Titel: | G. F. Deacon's neuer selbstregistrirender Wassermesser. |
Autor: | O. L. |
Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, S. 350 |
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G. F. Deacon's neuer selbstregistrirender
Wassermesser.
Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 28.
G. F. Deacon's neuer selbstregistrirender Wassermesser.
Es ist eine bekannte Thatsache, daſs insbesondere in gröſseren Städten die Rohrnetze
der Wasserleitungen mehr und mehr undicht werden; veranlaſst ist dieser
beklagenswerthe Umstand einestheils durch den Gebrauch der
Wasservertheilungseinrichtungen, hauptsächlich der Privatleitungen, anderentheils
durch die Unsicherheit der Unterlage für die Röhren, welche durch Aufgrabungen aller
Art fort und fort gelockert wird. Durch solche Undichtigkeiten entstehen
Wasserverluste von zweierlei Art: sichtbare und unsichtbare. Die sichtbaren befinden sich meistens an den Hausleitungen,
herbeigeführt durch undichte Hähne u. dgl.; die unsichtbaren sind unter dem Boden und entweder durch undichte Muffen und
Flanschen, oder durch Fehler an den Röhren veranlaſst. Bedenkt man, daſs die
Rohrnetze in der Regel einer andauernden Pressung von etwa 3at ausgesetzt sind und daſs unter dieser Pressung
durch eine Oeffnung von der Gröſse eines Nadelöhres etwa 1cbm Wasser im Tage entweicht, so wird man
begreifen, zu welcher beträchtlichen Höhe sich in schlecht erhaltenen Rohrnetzen die
Wasserverluste durch Undichtigkeiten erheben können.
Um diese Wasserverluste durch Undichtigkeiten zu vermindern, sind bis jetzt
hauptsächlich 3 Methoden angewendet: Man hat in erster Linie die Wasserversorgung
intermittirend gemacht, d.h. statt zu jeder Zeit Wasser abzugeben, die Abgabe auf
eine bestimmte und meist sehr kurze Zeitdauer beschränkt. Die Abnehmer haben in
diesem Falle Hausbehälter, welche zu Zeiten der Wasserabgabe gefüllt werden, um für
die Zeit der Unterbrechung der öffentlichen Versorgung vorzuhalten. Es ist klar,
daſs, wenn ein Rohrnetz statt 24 Stunden nur 2 oder 3 Stunden unter hohem Drucke
steht, die Entweichungen an Wasser durch Undichtigkeiten 12 bis 8 mal geringer
werden. Diese Art der Wasservertheilung hat jedoch so viele hygienische und andere
Nachtheile, daſs sie sich nur in wenigen Städten des Festlandes (bei uns z.B. in
Hamburg) zu erhalten vermag. Der zweite Weg, diesen Verlusten zu entgehen, besteht
darin, alle vorhandenen Leitungen u. dgl. herauszunehmen und durch ganz neue bester
Construction zu ersetzen. Hat man dadurch den gewünschten Vortheil auch für den
Augenblick erreicht, so ist damit noch lange nicht gesagt, daſs für alle Zukunft den
Uebelständen abgeholfen sei. Es werden vielmehr mit der Zeit die alten Mängel
wiederkehren, da auch die besten Constructionen dem Verschleiſse unterliegen. Die
dritte Methode, welche am häufigsten zur Anwendung kommt und auch als das
zweckmäſsigste Verfahren bezeichnet werden muſs, ist die der Aufsuchung der
vorhandenen Undichtigkeiten und die Abstellung derselben; sie verursacht jedoch bei
einem sehr ausgedehnten Rohrnetze groſse Schwierigkeiten und Kosten, da man die
sichtbaren Fehler von Haus zu Haus ermitteln und die Wasserabnehmer zu deren
Behebung zwingen muſs und hinsichtlich der Auffindung von unsichtbaren
Undichtigkeiten (Leckagen) seither auf sehr primitive Mittel beschränkt war. (Vgl.
Muchall * S. 191 d. Bd.)
