Titel: | Ueber Neuerungen an Sicherheitsventilen. |
Autor: | Whg. |
Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, S. 1 |
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Ueber Neuerungen an
Sicherheitsventilen.
Patentklasse 13. Mit Abbildungen auf Tafel 1.
Ueber Neuerungen an Sicherheitsventilen.
Die nachstehend verzeichneten neueren, meistens französischen Constructionen von
Sicherheitsventilen bezwecken wieder hauptsächlich (vgl. Bericht 1882 244 * 417), die Erhebung des Ventiles beim Abblasen zu
vergröſsern, damit durch das Ventil auch wirklich das Wachsen der Dampfspannung über
eine gewisse Grenze hinaus sicher verhindert werde und dasselbe nicht, wie es bei
den gewöhnlichen Anordnungen der Fall ist, nur als Alarmvorrichtung diene. Durch
einige Constructionen soll eine direkte Belastung des Ventiles (ohne Hebel)
ermöglicht werden.
E. Codron in Lille benutzt neuerdings die in Fig.
6 bis 8 Taf. 1
nach dem Portefeuille économique des Machines, 1883 S.
164 dargestellten Einrichtungen. In Fig. 6 hat
das Ventil zwei concentrische, in einer Ebene liegende Sitzflächen. Unterhalb des
mittleren Theiles des Ventiltellers ist ein Raum H
abgeschlossen, welcher durch eine feine Bohrung o stets
mit der freien Luft verbunden ist. Sobald das Ventil durch zu hohen Dampfdruck nur
ein wenig gehoben wird, tritt der Dampf in den Raum H
ein und, da durch die Bohrung o nur sehr wenig Dampf
entweichen kann, so wird sofort auch der mittlere Theil des Ventiles als Druckfläche
zu der ringförmigen hinzutreten und dadurch eine reichliche Erhebung des Ventiles
bewirkt werden. Diese Anordnung dürfte wohl brauchbar sein.
Bei Fig. 7 ist der Raum H ringförmig auſserhalb
des Sitzes A angeordnet und ein zweiter Ventilsitz
durch den kolbenförmigen Aufsatz vermieden. Dieser Kolben kann sehr willig
eingepaſst sein (es wird dann auch die Bohrung o
überflüssig); indessen ist die Verbindung des Ventiles mit einem Kolben immer
bedenklich, da derselbe sich doch leicht festklemmen kann. Noch weniger gut
erscheint die Einrichtung Fig. 8, bei
welcher zwei in verschiedenen Ebenen liegende Sitzflächen vorhanden und diese schwer
dicht zu halten sind.
Derartige Ventile mit beim Anheben sich vergröſsernder Druckfläche schlieſsen
natürlich, wenn sie einmal gehoben sind, erst wieder, wenn die Dampfspannung unter
die das Oeffnen bewirkende Spannung gefallen ist, und zwar wird der Unterschied zwischen Oeffnungs- und
Schluſsspannung um so gröſser sein, je gröſser die hinzukommende zu der dem Dampfe
stets ausgesetzten Druckfläche ist. Da im Allgemeinen ein erhebliches Sinken unter
die festgesetzte Grenzspannung nicht gewünscht wird, so ist es auch nicht
zweckmäſsig, die hinzukommende Druckfläche, also im vorliegenden Falle den
Durchmesser bezieh. die Breite des Raumes H sehr groſs
zu nehmen.Ingenieur Olry in Lille hat mit zwei Codron'schen Ventilen von der Form Fig. 6 Versuche angestellt, bei welchen sich Folgendes ergab: Das
eine Ventil hatte im Sitze A 96mm und im Sitze B 68mm Durchmesser. Die
ringförmige Druckfläche betrug hiernach 3606qmm und die centrale 3632qmm.
Beim Anheben des Ventiles wurde also die wirksame Fläche verdoppelt. Benutzt
wurde zu den Versuchen ein Bouilleurkessel von 36qm,8 Heizfläche und 1qm,15 Rostfläche. Der Ventilteller flog
bei einer Spannung von 4,6k/qc plötzlich auf, nahm sofort die durch die
Anschläge gestattete höchste Stellung bei 6mm Hub ein und schloſs sich erst wieder, als die Spannung auf 2k,8, also fast auf die Hälfte der
Oeffnungsspannung gefallen war. Bei dem zweiten Ventile betrug der
Durchmesser bei A 70mm, bei B
aber nur 27mm, die ringförmige Fläche also
3276qmm und die centrale 572qmm, letztere demnach nur 0,175 der
ersteren. Dem Ventile war nur 4mm Hub
gestattet. Bei 4k,5 Dampfspannung fing das
Ventil an, zu tanzen, wobei der Hebel immer gegen die obere Begrenzung
schlug. Nach 3 Minuten war trotz eines sehr lebhaft unterhaltenen Feuers die
Spannung auf 4k,2 gesunken. Von da an
blieb das Ventil etwa 2mm über seinem
Sitze nahezu unbeweglich stehen; die Spannung sank allmählich weiter bis auf
4k, blieb dann aber constant. Nachdem
man schlieſslich das Feuer etwas gemäſsigt hatte, schloſs sich das
Ventil.
