Titel: | Ueber die Stickstoff haltigen Bestandtheile von Gerste und Malz. |
Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 225 |
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Ueber die Stickstoff haltigen Bestandtheile von
Gerste und Malz.
Lintner, über Gerste und Malz.
C.
Lintner(Zeitschrift für Spiritusindustrie,
1883 S. 997) hat zur Lösung der Frage, ob der Stickstoffgehalt der Gerste
und des Malzes einen Anhalt zur Bemessung der zu erwartenden diastatischen Wirkung
des Malzes gibt, 15 Gerstenproben und die daraus erhaltenen Malze untersucht. 200g der sorgfältig von Verunreinigungen befreiten
Gerstenproben wurden, nachdem sie wiederholt auf einem Haarsiebe gewaschen, bei etwa
15° eingeweicht. Die Weichdauer betrug in der Regel 48 Stunden; das Weichwasser
wurde 2 Mal des Tages erneuert, wobei die Gersten stets etwa 2 Stunden ohne Wasser
der Luft ausgesetzt blieben. Die quellreife Gerste wurde, zwischen zwei Teller
ausgebreitet, bei 15° zum Keimen angestellt. Die Keimung dauerte in der Regel 7 Tage
und wurde als beendet betrachtet., wenn der Graskeim ¾ der Kornlänge erreicht hatte.
Die ausgekeimte Gerste wurde 6 Stunden bei 40° getrocknet, Manche Gerstenproben der
1882 er Ernte zeigten eine ungleiche Keimung. Diesem Uebelstande konnte meistens
durch Austrocknen der Gerste bei etwa 40° vor dem Einquellen abgeholfen werden.
Proben, bei denen dieses Mittel nichts verschlug, wurden verworfen und zur
nachfolgenden Analyse nur gleichmäſsig gewachsenes Malz verwendet. Das getrocknete
Malz wurde dann fein gemahlen und gelangte als unfühlbares Mehl zur Analyse.
25g des Malzmehles wurden mit 1l destillirtem Wasser übergössen und wohl
verschlossen 6 Stunden bei Zimmertemperatur unter wiederholtem Umschütteln digerirt.
Von dem klar filtrirten Auszuge dienten 5cc zur
Bestimmung der diastatischen Kraft und 100cc zur
Bestimmung des gelösten
Proteins, was in der Weise geschah, daſs die 100cc
der Lösung einmal aufgekocht und nach dem Aufkochen 10cc des Stutzer'schen Reagens H2CuO2 zugesetzt
wurden; nach dem Erkalten wurde filtrirt und ausgewaschen und der Niederschlag nach
dem Trocknen bei 110° mit Natronkalk verbrannt.
Die Bestimmung der diastatischen Wirkung des Malzes geschah nach Kjeldahl. Dieser wies nach, daſs bei der Einwirkung von
Diastase auf Stärkekleister die durch Diastase erzeugten Maltosemengen proportional
den angewendeten Diastasemengen sind, so lange bei der Einwirkung ein groſser
Ueberschuſs von Stärkemehl oder von invertirungsfähigen Dextrinen vorhanden ist.
Bezeichnet man mit R = 100 dasjenige
Reductionsvermögen, welches sämmtliche Kohlehydrate der Versuchsflüssigkeit (hier
Stärkekleister) nach ihrer Invertirung in Dextrose zeigen würden, so erlischt die
Proportionalität von Diastase und Zuckerzuwachs, wenn R1 auf 25 bis 30 (auf Dextrose berechnet)
gestiegen ist. Durch wiederholte Versuche ergab sich, daſs man bei Anwendung von
5cc obigen Malzextractes (1 : 40) auf 100cc Versuchsflüssigkeit selbst bei bestem, an
Diastase reichstem Malze innerhalb der Grenzen der Gültigkeit des
Proportionalitätsgesetzes bleiben wird.
Die Bereitung des Stärkekleisters, welcher als Versuchsflüssigkeit diente, geschah in
der Weise, daſs 50g Kartoffelstärke mit 500cc Wasser verkleistert wurden. Zu diesem Behufe
wurde die Stärke, mit etwa 200cc lauwarmem Wasser
angerührt, in das in einem Glaskolben kochende Wasser in dünnem Strahle unter
beständigem Umschütteln eingegossen. Unter fortwährendem Schütteln läſst man den
Kleister auf 80° erkalten und setzt nun 100cc
obigen Malzextractes zu. Um ein möglichst inniges Vermischen mit dem Kleister zu
veranlassen, hat man bis zur erfolgten Auflösung heftig zu schütteln. Die Auflösung
geht schnell vor sich und, nachdem die Flüssigkeit während 20 Minuten auf annähernd
80° erhalten wurde, gieſst man sie zur Entfernung etwa ungelöster Stärke durch ein
Seihtuch, kocht nun auf, wobei man den Kolben stets bewegen muſs, um ein Springen
desselben zu verhindern, filtrirt nach dem Aufkochen heiſs durch ein Faltenfilter
oder Tuch und füllt das Filtrat zu 1l auf. Man hat
nun eine gleichartige, klare Flüssigkeit, welche als Versuchsflüssigkeit dient.
