Titel: | Die elektrischen Beleuchtungsanlagen beim Gruben betriebe des Mechernicher Bergwerks-Actien-Vereins. |
Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, S. 43 |
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Die elektrischen Beleuchtungsanlagen beim Gruben
betriebe des Mechernicher Bergwerks-Actien-Vereins.
Ueber die elektrische Beleuchtung der Mechernicher
Gruben.
Durch die elektrischen Beleuchtungsanlagen beim Grubenbetriebe des Mechernicher
Bergwerk-Actien-Vereins in Mechernich in der Eifel beabsichtigte der Generaldirektor
Hupertz nicht allein die Arbeiten zu fördern,
sondern hauptsächlich die beim Bergbaue vorkommenden Gefahren möglichst zu
beschränken. Die Beleuchtungsapparate sind von Siemens und
Halske in Berlin geliefert und von Civilingenieur J. Boeddinghaus in Düsseldorf als deren Vertreter installirt worden,
welcher über diese Anlage in der Elektrotechnischen
Zeitschrift, 1884 S. 103 ausführlichen Bericht erstattet.
Der Grubenbetrieb in Mechernich besteht zum Theile aus Tagebau, zum Theile aus
unterirdischem Pfeiler- und Firstenbau. Im J. 1881 wurde zuerst die Beleuchtung des
östlichen Tagebaues des genannten Vereins eingerichtet. Der Tagebau besteht aus
einer sehr groſsen offenen Weitung, welche, am oberen Rande gemessen, eine Länge von
650m, eine Breite von 340m und eine Tiefe von 104m hat. In dieser ausgedehnten Grube befinden sich
an den Böschungen terrassenförmig über einander sogen. Strossen, welche mit
Eisenbahnschienen belegt sind, auf denen mittels Gruben wagen das losgebrochene
Gestein fortgeschafft wird. In der Grube arbeiten auf den Strossen in jeder Schicht
300 Mann mit etwa 25 Pferden. Tag und Nacht wird ununterbrochen gearbeitet; jedoch
werden Sprengungen nur während des Tages vorgenommen, während Nachts dagegen fast
ausschlieſslich das losgesprengte Gestein durch die Grubenwagen fortgeschafft
wird.
Elektrische Lichter auf Laternenpfosten in der Grube würden beim Sprengen durch die
herumfliegenden Stücke in kurzer Zeit zerstört worden sein; im Tagebau werden
täglich etwa 400 bis 500 Sprengschüsse abgefeuert. Das elektrische Licht muſste
demnach vom äuſsersten Rande der Grube aus durch Reflectoren in dieselbe
hineingeworfen werden, wozu zwei Ovalspiegel mit Lichtern von je 3000 Normalkerzen
Lichtstärke angewendet wurden. Die beiden Ovalspiegel muſsten so gestellt werden,
daſs das in die Wagen einzuschaufelnde Material durch diese selbst nicht beschattet
wurde. Die so elektrisch beleuchtete Grube bietet, weil das Gestein eine weiſsliche
Farbe hat, von ihrem oberen Rande aus gesehen, einen prächtigen Anblick.
Da nun selbst eine kurze Unterbrechung der Beleuchtung für die Bergleute und Pferde
leicht eine Gefahr herbei führen würde, so muſste die Anlage durchaus betriebssicher
eingerichtet werden. Um eine durch das Auswechseln der Kohlenspitzen entstehende
Unterbrechung zu vermeiden, erhielt jede Lampenstation doppelte Apparate, welche
durch eine einfache Umschaltung wechselweise in Thätigkeit gesetzt werden. Den Strom
für die beiden Reflectorlampen liefern ferner zwei in einem 500m von der Grube entfernten Gebäude aufgestellte
dynamo-elektrische Maschinen Modell D8, welche beide
durch eine dritte Maschine während des Betriebes ohne Unterbrechung in der
Beleuchtung ausgewechselt werden können, und als Betriebskraft dient eine für diesen
Zweck aufgestellte kleinere Dampfmaschine; auſserdem können die Lichtmaschinen durch
Auflegen eines Riemens von einer zu anderen Zwecken dienenden Dampfmaschine
betrieben werden.
