Titel: | Ueber Cement und dessen Verwendung bezieh. Prüfung. |
Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, S. 427 |
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Ueber Cement und dessen Verwendung bezieh.
Prüfung.
Ueber Cement und dessen Verwendung bezieh. Prüfung.
Aus dem Berichte über die Verhandlungen der Generalversammlung des Vereins deutscher
Cementfabrikanten im Februar 1884 sind folgende Mittheilungen entnommen.
Wie die vorjährige Generalversammlung ist auch die diesjährige zu einem
beträchtlichen Theile Verhandlungen über die Fragte der
Zumischung minderwerthiger Stoffe zum Portlandcemente gewidmet gewesen (vgl. 1883
248 245).Hinsichtlich des Erfolges der vom Vereine gegen die Zumischungen bis her
ergriffener Mittel konnte der Vorsitzende Dr. Delbrück berichten, daſs nach allen Anzeichen so viel Aufklärung in die
Kreise der Abnehmer gedrungen sei, daſs ein tiefes und weit verbreitetes
Miſstrauen gegen die Cemente mit Zumischung sich gebildet habe. Ein groſser
Verein Industrieller aller Richtungen, der „Mittelrheinische
Fabrikanten-Verein“ hat in einer Resolution seine volle
Uebereinstimmung mit dem Vorgehen des Cementfabrikanten-Vereins
ausgesprochen, „als gleichmäſsig die Reellität der Industrie im
Allgemeinen fördernd und den technischen Interessen dienend“. Es hat
ferner Geh. Reg.-Rath Reuleaux, einer der
Commissarien des preuſsischen Handelsministeriums, der s. Z. an der
Einführung der Normen in hervorragender Weise betheiligt gewesen ist, in
einer eigenen Zuschrift an den Verein zur Stellungnahme desselben und der
gewählten Art seines Vorgehens sich völlig zustimmend erklärt. Dagegen ist
die beim Minister der öffentlichen Arbeiten im J. 1882 eingereichte
Vorstellung betreffend Ausschluſs gemischter Cemente von staatlichen
Bauausführungen bisher, leider unbeantwortet geblieben und wird es dem
Vereine daher obliegen, durch eine erneute, von der Darlegung der inzwischen
gesammelten weiteren Erfahrungen begleitete Eingabe auf eine Beschleunigung
der Antwort hin zu wirken. Bei der hohen Bedeutung, welche die Angelegenheit
für den deutschen Ausfuhrhandel besitzt, wird es sich empfehlen, mit einer
Eingabe auch an den Hrn. Handelsminister zu gehen und diesem auf den Schutz
des reellen Geschäftes abzielende Anträge zu unterbreiten.
Dr. E. Böhme theilte mit, daſs er bei seinen umfassenden
Versuchen über den Einfluſs von Zumischungen bei gemischtem Cemente niemals eine Erhöhung der Zugfestigkeit gegenüber der
des unvermischten Cementes gefunden habe, ferner, daſs bei Untersuchung auf Druckfestigkeit der gemischte Cement einen geringeren Werth
des Quotienten (Druckfestigkeit;
Zugfestigkeit) liefere als der unvermischte Cement.
Diese allgemeinen Angaben fanden umfassende Bestätigung in den Ergebnissen von
eigenen Versuchen R. Dyckerhoff's. Dieselben sind in
den nachstehenden Tabellen zusammengestellt und veranschaulichen klar die Wirkung,
welche verschiedene fein gepulverte Zusätze zum Portlandcemente auf die Festigkeit
desselben sowohl bei kurzer, als längerer Erhärtungsdauer ausüben:
Cement A (9 Stunden
Bindezeit)
Zugfestigkeit k/qc
4
26
52
Wochen
100
Th.
Cement
+ 300
Th.
