Titel: | Ueber Chinolin- und Pyridinverbindungen. |
Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, S. 124 |
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Ueber Chinolin- und
Pyridinverbindungen.
Ueber Chinolin- und Pyridinverbindungen.
Bei der Darstellung gelber Farbstoffe aus Pyridin- und
Chinolinbasen kann nach E. Jacobsen in
Berlin (D. R. P. Zusatz Nr. 25144 vom
18. April 1883) das Phtalsäureanhydrid durch gechlorte Phtalsäuren
ersetzt werden (vgl. 1883 250 466).
Der aus dem bei 235 bis 240° siedenden Antheile der Steinkohlentheerbasen durch
Behandlung mit Phtalsäure erhaltene gelbe Farbstoff ist in Eigenschaften und
Zusammensetzung identisch mit dem aus Chinaldin und Phtalsäure entstehenden
Farbstoffe. Man erhält denselben Farbstoff auch aus dem durch Reduction von
Orthonitrobenzylidenaceton darstellbaren Methylchinolin (vgl. Farbwerke 1883 248 432),
welches demnach Chinaldin ist. Die zwischen 240 und
310° siedenden Steinkohlentheerbasen, welche ebenfalls mit Phtalsäureanhydrid u.s.w.
gelbe Farbstoffe liefern, scheinen dem Chinaldine homologe Verbindungen zu
enthalten.
Gelbe Farbstoffe werden auch erhalten, wenn man Cumidin durch Behandlung mit Aldehyd
und Salzsäure nach dem Verfahren von Döbner und Miller (vgl. 1883 250 533.
536) in Cumochinaldin oder Trimethylchinaldin verwandelt und letzteres mit
Phtalsäureanhydrid, Phtalimid, Nitrophtalsäure oder gechlorten Phtalsäuren
erhitzt.
Reines Chinolin, sowohl das aus Theer, wie das synthetisch dargestellte, liefert mit
Phtalsäure keinen gelben Farbstoff; dagegen erhält man gelbe Farben, wenn man das
Chinolin auf bekannte Weise methylirt, äthylirt, amylirt u.s.f. und die dabei
entstandenen Producte mit Phtalsäureanhydrid oder substituirten Phtalsäuren
behandelt. Ganz entsprechend dem Chinoline verhalten sich in letzterer Beziehung
seine im Benzolkerne substituirten Homologen, welche durch Einwirkung von Glycerin
und Schwefelsäure auf Toluidin und Xylidin entstehen.
Die Farbwerke vormals Meister, Lucius und Brüning in
Höchst (D. R. P. Nr. 26430 vom 3.
August 1883) wollen zur Darstellung von
Oxychinolinen Sulfosäuren primärer aromatischer Amine mit Glycerin und
Schwefelsäure unter Zusatz von aromatischen Nitroverbindungen nach Art der Skraup'schen Chinolinsynthese behandeln (vgl. 1881 242 375).
Zur Darstellung von Oxychinolin werden z.B. 100 Th. Sulfanilsäure, 120 Th. Glycerin,
150 Th. Schwefelsäure und 40 bis 50 Th. Nitrobenzol zusammen erhitzt. Nach beendeter
Reaction wird die Masse zur Entfernung der Schwefelsäure mit Kalk oder Baryt
versetzt und dann auf das Natronsalz der gebildeten Chinolinsulfosäure verarbeitet.
Dieses wird in trockenem Zustande mit 2 bis 3 Th. kaustischem Natron geschmolzen.
Nach Beendigung der Schmelze wird diese in Wasser gelöst, mit Säure neutralisirt und
das abgeschiedene Oxychinolin durch Destillation oder Krystallisation gereinigt. Die
aus Sulfanilsäure zunächst erhaltene Chinolinsulfosäure ist in Wasser ziemlich
leicht löslich und bildet farblose Nadeln; das daraus entstehende Oxychinolin
schmilzt bei 192° und ist identisch mit dem von Skraup
aus Paraamidophenol erhaltenen Paraoxychinolin.
Zur Herstellung von Oxynaphtochinolin werden 100 Th. α-Naphtyl-aminsulfosäure, 200 Th. Glycerin, 200 Th. Schwefelsäure und 50 Th.
