Titel: | Ueber Neuerungen an Schiffskesseln. |
Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, S. 137 |
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Ueber Neuerungen an Schiffskesseln.
Patentklasse 13. Mit Abbildungen im Texte und auf
Tafel 11 und 17.
Ueber Neuerungen an Schiffskesseln.
Die vorliegenden neueren Constructionen von Schiffskesseln, welche im Folgenden
zusammengestellt sind, rühren, abgesehen von einigen französischen, belgischen und
russischen Kesseln, sämmtlich von englischen Schiffsbauern her. Die meisten sind für
kleinere Dampfboote bestimmt. Fast alle zeigen eine
cylindrische Grundform mit 1, 2 oder 3 Flammrohren und rückkehrenden engen
Heizröhren. Die alten eckigen Kastenformen scheinen ganz verlassen zu sein. Für die
Angaben der Hauptmaſse u.s.w. sind zur Abkürzung folgende Bezeichnungen gewählt: D äuſserer Durchmesser des Kessels, L äuſsere Länge desselben (ohne Rauchkammer), d innerer Durchmesser der Flammrohre, R Rostfläche, H
Heizfläche, S Betriebsspannung in k für 1qc, P Anzahl der
Pferdestärken, für welche der Kessel bestimmt ist.
Eine jetzt vielfach für kleinere Kessel gebräuchliche
Form zeigt der in Fig. 1 und
2 Taf. 11 nach Engineering, 1883 Bd. 35 S.
247 dargestellte, für einen Dampfbagger bestimmte
Kessel von Hawks, Crawshay und Comp. in
Gateshead-on-Tyne. Bei demselben ist: D = 3m,58, L = 3m,2, d=1m,02, R = 3qm,7, H = 107qm, H : R = 29, S = 5,6 k/qc und P = 300e. An jedes
der beiden Flammrohre schlieſst sich hinten eine nach oben sich seitwärts
erweiternde Feuerkammer, deren vordere, hintere und innere Seitenwand eben sind,
während die äuſsere Seitenwand concentrisch zum Kessel ist. Der Boden wird von der
Verlängerung des Flammrohres, die Decke von der oben in einem Viertelkreise
umgebogenen, aus einer Platte bestehenden Rückwand
gebildet. 158 Heizröhren von 89mm äuſserem
Durchmesser verbinden die Feuerkammern mit dem Rauchfange. Zur Verankerung des
Kessels dienen zunächst die Heizröhren, indem in lothrechter und wagerechter
Richtung jede dritte Röhre 9mm,5 Wandstärke hat,
beiderseits in die Rohrplatten eingeschraubt und vorn noch mit einer
Sicherungsmutter versehen ist. Die übrigen Röhren haben nur 4mm,2 Wanddicke und sind beiderseits eingerollt.
Ferner gehen durch den Dampfraum zwei Reihen Ankerbolzen von 53mm Durchmesser, deren äuſsere Muttern sich gegen
aufgenietete Scheiben legen. Drei gleiche Bolzen sind zwischen den Flammrohren und
den Heizröhren durchgezogen. Endlich sind die Hinter- und Seitenwände der
Feuerkammern mit den Kesselwänden bezieh. mit einander durch eingeschraubte
Stehbolzen verbunden. Der Dom bildet einen liegenden Cylinder, welcher mit einem
kurzen engen Stutzen auf den Kessel aufgenietet ist. Da die beiden Böden desselben
gewölbt sind, dürfte der centrale Ankerbolzen kaum nöthig sein. An allen Kanten ist
die Verbindung durch Umbördelung hergestellt, Winkeleisen überall vermieden. Die
Deckel der Mannlöcher und Reinigungsöffnungen sind von Schmiedeisen. Die beiden Thüren am Rauchfange,
welche die Röhren zugänglich machen, sind auſsen und innen, der übrige Rauchfang
auſsen mit Blechen zum Schütze gegen Wärmestrahlung versehen. Auch vor den Köpfen
der Ankerbolzen ist ein Schutzblech angebracht.
Ein von P. Brouhon in Lüttich (Belgien) für den Dampfer
Maria Hendrika gebauter Kessel, welcher 1883 in
Amsterdam ausgestellt war und in Uhland's
Maschinen-Constructeur, 1884 S. 81 dargestellt ist, unterscheidet sich von
dem vorigen auſser in der Gröſse nur durch einige unbedeutende Abweichungen. So ist
z.B. der Dom in der sonst üblichen Weise über einer durch aufgenieteten Ring
versteiften Oeffnung auf den Kessel aufgenietet. Die Zahl der Heizröhren ist hier
nur 52. Ferner ist D = 2m,25, L = 2m, d = 0m,75. In Textfig. 1 bis 4 ist das hintere bezieh. das vordere, etwas
aufgetriebene Ende eines Ankerrohres, der Kopf eines Ankerbolzens und der
Querschnitt des Mannlochdeckels im Dorne dargestellt, welcher, wie ersichtlich,
durch einen ringsum laufenden Wulst versteift ist.