Es ist das Verdienst des Direktors der Liverpooler Wasserwerke G. F. Deacon, nach dieser Richtung hin durch den von
ihm construirten Wassermesser dem Wasserwerksbetriebe eine groſse Erleichterung
verschafft zu haben, wie aus folgendem Berichte nach dem Génie civil, 1883/4 Bd. 4 S. 309 näher hervorgehen wird.
Im J. 1865 war das in Liverpool angenommene Versorgungssystem ein gemischtes; ein
Theil der Abnehmer wurde zeitweise, der andere Theil ohne Unterbrechung mit Wasser
versehen. Für die Beaufsichtigung der Hausleitungen kam im J. 1865 ein Inspector auf
110000 Einwohner; 1871 konnte ein derartiger Angestellter nur noch einen Bezirk von
43000, im J. 1872 nur noch einen solchen von 36000 Einwohnern bewältigen. Dabei kam
das Prinzip der zeitweisen Versorgung mit wachsender Strenge zur Anwendung und man
beschränkte die Wasserabgabe auf 9 Stunden im Tage. Trotz aller dieser Vorkehrungen
wuchs der Wasserbedarf in einer Weise an, daſs man nach Lage der Dinge mit
Bestimmtheit das Eintreten von Wassermangel in trockenen Zeiten vorhersehen konnte.
In dieser Bedrängniſs stellte die Wasserwerksgesellschaft von Liverpool beim
Parlamente den Antrag auf Ermächtigung zur zwangsweisen Umlegung des Rohrnetzes und
Ersatz durch ein vollständig neues. Die nachgesuchte Ermächtigung wurde jedoch nicht
ertheilt. Dadurch ist die Gesellschaft gezwungen worden, die Ursachen der
Wasserverluste genau zu studiren und ein Verfahren aufzusuchen, mittels dessen man
die Hauptveranlassungen dieser Verluste rasch beseitigen konnte.
Zunächst wurde mit groſsem Aufwände in einem Bezirke von etwa 31000 Einwohnern eine
genaue Ermittelung des Wasserverbrauches vorgenommen. Man erhielt folgende Resultate
für Kopf und Tag:
1)
Nach vorgenommener Prüfung von Haus zu Haus, jedoch vor Be-seitigung
aller sichtbaren Wasserverluste, betrug der Verbrauch
152l
2)
Bei Einführung der zeitweisen Versorgung, 9,5 Stunden im Tage
89
3)
Nach genauer Aufsuchung und Ausbesserung aller
Undichtigkeiten(sämmtliche Inspectoren von Liverpool kamen hierbei in
Ver-wendung), ebenso nach Auswechslung aller Ventile u. dgl. m.
beiununterbrochener Versorgung
61
Durch diese sehr kostspielige, mit Hilfe von 14 Wassermessern angestellte Beobachtung
überzeugte man sich, daſs die geplante Erneuerung sämmtlicher Leitungen eine
ungerechtfertigte Verschwendung wäre, indem im Allgemeinen die Rohrleitungen noch
nicht schlecht waren und die vorhandenen Undichtigkeiten mit unbedeutendem Aufwände
verstopft werden konnten. Man ging also an eine durchgreifende Untersuchung der
Leitungen.
Das seit langer Zeit bekannte Verfahren, einen Leck an dem Geräusche, welches von der
Leckstelle durch das Rohr weiter getragen wird und dem Ohre wahrnehmbar ist, zu
erkennen, diente auch im vorliegenden Falle zur Auffindung der Undichtigkeiten.
Dieses Verfahren führt jedoch nur dann zum Ziele, wenn vollständige Stille herrscht,
was in groſsen Städten nur während der Nachtstunden der Fall ist. Die Inspectoren
wurden deshalb mit einem Hörrohre und einem Apparate, um zu den metallischen
Oberflächen der Leitungen zu gelangen, ausgerüstet und, statt daſs man dieselben wie
seither am Tage von Haus zu Haus nachsehen lieſs, zur Auffindung der Undichtigkeiten
während der Nacht verwendet. Auf der anderen Seite war ein Apparat zur Eintragung
der Ergebnisse nöthig, welcher unabhängig von den Inspectoren arbeitete, etwa wie
eine Wächtercontroluhr. Einen solchen Apparat hat nun G. F.