In der Wirkungsweise den vorgenannten ähnlich sind die Ventile mit überhängendem und
über den Ventilsitz auſsen etwas übergreifendem Rande. Hierher gehört z.B. das in
Frankreich jetzt vielfach benutzte Ventil von Th. Adams
(vgl. 1881 241 * 248), welches im Wesentlichen mit dem
von Ashcroft (vgl. 1873 208
* 81) übereinstimmt. Adams verwendet immer direkte
Federbelastung, weshalb seine Ventile besonders für Locomotiven und Schiffsmaschinen
geeignet sind.Wie wirksam dieselben sind, geht aus einem Berichte von A. Brustlein. Ingenieur auf den Stahlwerken von
Unieux hervor (vgl. Genie civil, 1882/3 Bd. 2
S. 411). Auf den genannten Werken waren gewöhnlich 22 Kessel von zusammen
1000qm Heizfläche in Betrieb, welche
sämmtlich durch das Dampfrohrnetz mit einander in Verbindung standen, und
von denen jeder mit zwei der französischen Verordnung entsprechenden
Sicherheitsventilen versehen war. Diese sorgfältig in Stand gehaltenen
Ventile waren für 4k Dampfspannung
belastet, konnten aber nicht verhindern, daſs in den Ruhestunden die
Spannung auf 5 und selbst auf 5k,5 stieg.
Es wurde dann versuchsweise auf einem in der Mitte der Anlage befindlichen
Vertikalkessel ein Adams'sches
Sicherheitsventil von 70mm Durchmesser
angebracht und dasselbe genügte, um in sämmtlich en Kesseln unter allen
Umständen die Spannung zwischen 3,8 und 4k
zu halten. Damit die ganze Anlage nicht von dem einen Kessel abhängig sei,
wurden dann später noch 3 gleiche Ventile auf verschiedenen Kesseln
angebracht.Ferner hat Ingenieur Vicaire auf einer
Locomotive Versuche mit 2 Adams'schen
Sicherheitsventilen von je 63mm
Durchmesser angestellt (vgl. Portefeuille
économique, 1883 S. 166), welche ebenso günstig ausfielen. Es wurde
auf der stillstehenden Locomotive das Feuer mittels des Blasrohres zunächst
möglichst angefacht und das letztere dann abgesperrt, so daſs dem Dampfe nur
der Ausweg durch die Sicherheitsventile blieb. Dieselben flogen auf bei
einer Spannung
von 8k,75 und bewirkten in 60 bis 65
Secunden ein Sinken der Spannung bis auf 8k,37, worauf sie sich schlössen. Dieser Versuch wurde mehrere Male
hinter einander stets mit dem gleichen Erfolge wiederholt.
Bei der in Fig. 1 und
2 Taf. 1 nach der gleichen Quelle, 1883 S. 166 dargestellten, allerdings
weniger einfachen Construction von Maurel, Truel und
Comp., welche in der Wirkungsweise der von Helwig (1882 244 * 420) ähnlich ist, wird auch
ein schnelles und reichliches Heben des Ventiles erreicht, das Sinken der
Dampfspannung aber vermieden. Das Ventil ist mit einem Kolben P verbunden und wird durch den Dampfdruck selbst
geschlossen gehalten, indem der bei K Zutritt habende
Dampf durch die Bohrung R in den Raum C gelangt, also von oben auf die volle Kolbenfläche,
von unten aber nur auf die Ringfläche D wirkt.
