Titel: | Currie und Timmis' elektrische Eisenbahnsignale. |
Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, S. 408 |
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Currie und Timmis' elektrische
Eisenbahnsignale.
Mit Abbildungen auf Tafel 30.
Currie und Timmis' elektrische Eisenbahnsignale.
In den von der Gloucester Waggon Works Company in
Gloucester ausgeführten Eisenbahnsignalen von St.
Currie und Ill. A. Timmis werden nach dem Engineer, 1884 Bd. 57 S. 202 die Signalmittel (bezieh.
Weichenzungen) unmittelbar vom Elektromagnete bewegt. Der letztere hat daher eine
eigenthümliche Einrichtung erhalten, damit er seinen Anker nicht nur sehr kräftig,
sondern auch aus verhältniſsmäſsig groſser Ferne und auf einem groſsen Wege
anzuziehen vermag, zugleich aber auch ein heftiger Stoſs beim Auftreffen des Ankers
auf dem Elektromagnete oder auf einem Ansehlage am Ende seines Hubes nicht
stattfinde.
Diese Elektromagnete werden als einfache oder doppelte ausgeführt, letztere für
doppelt so groſsen Ankerhub. Der in Fig. 10
Taf. 30 abgebildete einfache Elektromagnet besitzt als Kern eine Röhre r aus weichem Eisen, die mit ihrem unteren Ende in eine
weiche Eisenplatte p eingesetzt ist. Auch die weitere
Röhre a aus weichem Eisen sitzt auf der Platte p. Am oberen Ende sind die beiden Röhren r und a durch eine
Messingplatte geschlossen, der Zwischenraum aber ist mit Drahtwickelung (gewöhnlich
von 1mm,2 Dicke) ausgefüllt. Der Anker besteht aus
einem Mittelstücke e, über dessen unteres Ende ein
Messingrohr b geschraubt ist. Oberhalb des Rohres b ist e kegelförmig
gestaltet und oben trägt es eine Scheibe s aus weichem
Eisen mit einem umgebogenen Rande u, dessen Querschnitt
aus der Figur 10
ersichtlich ist. Der äuſsere Theil des Randes ist verstellbar, so daſs er mehr oder
weniger tief von der Scheibe s herabreicht; überdies wird er bisweilen in
der in Fig. 10
unten angedeuteten Weise zahnförmig oder wellenförmig gemacht, damit die Stärke der
Anziehung bei der Annäherung der Scheibe an die obere Fläche des Magnetes nicht
plötzlich wachse. Bei der ersten Anziehung wirkt der Elektromagnet als Solenoid, bis
der Kern ein beträchtliches Stück in die Röhre r
eingetreten ist; wie dann die Wirkung des Solenoides das Maximum erreicht und darauf
abzunehmen anfängt, so nähert sich die Scheibe s dem
Elektromagnete und wird stärker angezogen. Die Anziehung bleibt daher auf eine
ziemliche Länge angenähert gleich groſs. Ein plötzliches Auftreffen auf einem
Anschlage bei kräftiger Anziehung ist durch die Form des Scheibenrandes vermieden,
welche eine Verminderung der senkrechten Anziehung und eine Ersetzung durch radiale
Anziehung veranlaſst, wenn der Rand sich über den Elektromagnetpol schiebt.
Der doppelte Elektromagnet (Fig. 9 Taf.
30) gewährt eine Anziehung auf eine doppelt so groſse Entfernung und wird bei
Signalen benutzt, welche in 3 Stellungen: „frei“, „Vorsicht“,
„Gefahr“ zu bringen sind. Wenn der Anker des oberen Elektromagnetes seine
tiefste Stellung eingenommen hat, ist der Anker des unteren Elektromagnetes in eine
Stellung gekommen, in welcher er eben zu wirken anfängt. Die Stange, welche beide
Anker verbindet, kann sich frei in dem röhrenförmigen Kerne des oberen
Elektromagnetes bewegen.
Fig.
12 Taf. 30 zeigt die Anwendung dieser Elektromagnete bei einem
Flügelsignale, das wie bei der Great Northern Eisenbahn seine Drehachse in der Mitte
seiner Länge besitzt. Der Grundgedanke der Verschlieſsung des Signalmittels in einer
gewissen (Gefahr-) Stellung liegt darin, daſs die Bewegung desselben durch eine
Zugstange von einer Kurbel aus bewirkt wird, daſs aber diese Kurbel bei der
fraglichen Signalstellung gerade in ihrem todten Punkte steht und aus dieser durch
keinen noch so groſsen Druck oder Zug, welcher von der Zugstange auf sie übertragen
wird, herausgebracht werden kann; bei beabsichtigter Umstellung des Signales wird
die Kurbel zunächst durch den Elektromagnet ein Stück gedreht. Bei dieser Anordnung
sind zur Verschlieſsung keinerlei besondere mechanische Hilfsmittel nöthig. In Fig.
