Titel: | Neuer kleiner Gasofen zur Erzeugung hoher Temperaturen für Laboratoriumszwecke. |
Autor: | H. Röſsler |
Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, S. 79 |
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Neuer kleiner Gasofen zur Erzeugung hoher
Temperaturen für Laboratoriumszwecke.
Mit Abbildung.
Röſsler's neuer kleiner Gasofen für
Laboratoriumszwecke.
Wenn man gewöhnliches Leuchtgas in atmosphärischer Luft mit einem Bunsen'schen Brenner verbrennt, so wird theoretisch
eine Temperatur von über 2000° erzeugt; in der Praxis aber gelingt es kaum, mit
einer solchen Flamme in einem Thontiegelchen ein gröſseres Stückchen Zink, welches
doch schon bei 400 bis 500° schmilzt, flüssig zu machen. Die Hitze zerstreut sich
nach allen Seiten und wird nur zum allerkleinsten Theile ausgenutzt. Der hier
beschriebene kleine Gasofen, der durch einen einfachen Bunsen'schen Brenner geheizt wird und in welchem man mit Leichtigkeit
gröſsere Mengen Feingold schmelzen, d.h. eine Temperatur von 1100° und mehr erzeugen
kann, soll diesem Uebelstande abhelfen.
Um die Verbrennungswärme des Gases zur Erzielung einer möglichst hohen Temperatur
auszunutzen, müssen folgende Bedingungen erfüllt werden: 1) Die Verbrennung muſs
eine vollständige sein. 2) Es darf nicht mehr Luft zugeführt werden, als zur
vollständigen Verbrennung eben nothwendig ist. 3) Luft und Gas müssen vor dem
Entzünden gut gemengt sein, damit die Verbrennung möglichst auf einen Punkt
concentrirt wird. 4) Der Schmelz- oder Glühtiegel, in welchem die Heizwirkung
erzielt werden soll, muſs eben an diesem Punkte, wo die Verbrennung stattfinde,
aufgestellt sein. 5) Der Ofen ist mit schlechten Wärmeleitern zu umgeben, um die
Verluste durch Ausstrahlung zu verringern. 6) Die abziehenden Heizgase müssen zum
Vorwärmen sowohl des Schmelzraumes, als auch der Verbrennungsluft und des
Gasgemisches ausgenutzt werden.
Textabbildung Bd. 253, S. 79
Alle diese Bedingungen sucht der neue kleine Ofen zu gleicher Zeit zu erfüllen. Die
kalte Luft gelangt durch den Raum e, in welchem
dieselbe an den heiſsen Wandungen des Mantels d
vorgewärmt wird, in den Bunsen'schen Brenner a und, so viel als zur vollkommenen Verbrennung
nothwendig, auch noch um denselben herum und mit dem Gasgemische aus dem Brenner
gemeinsam in den inneren Mantel c unter den Tiegel b, wo die Verbrennung stattfindet. Die Verbrennungsgase
treten durch das Deckelchen v aus dem inneren Mantel
c und umspülen denselben ganz, indem sie zwischen
demselben und dem äuſseren Mantel d herabziehen; sie
bestreichen dann die Innenwandungen des Vorwärmeraumes e, wo sie einen Theil ihrer Wärme an die Verbrennungsluft abgeben, und
entweichen schlieſslich
durch den Schornstein g. Der zweite Brenner f wird so gestellt, daſs gerade genug Luft, aber nicht
mehr, als zur vollständigen Verbrennung nothwendig ist, in den Apparat gesaugt wird.
Um denselben in Gang zu setzen, werden zuerst beide Deckel abgenommen, beide Brenner
angezündet und dann die Deckel wieder aufgelegt.
Der kleine Ofen wird im Laboratorium eben so wohl zum Aufschlieſsen von Silicaten und
Glühen von Niederschlägen im Platintiegel, als auch zu metallurgischen
Schmelzversuchen aller Art Anwendung finden; er wird auch dem Goldarbeiter ein
willkommenes Mittel bieten, um kleine Mengen von Edelmetall mit den geringsten
Kosten zusammen zu schmelzen, und endlich sich in der Thonwaaren-Industrie zu
allerlei Glüh- und Glasirversuchen mit Vortheil anwenden lassen. Die erzielte
Temperatur miſst man am besten durch Metallpyrometer, d. s. Legirungen von Gold und
Silber und von Gold mit Zusätzen von Platin, von 5 zu 5 Proc. steigend, welche man
in gewalztem Zustande vorräthig hat und auf dem Deckel des Tiegels oder sonst in dem
Ofen zum Schmelzen bringt. Bei gutem Gange soll nach 15 Minuten Silber, nach 20
Minuten Feingold, nach 40 Minuten eine Legirung von 90 Gold und 10 Platin
geschmolzen sein.
H. Röſsler.