Deacon erfunden.
Der in Fig. 1 Taf. 28 im Längenschnitte gezeichnete Deacon'sche WassermesserDer Grundgedanke der Deacon'schen Construction,
die durchflieſsende Wassermenge nach der Oeffnung eines veränderlichen
Durchgangsquerschnittes zu bemessen, wurde schon von E. A. Chameroy in Paris (vgl. 1869 193
* 185) bei einem Wasser-Registrirapparate benutzt, welcher auch die
kegelförmige Durchfluſsbüchse und eine in derselben spielende Ventilscheibe,
nur in umgekehrter Ausführung zeigt. Der Wassermesser von G. F. Deacon erschien in zunächst noch
unvollkommener Gestalt 4 Jahre später (Englisches Patent Nr. 907 vom 13.
März 1873) mit Hebel und Feder zur Aufnahme des Druckes auf den Ventilteller
und wurde dann nach und nach durch Ersatz der Feder durch ein Gewicht
(Englisches Patent Nr. 4064 vom 29. December 1873) und durch verschiedene
andere, eine Erhöhung der Betriebssicherheit bezweckende Verbesserungen
(Englisches Patent Nr. 50 vom 5. Januar 1875) vervollkommnet. Eine
Beschreibung des letzteren Apparates, welcher jedoch von der neuesten, oben
besprochenen Einrichtung weit übertroffen ist, findet sich in den Annales des Ponts et Chaussées, 1876 Bd. 2 S.
191. ist so construirt, daſs die gesammte, einem Bezirke von 1000
bis 4000 Einwohnern zuströmende Wassermenge denselben durchflieſsen kann, ohne einen
fühlbaren Druckverlust zu verursachen. Der Apparat wird an einer Stelle in die
Zuleitung eingeschaltet, an welcher der Straſsenverkehr den Zugang zu demselben
nicht stört, oder man verlegt zu diesem Zwecke die Hauptleitung nach dem
Fuſssteige.
Das Wasser durchflieſst im Apparate eine Büchse von Bronze mit senkrechter Achse,
welche oben von gleicher Licht weite wie die Rohrleitung ist, nach unten hin aber
sich kegelförmig erweitert. In dieser Büchse bewegt sich ein wagerechter
Bronzeteller, verbunden mit einer zu demselben concentrischen hohlen Führungsstange, welche
in einem Messingrohre senkrecht gehalten ist und sich leicht in demselben auf- und
abbewegen kann. An dem oberen Ende dieser den Teller tragenden Führungsstange ist
ein feiner Metallfaden befestigt, welcher zwischen zwei Reinigungspfropfen von
Phosphorbronze durchgeht und sodann aus der Wasserkammer in den wasserfreien,
oberhalb derselben befindlichen Kaum eintritt. Von dem Zwischenräume zwischen den
beiden Reinigungspfropfen geht ein Röhrchen E für den
Wasserabfluſs in die Erde, um die Zusickerung, welche längs des Metallfadens an dem
unteren Pfropfen erfolgen könnte, abzuführen bezieh. von dem Eintritte in die
Luftkammer abzuhalten. In der Luftkammer ist der Faden an einem kleinen Wagen
befestigt, welcher senkrecht geführt ist und einen Schreibstift aus Metall trägt.
Dieser Wagen wird sodann durch einen zweiten Metallfaden, welcher über eine Rolle
läuft und ein Gegengewicht trägt, schwebend erhalten. Das Gegengewicht ist schwerer
als die dem ersten Metallfaden anhängende Last, so daſs, wenn kein Wasserdurchfluſs
stattfindet, der Teller sich an dem oberen Theile der conischen Büchse in der Lage
CD festsetzt. Sobald sich nun ein Durchfluſs
entwickelt, empfängt der Teller eine Pressung von oben nach unten und das Wasser
tritt zwischen demselben und der Innenfläche des Hohlkegels durch. Teller, Wagen und
Schreibstift kommen in eine Gleichgewichtslage, sobald die von oben nach unten
gerichtete Pressung, welche der lebendigen Kraft des durchströmenden Wassers
entspricht, gleich wird der von unten nach oben wirksamen Gegenkraft, bestehend in
dem Gewichtsüberschusse des Gegengewichtes über den Kolben nebst Zubehör. Es gibt
mithin für jede gegebene Durchfluſsgeschwindigkeit eine gegebene Stellung des
Schreibstiftes über der Null-Linie, für welch letztere sich der Teller in der Lage
CD befindet.
