Titel: | Ueber die Samen der Bassia longifolia Linn. und das in denselben enthaltene Fett; von E. Valenta. |
Autor: | E. Valenta |
Fundstelle: | Band 251, Jahrgang 1884, S. 462 |
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Ueber die Samen der Bassia longifolia Linn. und
das in denselben enthaltene Fett; von E.
Valenta.
Mit Abbildung.
Valenta, über die Samen der Bassia longifolia.
In Ostindien und im nördlichen tropischen Afrika wird seit langer Zeit aus den Samen
verschiedener Bassia-Arten (Bäume der Familie der Sapotaceaen angehörig) Fett gewonnen, indem man dieselben in der
primitivsten Weise mit kochendem Wasser behandelt oder mittels sehr einfacher
Preſsvorrichtungen auspreſst. Seit einigen Jahrzehnten gelangt solches Fett von
jenen Ländern aus in den europäischen Handel und wird in französischen und
englischen Seifen- und Kerzenfabriken verarbeitet. Die letzteren verwenden mit
Vorliebe die sogen. Shea-Butter, ein Fett, welches aus
den Samen der in Afrika wild wachsenden Bassia Parkii Dc.
C. gewannen wird und sich durch seinen hohen Gehalt an fester Fettsäure
auszeichnet, während die von zwei anderen Bassia-Arten stammende Mahwa-Butter (Illipe-Oel,
Bassia-Oel, Mola, Madhuka) gröſstentheils zur Seifenerzeugung benutzt wird.
Die Hauptmasse derselben wird aus den Samen der Bassia
longifolia Linn. gewonnen; das im Handel vorkommende Illipe-Oel ist
meistens ein Gemenge von diesem Fette mit geringen Mengen Fett aus den Samen der Bassia latifolia Roxb.
Die Bassia longifolia wird in ihrer Heimath sowohl wegen
des Holzes, als wegen des Fettes, welches die Samen liefern, kultivirt. Die
letzteren sind 1 bis 2cm lang und von einer
glänzendbraunen Samenhülle bedeckt; sie zeigen einen eigentümlichen, an Cacaobohnen
erinnernden Geruch und besitzen einen bitteren, aromatischen Geschmack.
Jene Samen, welche mir zur Untersuchung dienten, stammten aus der Waarensammlung der
Lehrkanzel für allgemeine Waarenkunde an der Wiener technischen Hochschule und waren zum groſsen
Theile der Samenhaut beraubt. Die fleischigen Cotyledonen derselben bedeckte eine
reifartige Fettschicht; durch Pressen konnte aus denselben etwa 35 Proc. Oel
erhalten werden.
Textabbildung Bd. 251, S. 462
Vergröſserung: Reichert, System 7,
Okular 3. Oel führendes Gewebe der Samen von Bassia
longifolia Linn. (Gezeichnet von O. Nebeski,
Assistent am Waarenkabinette der Wiener Handels-Akademie.)
K, K'
Krystalle von oxalsaurem
P
Parenchymgewebe
Kalk, Krystalloïde.
G
Gefäſse.
S
Stärkekörner.
F
Fetttröpfchen.
E
Proteïnsubstanzen.
Unter dem Mikroskope betrachtet, erscheint das Oel führende Gewebe der Samen aus
dünnwandigen, parenchymatischen Zellen zusammengesetzt, von denen einzelne eine
gelbbraune Substanz einschlieſsen, welche den gemachten Reactionen zu Folge
gröſstentheils aus Eiweiſsstoffen besteht. Die meisten Zellen sind jedoch farblos
und enthalten sehr viele kleine Oeltröpfchen. Beim Einlegen des Präparates in fettes
Oel lassen sich schöne Krystalle von freien Fettsäuren erkennen.Vgl. J. Wiesner: Die Rohstoffe des
Pflanzenreiches, (Leipzig 1873) S. 211. In einigen
Zellen wurden auſserdem Krystalle von oxalsaurem Kalk, Krystalloide (Aleuronkörner)
und in nur sehr geringer Anzahl Stärkekörner von der Gröſse jener des Weizens
vorgefunden.
Der Umstand, daſs das Fett in diesen Samen von sehr dünnen Zellwänden eingeschlossen
ist, erklärt die verhältniſsmäſsig groſse Ausbeute, welche bei dem in den
Heimathländern der Bassia-Pflanze gebräuchlichen, äuſserst primitiven Verfahren zur
Fettgewinnung erzielt wird. Es ist klar, daſs bei Anwendung von geeigneten
Lösungsmitteln (Schwefelkohlenstoff, Benzin, Petroleumäther u. dgl.) sich diese
beinahe bis zur völligen Erschöpfung der Samen steigern lieſse, was, wie wir sehen
werden, einer Mehrausbeute von 17 Proc. entspricht.
