Titel: | Mehl's Streckwerk für Spinnereimaschinen. |
Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, S. 233 |
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Mehl's Streckwerk für
Spinnereimaschinen.
Mit Abbildungen auf Tafel 18.
Mehl's Streckwerk für Spinnereimaschinen.
Bisher wurden die Verzugscylinder der Spinnmaschinen sowohl bei Selfactoren, wie bei
Drosselmaschinen so angeordnet, daſs die Berührungslinie, nach welcher die
Gespinnstfasern sich zwischen den Cylindern bewegen, eine Gerade LN bildet, und zwar entweder in horizontaler Richtung
nach Fig. 14 Taf. 18 oder in schiefer Richtung nach Fig. 15;
diese Linie sei „gerade Verzugslinie“ genannt. Diese Anordnung nach der
geraden Verzugslinie hat verschiedene Nachtheile, je nach ihrer wagerechten oder
schiefen Richtung und je nach dem Systeme der Spinnmaschinen. Bei horizontaler
Richtung der geraden Verzugslinie (Fig. 14)
haben die Gespinnstfasern zu wenig Berührung mit den geriffelten Zwischencylindern,
d.h. mit denjenigen Cylindern, welche zwischen der ersten und der letzten
Cylinderreihe liegen; die Fasern werden also nicht genügend gehalten und es erfolgt
daraus ein unregelmäſsiger Verzug. Dieser Uebelstand besteht besonders bei
Zwischencylindern, deren Druckcylinder keine weiche Bekleidung haben und nur durch
ihr eigenes Gewicht wirken, wie dies z.B. bei den Spinnmaschinen für Kammgarn der
Fall ist.
Die schiefe Richtung der Verzugslinie Fig. 15
wirkt überhaupt nachtheilig durch die durch sie bedingte umständliche und unsichere
Lagerung und Wirkungsweise der Druckorgane der zweiten und folgenden Cylinderreihen,
und dies um so mehr, je geringer deren Belastung ist. Sie wirkt aber besonders
nachtheilig bei Maschinen, bei welchen die Druckcylinder der zweiten und
nachfolgenden Cylinderreihe nur durch ihr eigenes Gewicht auf die Gespinnstfasern
drücken und nur durch Berührung mit den unteren geriffelten Cylindern ihre Bewegung
erhalten. Die Zapfen dieser Druckcylinder erleiden durch ihr Gewicht eine starke
Reibung gegen die vordere Wand der Schlitze, durch welche sie gehalten sind; diese
Reibung hindert die regelmäſsige Umdrehung der Druckcylinder und verursacht einen
unregelmäſsigen Verzug.
Die gerade Verzugslinie weist bei Flügel- und Ring-Drosselmaschinen noch besondere
Nachtheile auf. Beim Heraustreten aus der ersten Cylinderreihe (den Streckcylindern)
werden die Gespinnstfasern, besonders bei wenig gedrehtem Gespinnste, von a nach b befördert, ohne
durch Drehung verbunden
zu werden, weil diese sich nicht über den Tangentialpunkt b fortpflanzen kann. Weil nun die Fasern nicht verbunden und zu schwach
sind, um einzeln die Spannung auszuhalten, so entstehen viel Fadenbrüche und Abgang;
auſserdem brechen die einzelnen Fasern in groſser Zahl und liefern ein schwaches
unregelmäſsiges Gespinnst.
Die neue, in Fig. 16
Taf. 18 skizzirte Anordnung der Verzugscylinder nach der gebrochenen Verzugslinie ABCD, wie sie Ernest
Mehl in Augsburg (* D. R. P. Kl. 76 Nr. 25066 vom 5. April 1883) in Vorschlag
bringt, beseitigt alle oben erwähnten Nachtheile. Es kommen hierbei die
Gespinnstfasern in gröſsere und genügende Berührung mit den geriffelten
Zwischencylindern, von welchen hier zwei, B und C, angedeutet sind. Diese Anordnung gestattet, die
Druckcylinder der ersten Reihe (der Streckcylinder) so weit vorwärts gegen die
Spindeln zu neigen, als nöthig, damit die Drehung der Fasern sich ohne Hinderniſs
bis zu dem Austritte derselben aus den Streckcylindern fortpflanzen kann, was bei
der geraden Verzugslinie in horizontaler Richtung nicht möglich wäre, weil die
Entfernung zwischen der Berührungsstelle der Streckcylinder und jener der zweiten
Cylinderreihe zu groſs und dadurch groſse Ungleichheiten des Gespinnstes verursachen
würde.
Endlich können bei dieser Anordnung, trotz der stark nach vorn geneigten
Druckcylinder der vordersten Reihe, die Druckcylinder der zweiten und aller
nachfolgenden Cylinderreihen senkrecht auf die Riffelcylinder gelagert werden, was
wiederum bei einer geraden Verzugslinie in schiefer Richtung unmöglich ist.