Titel: | Ueber Bildung und Verarbeitung von Schlacken. |
Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, S. 204 |
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Ueber Bildung und Verarbeitung von Schlacken.
(Schluſs des Berichtes von S. 163 d.
Bd.)
Ueber Bildung und Verarbeitung von Schlacken.
L. Garnier in Balaruc soll mit Erfolg Hochofenschlacke gegen die Phylloxera in Weinbergen
angewendet haben. Diese Wirkung der Schlacke wird nach L'Echo des Mines bezieh. Stahl und Eisen,
1884 S. 377 dem Schwefelgehalte derselben zugeschrieben.
Nach R. Hasenclever (Zeitschrift des Vereins deutscher
Ingenieure, 1884 S. 206) sind in Schalke und Stolberg Anlagen im Betriebe,
in welchen die Schlacken vom basischen Prozesse nach dem Scheibler'schen Verfahren (1884 251 191) auf
Phosphat verarbeitet werden. Man verwendet in Schalke zur Röstung der Schlacken Flammöfen mit geneigter doppelter Sohle, welche 9m Länge bei 1m,5
Herdbreite besitzen, so daſs also eine gesammte Herdlänge von 18m vorhanden ist, welche die volle Ausnützung der
Wärme für den Röstprozeſs gestattet. Zum Rösten von 1000k Schlacke werden je nach der Qualität 100 bis 130k Kohlen nothwendig und ein solcher Ofen röstet in
24 Stunden 15 bis 17t,5 Schlacken. Die gerösteten
Schlackenstücke werden mit Wasserdampf behandelt. Der in der Schlacke enthaltene
freie Kalk bildet hierbei Kalkhydrat und zersprengt die Schlackenstücke derart, daſs
sich dieselben, wenn der Dampf lange genug einwirkt, in das feinste Pulver
verwandeln, wie solches in gleicher Feinheit durch die besten Zerkleinerungsapparate
nicht erzielt werden kann. Die in geeigneten Schwelapparaten mit Dampf zerkleinerten
Schlacken werden dann auf Siebe gebracht, auf welchen die in der Schlacke enthalten
gewesenen Stahl- bezieh. Eisenkörner abgetrennt werden. Ebenso bleiben diejenigen
Schlackentheile auf den Sieben zurück, welche der Einwirkung des Dampfes nicht
genügend ausgesetzt und deshalb nicht vollkommen zerfallen waren. Die letzteren
lassen sich in Schleudermühlen oder unter Kollergängen leicht vollkommen zerkleinern
und werden dann mit den zuerst abgesiebten feinen Schlacken einem Vorrathskasten
zugeführt, aus welchem die Schlacken für die darauf folgenden Lösungsprozesse
entnommen werden.
Der in den gerösteten Schlacken enthaltene freie Kalk kann durch Behandlung dieser
Schlacke mit Wasser in Rührwerken oder durch Abschlemmen in Form von Kalkmilch
gewonnen und für die später folgenden Fällungsprozesse verwendet werden. Die
gerösteten, zerkleinerten, von den Metalltheilchen und vom freien Kalke befreiten
Schlacken werden dann mit Salzsäure behandelt.
Die Anwendung von Schwefelsäure würde den Nachtheil haben, daſs der bei der Lösung
von Phosphorsäure gebildete schwefelsaure Kalk den Rückstand verunreinigt und in
dieser Form zur Wiederverwendung für metallurgische Zwecke unverwendbar machen
würde. Auſserdem umhüllt der gebildete Gyps den feinen Schlackenstaub und verhindert
so leicht die
vollständige Einwirkung der Säure auf die Schlacken und damit die vollständige
Extraction der Phosphorsäure. Die Menge der Säure ist zweckmäſsig so zu bemessen,
daſs nur die in freiem Zustande vorhandenen und die an Kieselsäure und Phosphorsäure
gebundenen Erdbasen in Lösung gehen. Der Verdünnungsgrad wird so hoch gewählt, als
es die Bequemlichkeit beim Groſsbetriebe gestattet. Man arbeitet am besten mit
Verdünnungen von 1 Vol. käuflicher Säure von 21° B. auf 10 bis 15 Vol. Wasser und
wird dann die so nachtheilige Ausscheidung von gelatinöser Kieselsäure in der Regel
vermeiden. Die angewendeten Säuremengen schwanken naturgemäſs je nach der
Zusammensetzung der Schlacken und sind um so gröſser, je höher die in dem
Schlackenpulver noch vorhandene Menge an freiem Kalk sowie die Menge des an
Kieselsäure und Phosphorsäure gebundenen Kalkes ist. Bei den in Deutschland
dargestellten Thomasschlacken schwankt hiernach der Säureverbrauch für 1k Schlacke zwischen 1,25 bis 1l,5 Salzsäure. Die Lösung selbst wird in Gefäſsen
mit geeigneten Rührwerken vorgenommen und vollzieht sich vollständig binnen wenigen
Minuten. Die erhaltene Lösung wird nun von dem Rückstande durch Absetzenlassen
getrennt und alsdann der Fällung unterzogen. Diese geschieht am zuverlässigsten
durch sorgfältig bereitete Kalkmilch und wird in der Weise bewirkt, daſs entweder
die Kieselsäure gleichzeitig mit der Phosphorsäure niedergeschlagen wird, oder daſs
durch nicht vollständige Neutralisirung nur die Erdphosphate, die geringen
mitgelösten Mengen von Eisen und unwesentliche Mengen Kieselsäure gefällt werden,
während die Hauptmenge der Kieselsäure in der Endlauge gelöst verbleibt und mit
derselben abflieſst. Die Fällung geschieht in Rührgefäſsen und das gefällte Material
wird am zweckmäſsigsten in Filterpressen abgepreſst, ausgewaschen, getrocknet und
ist dann als Kalkbiphosphat für die Landwirthschaft direkt verwerthbar. Der bei der
Behandlung der Schlacke mit Salzsäure bleibende Rückstand hatte folgende
Zusammensetzung:
Kieselsäure
1,48
3,60
Phosphorsäure
3,00
0,60
Eisenoxyd
49,80
68,28
Manganoxyd
17,06
12,70
Kalk
15,60
4,00
Magnesia
12,50
11,35
–––––
––––––
99,44
100,53.