12 steht der Flügel F auf „Vorsicht“;
in der Haltstellung steht er wagerecht und dann liegen seine Achse sowohl, als auch
die der als Gegengewicht dienenden, den Flügel F in der
Gefahrstellung erhaltenden Blende B, sowie das an diese
angeschlossene Ende der Zugstange Q in einer und
derselben Geraden. In diese Stellung bringt die Blende (oder nach Befinden ein
besonderes, auf die Blendenachse aufgestecktes Gegenwicht) den Flügel F stets, wenn der Elektromagnet M stromlos wird, also auch jedes Mal, wenn die Batterie versagt, oder eine
Unterbrechung der Leitung eintritt u.s.w. Die genaue Stellung des Flügels wird
dadurch gesichert, daſs sich bei der Stellung auf „Gefahr“ die Blende an
einen Anschlag anlegt;
wenn aber dieser Anschlag so angeordnet wird, daſs das an B anfassende Ende der Zugstange Q bereits
etwas tiefer als in die todte Stellung herabgegangen ist, so wird die Sicherung des
Signales in der „Gefahr“-Stellung nur um so gröſser. M ist als doppelter Elektromagnet angedeutet und vermag also den Flügel
aus der Gefahrstellung nicht nur in die Stellung „Vorsicht“, sondern auch in
die (punktirte) senkrechte Stellung F1 („frei“) zu bringen. Dazu ist an dem Anker
des Elektromagnetes M eine kurze Kette angebracht,
deren zweites Ende an einer Rolle auf der Blendenachse befestigt ist. Wenn also
Strom gegeben wird, so zieht M seinen Anker an und
diese Anziehung in Verbindung mit dem Flügelgewichte vermag das Gegengewicht der
Blende zu überwinden, dreht durch die Kettenrolle die Blende B und mittels der Zugstange Q auch den Flügel
in die schräge, oder in die senkrechte Stellung.
Ueberdies geben Currie und Timmis dem Strome nur anfänglich die volle Stärke; hat er dann die
Anziehung des Elektromagnetankers herbeigeführt, so wird der Strom durch
Einschaltung eines Widerstandes so weit geschwächt, daſs er nur eben noch den Anker
in seiner angezogenen Lage auf dem Elektromagnete festhalten kann. Dies gibt eine
sehr bedeutende Ersparniſs an Betriebskosten. Den Strom entnehmen Currie und Timmis aus
mehreren Gründen lieber Secundärbatterien. Die Stromsendung vermitteln kleine
Contacthebel Y (Fig. 11
Taf. 30), welche sich um die Achse an ihrem unteren Ende drehen lassen; auf dieser
Achse sitzt zugleich ein Metallstück R, gegen das von
unten her sich eine kräftige Feder S anlegt und den
Hebel Y, je nachdem sie sich an die Fläche A oder A1 anpreſst, entweder in die Lage X oder in die Lage Z
bringt und in ihr festhält. In der Lage X, welche der
Haltstellung des Signalarmes entspricht, berühren die beiden Contactfedern B die in den Contacthebel eingesetzte Contactplatte C und ermöglichen so die Stromschlieſsung durch den
Elektromagnet eines anderen, mit dem ersteren elektrisch gekuppelten Signales. Soll
das erstere Signal auf „frei“ gestellt werden, so wird der Contacthebel Y bis in die Lage Z1 bewegt, wodurch die Contactfedern E, H. und L mittels der
Contactplatte C leitend mit einander verbunden werden
und so der in dem Drahte b von der Batterie kommende
Strom unmittelbar und in voller Stärke im Drahte s nach
dem Signalelektromagnete entsendet wird, wie es nöthig ist, um die Ankeranziehung
beginnen zu lassen und den Signalflügel F (Fig.
12) zu senken. Dies erfolgt aber in einem Augenblicke und, da der
Contacthebel Y in der Lage Z1 nur verharrt, wenn er absichtlich
festgehalten wird, so geht er beim Loslassen durch den Druck der Feder S in die Lage Z zurück, in
welcher nur noch die Federn E und H von der Contactplatte C
berührt werden, demzufolge in den Stromkreis bs die
jetzt nicht mehr kurz geschlossene kleine Swan-Lampe P
eingeschaltet ist, deren Widerstand nicht nur die beabsichtigte Schwächung des
Stromes herbeiführt, sondern die zugleich auch durch ihr Glühen dem Signalmanne die Gewiſsheit gibt,
daſs alles in Ordnung ist.
Wenn der Anker des Signalelektromagnetes auf dessen Kern herabgezogen ist und der
Signalarm auf „frei“ steht, so schaltet ein Contact am Signalarme einen
gewissen Widerstand und einen Rückleitungsdraht zwischen dem Elektromagnete und den
bisher als Rückleitung verwendeten Bahnschienen ein. Da also der Strom jetzt nicht
mehr unmittelbar durch die Schienen gehen kann, so sinkt im Elektromagnete die
Stromstärke von 5 auf 0,125 Ampère herab und der Strom geht jetzt am Signalstellorte
zugleich durch den Elektromagnet eines Wiederholungssignales und gibt dem
Signalwärter Auskunft über die Stellung des Signales.
Werden die Signale oder Weichenzungen nicht elektrisch, sondern mechanisch durch
Drahtzüge gestellt, so werden die Stellhebel in ähnlicher Weise wie die Contacthebel
Y (Fig. 11)
mit den nöthigen Contacten ausgerüstet.