Nitrobenzol 4 bis 6 Stunden lang im Oelbade auf 140 bis 160° erhitzt. Nach
Beendigung der Reaction wird mit Wasser verdünnt und von der ungelöst gebliebenen
α-Naphtochinolinsulfosäure abfiltrirt. Diese wird
durch Kochen mit einer verdünnten Lösung von saurem chromsaurem Kalium von
unveränderter α-Naphtylaminsulfosäure befreit und durch
mehrmaliges Lösen in
Soda und Ausfällen mit Säuren gereinigt. Sie ist schwer löslich in Wasser und
krystallisirt aus heiſsem Wasser in farblosen Nadeln. Mit Natronhydrat verschmolzen,
liefert sie ein bei 270 bis 275° schmelzendes Oxynaphtochinolin.
In derselben Weise können statt Sulfanilsäure und Naphtylaminsulfosäure als
Ausgangsproduct für Oxychinoline verwendet werden: o-Toluidin-m-Sulfosäure,
p-Toluidin-o-Sulfosäure. Man erhält so Orthotoluchinolinparasulfosäure bezieh.
Partoluchinolinmetasulfosäure und aus diesen durch Schmelzen mit Alkali
Paraoxyorthotoluchinolin und Metaoxyparatoluchinolin. Als Oxydationsmittel können in
diesem Verfahren der Darstellung von sulfonirten Chinolinen auſser Nitrobenzol auch
Nitrotoluole, Nitroxylole u.s.w. sowie die Nitrobenzolsulfosäuren zur Anwendung
kommen. Die Schwefelsäure kann selbstverständlich durch andere Wasser entziehende
Substanzen ersetzt werden.
Nach L.
Knorr in Erlangen (D. R. P. Nr. 26428 vom 22. Juli 1883) entstehen Chinolinabkömmlinge, deren Pyridinkern hydroxylirt ist,
aus Acetessigäther und seinen alkylirten und halogenisirten Substitutionsproducten
einerseits und aromatischen Monaminen, wie Anilin, Toluidin, Xylidin, Cumidin,
Naphtylamin, Amidoanthracen, Amidobenzoesäure, oder deren alkylirten oder
halogenisirten Substitutionsproducten, Chlor-, Brom-, Jod-, Methyl-, Aethyl-, sowie
ihren Azoabkömmlingen, andererseits beim mehrstündigen Erhitzen äquivalenter Mengen
auf 120° (am besten bei Luftabschluſs) und Einwirkung von Condensationsmitteln, z.B.
von concentrirter Schwefelsäure, auf die Reactionsproducte unter Abgabe von Wasser
und Alkohol nach folgender Gleichung:
CH3.CO.CH2.CO2C2H5 + C6H5NH2 = H2O + C2H5OH + C6H4.N.C4H5O.
Die so erhaltenen substituirten Oxychinoline sind fest, in
Wasser schwer löslich und besitzen sowohl saure, als schwach basische Eigenschaften;
sie sollen zur Darstellung von Farbstoffen und Arzneimitteln dienen.
Anilin und Acetessigester werden z.B. im Verhältnisse ihrer Molekulargewichte, am
besten bei Luftabschluſs, auf ungefähr 120° erhitzt. Das Einwirkungsproduct wird
entweder, längere Zeit mit concentrirter Schwefelsäure übergössen, sich selbst
überlassen, oder kurze Zeit mit concentrirter Schwefelsäure auf 180° erhitzt. Nach
dem Verdünnen mit Wasser wird mit Alkali genau neutralisirt; das dabei in Flocken
ausfallende Oxymethylchinolin schmilzt bei 221°.
A. Ladenburg und C. F. Roth
zeigen in den Berichten der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1884 S. 513, daſs das aus Pyridin synthetisch hergestellte Piperidin mit der aus Pfeffer
dargestellten Base identisch ist.
W. Königs und R. Geigy
(Daselbst S. 589) beschreiben die Herstellung der Oxypyridinmonocarbonsäure aus Oxychinolinsäure, sowie die Bildung von Pyridindisulfosäure durch Erhitzen von Piperidin mit
concentrirter Schwefelsäure. Durch Behandlung derselben mit Phosphorpentachlorid erhält man Trichlorpyridin, welches mit Quecksilberchlorid
krystallisirte Niederschläge gibt.
Auch das Pyridin gibt selbst in stark verdünnter (z.B.