Vor dem Stifte dreht sich eine durch ein Uhrwerk getriebene Trommel, auf welcher ein
bedrucktes Papier befestigt ist, dessen Null-Linie genau eingestellt wird. Die
Trommel macht in 24 Stunden eine ganze Umdrehung, so daſs also die Zeiteintheilung
proportional dem Umfange des Papierstreifens bezieh. der Länge des abgewickelten
Blattes erfolgen kann. Die Lage des Stiftes zu einer bestimmten Zeit ergibt deshalb
einen Maſsstab für die zu dieser Zeit durch den Apparat flieſsende Wassermenge und
die letztere kann durch Versuche auf dem Wege direkter Messung festgestellt und für
gewisse bestimmte Durchfluſsmengen durch Horizontallinien auf dem über die Trommel
gespannten Papiere gekennzeichnet werden. Man erhält hieraus ein Diagramm, auf
welchem die Zeit als Abscisse, die entsprechende Wassermenge als Ordinate gemessen
ist.
Das beigegebene Diagramm verdeutlicht den ganzen Vorgang, indem es die verschiedenen
praktisch vorkommenden Fälle graphisch darstellt und den Wasserverbrauch eines
Bezirkes von 1933 Einwohnern zeigt.
Textabbildung Bd. 252, S. 353
In diesem Bezirke entweichen durch verborgene Undichtigkeiten in der Stunde 800 Gallonen (3635l) oder 9,9 Gallonen (44l,9) für Kopf und Tag. Die sichtbaren Wasserverluste (hauptsächlich Undichtigkeiten an Auslaufhähnen
u. dgl.) ergaben eine Wassermenge von 400 Gallonen (1817l) oder von 5 Gallonen (22l,7) für Kopf
und Tag. Auf dem Diagramme sind die ersteren durch das untere (heller schraffirte)
Rechteck mit der 800 Gallonen entsprechenden Ordinate dargestellt, die letzteren
durch das zwischen der 800 und 1200 Gallonen-Ordinate liegende kreuzweise
schraffirte Rechteck, da man, die Pressung im Rohrnetze als annähernd constant
voraussetzend, die durch die Lecke entweichende Wassermenge ebenfalls als nahezu
constant annehmen darf. Beide Flächen weisen einen Verlust von 1200 Gallonen
(5452l) in der Stunde oder von 14,9 Gallonen
(67l,7) für Kopf und Tag nach. Der nützliche Verbrauch in den 360 Häusern, welche diesen
Bezirk zusammensetzen, gibt sich als unregelmäſsiger und wechselnder Durchfluſs in
dem Diagramme kund. So oft sich ein Auslaufhahn öffnet, zeigt das Diagramm eine
gröſsere, so oft er geschlossen wird, eine kleinere Ordinate. Man bemerkt dabei
einen wesentlichen Unterschied in dem Falle, in welchem zwischen der Hauptleitung und den
Auslaufstellen ein Sammelbehälter eingeschaltet ist oder nicht. Wenn der Auslaufhahn
unmittelbar gespeist wird, stellt das Diagramm ein Rechteck vor, dessen senkrechte
Seiten zwei Abscissen entsprechen, aus deren Differenz die Dauer des Auslaufes sowie
der Augenblick der Oeffnung und des Schlusses hervorgehen; die Höhe ergibt den
stündlichen Verbrauch (in Gallonen), welche dem Oeffnen des Hahnes gleichkommt. Ein
solches Rechteck ist z.B. zwischen den Abscissen 3 Uhr 32 Min. und 3 Uhr 37 Min.