Gleichsam zur Steuerung des Kolbens P dient ein
Kolbenschieber AB, welcher oben und unten
cylindrischen, in der Mitte aber dreieckigen Querschnitt hat und welcher die seiner
Kolbenfläche entsprechende Belastung aufnimmt. Ein schmaler Absatz oberhalb A bildet hier einen dichten Ventilabschluſs. Steigt die
Spannung über das festgesetzte Maſs, so wird dieser Schieber gehoben und zunächst
durch den Kolben B der Raum C von dem Dampfe abgesperrt. Bei weiterer Erhebung steigt der Kolben A über seine Führung hinaus und gestattet dem in C eingeschlossenen Dampfe, zu entweichen. Der Druck auf
die obere Fläche von P sinkt daher schnell, der Druck
auf die Ringfläche D erhält das Uebergewicht und das
Ventil wird geöffnet. Wenn die Spannung unter die Oeffnungsspannung sinkt, so fällt
der Schieber nieder, der Dampf strömt wieder in den Raum C ein und das Ventil wird geschlossen. Die Spannung beim Oeffnen ist hier
nur so viel gröſser als beim Schlieſsen, als der Reibung des Schiebers AB entspricht, die natürlich verschwindend klein sein
muſs.
Während bei der Anordnung Fig. 1
Gewichtsbelastung benutzt ist, ist bei der für Locomotiven o. dgl. bestimmten
Anordnung Fig. 2 eine
Feder verwendet. Damit in diesem Falle die Höhe des Ganzen nicht zu bedeutend und
die Feder auf Zug beansprucht werde, ist dieselbe neben
dem Gehäuse angeordnet und ihre Spannung durch einen Hebel (mit nur unbedeutender
Uebersetzung) auf den Schieber AB übertragen. Der linke
kurze Hebelarm dient zur Aufnahme eines Gegengewichtes für den rechten Arm, das
Gewicht der Federhülse u.s.w., um den Einfluſs der Schwere vollständig aufzuheben.
Ferner hat bei Fig. 2 der
Kolben eine bessere Führung erhalten.
Auch bei dieser Maurel-Truel'schen Anordnung kann der
Kolben (bezieh. sein Führungsstift in Fig. 3) sehr
willig ausgeführt werden; ein Dampfverlust kann durch seine Undichtigkeit nicht
eintreten. Es genügt, daſs, wenn Schieber und Ventil gehoben sind, der neben P und der neben B
vorbeiströmende, nach C gelangende Dampf oben bei A genügenden Abfluſs findet. Jedoch ist, wie schon oben
bemerkt, immer ein Klemmen
der Kolben zu befürchten, namentlich hier, wo die Mantelfläche stets im Dampfe
liegt, sich also leicht Kesselstein daran ansetzen kann und ein Nachsehen des
Kolbens während des Betriebes nicht möglich ist. Ein Vorzug dieser Construction ist
die geringe erforderliche Belastung. – Von der Compagnie des
Messageries maritimes wurden Versuche mit diesen Ventilen gemacht, welche
namentlich hinsichtlich der Empfindlichkeit sehr günstig ausfielen.
C.
Carlo in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 19097 vom 2. November 1881) will durch die in
Fig. 3 bis 5 Taf. 1
gezeigte Ventilanordnung sowohl die Ausströmöffnung vergröſsern, als auch die
wirksame Druckfläche so vermindern, daſs eine direkte Belastung benutzt werden kann
und alle Uebelstände der Hebelbelastung vermieden werden. Das hohlringförmige, mit
dem Stutzen B an dem Kessel zu befestigende Gehäuse A (Fig. 3)
mündet oben in einen schmalen Spalt, welcher von dem ringförmigen Ventile C bedeckt wird. Dasselbe ist mit einem Stege a versehen, auf dessen Mitte sich mit einer Spitze der
Bügel bc aufsetzt. An diesen kann entweder wie bei Fig.
3 ein Gewicht, oder wie bei Fig. 4 die
Zugstange einer Feder angehängt werden. Der Stützpunkt des Bügels liegt dabei etwas
unterhalb der Sitzebene. Nach Ansicht des Erfinders soll dieses Ventil eine doppelt
so groſse Durchströmöffnung geben, als ein gewöhnliches Ventil von demselben
Durchmesser, wobei er voraussetzt, daſs das Ventil sich ebenso hoch hebt wie
gewöhnliche Ventile. Dies wird jedoch voraussichtlich nicht der Fall sein, da hier
an jeder der beiden Sitzflächen eine Druckverminderung eintritt. Trotzdem ist
anzunehmen, daſs die Gesammtdurchströmöffnung wenigstens etwas gröſser sein wird als
sonst; andererseits wird jedoch auch der Ausfluſscoefficient hier geringer ausfallen
als gewöhnlich. Erst nähere Versuche werden daher über die Wirksamkeit entscheiden
können. Daſs zwei Dichtungsflächen statt einer vorhanden sind, wird keine besonderen
Schwierigkeiten bieten, da beide in einer Ebene dicht bei einander liegen.