Fig. 1., Bd. 253, S. 138
Fig. 2., Bd. 253, S. 138
Fig. 3., Bd. 253, S. 138
Fig. 4., Bd. 253, S. 138
In Fig.
6 Taf. 11 ist nach Engineering, 1884 Bd. 37
S. 188 der Querschnitt eines mit 3 Flammrohren versehenen Kessels, welcher für den
Dampfer Isle of Dursey von der Wallsend Slipway and Engineering Company in Wallsend-on-Tyne gebaut ist,
abgebildet. Abweichend von dem in Fig. 1 und
2 Taf. 11 gezeigten Kessel ist hier nur die obere Begrenzung der
Feuerkammern, welche im Querschnitte Fig. 6
halbcylindrisch, im Längsschnitte aber wie bei S. Hodge
(vgl. Fig. 8 Taf. 11) u.a. rechteckig erscheint. Zur Verstärkung der Decken für
die beiden äuſseren Feuerkammern sind dieselben an je zwei Barren, wie sie sonst für
ebene Feuerbüchsdecken gebräuchlich sind, aufgehängt. Es ist hier die Anzahl der
Röhren 202, Gesammtquerschnitt derselben 0qm,84,
ferner D = 3m,72, L = 3m,25, d = 0m,85, R = 3qm,90, H = 153qm, H : R = 39,2, S = 10,5 k/qc.
Die gleiche Construction wie der letztgenannte hat ein von A.
Taylor in Newcastle für den Dampfer Claremont
gebauter, gleichfalls mit 3 Flammröhren versehener Kessel, welcher im Engineer, 1883 Bd. 56 S. 50 abgebildet ist. Der einzige Unterschied liegt
im Dorne, der hier, wie aus Fig. 3 Taf.
11 ersichtlich, als stehender Cylinder ausgeführt, jedoch ebenfalls mittels eines
engen Stutzens an den Kessel angeschlossen ist. Auffallend ist an demselben die
jedenfalls mehr als nöthig starke Verankerung. Für den Kessel ist D = 3m,56, L = 3m,09, d = 0m,85, S = 10,5 k/qc, Anzahl der Heizröhren 176.
Fox'sche Wellrohre werden vielfach bei Schiffskesseln
angewendet. Die Leeds Forge Company in Leeds stellt
dieselben jetzt aus einer besonderen Sorte weichen Stahles her. Auf der Naval and Submarine Exhibition in London im J. 1882
hatte die genannte Firma den in Textfigur 5 nach Engineering, 1882 Bd. 33 S. 366 abgebildeten Kessel
ausgestellt, welcher auſser dem Wellrohre noch die besondere Eigenthümlichkeit
zeigt, daſs der Mantel aus zwei Hälften besteht, welche durch einen Ring von
U-förmigem Querschnitte, „Hepburn's sogen. Expansionsring“, mit einander verbunden
sind.
Fig. 5., Bd. 253, S. 139
S. Hodge und Söhne in Millwall hatten 1883 auf der Engineering and Metal-Trades-Exhibition in London den
in Fig. 7 und 8 Taf. 11
nach Engineering, 1883 Bd. 36 S. 4 abgebildeten Kessel
ausgestellt. Derselbe hat nur ein Flammrohr. Von der sich daran schlieſsenden
Feuerkammer führt die eine Gruppe der Heizröhren in eine vorn in den Kessel
eingebaute zweite Kammer und von dieser die zweite Gruppe durch den ganzen Kessel
hindurch nach der hinten angebrachten Rauchkammer. Auch für gröſsere Kessel mit zwei
Flammrohren, die dann hinten eine gemeinschaftliche Feuerkammer erhalten, benutzen
Hodge und Söhne die gleiche Anordnung. Der
Dampfsammler ist verhältniſsmäſsig lang und durch zwei Stutzen mit dem Kessel
verbunden. Es ist D = 1m,45, L = 2m,06, d = 0m,61.