Morgens ersichtlich. Ist dagegen ein Zwischenbehälter vorhanden, so wird bei der
Oeffnung eines Hahnes durch das Diagramm die plötzliche Oeffnung und der allmähliche
Schluſs des Schwimmerventiles im Behälter dargestellt; das Diagramm nimmt in diesem
Falle die Gestalt eines krummseitigen Dreieckes an, wobei die Curve den allmählichen
Verlauf der Behälterfüllung darstellt. Ein solches Beispiel bietet das vorliegende
Diagramm zwischen 4 Uhr 17 Min. und 4 Uhr 35 Min. Morgens.
Die durch das Diagramm gegebenen Flächen sind deshalb dreierlei Art: stetiger
Auslauf, verursacht durch die Undichtigkeiten; gleichmäſsiger Auslauf von kurzer
Dauer, hervorgerufen durch die Oeffnung eines Hahnes, welcher direkt aus dem
Zuleitungsrohre entnimmt; Auslauf mittels eines Zwischenbehälters, welcher in der
Zuleitung sofort mit der Oeffnung des Schwimmerventiles einen Durchfluſs bedingt,
der im Anfange am gröſsten ist und sich nach und nach verringert.Ständig laufende Brunnen, wie dieselben bei uns vielfach vorkommen, scheint
man in Liverpool nicht zu kennen.L. Durch diese
verschiedenartigen Entnahmen erhält das Diagramm in seiner oberen Begrenzung einen
sehr unregelmäſsigen Verlauf. Von Mittags bis 10 Uhr 50 Min. Abends ergibt sich
neben dem andauernden Verluste durch Undichtigkeiten ein von Minute zu Minute
wechselnder Verbrauch, doch immerhin für kleinere Zwischenräume von nahezu gleichem
Durchschnitt; zwischen 10 Uhr 50 Min. Abends und Mitternacht dagegen nimmt die
nützliche Wasserentnahme sehr rasch ab. Von Mitternacht bis 3 Uhr Morgens ist
ersichtlich, wie sich allmählich die Schwimmkugelhähne der Hauswasserbehälter
schlieſsen; von 3 Uhr bis 4 Uhr 45 Min. zeigt eine wagrechte Linie den einzig von
den Wasserverlusten herrührenden Auslauf, nur durch 5 direkte Entnahmen und 4
Entleerungen in Zwischenbehälter unterbrochen. In Ausnahmefallen, z.B. bei Ausbruch
eines Brandes, wobei die Leitung eine die normale Bedarfsziffer bedeutend
übersteigende Wassermenge durchflieſsen läſst, senkt sich der Teller in die Lage AB (vgl. Fig. 1 Taf.
28) herab; der Durchfluſsquerschnitt ist sodann gleich groſs wie bei jedem anderen
Theile der Leitung und der Druckverlust wird unbedeutend.
Nachdem hiermit der Deacon'sche Wassermeſsapparat und
seine Wirkungsweise erklärt ist, erübrigt noch, zu erläutern, welche Vortheile derselbe bei der
Aufsuchung und Verstopfung von Undichtigkeiten eines Rohrnetzes bietet. Um dies
kürzer fassen zu können, sei als Beispiel das fehlerhafte Rohrnetz einer Stadt von
100000 Einwohnern vorausgesetzt und auf dieses die Deacon'sche Untersuchungsmethode angewendet.
Man wird vor Allem das Versorgungsgebiet in eine bestimmte Anzahl
Bezirke, von welchen jeder seinen eigenen Wassermesser hat, eintheilen. Die Zahl
dieser Bezirke, welche von der allgemeinen Anlage des Rohrnetzes abhängen wird,
dürfte sich auf etwa 50 bis 60 belaufen; für die Beaufsichtigung bedarf man
mindestens 3 Inspectoren. Man bringt sodann die Wassermesser an und setzt, wenn dies
nicht schon geschehen sein sollte, vor jede einzelne Hauszuleitung ein Absperrventil
oder einen Schieber. Einer der Inspectoren legt um die Trommeln der
Wassermeſsapparate die Diagrammpapierblätter (er vermag etwa 30 im Tage umzulegen)
und bringt gleichviel beschriebene Diagramme, welche er abgelöst hat, auf das
Bureau. Einige Tage nach der Ingangsetzung der Untersuchung besitzt sodann der
Betriebsleiter 60 Diagramme, auf welche ein Gehilfe das hervorgehende Ergebniſs für
den Durchfluſs in der Stande bezieh. in Gallonen oder Liter für Kopf und Tag an
hervorragender Stelle einschreibt.