Zweckmäſsig dürfte es sein, den Ring C wie auch seinen
Steg a recht kräftig auszuführen, da sonst durch die
Belastung leicht eine Formänderung des Ringes bewirkt werden könnte, die, an sich
unbedeutend, doch genügt, um das Dichthalten zu erschweren. Etwas bedenklich ist
auch die Beanspruchung des Stutzens B und seiner
Befestigungsschrauben. Im Uebrigen erscheint die Construction recht empfehlenswerth.
Die einzige Führung für den Ring bildet die untere Spitze des Steges a, welche in eine Vertiefung des am Gehäuse
befindlichen Steges d eingreift. Ein Klemmen ist also
überall ausgeschlossen. Die Sitzflächen sind auſsen sichtbar; mittels eines bei i (Fig. 4)
eingesteckten Domes kann der Ring zeitweise etwas gedreht werden. Das
Belastungsgewicht ist oben kegelförmig, um das Auflegen von weiteren Gewichten zu
verhüten, oder kann wie die Feder in Fig. 4 in
ein besonderes Gehäuse eingeschlossen sein. Um das Auflegen von Belastungen auf den
Ring C
selbst zu verhüten, wird
eine Schutzkappe angebracht, welche den Ring auch zugleich gegen seitliche Stöſse
sichert. Dieselbe stützt sich bei e auf das Gehäuse und
wird mittels der Mutter f befestigt. Die Stiftschraube
g, welche mit amtlichem Stempel versehen werden
kann, verhindert das Losdrehen der Mutter. Der zum Anheben des Ventiles dienende
Handgriff D ist durch einen Splint k mit dem Querstücke b des
Belastungsbügels verbunden, so aber, daſs bei geschlossenem Ventile der Splint unten
nicht aufliegt, der Handgriff sich vielmehr auf die Schutzkappe stützt. Es kann also
auch durch Belasten dieses Handgriffes die Ventilbelastung nicht vergröſsert werden.
Daſs bei diesem Ventile, auch wenn es schnell und hoch gehoben wird, doch kein
gefährlich groſser Querschnitt frei wird, kann ebenfalls als Vorzug angeführt
werden.
Als Muster einer Ausführungsform der gewöhnlichen Ventile mit Hebelbelastung führt
C. Carlo in der Zeitschrift
des Verbandes der Dampfkessel-Ueberwachungsvereine, 1883 S. 31 bei einer
Besprechung der Construction und Behandlung von Sicherheitsventilen die in Fig.
5 Taf. 1 abgebildete an. Dieselbe zeigt folgende Vorzüge: Die
Dichtungsfläche ist schmal und eben, kann daher leicht genau aufgepaſst werden. Eine
Undichtigkeit durch schiefe Lage, wie sie bei Kegelsitzen möglich ist, kann hier
nicht vorkommen. Der Druckstift steht genau in der Mitte in der Ebene der Sitzfläche
auf- selbst bei schiefgerichtetem Drucke werden daher alle Theile des Umfanges
gleichmäſsig gedrückt. Der Ventilteller ist ausgehöhlt, so daſs die Innenfläche
dicht am Sitze nahezu vertikal ist; die an dieser Stelle beim Abblasen eintretende
Druck Verminderung wird daher den das Ventil hebenden, vertikalen Druck nicht oder
nur wenig beeinflussen (vgl. A. Turnbull's Ventil 1882
244 * 417). Das Ventil wird sich daher höher als
gewöhnliche Ventile heben. Die Gelenke am Hebel sind durch Schneiden ersetzt,
wodurch die Reibung vermindert und ein Klemmen des Hebels in der Gabel vermieden
wird. Die Gabel ist oben durch einen dreikantigen Steg geschlossen, welcher
gegenüber den vierkantigen Stegen das Abspreizen des Hebels erschweren soll. Das
Gewicht wird durch Querstifte p am Herabfallen
gehindert. Die drei Schneiden liegen in einer Horizontalen; für die Schneiden am
Stützbocke und am Stifte s ist dies wichtig; die
Schneide des Gewichtsbügels könnte jedoch auch (es wäre dies vielleicht sogar
vortheilhaft) etwas höher liegen. Es dürfte hiernach die in Fig. 5
angegebene Form und Anordnung wohl empfehlenswerth sein. Viele der genannten Punkte
scheinen, so oft auch schon auf dieselben hingewiesen ist, noch nicht genügend
gewürdigt zu werden.