Von dieser Versuchsflüssigkeit werden nun 100cc auf
59 bis 60° gebracht 5 sobald diese Temperatur erreicht ist, läſst man 5cc des zu prüfenden Malzextractes zuflieſsen und
nun genau 20 Minuten bei obiger Temperatur die Diastase wirken. Nach Ablauf dieser
Zeit kocht man zur Zerstörung der Diastase, füllt zu 250cc auf und bestimmt nun die Zuckermenge, welche durch die Wirkung der
Diastase entstand, mittels Fehling'scher Lösung. Der
durch die Einwirkung der Diastase entstandene Zucker wird als Zuckerzuwachs
bezeichnet und dient als Maſs für die diastatische Wirkung. In der folgenden
Tabelle, welche die auf vorbeschriebenem Wege erhaltenen Zahlen enthält, sind die Gersten mit den
Malzproben nach der diastatischen Wirkung der letzteren geordnet, so daſs unter 1
die mit der niedrigsten diastatischen Wirkung ausgestattete Probe aufgeführt
ist:
Nr.
Maltosezuwachsin 100cc Ver-schsflüssigkeit
GersteStickstoffprocentder Trocken-substanz
MalzStickstoffprocentder Trocken-substanz
Lösl.
EiweiſsStickstoffprocentder Trocken-substanz
1
0,609
1,926
1,756
0,203
2
0,665
1,438
1,516
0,224
3
0,758
1,977
1,880
0,245
4
0,802
1,432
1,718
0,258
5
0,810
1,168
1,381
0,258
6
0,819
1,760
1,754
0,259
7
0,906
1,591
1,414
0,282
8
0,910
1,459
1,785
0,271
9
0,977
1,696
1,598
0,290
10
1,088
1,537
1,477
0,349
11
1,106
1,424
1,646
0,314
12
1,203
2,150
2,170
0,312
13
1,318
1,357
1,394
0,367
14
1,420
1,424
1,800
0,381
15
1,616
1,795
1,760
0,428
Die vorstehenden Zahlen beweisen nun, daſs weder der Gesammtstickstoffgehalt der
Gerste, noch des Malzes einen Anhalt zur Bemessung der zu erwartenden diastatischen
Wirkung geben. Es zeigt sich, daſs nicht der mindeste Zusammenhang zwischen
Stickstoffgehalt und diastatischer Wirkung besteht. Wir sehen in Nr. 1 eine an
Stickstoff sehr reiche Gerste, in der vorstehenden Reihe die drittreichste, ein Malz
liefern mit der schwächsten diastatischen Wirkung, während Gersten mit
verhältniſsmäſsig niedrigem Stickstoffgehalte, wie Nr. 11 und 13, ein Malz von
beträchtlicher diastatischer Wirkung ergeben. Ebenso wenig läſst sich eine Beziehung
zwischen dem Gehalte an Gesammtstickstoff im Malze zu dessen diastatischer Wirkung
erkennen. Dagegen ergibt sich mit Zunahme des löslichen Eiweiſses im Malze auch eine
Zunahme der diastatischen Wirkung. Man kann also durch Bestimmung des löslichen
Eiweiſs im Malze nach Extraction desselben bei gewöhnlicher Temperatur, eine Zahl
erhalten, welche einen Schluſs auf die zu erwartende diastatische Wirkung
gestattet.
Hierbei ist aber fest zu halten, daſs die ermittelten Beziehungen zwischen löslichem
Eiweiſs und diastatischer Wirkung vorläufig nur für bei 40° getrocknetes Luftmalz
und allenfalls für Grünmalz Geltung haben, für Grünmalz insofern man wohl annehmen
darf, daſs bei der Temperatur von 40° noch keine Schädigung der Diastase
stattgefunden hat. Ob beim Darren des Malzes die Abnahme der diastatischen Kraft mit
einer Abnahme an bei gewöhnlicher Temperatur löslichem Eiweiſs Hand in Hand geht,
muſs eine neue Untersuch mg lehren.
Machen wir nun die als Hypothese immerhin berechtigte Annahme, daſs der lösliche
Eiweiſs-Stickstoff wirklich der Diastase angehöre, ferner, daſs die Diastase den
Eiweiſsstoffen nahe steht, und wir somit durch Multiplikation mit 6,25 die dem
Stickstoffgehalte entsprechende Diastasemenge erfahren, so stellt sich im Mittel der
Gehalt an Diastase im Malze auf rund 2 Procent der Malztrockensubstanz. Ferner
ergibt sich aus vorliegenden Versuchen, daſs im Mittel 1 Th. Diastase 400 Th. Stärke
in 20 Minuten in Zucker zu verwandeln im Stande ist.
Auf die Praxis des Maischens berechnet sich folgendes Verhältniſs: 100 Th.
Malztrockensubstanz entsprechend 166 Th. Grünmalz mit 40 Proe. Wasser enthalten 2
Th. Diastase, welche im Stande sind, in 20 Minuten 800 Th. Stärke zu verzuckern. Wir
vermögen demnach mit 166 Th. Grünmalz 800 Th. Stärke, daher 1 Th. Stärke mit 0,2075
Th. Grünmalz zu verzuckern. Setzen wir nun als Maischmaterial Kartoffeln mit dem
mittleren Stärkegehalte von 18 Proc., so würden wir zur Verzuckerung der 18k Stärke von 100k Kartoffeln 18 × 0,2075 = 3k,735 Malz
benöthigen (ohne den Malzbedarf zur Hefebereitung), welche Menge, wie man sieht, mit
der Praxis übereinstimmt.