Titel: | Neuerungen an auslösenden und anderen Schiebersteuerungen mit ruckweiser Schieberbewegung. |
Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 100 |
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Neuerungen an auslösenden und anderen
Schiebersteuerungen mit ruckweiser Schieberbewegung.
(Fortsetzung des Berichtes von S. 49 d.
Bd.)
Patentklasse 14. Mit Abbildungen auf Tafel 1, 5, 9 ff.
Neuerungen an Schiebersteuerungen.
Die Steuerung von L. A. Böttcher in Erfurt (Erl. * D. R.
P. Nr. 22075 vom 10. August 1882), welche in Fig. 1 bis
4 Taf. 9 dargestellt ist, gibt eine sichere Begrenzung für die freie
Schieberbewegung und gestattet beliebig groſse Füllungen, ist dafür aber, obgleich
sie mit nur einem Excenter arbeitet, ziemlich umständlich. Der Schieberhub nach
auſsen ist hier auch in seinem zweiten Theile, nach der Pause, ein freier, wodurch
ein schnelles Oeffnen für die Ausströmung erzielt wird, und nur der Einschub erfolgt
zwangläufig. Die Bewegung geht aus von einem neben dem Schieberkasten horizontal
geführten, durch das Excenter gleichförmig hin- und hergezogenen Rahmen BC. Jedes der Querstücke C trägt auf einem Bolzen frei drehbar einen Muff J mit 3 Klinken F, G und H (vgl. Fig. 4). Die
Klinke F greift hinter eine Nase K der Schieberstange, in Folge dessen der Schieber von
dem Rahmen BC in der einen Richtung mitgenommen
wird, bis entweder die Klinke G oder die Klinke H durch Aufsteigen auf eine seitliche Knagge des Armes
S bezieh. R aufwärts
gedreht und dadurch auch die Klinke F ausgehoben wird.
Die Arme R und S sind
durch Zahnstangengetriebe und Zugstangen T und U so mit der Zugstange W
des Regulators verbunden, daſs sie immer gleichzeitig in entgegengesetzter Richtung
bewegt werden. Für
das rechte Cylinderende wird z.B. bei einem Steigen des Regulators S nach rechts und R nach
links gedreht. Für kleinere Füllungen kommt nur die Klinke G zur Wirkung. Ist aber der Arm S durch den
fallenden Regulator so weit nach links gerückt, daſs die Auslösung durch G nicht mehr stattfinden kann, so ist gleichzeitig R so weit nach rechts gerückt, daſs ein an H drehbar angebrachter Lappen N unter der Nase M des Armes R hindurchschlüpft (vgl. Fig. 4),
dann beim Rückgange auf dieselbe aufsteigt und auf diese Weise die Klinke F aushebt.
Nach erfolgter Auslösung wird der freie Rückgang durch den auf die kolbenförmige
Schieberstange m wirkenden Dampfdruck hervorgebracht.
Damit nun aber der Schieber zunächst in seiner mittleren, der Schluſsstellung,
stehen bleibe, ist die Schieberstange mit einem Bufferkolben o verbunden, welcher bei mittlerer Schieberlage gegen einen zweiten Kolben
p trifft. Dieser wird durch einen an den Hebel s angehängten Sperrhaken f, welcher hinter einen Vorsprung des Buffercylinders faſst, festgehalten, bis
die Ausströmung beginnen soll. Durch die Klinkenhülse J
wird der Sperrhaken t dann ausgehoben, worauf der
Schieber, durch den Dampfdruck getrieben, seinen Hub nach auſsen vollenden kann.
Durch Anstoſs des Kolbens p an den Cylinderdeckel wird
dieser zweite Theil der freien Bewegung begrenzt. Kurz vor der Bewegungsumkehrung
des Rahmens BC fällt die Klinke F wieder ein, beim Rückgange nimmt dieselbe den
Schieber sammt dem Kolben o mit, der Kolben p folgt – durch die am Hebel s wirkende Feder u gezogen – nach, der
Sperrhaken t fällt wieder ein und der beschriebene
Vorgang wiederholt sich.