Sand
21,2
27,6
31,1
80
„
„
+ 20
„
Schlackenmehl
+ 300
Th. Sand
18,5
24,5
26,7
80
„
„
+ 20
„
Traſs
+ 300
„ „
19,0
22,7
30,2
80
„
„
+ 20
„
Kalkstein
+ 300
„ „
16,7
22,6
25,2
80
„
„
+ 20
„
Kalkhydrat
+ 300
„ „
15,5
23,0
24,6
Cement B(7 Stunden
Bindezeit)
GeprüftnachWochen
Zugfestigkeit k/qc
OhneZusatz
mit Zusatz von
Schlack-mehl
Fein-sand
Kalk-stein
Kalk-hydrat
Rein und mit 10 Proc. Zusatz
41326
20,824,527,1
18,422,824,5
18,221,126,6
18,222,026,4
19,021,826,5
20 Proc. Zusatz
41326
–––
15,419,322,8
15,719,724,7
16,119,324,7
15,119,323,7
33 Proc. Zusatz
41326
–––
13,516,220,4
13,917,721,8
13,617,521,6
10,214,518,7
Cement C(14 Stunden Bindezeit)
Rein und mit 10 Proc. Zusatz
41326
20,924,527,5
20,222,926,4
18,524,126,6
20,024,226,1
19,422,624,6
20 Proc. Zusatz
41326
–––
16,420,622,4
16,023,223,6
16,920,022,7
17,120,722,1
33 Proc. Zusatz
41326
–––
14,419,219,5
14,619,921,5
14,818,019,0
11,916,118,1
Diese Zahlen, welche ausschlieſslich die Zugfestigkeit
berücksichtigen, beweisen klar, daſs der Schlackenmehl-Zusatz in seiner Wirkung auf
die Zugfestigkeit nicht mehr leistet als Sand, sondern
hinter Sand, wenn dieser mit einiger Sorgfalt ausgewählt wird, noch zurücksteht. Die
Proben auf Druckfestigkeit wurden mit kreisförmigen Platten von 22mm,5 Dicke und 40qc Oberfläche durchgeführt; beiläufig ist auf die scharfe Grenze
hinzuweisen, welche zwischen reinem und gemischtem Cemente durch den Unterschied der
specifischen Gewichte gezogen ist:
Cementsorte
Normen-probek
Cement-Kalkmörtelaus 1 Th. Cement=
6 Th. Sand und0,5 Th. Kalkhydrat
Art
derBei-mischung
Spec.Gewicht
Zugfestig-keitnach 28 Tagen
Druckfestigkeitk/qc
A
Reiner
Cement
22,5
12,5
280,0
Keine
3,170
B
„
„
21,8
11,8
245,0
„
3,129
C
„
„
15,7
9,0
195,8
„
3,168
D
„
„
18,1
11,1
212,0
„
3,119
D1
Vermischter
Cement
13,3
6,3
124,0
Kalk
3,027
E
„
„
15,6
5,7
125,0
Kalksilic.
3,072
E1
„
„
13,6
4,6
122,0
desgl.