Fig.
9 bis 12 Taf. 1
zeigen eine Construction von A. Crépin in
Dunkerque (* D. R. P. Nr. 22446 vom
19. September 1882), bei welcher wie bei Fig. 3 und
4 der Ventilkörper gleichfalls durch einen Ring B mit zwei Sitzflächen gebildet wird. Letztere liegen jedoch hier nicht in
einer Ebene, sondern die eine unten bei k, die andere
oben bei k1
(vgl. Fig. 9),
beide dicht an der cylindrischen Innenfläche, mit welcher der Ventilkörper auf dem
am Gehäuse festen Kolben A gleitet. Es wird daher hier
schwieriger sein, das Ventil dicht zu halten. Das Dichtungsstück k2 für den oberen
Ventilsitz soll durch Keile nachgestellt werden. An dem Ringe B sind mittels Querstifte zwei kleine Kolben G befestigt, welche zur Hälfte in einer Höhlung des
Ringes liegen und zur Hälfte über seine Innenfläche vorstehen. Durch die Röhre F und die Querbohrung V in
A hat der Dampf unter diese Kolben Zutritt. Die vor
die Innenwand vortretende Querschnittsfläche derselben bildet also die wirksame
Druckfläche und der Ring B selbst dient als Belastung.
Treibt der Dampf, wenn seine Spannung die festgesetzte Grenze überschreitet, die
Kolben G in die Höhe, so nehmen diese den Ring B mit und es entsteht bei k sofort eine groſse Ausströmöffnung, bis der Hub durch den Anschlag des
Stiftes L begrenzt wird (vgl. Fig. 11).
Die Kolben G werden oben durch aufgeschraubte Muttern
abgedichtet. Das Rohr F wird oben durch eine
Kapselmutter M verschlossen, nach deren Abschrauben das
Rohr untersucht werden kann. Man wird dasselbe aber auch sehr wohl fortlassen
können. Anscheinend soll durch dasselbe eine Beeinflussung des auf die Kolben G wirkenden Druckes durch die an der Ausströmöffnung
auftretende Druckverminderung vermieden werden; doch ist eine solche, auch wenn das
Rohr fehlt, nicht wohl möglich. Das Ventil wird immer so hoch, als es der
Anschlagstift L zuläſst, gehoben werden und wird wie
das Ventil Fig. 1 und
2 sich schlieſsen, sobald die Spannung unter die festgesetzte Grenze
sinkt. Wenn es also möglich ist, das Ventil dicht und doch leicht beweglich
herzustellen und zu erhalten, so wird es in seiner Wirkung kaum etwas zu wünschen
lassen. An die Flansche a kann eine Ummantelung mit
Dampfabführungsrohr angeschraubt werden.
Bei der in Fig. 13
Taf. 1 dargestellten Anordnung sind die beiden Kolben G
durch einen ringsum laufenden Vorsprung mm1 ersetzt; dieselbe dürfte wegen ihrer gröſseren
Einfachheit der vorigen Einrichtung vielleicht vorzuziehen sein.
E.
Delsart in Anzin, Frankreich (* D. R. P. Nr. 24862 vom 1. Mai 1883) hat sich eine
Construction patentiren lassen, bei welcher eine zweimalige Hebelübersetzung
vorhanden ist, was wegen der vergröſserten Reibung nicht zu empfehlen sein dürfte.
Das Ventil liegt versteckt und die ganze Anordnung erscheint unzweckmäſsig.
Bemerkenswerth ist jedoch, daſs Delsart statt des
Dampfes Wasser aus dem Kessel ausströmen lassen will
und zu diesem Zwecke von dem Ventilgehäuse ein Rohr bis nahe auf den Boden des
Kessels führt. Es soll damit einer zu hohen Spannung schneller abgeholfen werden als
beim Abblasen von Dampf. Diese Anschauung beruht indessen auf einem Irrthume.
Allerdings würde durch ein und dasselbe Ventil bei gleicher Hubhöhe in einer
bestimmten Zeit eine bedeutend gröſsere Gewichtsmenge
Wasser ausströmen, als Dampf entweichen könnte; ja es würde das Wasser sogar einen viel
gröſseren Theil von der dem Kessel mitgetheilten Wärme mit wegführen als der Dampf.