Daſs seit Inbetriebsetzung der Beleuchtung in dem Tagebau die Unfälle bei Nachtzeit
sich verringert haben, ist zum groſsen Theile dem Umstände zuzuschreiben, daſs die
Bergleute von dem Aufsichtspersonale bei der Arbeit besser nachgeprüft werden
können. Trotzdem es z.B. in der Grube streng befohlen ist, daſs die Bergleute,
welche an den steilen Abhängen mit dem Sprengen des Gesteins beschäftigt sind, vor
dem Verlassen ihrer Arbeitschicht den Schuſs aushämmern, d.h. das losgebrochene
Gestein auf die nächste Strosse herunterrollen lassen, damit die Arbeiter der
nächsten Schicht nicht von herabstürzendem Gesteine getroffen werden können, so
konnte doch die Befolgung dieser Vorschrift bei der früheren Beleuchtung nicht
überwacht und eine Unterlassung derselben nicht entdeckt werden, während bei der
jetzigen Beleuchtung nicht nur der unterhalb beschäftigte Arbeiter eine
Nichtbefolgung dieser Vorschrift sofort selbst bemerken kann, sondern auch dem
Aufsichtspersonale dies selbst aus einiger Entfernung sichtbar ist, da sogar oben
vom Rande der Grube aus jeder einzelne Arbeiter beobachtet werden kann.
Die in der Eifel vorkommenden Nebel beeinträchtigen die Beleuchtung des Tagebaues
nicht. Während an einem recht nebligen Abende, vom oberen Rande der Grube aus
gesehen, kaum ein Drittel derselben zu erkennen war, der übrige Theil aber dem Auge
vollständig unsichtbar blieb, waren die von dem Lichte am entferntesten Stellen der
Grube (es ist dies eine Entfernung von 650m) noch
reichlich beleuchtet und die dort arbeitenden Bergleute behaupteten, daſs der Nebel
keinen merklichen Einfluſs auf die elektrische Beleuchtung ausübe.
Die elektrische Beleuchtung „für den Tagebau“ ist nach den von dem
Mechernicher Bergwerks-Actien-Vereine eigens für den Tagebau angestellten
Berechnungen noch um Einiges billiger als die frühere dürftige Beleuchtung des
Tagebaues mittels Erdöllampen, welche, in Laternen in der Grube vertheilt, die
Schienengel eise nur theilweise beleuchteten, während mit der an jedem Arbeitspunkte
noch vorhandenen Handlaterne nur ein sehr kleiner Raum beleuchtet werden konnte. Die
ganze Beleuchtungsanlage, welche für 300 Mann und 25 Pferde, die allnächtlich im
Tagebaue beschäftigt sind, das zu ihrer Arbeit erforderliche Licht im reichlichsten
Maſse liefert, hat einschlieſslich Dampfmaschine und Transmission 11000 M. gekostet.
Die Betriebs- und Bedienungskosten nebst Zinsen und Amortisation, zu 15 Proc.
gerechnet, machen in der Stunde nur 1,85 M. aus. Die durch die elektrische
Beleuchtung ersetzten 89 Erdöllampen und 12 bis 15 Oellaternen haben früher mit
Bedienung und Instandhaltung 2,39 M. gekostet, was einen Unterschied von 54 Pf. in
der Stunde ausmacht.
Nachdem die für den Tagebau seit December 1881 errichtete elektrische
Beleuchtungsanlage in jeder Beziehung den gehegten Erwartungen entsprochen hatte,
wurde versucht, das elektrische Licht auch im unterirdischen Betriebe zu verwenden,
um hier gleichfalls die Bergleute möglichst vor Gefahren sicher zu stellen. Das Erz
findet sich in diesen Gruben in kleinen Concretionen aus Sand und Bleiglanz von
Stecknadelknopfgröſse im ganzen Gebirge vertheilt; es muſs daher das ganze Material
gefördert werden, um in den Aufbereitungsanstalten weiter zerkleinert und verwaschen
zu werden. Es werden hier viele Parallel- und Querstrecken getrieben, durch Fortnahme des
Materials nach allen Seiten erweitert und zuletzt auch die Pfeiler zum Theile
weggenommen; so entstehen gewaltige Weitungen, die häufig eine Höhe von 15 bis 20m erreichen, etwa 20 bis 30m breit und 50 bis 100m lang sind. Eine Abbaustrecke hat z.B. eine Höhe von 20m, eine Breite von 23m bei einer Länge von 100m. In diesem
westlichen Theile des unterirdischen Abbaues arbeiten täglich in drei 8 stündigen
Schichten ungefähr 650 Mann und 35 Pferde; dieselben liefern in 24 Stunden etwa
1000cbm Fördermasse. Die Firsten dieser
Abbaustrecken waren früher nach jedesmaligem Sprengen zeitweise zu beleuchten, um
die etwa losgewordenen Stücke, welche durch das Herunterstürzen den Bergleuten
gefährlich werden können, entdecken und beseitigen zu können; die dazu angewendeten
Pechfackeln ermöglichten bei ihrer geringen Lichtstärke trotz des mühevollen
Ableuchtens der Stöſse und der Firste namentlich bei vorhandenem Pulverdampf kaum
eine sorgfältige Untersuchung.