3,067
F
„
„
12,4
4,9
104,0
Kalk
3,090
R. Fresenius wurden seitens des Vereinsvorstandes 12
Proben unvermischten Cementes, welche aus deutschen, englischen und französischen
Fabriken bezogen waren, nebst 3 Sorten hydraulischer Kalk, 3 Sorten an der Luft zu
Pulver zerfallenes Schlackenmehl und 3 Sorten gemahlene Schlacke überwiesen; die von
ihm erlangten Resultate sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt:
I
II
III
IV
V
VI
Bezeichnung
Spec.Gewicht
Glüh-verlust
Alkalinitätder Wasser-lösung v. 0g,5in 1/10-Nor-malsäure
1g
ver-brauchtNormal-säure
1g
reducirtüber-mangan-sauresKali
3g
absor-birenKohlen-säure
Portland-cemente
cc
cc
mg
mg
A
3,155
1,58
6,25
20,71
0,79
1,4
B
3,125
2,59
4,62
21,50
2,38
1,6
C
3,155
2,11
4,50
20,28
0,93
1,8
D
3,144
1,98
5,10
21,67
1,12
1,0
E
3,144
1,25
6,12
19,60
0,98
1,6
F
3,134
2,04
4,95
20,72
1,21
1,1
G
3,144
0,71
4,30
20,20
0,89
0
H
3,125
1,11
4,29
20,30
1,07
0,7
J
3,134
1,00
4,00
19,40
2,01
0
K
3,144
0,34
4,21
20,70
0,98
0,0
L
3,154
1,49
4,60
18,80
2,80
0,3
M
3,125
1,25
5,50
20,70
2,33
0
HydraulischeKalke
A
2,441
18,26
20,23
21,35
1,40
27,8
B
2,551
17,82
22,73
26,80
0,93
31,3
C
2,520
19,60
19,72
19,96
0,98
47,7
Schlacken-mehle
A
3,012
0,76
0,91
14,19
74,67
3,6
B
3,003
1,92
0,70
13,67
60,67
3,5
C
2,967
1,11
1,00
9,70
44,34
2,9
GemahleneSchlacken
I
3,003
0,32
0,31
3,60
64,40
2,4
II
2,873
0,43
0,11
8,20
73,27
2,2
Reiner Portlandcement soll danach folgende Grenzzahlen
aufweisen: 1) ein specifisches Gewicht von mindestens
3,125, jedenfalls nicht unter 3,1; 2) einen Glühverlust
zwischen 0,34 und 2,59 Proc., jedenfalls nicht erheblich höher; 3) eine Alkalinität der Wasserlösung von 0,59, entsprechend 4,0
bis 6,25 1/10-Normalsäure; 4) einen Verbrauch von
Normalsäure durch 1g direkt mit der Säure
behandelten Cement zwischen 18,80 und 21cc,67; 5)
eine solche Reductionswirkung gegen Chamäleonlösung,
daſs 1g Cement zwischen 0,79 und 2mg,80 übermangansaurem Kali entspricht, jedenfalls
nicht erheblich mehr; 6) eine Kohlensäure aufnähme
durch 3g Cement von 0 bis 1mg,8. (Vgl. auch Zeitschrift für analytische Chemie, 1884 S. 175.)
Liefert ein Cement bei der Untersuchung Werthe, welche nicht in diese Grenzen fallen,
so ist er verdächtig, verfälscht zu sein, oder auch mit Sicherheit als verfälscht zu
betrachten. Es ist dabei zu berücksichtigen, daſs bei einer Verfälschung mit Schlackenmehl nur die Proben I.) III, IV und V Werthe
liefern können, welche ganz auſserhalb der Grenzen liegen und daſs umgekehrt bei
einem Zusätze von hydraulischem Kalk nur die Prüfungen
I, II, III und VI zur Erkennung der Verfälschung Anhaltspunkte zu bieten
vermögen.
Um die Schärfe der in Rede befindlichen Prüfungsmethode zu prüfen, sind von Fresenius einige Proben an absichtlich hergestellten Mischungen, sowie an zwei aus dem Handel
entnommenen, der Mischung verdächtigen Cementen ausgeführt worden. Die dabei
erlangten Resultate zeigt nachfolgende Tabelle:
Angaben überZusammensetzungder
Mischung
Spec.Gew.
Glüh-verlust
Alkalinitätder Wasser-lösung von0g,5, entspr.cc 1/10-Nor-malsäure
1g
ver-brauchtcc Nor-mal-säure
1g redu-cirt
mgüber-mangan-sauresKali
3g
absor-birenmgKohlen-säure
1)
1 Th. hydr. Kalk (B)9 Th. Portl.-Cem. (K)
3,067
1,90
6,50
20,50
Nichtbest.
4,6
2)
1 Th. hydr. Kalk (A)9 Th. Portl.-Cem. (E)
3,053
2,53
8,20
20,04
Nichtbest.