Aus diesen Diagrammen ergibt sich nun z.B. die auffallende
Thatsache, daſs 10 der 60 Bezirke etwa 5mal mehr Wasser bedürfen als die anderen und
zwar ohne auffallenden Grund, da die Vertheilungseinrichtungen sowohl, als die
Verbrauchsbedingungen in dem einen wie in dem anderen die gleichen sind. Der
Betriebsleiter wird nun seine Hauptaufmerksamkeit auf die 10 Bezirke richten, welche
das meiste Wasser verbrauchen; beim ungünstigsten wird eiserne die Sachlage
aufklärenden Maſsnahmen beginnen. Zwei Inspectoren werden zu den Nachtbeobachtungen
verwendet; man gibt ihnen zu diesem Zwecke (in Liverpool wenigstens ist dies der
Fall) einen kleinen Plan des Bezirkes mit, damit sie kein Haus auslassen und ihre
Untersuchungen auf die diesen Theil zusammensetzende Häusergruppe beschränken. Gegen
Mitternacht beginnt ihre Thätigkeit; sie behören der Reihe nach jedes Absperrventil
(oder Schieber), indem sie sich der Schlüsselstange als Schallleiter bedienen. Jedes
Ventil, durch welches man Wasser flieſsen hört, wird sodann geschlossen und die
Nummer des Ventiles (Hauses) und genau der Augenblick des Abschlusses vorgemerkt;
diesen Abschluſs und den bestimmten Augenblick, in welchem derselbe geschah, hat der
auf der Hauptzuleitung zum Bezirke sitzende Wassermesser aufgezeichnet, unabhängig
von der Notiz des Nacht-Inspectors.
Auf dem Fuſswege, in welchem diese Absperrventile sitzen, wird
sodann mit Kreide ein Zeichen gemacht. Dauert das Geräusch nach dem Abschlüsse fort,
so ist offenbar noch ein Leck zwischen der Hauptleitung und dem Absperrventile
vorhanden; in solchem Falle wird jedoch das Rauschen an mehreren Ventilen
wahrgenommen und man schlieſst in der Regel nach der Stärke desselben auf die
Leckstelle. Man behört nachher verschiedene Stellen von Fuſsweg und Fahrstraſse, bis
man den Punkt findet, an welchem das Geräusch am stärksten ist; ein neues
Kreidezeichen wird sodann selten verfehlen, die Stelle eines undichten Muffes oder
eines schadhaften Rohres dem Tag-Inspector anzugeben, welcher in der Frühe,
begleitet von einem Arbeiter, den Bezirk abgeht.
In der Zeit von 2 bis 4 Uhr Morgens ist der Umgang beendigt und
die Nacht-Inspectoren sind in die Nähe des Wassermessers zurückgekehrt; sie
schlieſsen alsdann den Schieber der Hauptleitung und belassen ihn einige Minuten im
geschlossenen Zustande; nachher öffnen sie denselben wieder und des Weiteren der
Reihe nach alle Absperrventile, welche sie nach den Kreidemarken leicht wieder
finden können. Endlich kehren sie zum Nacht-Bureau zurück, um mit Abklatschtinte in
ein besonderes Formular alle Einzelheiten ihrer Beobachtungen auf dem Nachtgange
aufzuschreiben. Eine andere, weniger häufig angenommene Untersuchungsart, die nur in
jenen Fällen, in welchen der Wasserverlust schon bedeutend herabgemindert ist, zur
Anwendung kommt, besteht darin, alle Schieber zu schlieſsen, ohne sie zu behören.
Auf dem Rückwege öffnet
und behört man sodann einen nach dem anderen; hierdurch werden die kleinen, von den
Schwimmkugel-Behältern herrührenden Wasserverluste aufgeklärt.