Die Schieber sind behufs Entlastung mit je einem Kolben d verbunden, welcher in einem gegen den Schieberkastendeckel schleifenden
Cylinder e steckt. Mittels eines in den letzteren
eingeschraubten Deckels g wird ein Packungsring i aus Asbestgummi gegen den Kolbenrand gepreſst, um den
Innenraum des Cylinders e gegen den Dampf abzudichten.
Es wird aber hierbei zugleich der Schieber gegen den Schieberspiegel und der
Cylinder e gegen den Kastendeckel gedrückt, so daſs,
wenn man den Deckel g fest anzieht, die doppelte
Reibung auf dem Spiegel und auf dem Kastendeckel leicht so groſs werden kann, als
die Schieberreibung allein ohne diese „Entlastungsvorrichtung“ sein
würde.
B. Schmidt zu Zeil im Wiesenthal, Baden (* D. R. P. Nr.
22462 vom 2. December 1882) hat, wie aus Fig. 5 und
6 Taf. 9 ersichtlich, die Schieber auf die Cylinderdeckel gelegt und zur
Bewegung derselben eine Steuerwelle neben dem Cylinder angeordnet. Dieselbe trägt
für jeden Schieber eine Scheibe g mit Excenternuth, in
welche eine an dem Pendel i angebrachte Rolle x eingreift. Am unteren Ende des um t schwingenden Pendels i
hängt eine Klinke k, welche in einen an der
Schieberstange befestigten Bügel eingreift und den Schieber in der einen wie in der anderen Richtung
mitnimmt. Bei der Bewegung nach rechts wird dieselbe jedoch durch den mit dem
Regulator verbundenen Auslöser l ausgehoben, worauf der
im Schieberkasten untergebrachte Kolben e den Schieber
in die mittlere Schluſsstellung zurückführt. Die Wirkungsweise ist also dieselbe wie
bei der Starke'schen Steuerung (vgl. S. 50 d. Bd.).
Viel einfacher als die vorigen Anordnungen ist die in Fig. 7 bis
11 Taf. 9 veranschaulichte Steuerung von Fr. Henning in
Metzingen, Württemberg (* D. R. P.
Nr. 18184 vom 4. September 1881), welche mit nur einem Schieber in ganz ähnlicher Weise wirkt, mit dem Unterschiede, daſs
hier die Bewegung eine durchweg zwangläufige ist. Dieselbe geht aus von einem
Daumenmuffe c, welcher von der Kurbelwelle durch gleich
groſse Kegelräder angetrieben und von einem mit Rollen versehenen horizontal
geführten Ringe e umfaſst wird. Von diesem wird die
Bewegung durch einen Hebel f in vergröſsertem Maſse
direkt auf die Schieberstange g übertragen. Der Muff
c hat nun eine solche Gestalt, daſs der Schieberhub
sowohl in dem einen, wie in dem anderen Sinne in zwei Absätzen mit zwischenliegender
Ruhepause erfolgt. Nimmt man einen gewöhnlichen Schieber, so muſs derselbe groſse
äuſsere Deckungen, also auch einen groſsen Hub haben. Zweckmäſsig ist es daher, um
letzteres zu vermeiden, mehrere Durchströmöffnungen anzuordnen, wie in Fig.
10; der Hebel f kann dann gleicharmig sein
oder auch ganz fortfallen.
Aus dem Diagramme Fig. 9 und
den zu den Punkten A, B und D gehörigen Schieberstellungen Fig. 10
bezieh. 11 ist die
Wirkungsweise der Steuerung klar ersichtlich. Der in Fig. 9
gezeigte Querschnitt des Daumenmuffes ist oben durch
denselben gelegt. Die beiden Daumenflanken, welche den ersten, kürzeren, den Schluſs
der Einströmung bewirkenden Schieberhub bestimmen, verlaufen schraubenförmig, so
daſs die Einströmung um so früher endigt, je höher der Muff gehoben wird.
