Titel: | F. Kohlrausch's Federgalvanometer für technische Zwecke. |
Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, S. 28 |
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F. Kohlrausch's Federgalvanometer für technische
Zwecke.
Mit Abbildungen auf Tafel 4.
F. Kohlrausch's Federgalvanometer für technische
Zwecke.
Nachstehend ist das von Prof. F. Kohlrausch in Würzburg
angegebene und in der Werkstätte von E. Hartmann und
Comp. in Würzburg ausgeführte Federgalvanometer für technische Zwecke beschrieben, über
welches die Elektrotechnische Zeitschrift, 1884 S. 18
und 228 eingehendere Mittheilungen enthält.
Will man überhaupt den im weichen Eisen erregten Magnetismus zur
Strommessung benutzen, was in einem technisch zur Einführung gelangten Galvanometer
zuerst wohl von Uppenborn geschehen ist, so dürfte der
in die Spule hineingezogene Eisenkern groſse Vorzüge bieten; denn die Verhältnisse
lassen sich hier so gestalten, daſs eine kleine zufällige Ortsänderung des Kernes
keinen beträchtlichen Einfluſs auf die Gröſse der elektromagnetischen Kräfte ausübt.
Es bekommt ferner bei geeigneter Beschaffenheit von Spule und beweglichem Kerne die
Skala für die Stromstärke eine sehr günstige Gestalt. Die Angaben bleiben
ausreichend constant, auch wenn z.B. die Temperatur schwankt. Höchst bequem ist das
Instrument auch durch seine sofortige Einstellung. Das vorliegende Instrument eignet
sich daher für die bequeme Messung starker Ströme, vorausgesetzt, daſs die
Strommessung einer Genauigkeit bis auf wenige Procent bedarf, aber daſs man nicht
etwa auf Procentbruchtheile genau messen will; letzteres dürfte mit Elektromagneten
nicht zu erreichen sein, würde aber auch den unvermeidlichen Stromschwankungen
gegenüber keinen Zweck haben.
Es sind bereits zwei ähnliche Vorschläge zu Galvanometern an die
Oeffentlichkeit getreten, nämlich von Blyth (vgl. Elektrotechnische Zeitschrift, 1883 * S. 476) und von
Böttcher (vgl. Centralblatt
für Elektrotechnik, 1883 * S. 622). Das erstere Instrument muſs bei jeder
Messung auf Null eingestellt werden, ist also nicht für den gewöhnlichen technischen
Betrieb bestimmt. Böttcher aber zeigt, wie man eine Salter'sche Federwage in ein Skalengalvanometer
umwandeln kann. Im elektrischen Theile unterscheidet sich die von Böttcher construirte Vorrichtung von der Kohlrausch's durch die Abmessungen der Spule und ganz
besonders durch die Anwendung eines massiven Kernes anstatt eines dünnen Rohres,
welche in Betreff der Skala für die Stromstärke ungünstig ist.
Die Stromstärke wird durch die Längenänderung der Spiralfeder
gemessen. Diese Aenderung wird von sehr verschiedenen Umständen beeinfluſst. Auſser
der Stärke der Feder, der Stromstärke und der Windungszahl kommt vorzugsweise die
gegenseitige Stellung der Spule und des Kernes und der von dem Strome erregte
Magnetismus in Betracht. Besonders der letzte Punkt ist mannigfacher Wandlungen
fähig. Die gröſsere Gedrungenheit oder Gestrecktheit des Kernes bedingt, wie man an
dem bekannten Versuche von A. v. Waltenhofen
augenfällig gesehen hat, eine allmählichere oder raschere Annäherung des Magnetismus
an seine obere Grenze. Kohlrausch ist durch Probiren zu
folgendem Ergebnisse gekommen: Die Spule hat 14cm
Länge, 2cm inneren und 4cm,5 äuſseren Durchmesser. Der Eisenkern besteht
aus einer leichten, 20cm langen Röhre von 1cm,4 Durchmesser; sie wiegt 30g und dehnt die elastische Spiralfeder um 3cm. Die Aufhängefeder ist einstellbar und so
regulirt, daſs die Röhre ohne Strom 4cm tief in
die Spule hineinhängt. Eine Skala für den Strom kann auf dem Eisencylinder selbst
angebracht werden.