Am gleichen Morgen um 9 Uhr erhält der Tag-Inspector einen
Abklatsch des Berichtes vom Nacht-Inspector. Er untersucht sodann die bezeichneten
Stellen auf die sichtbaren und unsichtbaren Wasserverluste und kann, weil er nur
dort besichtigt, wo wirkliche Fehler vorliegen, in einem Tage mehr erreichen, als er
mit der Besichtigung von Haus zu Haus in Wochen erreicht hätte. In der Regel
schreibt er sodann Nachmittags mit rother Tinte die Ergebnisse seiner Untersuchungen
in den Bericht des Nacht-Inspectors. Am gleichen Tage empfängt der Betriebsleiter
oder dessen Gehilfe das Diagramm, welches von dem Wassermesser des bei dem
Nachtrundgange untersuchten Bezirkes abgenommen wurde, und prüft dasselbe. Er sieht
daraus, welche Zeit die Untersuchung des Nacht-Inspectors in Anspruch genommen hat;
er erkennt ferner alle entdeckten Wasserverluste auch im Diagramme und einen Monat
später zeigt ihm ein neueres Diagramm die Erfolge der auf die Behebung der
entdeckten Lecke gerichteten Thätigkeit des Tag-Inspectors.
Verglichen mit dem heute noch bei uns üblichen Verfahren der Untersuchung von Haus zu
Haus, ersieht man, daſs die groſsen Erfolge der Methode Deacon's in 3 Dingen zu erkennen sind: 1) Die Inspectoren werden nur in
jenen Bezirken beschäftigt, in welchen die gröſsten Wasserverluste beobachtet
werden. 2) Die Zeit, welche für die Entdeckung dieser Verluste aufzuwenden ist, ist
sehr beträchtlich vermindert. 3) Die verborgenen Wasserverluste sind ebenso leicht
zu finden wie die sichtbaren und die Thätigkeit der mit der Aufsuchung beauftragten
Beamten ist durch den Wassermesser bestens controlirt.
Das beschriebene Verfahren ist in England thatsächlich auf Bezirke angewendet, deren
Gesammtbevölkerung sich auf mehr als 1½ Millionen beziffert; überall fand man, daſs
der Aufwand im Vergleiche mit den erzielten ökonomischen Vortheilen unbedeutend war
und sich in 6 bis 12 Monaten durch das für den nützlichen Verbrauch zurückgewonnene
Wasser reichlich bezahlte.
Schlieſslich sei noch der Maſsnahmen gedacht, welche in Liverpool getroffen werden,
um die Beseitigung der Fehler so vollkommen und nachhaltig als möglich zu machen.
Wenn man sich entschieden hat, ein Rohr oder einen Maschinentheil (Hahn, Schieber,
Schwimmkugelventil o. dgl.) auszuwechseln, so wählt man als Ersatz stets das Beste,
was es gibt, und das Verlegen wie die Zusammenstellung geschieht mit der gröſsten
Sorgfalt. Trotzdem wird jede Ausbesserung oder Neueinrichtung nach Fertigstellung
nochmals genau untersucht und einer Probepressung unterworfen, wobei sich manchmal
an den Apparaten der angesehensten Fabriken Mängel nachweisen lassen. Es dürfen nur
solche Rohrleger, welche sich unterschriftlich zur Einhaltung der von der
Wasserwerksgesellschaft aufgestellten Vorschriften und Constructionstypen
verpflichtet haben, Arbeiten ausführen; ferner darf kein Stück verlegt werden,
welches nicht von der Gesellschaft geprüft und mit dem Zulassungsstempel versehen
ist. Mit der Prüfung und Abstempelung der Einrichtungsgegenstände ist ein besonderer
Beamter betraut.
Aehnliche Vorschriften bestehen zwar auch bei uns- allein man wendet noch lange nicht
jene Sorgfalt bei den Hausanlagen an, wie sie angesichts des beträchtlichen
Schadens, welcher durch die Wasserverluste erwächst, angezeigt wäre. Auch sind
unsere Einrichtungen erst ein Jahrzehnt, wenige darüber, im Gebrauche. Mit
zunehmendem Alter werden sich bei uns ähnliche Miſsstände wie in England zeigen und
dann dürfte der Deacon'sche Wassermesser und die damit
verbundene Untersuchungsmethode geradezu unentbehrlich sein.
O. L.