0,001) wässeriger Lösung mit Quecksilberchlorid eine krystallisirende, schwer
lösliche Verbindung, welche sich in kochendem Wasser ziemlich leicht löst und beim
Erkalten in langen, weiſsen Nadeln ausscheidet; ebenso entsteht bei derselben
Verdünnung mit Cadmiumchlorid nach mehrstündigem Stehen eine in langen, farblosen
Nadeln krystallisirende Verbindung, welche sich in Bezug auf Löslichkeit in Wasser
wie die Quecksilberchloridverbindung verhält. Auch mit Quecksilberjodid gibt Pyridin
eine aus heiſsem Alkohole in schönen, weiſsen Nädelchen krystallisirende Verbindung.
Sehr schwer löslich ist ferner der Niederschlag, welchen Phosphor wolframsäure in
einer sauren Lösung von Pyridin hervorruft.
L. Knorr (Daselbst S. 540) macht weitere Mittheilungen
über die Synthese von Chinolinabkömmlingen.
Zur Gewinnung der Phenyl-β-Imidobuttersäure z.B. erhitzt man am besten ein Gemisch gleicher
Moleküle von Anilin und Acetessigester 4 bis 5 Stunden im Rohre auf etwa 150 bis
1600. Die Reactionsmasse wird auf dem Wasserbade vom gebildeten Alkohole befreit,
worauf sie leicht in einer Kältemischung zum Erstarren gebracht werden kann. Durch
Waschen mit Benzol-Ligroine trennt man die Krystalle der anhangenden Mutterlauge und
erhält sie durch einmaliges Umkrystallisiren aus Benzol oder Ligroine in reinem
Zustande. Bei mehrstündiger Einwirkung der concentrirten Schwefelsäure in der Kälte
wird sie glatt in γ-Oxychinaldin verwandelt. Dieselbe
Condensation erfolgt auch bei mehrstündigem Erhitzen mit 30 procentiger Salzsäure im
Rohre auf 1200. Die klare Lösung der Substanz in concentrirtem Alkali trübt sich
beim Erhitzen ölig. Das gebildete Oel ist in Aether leicht löslich, riecht ähnlich
dem Aniline, gibt aber die Chlorkalkreaction nicht.
Ganz in derselben Weise wie Anilin condensiren sich seine
Homologen mit Acetessigester. Gleiche Moleküle Orthotoluidin und Acetessigester
wurden z.B. im Rohre auf 150° erhitzt. Aus der Reactionsmasse kiystallisirt nach dem
Wegdunsten des Alkoholes die Orthotolyl-β-Imidobuttersäure in schönen flachen Nadeln. Dieselbe wurde
nicht isolirt, sondern gleich durch Einwirkung der concentrirten Schwefelsäure in
Orihotolu-γ-Oxychinaldin verwandelt; dieses zeigt
dieselben Eigenschaften wie das γ-Oxychinaldin.
Acetessigester und β-Naphtylamin
geben bei 150 bis 180° das Naphtalid der β-Naphtyl-β-Imidobuttersäure und dieses gibt beim
Behandeln mit Salzsäure β-Naphtyl-β-Imidobuttersäure. Diese entsteht auch bei der
Condensation von β-Naphtylamin und Acetessigester neben
ihrem Naphtalide und wird aus der Mutterlauge desselben durch Eindampfen und
Krystallisation gewonnen.
Löst man die Säure in concentrirter Salzsäure und erhitzt zum
Kochen, so tritt plötzlich Ausscheidung feiner Nadeln ein. Dieselben stellen ein
Hydrochlorat dar, welches durch Waschen mit Wasser zerlegt wird. Die rückständige
Base erhält man beim Umkrystallisiren aus Alkohol in flachen, glitzernden Nadeln vom
Schmelzpunkte 286°, deren Analyse zu β-Naphto-γ-Oxychinaldin führt. Dieses kann auch direkt aus dem Naphtalide vom
Schmelzpunkte 200° durch Kochen mit starker Salzsäure unter Naphtylamin-Abspaltung
gewonnen werden. Wird es mit der 20fachen Menge Zinkstaub erhitzt, so entsteht ein
öliges Destillat, welches nach einiger Zeit in Nadeln erstarrt. Dieselben wurden in
verdünnter Schwefelsäure gelöst und durch Zusatz von chromsaurem Kalium ein braunes,
schmieriges Chromat gefällt, welches aus Wasser in Drusen krystallisirt. Aus dem
Chromate wurde die Base durch Ammoniak frei gemacht, ausgeäthert und so als
strahlige Krystallmasse vom Schmelzpunkte 88° erhalten; sie zeigte alle
Eigenschaften eines Naphtochinaldins. Die Lösungen in Säuren fluoresciren
concentrirt grün, verdünnt stark blau.