Es gelang mit Leichtigkeit, unter Anwendung dieses Prozesses ein Product zu erzielen,
welches 35 bis 37 Proc. Phosphorsäure in Form von zweibasisch phosphorsaurem Kalke
enthält. Glüht man dieses Material, so erhält man ein Product, dessen
Phosphorsäuregehalt 45 Proc. übersteigt. Es liegt auf der Hand, daſs das Biphosphat
bei seinem niedrigen Kalkgehalte sich zur Darstellung von Superphosphaten vorzüglich
eignen wird, da hierzu höchstens die Hälfte der Schwefelsäure erforderlich, welche
nothwendig ist, um Phosphorit aufzuschlieſsen. Die Einwirkung dieses Verfahrens auf den
Salzsäureverbrauch wird eine sehr beträchtliche sein, da zur Verarbeitung von
1000k Schlacken 1000 bis 1500k Salzsäure erforderlich sind. (Vgl. Rocour S. 135 d. Bd.)
Eisensaures und mangansaures Kalium im Hochofen. B. Platz
(Stahl und Eisen, 1884 S. 262) fand beim Auskratzen eines niedergeblasenen
Ofens der Niederrheinischen Hütte zu Duisburg-Hochfeld vom Kohlensacke abwärts in
der Rast und im Gestelle starke Ansätze, welche bis zu 0m,6 Mächtigkeit erreichten und aus dichten, derben Schlackenmassen von
grauer bis schwarzer Farbe bestanden.
In Wasser gelegt, entstand eine tiefrothe Lösung von eisensaurem
Kalium. Bei näherer Besichtigung der ausgebrochenen Schlackenansätze fand sich, daſs
in den reichlich vorhandenen Poren und Blasenräumen derselben kleine, mit
unbewaffnetem Auge erkennbare schwärzliche Krystallnadeln saſsen, welche sich mit
dem Finger zu einer tiefrothen Schmiere verreiben lieſsen; ferner fand sich, daſs
die Schlacken stark durchsetzt waren mit kohlensaurem Kalium, welches dieselben an
vielen Stellen als weiſsliche Kruste bedeckte. Auſserdem enthielten die
Schlackenstücke bläulich grüne Salzkrusten von mangansaurem Kalium.
Platz ist der Ansicht, daſs die
Schlackenansätze von der sich bewegenden Schmelzsäule und den reducirenden Gasen
durch einen dichten Kokesmantel abgeschlossen waren und daſs sich in Folge dessen
secundäre Prozesse entwickeln konnten, welche den normalen Vorgängen im Hochofen
ganz entgegengesetzt sind. Geschützt vor den Gasen, welche die schwer schmelzbaren,
wenn vielleicht auch im Zustande der Erweichung gewesenen Schlackenansätze nicht zu
durchdringen vermochten, konnte durch die Einwirkung des in den Ansätzen
befindlichen Eisenoxydes auf das reichlich vorhandene kohlensaure Kali die höchste
Oxydationsstufe des Eisens entstehen.
Zwei Proben dieser ursprünglich eisensaures Kalium enthaltenden
Ansätze hatten folgende Zusammensetzung:
Fe2O3
13,72
7,83
FeO
24,75
12,77
MnO
0,46
0,92
SiO2
11,98
6,64
Al2O3
6,72
3,10,
CaO
33,02
59,62
MgO
1,27
141
SCa
1,35
1,37
–––––
–––––
93,27
93,66.
Rest: Alkalien, meist in kohlen- und schwefelsaurer
Verbindung.
Da die Proben trotz des niedrigen Kieselsäuregehaltes das charakteristische Aussehen
von im Flusse gewesenen Schlacken zeigten, so mögen darin Eisenoxyd und Thonerde die
Rolle von Säuren übernommen haben. Zu bemerken ist noch, daſs sich in den
Ofen-Ausbrüchen gut ausgebildete, wasserhelle Krystalle von wasserfreiem, schwefelsaurem Kalium (Glaserit) eingeschlossen
vorfanden.