Titel: | C. V. Boys' registrirender Arbeitsmesser. |
Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 202 |
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C. V. Boys' registrirender Arbeitsmesser.
Mit Abbildungen auf Tafel 15.
C. V. Boys' registrirender Arbeitsmesser.
Der in Fig. 14 und 15 Taf. 15
nach dem Iron, 1883 Bd. 22 S. 280 abgebildete Apparat von
C. V. Boys, welcher von der Electrical Trading Company in London gebaut wird, hat den Zweck, direkt
die auf den Kolben einer Dampfmaschine in einem
beliebigen Zeiträume übertragene Arbeit zu messen, also jene Arbeit, welche aus dem
Indicatordiagramme für einen Kolbenhub berechnet werden kann. Fig. 14
Taf. 15 zeigt den Apparat so, wie er ausgeführt wird, und Fig. 15
stellt ein nur zur Veranschaulichung der Wirkungsweise dienendes Modell dar.
In einem kleinen Cylinder, dessen beide Enden mit den Cylinderenden der zu
untersuchenden Dampfmaschine verbunden werden, befindet sich, möglichst leicht
beweglich, ein Kolben N. Eine Schraubenfeder, deren
unteres Ende am Cylinderdeckel und deren oberes Ende an einem auf der Kolbenstange
befindlichen Ansätze befestigt ist, hält den Kolben, wenn die Pressungen ober- und
unterhalb desselben gleich sind, die Feder also in keiner Richtung belastet ist, in
einer mittleren Stellung. Ueberwiegt die Pressung oberhalb des Kolbens, so wird die
Feder zusammengepreſst; überwiegt die Pressung unterhalb desselben, so wird die
Feder ausgedehnt. Da beides proportional der Belastung stattfindet, so gibt mithin
die Stellung des Kolbens N wie bei einem doppelt
wirkenden Indicator (vgl. 1882 243 * 96) in jedem
Augenblicke ein Maſs für
den auf den Maschinenkolben wirkenden resultirenden Druck.In dem Modelle Fig.
14 ist die Feder zwischen Kolben N
und Cylinderdeckel angebracht, so daſs sie immer entgegengesetzt, wie oben
beschrieben, beansprucht wird, was jedoch an der Wirkung nichts
ändert. Die Kolbenstange ist am oberen Ende durch Gelenk mit einer
Hülse verbunden, welche einen an der Welle E
befestigten Arm H umgibt. Am einen Ende der Welle E ist in einem Bügel o. dgl. mit feinen Stahlspitzen
eine Reibungsrolle D gelagert, welche durch eine Feder
G gegen eine Trommel A
gedrückt wird. Letztere ist auf einer zu E senkrechten
Welle P leicht verschiebbar angebracht, so aber, daſs
die Welle jede Drehung der Trommel A mitmachen muſs.
Ein die Trommel umfassender Rahmen kann durch eine der bei Indicatoren
gebräuchlichen Vorrichtungen mit dem Kreuzkopfe der Maschine so verbunden werden,
daſs er, also auch die Trommel, die Bewegung des Dampfkolbens in verkleinertem
Maſsstabe mitmacht.
Wenn der kleine Kolben N beiderseits gleich belastet
ist, so liegen die Mittellinien von P, E und H in einer Ebene, mit welcher auch die Mittelebene der
Rolle D zusammenfällt, und die Achse von D ist senkrecht zu dieser Ebene. Wird in diesem Falle
die Trommel A hin und her bewegt, so rollt D längs einer Erzeugenden der Trommel A hin und her, ohne daſs die letztere zu einer Drehung
in dem einen oder anderen Sinne veranlaſst würde. Ist aber der Kolben N durch einen Ueberdruck von unten oder von oben aus
seiner mittleren Lage gerückt, so nimmt die Rolle D
eine schiefe Lage gegen die Trommel an und bewirkt dann, wenn diese hin- und
hergezogen wird, eine Drehung derselben, welche proportional dem Producte aus dem
resultirenden Kolbendrucke im Cylinder der Dampfmaschine und dem Kolbenwege ist. Ist
z.B. auf einem Theile des Kolbenhubes, welcher dem Wege de (Fig. 15)
der Trommel A entspricht, der Ueberdruck auf der einen
Seite des Maschinenkolbens, also auch des Kolbens N so
groſs, daſs die Mittelebene der Rolle D, wie
gezeichnet, den Winkel w mit der Trommelachse bezieh.