Es kommt aber, wenn das Sicherheitsventil seine Aufgabe erfüllen soll, nur darauf
an, genügende Raummengen aus dem Kessel hinaus zu
lassen. Die dem Dampfkessel zugeführte Wärme wird nämlich, mag nun Dampf oder Wasser
ausströmen, immer zum weitaus gröſsten Theile dazu dienen, Wasser von der Temperatur
des Dampfes in Dampf überzuführen und für diesen Dampf muſs Raum geschaffen werden. Nun hat aber z.B. bei 6at Ueberdruck unter sonst gleichen Verhältnissen
der ausströmende Dampf eine 20 bis 25 mal gröſsere Geschwindigkeit als das
ausströmende Wasser; es wird also auch in gleicher Zeit dem Raume nach 20 bis 25 mal so viel Dampf zur Ausströmung gelangen als
Wasser. Uebrigens könnte das Abblasen von Wasser auch leicht gefährlich werden, da
(wenn nicht zufällig gleichzeitig gespeist wird) der Wasserstand viel schneller
sinken würde als beim Ausströmen von Dampf.
Schlieſslich möge noch eine originelle, wenn auch praktisch kaum verwerthbare
Construction von B. Hänelt in
Antwerpen (* D. R. P. Nr. 25314 vom
12. Juli 1883) erwähnt werden. Wie schon oben bemerkt, blasen manche
Sicherheitsventile auch dann noch ab, wenn die Dampfspannung schon erheblich unter
die festgesetzte Grenze, bei welcher das Ventil sich öffnete, gesunken ist.
Hauptsächlich um dies zu vermeiden, will Hänelt an
Stelle des Ventiles einen Hahn benutzen und hat hierzu
die in Fig. 14 bis
16 Taf. 1 veranschaulichte Einrichtung getroffen. Der Hahnkegel a wird an dem Dome des Kessels, an der Blindflansche
eines Dampfstutzens o. dgl. so befestigt, daſs seine Achse horizontal liegt und sein
Hohlraum stets dem Dampfe zugänglich ist. An dem um a
drehbaren Hahnmantel b befindet sich oben ein luftdicht
verschlossenes Gefäſs d. Ferner ist an demselben
einerseits ein Messingrohr, welches eine hohle Kugel c
aus Kupfer trägt, und andererseits ein Arm mit dem Gegengewichte e befestigt. Gegenüber der Rohrmündung hat der
Hahnkegel a eine solche Oeffnung, daſs der Hohlraum von
c bei allen in Betracht kommenden Lagen stets mit
dem Hohlräume von a, also mit dem Kessel in Verbindung
steht. Die Kugel c ist, ehe der Kessel angeheizt wird,
zur Hälfte mit Quecksilber gefüllt. Sobald nun die Spannung im Kessel, folglich auch
in der Kugel c steigt, wird ein Theil des Quecksilbers
durch ein dünnes Kupferröhrchen, welches die Kugel mit dem Gefäſse d verbindet, in letzteres hinaufgepreſst und dadurch
die Luft in d zusammengedrückt. In Folge dessen wird
die Kugel leichter und durch das Gegengewicht eine Drehung des Hahnmantels b bewirkt. Die Spannung der Luft in d wird immer um einen der Quecksilbersäule
entsprechenden Betrag geringer sein als die Dampfspannung in c. Je höher die Spannung steigt, um so mehr Quecksilber wird nach d übergehen, um so mehr also auch die Kugel c gehoben werden. Jeder Dampfspannung wird daher auch
eine bestimmte Lage des Hahnmantels entsprechen. Bei der Lage, welche der gröſsten zulässigen Spannung
zukommt, treffen nun zwei im Hahnkegel und Hahnmantel angebrachte Schlitze zusammen
und der Dampf gelangt zur Ausströmung. Die Schlitze (oder wenigstens einer
derselben) müssen so breit sein, daſs sie, auch wenn die Spannung noch wächst, eine
genügende Ausströmöffnung bieten; fällt die Spannung aber wieder unter die Grenze,
so wird auch sogleich der Dampf abgesperrt. Eine Regulirung des Apparates kann
zunächst durch Verstellung des Gegengewichtes e
erreicht werden. Auſserdem kann man durch den Hahn m
Quecksilber und durch den Hahn n Luft auslassen. Diese
Vorrichtung ist indessen schon aus dem Grunde nicht brauchbar, weil Hähne, wenn sie
dampfdicht schlieſsen sollen, ziemlich fest angezogen sein müssen. Die Reibung würde
daher viel zu bedeutend sein, um eine nur einigermaſsen sichere Wirkungsweise zu
ermöglichen.
Whg.