Bemerkenswerth ist nun, wie es ermöglicht wurde, den Muff direkt an die Hülse des
Regulators zu hängen und dem letzteren doch eine vortheilhafte gröſsere Umlaufzahl
zu ertheilen. Die Welle i des Daumenmuffes wird am
oberen Ende in einem Lager u gehalten und dient hier
der hohlen Regulator welle h selbst als Spurlager. Zwei
Räderpaare übertragen die Bewegung von i auf h mit Uebersetzung ins Schnelle. Die in der
Wellenhöhlung steckende Zugstange o ist am oberen Ende
mit der Regulatorhülse durch einen Querkeil verbunden und trägt am unteren Ende
zwischen zwei Bunden einen zweitheiligen Ring, an welchen mittels Schrauben der
Daumenmuff angehängt ist. Für die Schrauben sind in der Welle i Längsschlitze angebracht, wie oben in der Welle h für den Querkeil. Der Daumenmuff bildet also zugleich
einen Theil der Hülsenbelastung und muſs dem Auf- und Niedergange der Hülse folgen,
ohne sich mit der gleichen Geschwindigkeit zu drehen.
Der ganze Antriebmechanismus ist in ein mit Thüren versehenes Gehäuse eingeschlossen,
an welchem zugleich die Lager und Gleitbüchsen für die verschiedenen Theile angebracht sind. Die
Steuerung gestattet beliebig kleine und groſse Füllungen und wird namentlich wegen
ihrer Einfachheit mit zu den besten Constructionen zu rechnen sein. Allerdings ist
beim Eingriffe der schraubenförmigen Daumenflanken eine geringe Rückwirkung auf den
Regulator leicht möglich.
Auſser der letztbeschriebenen sind noch die folgenden Daumen-Steuerungen zu verzeichnen, bei welchen der Schieberhub nicht in
zwei Absätzen, sondern wie gewöhnlich erfolgt.
In Fig. 12 bis 17 Taf. 9
ist eine Steuerung von F. J. Lemouche in Brüssel (Erl.
* D. R. P. Nr. 12815 vom 30. Juli 1880) dargestellt, welche mit 2 Schiebern nach dem
Zweikammersysteme arbeitet. Der Grundschieber wird durch eine auf der Kurbelwelle
befindliche Daumenscheibe f (Fig. 17
Taf. 9) ruckweise hin- und hergezogen und der Expansionsschieber, welcher während
jedes Kolbenhubes einen Hin- und Hergang ausführen muſs, erhält seine Bewegung von
den gleichfalls auf der Kurbelwelle befestigten Daumen s,
s1, jedoch unter Einschaltung einer
Hilfswelle o. Während nämlich in der Regel die
Daumenmuffen durch den Regulator längs der Welle verschoben werden, ist hier der die
Rolle tragende Arm n1
an einem auf der Welle o verschiebbaren Muff
angebracht, in dessen Ringnuth der von dem Regulator bewegte Arm p eingreift. An einem auf der Welle o befestigten Arm n ist
die Stange des Expansionsschiebers angehängt. Der Rückgang des letzteren, durch
welchen der Dampf abgesperrt wird, erfolgt durch den auf die verstärkte
Schieberstange treffenden Dampfdruck. Ein Luftbufferkolben soll dabei die Stöſse
mildern. Um diese möglichst zu vermeiden, sollte bei allen Daumensteuerungen der
Uebergang aus der unteren in die obere Cylinderfläche des Daumens, namentlich da, wo
die Rolle aufsteigt, ein recht sanfter sein und sich tangential an die untere
Cylinderfläche anschlieſsen. Das Oeffnen der Kanäle wird immer noch schnell genug
erfolgen. Die gezeichnete Form der Daumen s und s1 ist jedenfalls eine
ungünstige.
Damit bei einer etwaigen Rückdrehung der Kurbelwelle kein Bruch eintrete, soll der
Rollenarm n1 mit dem
verschiebbaren Muffe in der aus Fig. 13
ersichtlichen Weise verbunden werden.
(Schluſs folgt.)