Titel: | Die inductive Vertheilung des elektrischen Stromes; von B. Haitzema Enuma in Amsterdam. |
Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 22 |
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Die inductive Vertheilung des elektrischen
Stromes; von B. Haitzema
Enuma in Amsterdam.
Mit Abbildung auf Tafel 3.
Enuma's System der inductiven Stromvertheilung.
Bei der in D. p. J. 1883 248
258 erwähnten, in Deutschland (unter Nr. 20825 vom 22. December 1881) und in anderen
Ländern patentirten inductiven Stromabzweigung oder inductiven Vertheilung des
elektrischen Stromes von B. Haitzema Enuma werden von
dem primären Strome secundäre, tertiäre u.s.w. Inductionsströme erzeugt. Diejenigen Theile der oberirdisch oder
unterirdisch geführten Leitung, von welchen die in die Häuser geführten Drähte
abzweigen, bilden die Hauptleitung; derjenige Theil,
welcher von dem durch den Generator erregten Hauptstrome oder primären Strome
durchlaufen wird, ist der Hauptdraht. Falls die
Straſsen, durch welche dieser Hauptdraht gelegt werden soll, nicht eine in sich
selbst wiederkehrende Bahn bilden und daher der Draht, zur Schlieſsung des Stromes,
auf demselben Wege wieder zurückgelegt werden müſste, so versieht man ihn an jedem
Ende mit einer in den Grund versenkten Metallplatte oder verbindet ihn mit schon
vorhandenen Gas- oder Wasserleitungsröhren. Diese Schlieſsung des Stromes durch die
Erde ist oft, z.B. bei groſsen Entfernungen, weniger kostspielig als die
Zurückführung des Stromes in einem Leitungsdrahte auf demselben Wege. Auch bei den
secundären, tertiären u.s.w. Inductionsströmen kann in gleicher Weise eine
Erdleitung benutzt werden.
Die secundären Ströme werden von dem primären Strom erregt mittels Inductionsspulen,
deren Inneres von einem Bündel Draht aus weichem Eisen gebildet wird. Um diesen Kern
wird der Draht, durch welchen der primäre Strom geht, aufgewickelt und auf letzteren
Draht der für den secundären Strom bestimmte Draht in einer groſsen Anzahl Windungen
aufgewickelt. Alle Windungen beider Drahtlagen müssen möglichst vollkommen von
einander und von dem inneren, aus weichem Eisen bestehenden Drahtbündel isolirt
sein. Solche Inductionsspulen werden in den Hauptdraht überall eingeschaltet, wo der
primäre Strom verzweigt und, wenn die Verzweigung des Stromes noch weiter
fortgesetzt werden soll, auch da, wo tertiäre u.s.w. Inductionsströme von den
secundären u.s.w. Strömen erregt werden sollen.
Durch diese Einrichtung, welche ermöglicht, mit der Verzweigung des Stromes auch in
den Gebäuden, wo der Strom zur Darstellung von Licht oder zur Verrichtung anderer
Arbeit benutzt werden soll, beliebig fortzufahren, erhält zuletzt jede elektrische
Lampe und jeder andere durch Elektricität in Betrieb gesetzte Apparat seinen eigenen
Strom. Wenn an einem solchen Apparate keine Vorrichtung zum Oeffnen und Schlieſsen
des Stromes vorhanden ist, so kann in den betreffenden Zuleitungsdraht, wo nöthig,
ein beliebiger Stromschlieſser eingeschaltet werden.
Der zu verzweigende elektrische Strom muſs hiernach entweder von einem Generator, welcher
Wechselströme liefert, erregt, oder es muſs bei Benutzung von Generatoren
gleichgerichteter Ströme in den primären Strom eine beliebige Vorrichtung
eingeschaltet werden, durch welche schnell auf einander folgende Schlieſsungen und
Unterbrechungen hervorgerufen werden.