Die im Laboratorium für chemische Technologie organischer Stoffe an genannter
Hochschule von mir vorgenommene Untersuchung der Samen ergab folgende Resultate,
bezogen auf 100 Gewichtstheile der bei 100° getrockneten Substanz:
Fett (Petrolätherauszug)
51,14
In absolutem Alkohol löslich
7,83
Gerbstoff
2,12
In Wasser löslicher Bitterstoff
0,60
Stärke
0,07
Pflanzenschleim
1,65
In Wasser lösliche Eiweiſssubstanzen
3,60
Extractivstoffe (in Wasser löslich)
15,59
Unlösliche Proteïnate
4,40
Gesammtasche
2,71
Rohfaser und Verlust der Analyse
10,29
––––––
Summe
100,00
Aschengehalt des wasserlöslichen Theiles
0,95
Gesammt-Proteïnsubstanz
8,00
Zur Fettextraction habe ich Petroleumäther, dessen Siedepunkt zwischen 40 und 45°
lag, benutzt. Das so gewonnene Fett ist gelb gefärbt, erstarrt langsam und nimmt
hierbei schmalzartige Consistenz an. Die Farbe verschwindet unter dem Einflüsse der
Luft und des Lichtes ziemlich rasch und das Fett wird ranzig. Seine Dichte beträgt
0,9175 bei 150. Es schmilzt bei 25,3° und erstarrt bei 17,5 bis 18,5°.Nach Schädler's Technologie der Fette und Oele soll der Schmelzpunkt des
Illipe-Oeles zwischen 43 und 44° liegen, während Th.
Chateau's Angaben mit den von mir gefundenen Zahlen
übereinstimmen. Unter dem Mikroskope betrachtet lassen sich
deutlich Fettsäurekrystalle erkennen. Es enthält namhafte Mengen freier Fettsäuren,
dagegen nur eine verhältniſsmäſsig kleine Menge Glycerin. Ob das Fett aus ganz
frischen Samen die erstere Eigenschaft ebenfalls besitzt, will ich nicht behaupten,
jedenfalls spricht der geringe Glyceringehalt (3,09 Proc.) des untersuchten Fettes
für diese Annahme. Dieses enthält ferner 94,76 Proc. Fettsäuren. Feuchtigkeit,
Verunreinigungen und der Verlust der Analyse betragen zusammen 2,15 Proc.
1g des Fettes bedarf 192mg,3 KOH zur Verseifung. Es löst sich theilweise
in Alkohol, vollkommen in Aether, Schwefelkohlenstoff, Benzin u. dgl., verseift sehr
leicht und vollkommen und liefert hierbei harte, weiſse Seifen von angenehmem
Gerüche, welche eine nicht unbedeutende Menge Wasser zu binden vermögen, ohne an
Festigkeit zu verlieren. Die durch Verseifen mit Kalilauge und Zerlegen der Seife
mit 10 procentiger Salzsäure erhaltenen Fettsäuren sind weiſs, von angenehmem
Gerüche und Geschmacke. Ihr Schmelzpunkt liegt bei 39,5°; sie erstarren bei 38,0°
und lösen sich leicht in Alkohol auf.
Schädler gibt an, daſs das Illipe-Oel aus Stearin und
Olein besteht, und zwar soll es 80 Proc. Stearin und 20 Proc. Oleïn enthalten. Ich
habe, um das Mengenverhältniſs der festen Fettsäure gegenüber der Oelsäure im vorliegenden
Fettsäuregemenge zu ermitteln, eine gewogene Menge desselben mit alkoholischer
Kalilauge titrimetrisch verseift, den Alkohol im Wasserbade verjagt, die neutralen
Kaliseifen in Wasser gelöst und mit Hilfe einer Bleizuckerlösung in Bleiseifen
umgewandelt. Diese wurden gewaschen, getrocknet und gewogen. Eine gewogene Menge
derselben wurde nun mit Aether extrahirt, der ätherische Extract am Wasserbade zur
Trockne gebracht, der Oelsäuregehalt aus der Menge des vorhandenen Kohlenstoffes
ermittelt (auf elementaranalytischem Wege), ferner zur Controle der Bleigehalt
bestimmt. Im Extractionsrückstande wurde die feste Fettsäure abgeschieden und
gewogen. Das Fettsäuregemenge besteht hiernach aus:
Oelsäure
63,49
Feste Fettsäure
36,51
––––––
100,00.
Der Extractionsrückstand der Bleiseifen einer zweiten Probe wurde mit verdünnter
Salzsäure behandelt, die ausgeschiedene Fettsäure mit heiſsem Wasser ausgewaschen
und aus Alkohol umkrystallisirt.
