auf welchen eine atmosphärische stärkere elektrische Strömung
den mit der Telegraphenleitung verbundenen Ankerhebel des Elektromagnetes legt,
federnd gemacht war.
Zweckmäſsig erscheinende (einander verwandte) Vorrichtungen zur Einschaltung von transportabeln (auf den Hofzügen
mitgenommenen) Telegraphenapparaten in
Telegraphenleitungen nach deren Zerschneiden hatten ausgestellt: die österreichische
Nordwestbahn und die Südbahn. Die letztere, von dem Telegraphen-Controlor Krassny herrührende besteht aus zwei stählernen Backen
und einem stählernen Mittelstücke, welche durch 2 Schrauben mit einander fest
verbunden, jedoch durch zwischengelegte Scheiben und in Hülsen sich fortsetzende
Unterlagscheiben unter den Schraubenköpfen gegen einander isolirt sind. Jeder Backen
enthält oben einen schräg nach unten laufenden Einschnitt; beide Backen werden mit
diesen Einschnitten in der Nähe einer Telegraphenstange auf den Leitungsdraht
geschoben, der Draht mittels je einer Schraube in den Einschnitten fest geklemmt und
schlieſslich zwischen den beiden Backen zertrennt; der Draht bleibt dann sammt der
Vorrichtung ruhig auf den Stangen hängen, der transportable Telegraph aber wird
mittels zweier an die Backen anzuschraubender Drähte eingeschaltet,
Auf dem Gebiete der Telephonie und Mikrophonie bot die Wiener Ausstellung nicht viel
Neues. Zu nennen wäre etwa das sogen. Eisentelephon von
C. Kragl in Preſsburg; in demselben liegt unter der
schwingenden Platte zunächst eine Drahtrolle, deren Kern aus weichem Eisen durch
einen Stahlmagnet magnetisch inducirt wird, der im Inneren einer zweiten Rolle liegt
(vgl. auch die Internationale Zeitschrift für die
Elektrische Ausstellung in Wien, 1883 * S. 276).
Das Böttcher'sche Telephon (vgl. 1883 248 166) benutzen Schäfer und
Montanus in Frankfurt a. M. besonders als Geber für Bergwerke in Verbindung mit 2 Bell'schen
Telephonen zum Hören. Der Apparatkasten aus verzinktem Eisenbleche (vgl. Zeitschrift des Elektrotechnischen Vereins in Wien,
1883 * S. 124) enthält im unteren Theile den Magnetinductor für die in einem
besonderen verzinkten Eisenblechkasten befindliche Klingel. Die Griffe der
Hörtelephone sind aus Zink; überhaupt ist die Verwendung von Holz in diesem Falle
thunlichst vermieden. Kästen und alle anderen Metalltheile sind gut lackirt.
Metallene Röhren, welche in Schächten vorhanden sind, können als Rückleitung benutzt
werden, bei Drahtseilbahnen dagegen die Laufseile.
Unter den Mikrophonen verdient die Einrichtung von Dr.
Ochorowicz, welche von H.
de Branville und Comp. in Paris ausgestellt war, Beachtung; zwischen den
Polen eines Magnetes und einer den Schall aufnehmenden Eisenmembran, die gegen
einander isolirt sind, befinden sich Eisenfeilspäne, welche also durch die Cohäsion
der Theile in Folge der Magnetisirung gewissermaſsen ein leitendes metallisches Band
von leichter Veränderlichkeit bilden, das, indem es die Schwingung der Platte
mitmacht, sich dehnt und zusammenzieht und dadurch seine Leitungsfähigkeit verändert; gehen zu dem
Magnete einerseits und zur Platte andererseits Drähte von den Polen einer Batterie,
so entstehen im Magnete Stromschwankungen, welche, ähnlich wie bei jedem anderen
Mikrophone, fortgeleitet werden können. Ein Verbrennen des fein vertheilten Eisens
durch starke Ströme verhütet Ochorowicz durch eine
eigenthümliche Zubereitung der Eisentheilchen.
In der russischen Abtheilung erweckten die Mikrophone von Dr. R. R. Wreden in St. Petersburg Interesse, welcher dieselben „Phonophore“ nennt; sie bestehen aus Hebelchen
oberhalb oder unterhalb der schwingenden Platte, welche auf der einen Seite einen
Kohlencontact schlieſsen, auf der anderen Seite durch Stellgewichte balancirt sind,
so daſs durch die Einstellung jede beliebige Innigkeit des Contactes und daher ein
verschiedener Grad der Empfindlichkeit erzielt werden kann. Ganz neu ist die
Einrichtung nicht; eine ähnliche hatte Lüdtge für seine
Mikrophone älterer Construction getroffen; neu ist die Combination mehrerer solcher
Contacte neben oder hinter einander und die Wreden
eigenthümliche Verwendung von Korkholz zu Schallplatten, wodurch jedenfalls eine
sehr gute Dämpfung der Schwingungen erzielt wird.
In dem ebenfalls von H. de Branville und Comp.
ausgestellten, angeblich sehr empfindlichen Mikrophone von Salet versetzt die Schallplatte eine dünne Glaslamelle in Schwingungen,
welche im Ruhestande eine Oeffnung in einer horizontalen Wand nahezu verschlieſst.
Das Gefäſs, welches durch diese Wand in zwei Theile getrennt wird, ist mit einer
leitenden Flüssigkeit angefüllt, durch welche ein galvanischer Strom geht; letzterer
findet im Ruhezustande, weil die Oeffnung durch die Glasplatte verschlossen ist,
sehr groſsen Widerstand; beim Schwingen der Glasplatte wird der Widerstand rasch
abwechselnd gröſser und kleiner.
Dr. Boudet in Paris hat seinen besonders für
medicinische Zwecke bestimmten Mikrophonen (vgl. 1883 248
201) eine neue Form gegeben: er bringt einen um eine horizontale Achse drehbaren
Weiſsblechcylinder an, auf dessen nach oben gerichteter Fläche sich das Mundstück
befindet; unter letzterem liegt die schwingende Platte, woran ein nach unten
kugelförmig ausgehöhltes Kohlenstück sitzt; ein zweites gleiches Kohlenstück sitzt
auf der unteren Grundfläche des Cylinders und zwischen beiden schwebt ein
Kohlenellipsoid. Die Empfindlichkeit ändert sich mit der Neigung des Cylinders gegen
den Horizont.
Neue Stationsrufer für den Telephonbetrieb (vgl. 1883
248 331. 496. 1880 236
220) waren in Wien ausgestellt von O. Schäffler in Wien
und von dem Directions-Ingenieur der Wiener Privattelegraphen-Gesellschaft Ad. Kittel; über dieselben und ebenso über einen von
Cedergren und Ericsson in Stockholm ausgestellten,
für verwandte Zwecke bestimmten selbstthätigen Umschalter konnte der
Berichterstatter indessen Näheres nicht erfahren.
E. Zetzsche.