mit der Erzeugenden fe bildet, so wird die Rolle
während dieser Verschiebung de längs einer
Schraubenlinie ce hinrollen und hierdurch die
Trommel um den Bogen cd drehen. Nun ist aber cd = de × tg w und, da de
proportional dem Kolbenwege und tgw proportional
dem resultirenden Kolbendrucke ist, so ist auch cd proportional dem Producte aus beiden, d.h. der während jenes
Kolbenweges auf den Kolben übertragenen Arbeit. Dasselbe gilt von jedem beliebigen
kleinen Theile des Kolbenhubes. Wird die Trommel, so lange die Hinterdampfspannung
überwiegt, in dem Sinne des Pfeiles gedreht, so wird sie am Ende des Hubes, wenn
wegen der Compression die Vorderdampfspannung überwiegt, wieder etwas zurückgedreht,
der zur Compression verbrauchten Arbeit entsprechend. Beim Rückgange des Kolbens
findet, da sich dann die Trommel entgegengesetzt bewegt, zunächst wieder Drehung im
ersten Sinne statt u.s.f., so daſs für eine beliebige Zeitdauer die ganze Drehung der
Trommel proportional der gesammten auf den Kolben übertragenen Arbeit sein wird. Von
der Welle P, welche die Drehung der Trommel mitmacht,
wird dieselbe auf ein Zählwerk übertragen.
Bei der in Fig. 14
abgebildeten Ausführung ist an der Trommel noch eine Vorrichtung zur Aufnahme einer
Visitenkarte o. dgl. und an der verlängerten Stange des Kolbens N ein Schreibstift angebracht, so daſs der Apparat
zugleich wie ein gewöhnlicher doppelt wirkender Indicator zum Aufzeichnen kleiner
Diagramme benutzt werden kann. Der Cylinder ist mit einer leicht auswechselbaren,
hart gezogenen Messingröhre ausgekleidet, die Feder ist vergoldet, um das Rosten zu
verhüten. Der ganze auf der Platte M befestigte
Mechanismus wird für gewöhnlich durch einen halbcylindrischen Deckel geschützt,
welcher in Fig. 14
nicht gezeichnet ist.
Bezüglich der möglichen Fehlerquellen ist zunächst zu bemerken, daſs für eine
richtige Messung die beiden Flächen des Kolbens N genau
das gleiche Verhältniſs zu einander haben müſsten wie die entsprechenden Flächen des
Maschinenkolbens, was nicht immer zutreffen wird. Sind bei der zu untersuchenden
Maschine beide Flächen gleich, geht also die Kolbenstange in gleicher Dicke nach
beiden Seiten durch, so müſste dies auch bei dem Apparate der Fall sein. Dann würde
er aber wieder bei Maschinen mit einseitig durchgehender Kolbenstange ein etwas
unrichtiges Ergebniſs liefern. Eine geringe Undichtigkeit des Kolbens wird einen
kaum merklichen Einfluſs ausüben. Ist die Mittelebene der Rolle, wenn der Kolben N beiderseits gleich belastet, die Feder also ganz
entlastet ist, etwas geneigt gegen die Achse der Trommel, so kann dies nur für einen
einfachen Hub einen Fehler geben; für jeden Doppelhub gleichen sich aber beide
Fehler genau aus. Die wesentlichste Ungenauigkeit wird dadurch hervorgerufen werden,
daſs die Trommel A der Drehung einen wenn auch geringen
Widerstand bietet und in Folge dessen nicht ein reines Rollen, sondern auch ein
geringes Gleiten zwischen Rolle und Trommel stattfinden wird. Bei guter Ausführung
wird dieser Fehler indessen durch passende Bestimmung der Constanten des Apparates
nahezu aufgehoben werden können.