Die erhaltenen, getrockneten Fettsäurekrystalle besaſsen eine schuppige Form, ihr
Schmelzpunkt ergab sich bei 62° liegend; sie erstarrten bei 60,5 bis 60,9°.
Mit dem vorhandenen Fettsäuremateriale habe ich versucht, eine Trennung der
Fettsäuren nach der Methode der fractionirten Fällung mit Magnesiasalzen
durchzuführen. Etwa 30g des Fettsäuregemenges in
alkoholischer Lösung wurden zu dem Zwecke mit so viel Magnesiaacetatlösung versetzt,
als zur Fällung von 1/18 des Gewichtes derselben nöthig war, der erhaltene Niederschlag
abgesaugt, gepreſst und mit verdünnter Salzsäure zerlegt. Die erhaltene Fettsäure,
aus alkoholischer Lösung umkrystallisirt, bestand aus schuppigen Krystallen, deren
Schmelzpunkt bei 61,9° lag und welche bei 60,7° erstarrten. Die Formen der in beiden
Fällen erhaltenen Fettsäurekrystalle, sowie die Schmelz- und Erstarrungspunkte
stimmen mit jenen der Palmitinsäure überein; es scheint
demnach das Illipe-Oel nicht aus Stearin und Oleïn, sondern aus Palmitin und Oleïn zu
bestehen.
Wollte man genau nach der von Heintz angegebenen Methode
zur Trennung der Fettsäuren von einander vorgehen, so wären etwa 200g des Fettsäuregemenges erforderlich und müſsten
mindestens 2 Fällungen zu je 1/7 der in Alkohol gelösten Fettsäuren vorgenommen
werden. Dazu fehlt mir leider die nöthige Menge Rohmaterial. Allein ich glaube, daſs
die übereinstimmenden Resultate, nach zwei verschiedenen Methoden erhalten,
besonders jene der ersteren, genügende Beweismittel für die Richtigkeit obiger
Angabe sind.
Der in Alkohol lösliche Theil der entfetteten Samen ist zum Theile durch
Bleiacetatlösung fällbar (Gerb- und Bitterstoffe); anderentheils gibt er, mit verdünnter Schwefelsäure
behandelt, Glycose, was auf das Vorhandensein eines Glycosides hindeutet.Die nähere Untersuchung dieses Körpers ergab dessen Identität mit Saponin. Der Gehalt der Samen an diesem
Glycoside beträgt nach einer von Hrn. Kern im
oben genannten Laboratorium durchgeführten Bestimmung über 3
Proc.
Die Asche der Samen ist gelblichweiſs gefärbt, löst sich gröſstentheils in Wasser und
braust, mit Säuren behandelt, schwach auf. Die Analyse ergab in 100 G.-Th.
Asche:
Kieselsäure und in Salpetersäure unlöslichen Antheil
10,67
Phosphorsäure
15,47
Schwefelsäure
6,81
Kohlensäure
7,46
Eisenoxyd und Thonerde
2,01
Kalk
0,64
Kali u. Natron (letzteres ist nur in geringer Menge
vorhanden)
56,68
Feuchtigkeit und Verlust der Analyse
0,26
––––––
100,00.
Der hohe Fettgehalt macht die Samen der Bassia
longifolia zu einem geschätzten Rohstoffe für den Seifenfabrikanten. Da das
Extractionsverfahren, wie bereits erwähnt worden ist, eine Mehrausbeute von 17
Procent an Fett liefert und die Rückstände von der Extraction, abgesehen vom
Saponingehalte, in Folge ihres Stickstoff- und Phosphorsäure-Gehaltes ein
werthvolles Dungmaterial abgeben, ist es nur zu verwundern, warum in gröſseren
Städten Indiens nicht derartige Fabriken angelegt werden, in denen das genannte
Verfahren zur Fettgewinnung aus ölreichen Samen zur Anwendung kommt.
Die Asche enthält bedeutende Mengen Alkalien (besonders Kali) und Phosphorsäure, gäbe
daher, mit Compostdünger u. dgl. entsprechend abgemischt, ein vorzügliches
Dungmittel für Felder, auf denen Tabak, Rübe u.s.w. gebaut werden soll.
In Oesterreich werden auſser Cocosnuſsöl und Palmfett sehr wenige fremde
Pflanzenfette verarbeitet. Nach dem Ausspruche mehrerer Fabrikanten soll die Ursache
dieser geringen Verwendung in dem hohen Einfuhrzolle, welchem gewisse fremde Fette
unterworfen sind, zu suchen sein. Eine Herabsetzung dieses Einfuhrzolles wäre daher
im Interesse unserer Seifen- und Kerzenfabrikation, welche Industrien in Oesterreich
einen bedeutenden Rang einnehmen, sehr zu wünschen.
Wien, December 1883.