Die Empfindlichkeit hängt natürlich von der Drahtsorte ab. Für 4
Lagen von je 40 Windungen eines 3mm dicken Drahtes
entstand durch Eichung eine Skala, welche, zwischen etwa 4 und 15 Ampère fast
gleichmäſsig ansteigend, bis 25 noch sehr günstige Verhältnisse zeigt und bis zu 40
noch auf weniger als eine Einheit genau abzulesen erlaubt. (Eine Zugabe von Eisen am
oberen Theile würde die obersten Skalentheile weiter machen.)
Für sehr schwache Ströme ist das Instrument nicht geeignet; denn
die anfängliche Zugkraft ist dem Quadrate der Stromstärke proportional oder
vielleicht noch ungünstiger und der von den früheren Magnetisirungen
zurückgebliebene Magnetismus kommt hier als merkliche Fehlerquelle herein.
Der Widerstand beträgt etwa 0,05 Ohm. Anhaltender Stromschluſs
bewirkt bis 25 Ampère keine nachtheilige Erwärmung. Selbst wenn absichtlich eine
Erhitzung bewirkt worden war, bei welcher der Messingrahmen nicht gut mehr längere
Zeit berührt werden konnte, zeigte sich kein Einfluſs auf die Angaben des
Instrumentes. Ströme gegen 40 Ampère wird man nicht dauernd durch das Instrument
senden, messen aber kann man dieselben mit kurzem Schlüsse noch sehr gut.
Doppelte Drahtstärke (6 anstatt 3mm) vervierfacht die obere Grenze der meſsbaren Ströme. Noch dickere
Windungen würde man wohl aus einem Kupfercylinder schneiden.
Abzweigungen (shunts) erweitern die
Grenze in bekannter Weise. Das Abzweigungsverhältniſs 1 : 5 würde von 4 bis zu 200
Ampère erweitern, wenn man kurz schlieſst. Dauernder Schluſs dürfte wohl nur bis
etwa 70 Ampère gebraucht werden, wenn nicht der Einfluſs der Erwärmung auf den
Abzweigungsfaktor etwas gröſsere Fehler mit sich bringen soll. Doch würde sich durch
geeignete Verhältnisse (z.B. durch Anordnung der Abzweigungen in congruenten Spulen)
auch hier Manches bessern lassen.
Die Anwendung verschiedener Drahtsorten würde unter Annahme einer
Abzweigung 1 : 5 etwa folgende Instrumente liefern:
Durch-messer
Anwendbarkeit des Galvanometers
Widerstand
Dauernder Schluſs
Kurzer Schluſs
allein
abgezweigt
allein
abgezweigt
allein
abgezweigt
mm
Ampère
Ampère
Ampère
Ampère
Ohm
Ohm
6
16 bis 100
–
16 bis 160
–
0,003
–
3
4 „ 25
20 bis 70
4 „ 40
20 bis 200
0,05
0,01
2
2 „ 12
10 „ 35
2 „ 20
10 „ 100
0,25
0,05
1
0,5 „ 3
2,5 „ 8
0,5 „ 5
2,5 „ 25
4
0,8
0,5
0,3 „ 1
1,5 „ 3
0,3 „ 2
1,5 „ 10
30
6
Ist die Skala für den ganzen Strom vorhanden, so kann man an dem
Instrumente selbst leicht die Eichung der Abzweigung vornehmen, da bei kurzem
Schlüsse die Gebiete der Anwendbarkeit in beiden Fällen sich überdecken.
Schwache Ströme von 0,1 Ampère und weniger lassen sich natürlich
auch messen, geben aber bei den oben angenommenen Abmessungen sehr groſse
Widerstände. Kleinere Spulen dürften hier praktischere Ergebnisse liefern. Dagegen
liefern feine Drähte natürlich unter den obigen Verhältnissen sehr brauchbare Spannungsmesser, welche, nach Volt geeicht, eine gute
Dauerhaftigkeit geben werden.
Rasche Beruhigung von Schwingungen bildet eine groſse
Annehmlichkeit eines Galvanometers. Die Anwendung einer Flüssigkeit zur Dämpfung ist, wenn auch nicht unmöglich, doch nicht
wünschenswerth; deswegen ist eine Luftdämpfung angebracht, zu welcher die Form des
Instrumentes die beste Gelegenheit bietet. Der eiserne Hohlcylinder ist zu diesem
Zwecke oben durch ein Hütchen geschlossen und schiebt sich mit etwa 1mm Spielraum über einem runden, glatten Stabe aus
Glas oder Holz. Auch starke Schwingungen werden durch die Reibung der aus- oder
eintretenden Luft zwischen Stab und Cylinder in einer Secunde etwa beruhigt. Den
Stromschwankungen einer Maschine folgt das Instrument so gut wie vollständig.
