Titel: | Lethuillier und Pinel's Sicherheitsventil. |
Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, S. 106 |
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Lethuillier und Pinel's
Sicherheitsventil.
Mit Abbildungen auf Tafel 8.
Lethuillier und Pinel's Sicherheitsventil.
Mit dem in Fig. 8 und
9 Taf. 8 abgebildeten Sicherheitsventile von Lethuillier und Pinel in Rouen (* D. R. P. Kl. 13 Nr. 26575 vom 26. Juli
1883) soll erreicht werden, daſs das Ventil erstens beim Wachsen der Dampfspannung
über die festgesetzte Grenze sich verhältniſsmäſsig langsam hebt, also nicht plötzlich auffliegt, um die Möglichkeit einer
Explosion zu vermeiden, daſs es aber zweitens bei einem geringen Ueberschusse über
Grenzspannung genügend gestiegen ist (etwa bis auf ¼ des Durchmessers), um unter
allen Umständen ein weiteres Anwachsen des Dampfdruckes zu verhindern. Ferner soll
es auch langsam und zwar bei einem nur wenig unter der Oeffnungsspannung liegenden
Drucke sich schlieſsen.
Zu diesem Zwecke ist über dem Sitze eine oben etwas eingeschnürte Kammer c und auf der Ventilspindel eine Scheibe b derartig angeordnet, daſs der zunächstzuächst in die Kammer c ausströmende Dampf von unten
gegen die Scheibe b stöſst – mit um so gröſserer
Heftigkeit, je weiter das Ventil gehoben, je gröſser also die Menge des
ausströmenden Dampfes ist. Zur Führung dienen unten die im Gehäuse angebrachten
Rippen a und oben die an die Spindel angegossenen
Flügel b1, welche an
dem nach innen vorspringenden Rande a1 des Gehäuses anliegen. Die Sitzfläche ist eben.
Der Ventilsitz wird aus sehr harter Phosphorbronze, das Ventil selbst aus bester
gewöhnlicher Bronze hergestellt, so daſs die Abnutzung hauptsächlich an dem
letzteren stattfindet. Für die Drehpunkte des Hebels sind Stahlschneiden
benutzt.
Der Chefingenieur Roland der Association normande des propriétaires d'appareils à vapeur hat mit einem
derartigen Ventile von 50mm Durchmesser auf einem
Kessel von 26qm Heizfläche Versuche angestellt,
über welche in den
Annales industrielles, 1884 Bd. 1 S. 434 berichtet
wird. Die Spannungen wurden mittels eines offenen Quecksilbermanometers bestimmt,
die Ventilerhebungen andern Aufhängungspunkte des Belastungsgewichtes gemessen. Bei
dem ersten Versuche fing das Ventil bei 3k,870 an
abzublasen; die Erhebung betrug bei:
3k,950
3k,960
3k,980
3k,990
0mm,1
0mm,2
0mm,4
0mm,5
20 Secunden später hatte es sich auf 12mm,5, also auf ¼ des Durchmessers gehoben, während
die Spannung noch bis zu 3k,997 gestiegen war.
Nach weiteren 20 Secunden begann es sich zu schlieſsen und war 2 Secunden später bei
3k,805 Spannung vollständig geschlossen.
Ein zweiter Versuch wurde unter annähernd gleichen Verhältnissen ausgeführt und
lieferte ungefähr dieselben Ergebnisse. Der dritte Versuch wurde bei abgestellter
Maschine vorgenommen, so daſs aller entwickelte Dampf durch das Sicherheitsventil
entweichen muſste. Das Feuer wurde bei vollständig offenem Rauchschieber möglichst
lebhaft unterhalten. Das Ventil hob sich ohne Stoſs in kurzen Zwischenräumen, etwa
alle 2 Minuten, um sich jedesmal bald wieder zu schlieſsen. Die Spannung stieg nicht
über 3k,900. Endlich wurde noch ein vierter
Versuch nach dem Wiederanlassen der Maschine bei möglichst starkem Feuer ausgeführt.
Bei 3k,800 Spannung lieſs das Ventil ein wenig
Dampf entweichen; nach etwa 2 ¾ Minuten begann es abzublasen und 1 Minute später
erhob es sich auf ¼ des Durchmessers. In diesem Augenblicke wurde der Zugschieber
geschlossen. Nach 23 Secunden war das Ventil wieder gefallen und nach weiteren 4
Secunden vollständig geschlossen.
Die Construction scheint mithin der Anforderung, daſs ein Sicherheitsventil ein
Wachsen der Spannung über die festgesetzte Grenze auch sicher verhindern und nicht
nur als Warnapparat dienen soll, voll zu genügen.