Die oberirdischen Leitungsdrähte werden, wo erforderlich, isolirt. Zum Schütze der
Inductionsspulen und Drähte, welche unter der Erde gelegt sind, gegen Beschädigung
durch äuſsere nachtheilige Einflüsse und zugleich zur Isolirung der letzteren werden
sie am einfachsten mit einer durch Erwärmung teigig gemachten und wenig
kostspieligen Mischung von Sand (am besten reinem weiſsem Quarzsande) und Asphalt
umgeben. Zur näheren Erläuterung diene das Schema Fig. 13
Taf. 3; hier bedeuten B die Straſsen einer Stadt, C das Gebäude, in welchem der Generator D und die sonstigen zur Erzeugung des elektrischen
Stromes erforderlichen Vorrichtungen aufgestellt sind. E ist der Hauptdraht oder Leitungsdraht für den primären Strom; er ist in
a und b mit den beiden
Polen des Generators, in c und d mit dem inneren Drahte der Inductionsspulen G verbunden. An den Enden des von D aus in
zwei Theile zerfallenden Hauptdrahtes sind in den Grund versenkte Metallplatten F befestigt. Zur Erregung der secundären Ströme dienen
die Inductionsspulen G, deren Leitungsdrähte H in e und f mit dem äuſseren Drahte der Inductionsspulen G und in g und h mit dem inneren Drahte der Inductionsspulen K zur Erregung der tertiären Ströme verbunden sind,
deren Leitungsdrähte M in i und j an den äuſseren Draht der
Inductionsspulen K und in k und l an den inneren Draht der
Inductionsspulen O zur Erregung der quaternären Ströme
sich anschlieſsen, deren Leitungsdrähte P in m und n mit dem äuſseren
Drahte der Inductionsspulen O und in o und p etwa mit
elektrischen Lampen R verbunden sind.
Die quer unter den Straſsen durchlaufenden Leitungsdrähte für secundäre, tertiäre und
quaternäre Ströme führen in die Häuser hinein. Die innerhalb der Häuser vorhandenen
Drähte sind mit einer Isolirmasse umgeben und mit den in den Häusern befindlichen
Inductionsspulen längs der Mauern und Decken befestigt. Wenn mehrere in derselben
Straſse wohnende Abonnenten beitreten, folglich die Anzahl Lichter, welche von
derselben Inductionsspule gespeist werden, sich vermehrt, so wird, sobald die
Lichtstärke der von dieser Inductionsspule unterhaltenen Lampen nicht mehr
befriedigend ist, die Inductionsspule ausgegraben und durch eine gröſsere ersetzt.
Q stellt ein Haus dar, welches in einen Gang r und zwei Zimmer s
eingetheilt ist, die je von einer elektrischen Lampe R
erleuchtet werden.
Man gräbt in der Straſse eine Rinne für die Leitung, errichtet eine Unterlage S aus Backsteinen, welche mit entsprechender Schutz-
und Isolirschicht T von Asphalt und Sand bedeckt wird.
Die auf diese Unterlage gelegte Leitung wird hierauf mit einer zweiten Schicht U derselben Mischung zu allen Seiten umgeben. Die
Leitungsbettung ist nur in einem Theile der Skizze angegeben und bei L die darunter liegende Inductionsspule, wie auch ein
Stück eines der Leitungsdrähte H, weil mit Schicht
bedeckt, nicht sichtbar. An den Enden der Leitungsdrähte H,
M u.s.w. werden wie an den Hauptdraht in der Erde versenkte Metallplatten
(z.B. J für H)
angebracht.
Als Vortheile seines Vertheilungssystemes nennt Enuma:
1) Die Kabel brauchen nicht dick zu sein. 2) Der primäre Strom ist in der ganzen
Länge des Hauptdrahtes von gleicher Stärke, ebenso jeder secundäre, tertiäre u.s.w.
Strom. 3) Der Widerstand bleibt in allen Theilen der Leitung unverändert derselbe.
4) Jeder Apparat, in welchem der elektrische Strom zur Erzeugung von Licht oder zur
Verrichtung mechanischer Arbeit angewendet wird, ist unabhängig von den Störungen,
welche in anderen von demselben inducirenden Strome abhängigen Apparaten etwa
stattfinden. 5) Man kann gleichzeitig starke und schwache Lichter o. dgl. erhalten,
weil die Intensität des Lichtes von der Gröſse der benutzten Inductionsspulen
abhängig ist. 6) Alle Systeme elektrischer Lampen können in Anwendung kommen, weil
jede Lampe, wo erforderlich, in einen eigenen Stromkreis geschaltet werden kann. 7)
Man kann von den Lampen beliebig viele anzünden und löschen, ohne daſs dies Einfluſs
auf die sonstigen Lampen hat. 8) Weil die Drähte, welche in die Häuser hineingeführt
sind, nicht in leitender Verbindung mit der Hauptleitung stehen, sondern nur von
dieser inducirt werden, so verursachen Katastrophen, wie Feuersbrunst o. dgl, in
einem oder mehreren mit der Hauptleitung verbundenen Häusern keine Störung in den
Apparaten, welche in anderen mit demselben Theile der Hauptleitung verbundenen
Gebäuden aufgestellt sind. 9) Man kann dieses System, wo man es verlangt, mit
anderen Leitungssystemen verbinden. 10) Die Anlagekosten einer Leitung wie die
beschriebene sind unvergleichlich niedriger als die einer Gasrohrleitung desselben
Umfanges.