Von E. Hartmann und Comp. wird das Federgalvanometer für
die Zwecke der Technik in der aus Fig. 11 und
12 Taf. 4 ersichtlichen Anordnung ausgeführt.
In einem kräftigen Metallrahmen ist ein theilweise geschlitztes Messingrohr
befestigt, dessen unteres Ende zur Bewickelung des Solenoids dient, während das
obere die Stütze für die Aufhängevorrichtung bildet. Der aus einem dünnwandigen,
oben geschlossenen Rohre bestehende, 20cm lange
Eisenkern ist an einer sehr elastischen Neusilberfeder befestigt. Frei aufgehängt,
erhält derselbe Führung in dem Schlitze des Hauptrohres durch einen am oberen Ende
des Eisenkernes eingeschraubten Stahlstift, welcher gleichzeitig den Träger des
Zeigers bildet. Weitere Führung hat der in seinem Inneren auspolirte Eisenkern durch
einen von unten in die
Hauptröhre geschraubten Stab von glatter Oberfläche, welcher bei stromlosem
Solenoide etwa 6cm mit geringem, aber doch so
genügendem Spielräume in den hohlen Eisenkern hineinragt, daſs derselbe mit
Leichtigkeit ohne merkliche Reibung über den Stab gleitet, wenn er durch den
elektrischen Strom in die Spule hineingezogen wird. Dieser Stab bezweckt
hauptsächlich die Dämpfung, welche so ausgezeichnet ist, daſs die stärksten
Schwingungen durch die Reibung der ein- und austretenden Luft sofort beruhigt
werden. Den Stromschwankungen einer Maschine folgt das Instrument mit auffallender
Sicherheit.
Am Hauptrohre befindet sich eine Doppelskala, auf deren Nullpunkt der Zeiger durch
Heben oder Senken der Aufhängevorrichtung der Feder eingestellt werden kann. Die
eine Seite der Skala ist mit der in Ampère oder Volt geeichten Theilung versehen,
während die andere für eine Millimetertheilung aufgespart ist, um – insbesondere bei
Voltmetern – mit Hilfe einer Tabelle, wenn nöthig durch Zusatz widerstände, andere
Spannungen messen zu können.
Zum Schütze der Skala und des ganzen Mechanismus ist der Obertheil des Instrumentes
mit einer weiten, oben verschlossenen Röhre umgeben, welche an der Stelle der Skala
mit einem rechteckigen, durch Glimmer verschlossenen Spalte zur Sichtbarmachung der
Skala versehen ist. Diese Röhre wirkt auſserdem als Schlot zur Abführung der im
Inneren des Instrumentes durch den elektrischen Strom erwärmten Luft. Zu diesem
Zwecke ist sie an ihrem oberen Ende mit mehreren Oeffnungen versehen, ebenso
befinden sich am Fuſsstücke des Solenoids vier groſse Oeffnungen zur Zuführung
frischer Luft, wie auch die Hauptröhre unmittelbar über dem Solenoide mit mehreren
Zuglöchern versehen ist. Diese Einrichtung kommt dem Instrumente bei andauernder
Einschaltung in den Stromkreis sehr zu statten.
Für die Verwendung bei stehenden Anlagen wird das Instrument an der Wand befestigt;
es soll wohl möglichst senkrecht aufgehängt werden, indeſs genügt hierbei das
Augenmaſs ohne Befürchtung für die sichere und freie Wirkung des Apparates.
Der Strom wird durch zwei an dem kästen artigen Guſsstücke isolirt angebrachte
kräftige Klemmen zugeführt. Die Stromrichtung wird durch einen am Fuſsstücke des
Apparates angebrachten Magnet angegeben, welcher mit einem Zeiger versehen ist. Bei
stromlosem Zustande des Solenoids bewirkt letzterer durch ein allerdings geringes
Gewicht die Horizontalstellung des Magnetes, während bei Durchgang des Stromes in
der einen oder anderen Richtung der Magnet in senkrechte Stellung kommt. Die
Bezeichnung der Klemmen mit Plus- oder Minuszeichen wird entbehrlich.
Das Federgalvanometer wird auch als Standinstrument auf Dreifuſs mit Stellschrauben
ausgeführt.
Zur bequemen Einschaltung des Ampèremeters in den Stromkreis dient eine einfache Vorrichtung,
welche, schon mehrfach anderwärts angewendet, die Funkenbildung an den Contacten
verhindert.