Titel: | De Laharpe's Schiebersteuerung ohne Excenter. |
Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, S. 8 |
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De Laharpe's Schiebersteuerung ohne
Excenter.
Mit Abbildungen auf Tafel 1.
De Laharpe's Schiebersteuerung ohne Excenter.
In Fig. 20 Taf. 1 ist nach den Annales
industrielles, 1883 Bd. 2 S. 244 ein Antriebmechanismus für einen
gewöhnlichen Muschelschieber dargestellt, welcher von De
Laharpe herrührt und vor dem gebräuchlichen Excentergetriebe mehrere
beachtenswerthe Vorzüge besitzt, wenn er auch nicht ganz so einfach ist. Die
Bewegung des Schiebers wird bei demselben von einem Punkte der Schubstange
abgeleitet, indem mit diesem eine eiförmige Bahn beschreibenden Punkte durch eine
Lenkstange l der längere Arm eines Hebels h verbunden ist, während an dessen kürzeren Arm mittels
einer zweiten Lenkstange die Schieberstange angehängt ist. An Stelle des Excenters
mit Bügel und Stange sind also zwei Lenkstangen und ein Hebel mit zusammen 4
Drehbolzen vorhanden. Dagegen ergeben sich bei zweckmäſsiger Construction gegenüber
der Steuerung durch Excenter folgende Vortheile: Die Reibung ist geringer, das
Oeffnen und Schlieſsen der Kanäle erfolgt schneller, die Dampfvertheilung kann für
beide Cylinderseiten gleichmäſsig gemacht werden, für dieselben Füllungen und unter
sonst gleichen Umständen erhält man späteres Oeffnen des Ausströmkanales, also,
längere Expansionsperioden, was namentlich für kleine Füllungsgrade werthvoll ist-
auch ergibt sich bei letzteren keine übermäſsig starke Compression u.s.w. In Fig.
17 sind die Dampfdruckdiagramme für Hin- und Rückgang des Kolbens, wie sie
sich nach dieser Steuerung und wie sie sich bei dem gebräuchlichen Excenterantriebe
ergeben, dargestellt. Bei ersterer findet der Dampfabschluſs auf dem Hingange wie
auf dem Rückgange bei 0,4 statt; bei der Excentersteuerung dagegen hinwärts etwas
später, bei D, und zurück etwas früher, bei D1. Die
Expansionsperiode fällt beim Hingange wie beim Hergange um etwa 1/15 länger aus. Der Antrieb ist also
gleichmäſsiger und der Dampf wird besser ausgenutzt.
Wie man eine solche Steuerung zu construiren hat, ist in Fig. 19
Taf. 1 veranschaulicht. Man verzeichnet zunächst die Bahn des auf der Schubstange
beliebig gewählten Punktes p und gibt auf derselben die
8 Lagen von p an, welche den gleichfalls beliebig zu
wählenden Kolbenstellungen bei Oeffnung und Schluſs des Einström- und des
Ausströmkanales entsprechen. Dabei kann man die verschiedenen Hubtheile für Hingang
und Rückgang gleich groſs nehmen. In Fig. 19 ist
beispielsweise der Beginn der Einströmung in den Punkten a,
a4, der Beginn der Expansion genau bei 0,5
des Hubes, der Beginn der Ausströmung bei 0,9 und der Beginn der Compression bei
0,72 (in den Punkten c, c1) angenommen. Nun ist zu beachten, daſs der Schieber, also auch der mit
ihm verbundene Hebel h beim Beginne der Einströmung
dieselbe Stellung haben muſs wie beim Schlüsse der Einströmung und ebenso beim
Beginne der Ausströmung die gleiche wie beim Schlüsse derselben. Hiernach läſst sich
der von dem Endpunkte des Hebels h beschriebene
Kreisbogen folgendermaſsen ermitteln: Man verbinde je zwei Punkte der eiförmigen
Bahn, welche dem Oeffnen und dem Schlieſsen eines Kanales entsprechen, also a mit dem Punkte 5, e1 mit c1 u.s.w., errichte auf der Mitte der
Verbindungslinien Senkrechte und schneide auf denselben von den Punkten 5, c1, e und a1 (oder auch von a,
e1, c und 5) aus gleiche Strecken ab, so daſs 5o = c1
m = en = a1
r ist. Durch drei der so gefundenen Punkte o, m, n, r kann man nun einen Kreis legen; man wähle
die äuſseren o und r und
einen der mittleren z.B. n. Dieser Kreis, dessen
Mittelpunkt g den Drehpunkt des Hebels h liefert, wird dann im Allgemeinen nicht genau durch
den vierten Punkt m, aber doch sehr nahe daran vorbei
gehen. Die hieraus sich ergebende Ungenauigkeit hat zur Folge, daſs, während
übrigens die Dampfvertheilung auf einer Kolbenseite genau so erfolgt wie auf der
anderen, die Oeffnung des Ausströmkanales auf der einen Seite etwas später
stattfindet als auf der anderen Seite (in dem Beispiele bei 0,91 statt bei 0,90 des
Kolbenhubes). Die Punkte t und t1, von denen man mit der Länge der
Lenkstangen l tangirende Kreisbögen an die eiförmige
Bahn legen kann, geben die äuſsersten Lagen des Hebels h an und die Strecken ot und rt1 entsprechen den
Schieber wegen von der äuſseren Kanalkante bis in die äuſserste Stellung, d.h. den
äuſseren Deckungen des Schiebers. Sollen diese gleich sein, so mache man rb gleich und parallel to,
ziehe durch den Drehpunkt g die Linien gh parallel zu t1
b und gk senkrecht zur
Schubrichtung des Schiebers und mache den Winkel oga,
welchen die beiden Arme des Hebels h mit einander
bilden, gleich dem Winkel hgk. Es werden dann, wie
leicht ersichtlich, ot und rt1 auf einer zu t1
b oder gh senkrechten
Geraden die gleiche Projection haben, folglich auch die von dem kurzen Hebelarme
beschriebenen entsprechenden Strecken ab
und a1
l1 auf einer zu gk senkrechten Geraden, d.h. auf der Richtung der
Schieberbewegung. Die Länge des Hebelarmes ga ergibt
sich aus dem Schieberhube.
In Fig. 18 ist gezeigt, wie sich der Mechanismus für eine
Zweischiebersteuerung verwenden läſst. A ist hier der
Hebel für den Grundschieber, B der für den
Expansionsschieber. Durch D ist der Stangenkopf des
ersteren, durch E der des letzteren angedeutet. Die
gezeichnete Stellung entspricht der äuſsersten Lage des Expansionsschiebers, bei
welcher der Kolben nach der Annahme 0,02 seines Hubes zurückgelegt hat.
Boulet hat bei einer 30pferdigen Compoundmaschine diese
Steuerung in einer ungefähr der in Fig. 20
gezeigten gleichen Anordnung für den groſsen Cylinder angewendet. Die Wirkungsweise
soll befriedigend sein.