3,6
3)
1. Th. Schlackmhl. (B)9 Th. Portl.-Cem. (C)
3,114
2,04
3,8
19,53
6,11
1,6
4)
1 Th. gemahleneSchlacke (II)9 Th. Portl.-Cem. (D)
3,115
1,59
4,00
20,60
8,31
0,7
5)
Cement X
3,021
3,72
6,14
19,00
2,10
8,7
6)
Cement Y
3,048
0,55
4,55
17,20
36,40
1,2
Mit Bezug auf die vorstehend aufgestellten Kennzeichen erweisen diese Zahlen für die
Proben 1 und 2 die stattgefundene Zumischung von hydraulischem Kalk, für die Proben
3 und 4 die stattgefundene Zumischung von Schlackenmehl, für den Cement X eine
Zumischung mit hydraulischem Kalk oder einem ähnlichen Materiale und für den Cement
Y eine Zumischung von Schlackenmehl. In allen Fällen sind die gewonnenen Kennzeichen
von ausreichender Schärfe.
R. Weber untersucht mit Hilfe eines 50 bis 60 fach
vergröſsernden Mikroskopes, nachdem die Probe mit
Essigsäure versetzt und ausgewaschen ist. Die Theilchen des Cementes erscheinen
unter dem Mikroskope deutlich krystallinisch, diejenigen von Schlackenmehl amorph.
Die Methode versagt bei den feinen, durch das Sieb von 5000 Maschen gehenden
Theilchen.
Dr. Heintzel will in der Manganschmelze ein zuverlässiges Mittel zur Erkennung von
Schlackenmehl-Zumischungen gefunden haben, welches sich darauf stützt, daſs der
Portlandcement nur minimale Antheile von Mangan enthält, während Schlackenmehl reich
an Mangan ist.
Allgemein wurde anerkannt, daſs durch die Zumischung fremder Stoffe weder für den
Anfang, noch für die Folge irgend eine Verbesserung der Güte von Portlandcement
erreicht wird. Ein Zusatz von Schlackenmehl ist durch
einen gleichen Zusatz von Sand, was die sowohl sofort,
als auch für die Dauer zu erlangende Festigkeit
betrifft, vertretbar. Es kann daher auch die Zumischung von Schlackenmehl (bezieh.
von hydraulischem Kalk und sonstigen geringwertigen Zuschlägen) nach wie vor nur als ein auf die
Leichtgläubigkeit und Unkenntniſs des Publikums berechnetes, im Grunde bloſs auf
ungebührlichen Geldgewinn abzielendes Verfahren erklärt werden, bezieh. als eine
strafrechtlich zu verfolgende Täuschung, wenn die Zumischung nicht verlautbart wird.
Noch immer ist in dem Mischverfahren die Gefahr einer schweren Schädigung der
reellen Geschäfte zu erblicken und der Verein muſs es sich daher zur Aufgabe machen,
mit Hilfe der jetzt in den Prüfungsmethoden gewonnenen Möglichkeit zur genaueren
Bestimmung der Zumischungen auf allen gesetzlich offen stehenden Wegen gegen Solche
vorzugehen, welche das Mischverfahren üben, ohne dasselbe zu verlauten.
In Bezug auf die Frage einer etwaigen Abänderung der
bestehenden „Normen“ sei nur erwähnt, daſs R. Dyckerhoff den Nachweis lieferte, daſs die Zugfestigkeit mit 3 Th. Sand
nicht als Werthmesser für verschiedenartige
hydraulische Bindemittel benutzt werden kann. Der Verein beschloſs dementsprechend:
„Als maſsgebende Festigkeitsprobe für hydraulische Bindemittel kann nur die
Druckprobe betrachtet werden, während die Zugprobe nur als Qualitätsprobe
für die Gleichmäſsigkeit der Waare gelten soll.“