Titel: | Périssé's Versuche über rollende und gleitende Reibung an den Stützpunkten von Eisenträgern. |
Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 55 |
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Périssé's Versuche über rollende und gleitende Reibung an den
Stützpunkten von Eisenträgern.
Périssé's Versuche über Reibung.
Die eisernen Träger von Brücken, Wegübergängen u. dgl. werden bekanntlich an den
Enden auf Rollen oder bei kleineren Spannweiten auf Gleitbahnen gelagert, um die in
Folge von Temperaturänderungen eintretenden Längenänderungen der Träger zu
gestatten. Eine Verschiebung der Stützpunkte ruft daher eine dem Stützdrucke
entsprechende rollende oder gleitende Reibung hervor, welche, in horizontaler
Richtung wirkend, bei einer Ausdehnung der Träger einen Druck gegen das stützende
Mauerwerk, bei einer Zusammenziehung aber einen Zug auf dasselbe ausübt. Die
letztere Inanspruchnahme ist offenbar die gefährlichere. Veranlaſst durch mehrere
Fälle, in welchen durch diese Reibung das Mauerwerk abgerissen war, hat Périssé einige Versuche über die Gröſse der Reibung unter den in
Betracht kommenden Verhältnissen angestellt und in der Société des Ingenieurs civils hierüber einen Bericht erstattet (vgl. Mémoires et Compte rendu, Paris 1883 S. 358), welchem
das Folgende entnommen ist.
Als Unterlage dienten zwei Guſseisenplatten, welche grob gehobelt, also eben, aber
nicht glatt waren. Zur Untersuchung der rollenden
Reibung wurden zunächst auf dieselben zwei abgedrehte guſseiserne Walzen von 101mm Durchmesser und 400mm Länge gebracht, welche in der bei Trägern gebräuchlichen Weise durch
einen Rahmen in einem Abstande von 850mm gehalten
wurden. Auf diese wurde wieder eine Guſseisenplatte von derselben Beschaffenheit wie
die unteren Platten gelegt und an jedem Ende derselben, in einer Höhe von 55mm über der Rollfläche, eine Schnur angebracht,
welche, über eine Rolle geführt, eine Gewichtsschale trug. Die obere Platte wurde
nun erst mit einer geringeren, dann mit einer gröſseren Last beschwert, so daſs der
Gesammtdruck auf die Unterlage (einschlieſslich des Gewichtes der oberen Platte und
der Rollen) im ersten Falle 2867k und im zweiten
Falle 5268k betrug, d. i. für 1cm Rollenlänge 36 bezieh. 66k. Darauf wurden
abwechselnd auf die beiden Schalen nach und nach so lange Gewichtsstücke aufgelegt,
bis ein Rollen eintrat. In beiden Fällen ergab sich die nöthige Zugkraft im Mittel
zu 7k für 1000k
Last, Sie schwankte jedoch innerhalb ziemlich weiter Grenzen, zwischen 0,3 und 1,2
Proc.
Um dem Zustande der Oberflächen, den dieselben in Wirklichkeit haben, möglichst nahe
zu kommen, wurde darauf die Laufbahn mit feinem Formsand bestreut, wodurch die
nöthige Zugkraft auf das 5 fache stieg. Sie betrug im Mittel 3,4 Procent der Last;
der gröſste Werth war 4,8, der kleinste 2,6 Proc. Hiernach würde der dem Rollen
entgegenwirkende Widerstand W, wenn man mit Périssé annimmt, daſs derselbe dem Rollendurchmesser
umgekehrt proportional ist, etwa mit Hilfe der Formel
W=\frac{0,35}{d}\,P berechnet werden können, worin P die Last und d der
Durchmesser in Centimeter ist.
Endlich wurden, um die gleitende Reibung zu ermitteln,
die Rollen fortgenommen und die belastete obere Platte über die übrigens reinen
unteren Platten fortgezogen, wobei die Hobelfurchen senkrecht zu einander lagen. Die
Zugkraft schwankte hierbei viel weniger als vorher und ergab sich im Mittel zu 18
Proc. Zu beachten ist, daſs diese Zahlen für die sogen. Reibung der Ruhe gelten, die
ja auch für die bezeichneten Fälle in Rechnung zu bringen ist. Bezüglich der
Gleitflächen ist ferner zu bedenken, daſs dieselben bei den im Freien stehenden
Trägern sich bald mit Rost und Schmutz bedecken werden, so daſs der
Reibungscoefficient noch bedeutend höher sein wird, als er bei obigen Versuchen
gefunden wurde. Für derartige rauhe Flächen soll er bis zu 0,5 und noch höher
steigen können.
Es ist demnach auch bei kleineren Spannweiten gerathen, Rollen zu verwenden, oder
aber das Mauerwerk so zu verankern, daſs ein Abreiſsen desselben nicht möglich
ist.