Bei der ersten Probe mit elektrischem Lichte wurde behufs gröſserer Sicherheit des
Gelingens eine Gleichstrom-Maschine mit einem Einzellichte von 3000 Normalkerzen
Lichtstärke genommen und die Lampe so eingeschaltet, daſs die positive Kohle in dem
unteren Kohlenhalter derselben befestigt wurde, um die Hauptstärke des Lichtes,
welches dann kegelförmig nach oben geworfen wurde, auf den First des Abbaues wirken
zu lassen; durch sie wurde die groſse Weitung brillant beleuchtet. Um auch die
Wirkung des Lichtes bei Pulverdampf zu beobachten, wurden 2k,5 Pulver abgebrannt. Der hierdurch entstandene
Pulverdampf zog gleich nach oben und bedeckte den First mit einer etwa 0m,5 dicken Rauchschicht, welche das Aussehen einer
weiſsen Wolke hatte, aber anfänglich so undurchsichtig war, daſs man keine Stelle
des Firstes sehen konnte. Nach Verlauf von 10 Minuten senkte sich die Rauchschicht
zu Boden und wurde dabei allmählich durchsichtig. Da nach dem Schieſsen die
Bergleute bis zum Senken der Rauchwolke rasten können, so würde wohl eine Lampe von
geringerer Lichtstärke ausreichen.
Die nächste Probe wurde nun mit einem Lichte von 1000 Normalkerzen Lichtstärke
gemacht, so daſs die vorhandenen Maschinen gleichzeitig drei Abbaue beleuchteten;
sie fiel auch günstig aus und nun wurde das Licht nicht nur zeitweise, sondern
beständig in den Abbauen in Betrieb gehalten und dies erwies sich für die an den
betreffenden Stellen zu verrichtenden Arbeiten als sehr förderlich.
Um die neue Anlage, welche Tag und Nacht in Betrieb sein muſs, möglichst sicher
einzurichten, wurde noch ein Versuch mit einer Wechselstrom-Maschine und Lampen von
nur 350 Normalkerzen Lichtstärke gemacht und auch diese Lichtstärke genügte für den
Zweck vollständig.
Die jetzige Anlage, welche nun seit ½ Jahr im Betriebe ist, besteht aus einer
Wechselstrom-Maschine mit Stromgeber und 10 Lichtern von je 350 Normalkerzen. Die
Lichtmaschine nebst Dampfmaschine ist über Tag in dem Maschinenhause der
Wasserhaltungsmaschine auf Virginia aufgestellt. Die Leitung geht von hier aus durch
einen Wetterschacht bis zu einer Tiefe von 90m auf
die erste Sohle des Bergwerkes, führt eine Strecke über diese und geht dann durch
ein Gesenk auf die zweite Sohle, von da aus auf die dritte und von dieser zurück zum
Ventilationsschachte. Die drei Sohlen des Bergwerkes, in welchen sich viele Abbaue
befinden, liegen in einer Höhe von 20m über
einander. Zu der Hauptleitung ist Bleikabel in Anwendung gekommen. Da des Sprengens
wegen die Lampen zeitweise aus den Abbauen entfernt werden müssen, bestehen die
Leitungen zwischen ihnen und dem Kabel aus beweglicher, mittels Guttapercha
isolirter Kupferlitze. Die Gesammtleitung hat eine Länge von nahezu 3000m. Die Lampen in den Abbauen waren anfänglich mit
6seitigen Laternen versehen, in welche bis zur Höhe des Lichtbogens Mattglasscheiben
eingesetzt waren, zu dem Zwecke, das Auge vor den direkten Lichtstrahlen zu
schützen. Nach einer kurzen Weile waren die Scheiben entzwei und da stellte es sich
heraus, daſs die Lichtstrahlen für das Auge durchaus nicht unangenehm waren. Selbst
bei längerem Hineinsehen in ein offenes Licht war eine nachherige schmerzhafte
Empfindung an den Augen nicht zu verspüren. Es ist dies wohl der im Bergwerke
befindlichen feuchten Luft zuzuschreiben. Daher sind sämmtliche Lampen nicht mehr mit Laternen
versehen.
Der Mechernicher Bergwerk-Actien-Verein hat auſser den hier besprochenen elektrischen
Beleuchtungsanlagen noch eine Anlage, bestehend aus einer dynamoelektrischen
Maschine mit 9 Differentiallampen zur Beleuchtung der inneren und äuſseren Räume der
Bleihütte angebracht und auch eine fernere Anlage mit 10 Lampen für einen weiteren
Theil des unterirdischen Betriebes in Auftrag gegeben.