Einen ganz kleinen Kessel (D = 0m,91, L = 0m,86, R = 0qm,42, H = 7qm,25, H : R = 17,3,
S = 10k,5) von
F. J. Burrell und Söhne in Thetford zeigen nach Engineering, 1884 Bd. 37 S. 312 die Textfiguren 6 und 7.
Derselbe ist nicht ganz cylindrisch, sondern unten mit einer halbcylindrischen
Feuerbüchse durch einen kräftigen Ring verbunden, ähnlich wie bei den
Locomotivfeuerbüchsen. Diese Construction ermöglicht, oberhalb der Feuerbüchse auch
bei einem so kleinen Kessel noch eine groſse Zahl rückkehrender Heizröhren
anzubringen. Die Feuerkammer, mit der Feuerbüchse durch fünf eingeschraubte
Rohrstutzen verbunden, ist hinten angehängt und mit einer Thür verschlossen. Die
Röhren sind mithin an beiden Enden zugänglich; eine undicht gewordene Röhre kann
leicht beiderseits verstopft werden u.s.w. Auſser den Röhren dienen zur Verankerung
nur drei durch den Dampfraum gehende Bolzen. Der die Feuerbüchse unten mit dem
Mantel verbindende Ring ist vorn um die Feuerthür herumgebogen. Behufs Erzielung
einer guten Verbrennung wird vom Aschenfalle durch zwei Knieröhren Luft in die
hintere Feuerkammer eingeführt. Die 59 Heizröhren sind von Messing und haben 38mm Durchmesser. Eine schwache Stelle hat der
Kessel in der Decke; dieselbe ist auf einer groſsen Fläche mit Löchern versehen,
über welchen ein als Dampfsammler dienender sattelförmiger Körper aufgenietet ist.
Da das Blech hier auf beiden Seiten dem gleichen Drucke ausgesetzt ist, bietet es
dem Zuge in der Querrichtung, welcher das Blech gerade zu strecken sucht, nur einen
geringen Widerstand. Der Kessel ist übrigens mit Wasserdruck auf 21k geprüft, seit 2 Jahren im Betriebe und soll sich
gut bewähren.
Fig. 6., Bd. 253, S. 140
Fig. 7., Bd. 253, S. 140
Die groſsen Durchmesser suchten manche Constructeure dadurch zu vermeiden, daſs sie
den Kessel in mehrere Cylinder zerlegten. So zeigen z.B. Fig. 4 und
5 Taf. 11 einen Kessel von G. K. Boehnke in
Samara, Ruſsland (* D. R. P. Nr. 24859 vom 17. April 1883), welcher aus einem
unteren, das Flammrohr F aufnehmenden Cylinder K, einem oberen, die Heizröhren R enthaltenden Cylinder K1 und einem stehenden, K und K1
verbindenden Cylinder K2 zusammengesetzt ist. Letzterer enthält eine unten gleichfalls
cylindrische, oben halbcylindrische Feuerkammer G, in
welcher zur Vergröſserung der Heizfläche wie zur Versteifung zwei stehende
Wasserrohren H eingebaut sind. K und K1
stehen auſserdem durch zwei Rohrstutzen mit einander in Verbindung. Um eine bequeme
Reinigung zu ermöglichen, ist der Kessel so eingerichtet, daſs der ganze Innenkörper
FGR herausgezogen werden kann. Zu diesem
Zwecke ist der Kessel K2 in der lothrechten Mittelebene getheilt und sind beide Hälften mittels
ringsum laufender Flanschen f mit einander verschraubt,
so daſs die hintere
Hälfte abgenommen werden kann. Ferner sind die Heizröhren vorn in eine besondere, an
die Kesselstirnwand angeschraubte Rohrplatte eingesetzt und endlich ist auch das
Flammrohr an die Stirnplatte mittels eines Winkelringes angeschraubt. Nach
Herausnahme des Innenkörpers sind alle Theile bequem zugänglich. Besondere Anker
sind nicht vorhanden und erscheinen auch bei dieser Construction nicht nothwendig.
Der Kessel ist hauptsächlich für Erdöl-Feuerung bestimmt und daher in dem besonders
von der Stichflamme getroffenen Theile ausgemauert.
Aehnlich dem vorigen ist der in Fig. 9 und
10 Taf. 11 abgebildete Kessel von Ch.
Delevaque in Paris (Erl. * D. R. P. Nr. 4004 vom 16. Februar 1878); doch
ist hier noch ein besonderer groſser Dampfsammler aufgesetzt. Die Verbindung der
Räume am hinteren Ende ist dadurch hergestellt, daſs die Cylinder nach hinten
verlängert und mittels in einander steckender Stutzen mit einander vernietet sind.
Die Enden sind schräg abgeschnitten und durch gewölbte Böden geschlossen. Die
hintere Kesselwandung ist hier gleichfalls mittels einer Flansche f angeschraubt und nach dessen Abnahme kann auch das
Flammrohr sammt der hinteren Feuerkammer, welche bei b
verschraubt ist, herausgezogen werden, während die Heizröhren in dem Kessel bleiben.
Bei i sind Messingröhren eingesetzt behufs Einführung
von Luft hinter der Feuerbrücke. Durch ein davor angebrachtes Sieb j soll dieselbe fein zertheilt werden.
(Schluſs folgt.)