Titel: | Zur Verwerthung der Weissblechabfälle; von Ed. Donath in Leoben. |
Autor: | Ed. Donath |
Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, S. 207 |
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Zur Verwerthung der Weiſsblechabfälle; von Ed.
Donath in Leoben.
Donath, zur Verwerthung der Weiſsblechabfälle.
Trotz der vielen zur Verwerthung der Weiſsblechabfälle gemachten Vorschläge bleibt
dennoch der gröſste Theil der in kleineren Metallwaarenfabriken und in Spenglerwerkstätten sich
ergebenden Abfälle, welche 5 bis 9 Proc. Zinn enthalten, unbenutzt. Es scheint dies
darin begründet zu sein, daſs die vorgeschlagenen Methoden, insbesondere diejenigen,
welche auf die Gewinnung des Zinnes als Metall hinzielen, an besondere mitunter
kostspielige Apparate geknüpft sind, welche die Verwerthung der Abfälle nur unter
besonderen örtlichen Verhältnissen, z.B. in gröſseren Fabriken von Conservenbüchsen
u. dgl., lohnend erscheinen lassen, da die Abfälle für den Transport zu voluminös
sind. (1cbm soll, lose aufgeschüttet, gegen 50k wiegen.) Weit häufiger findet man die Verwendung
der Weiſsblechabfälle zur Darstellung von Zinnpräparaten, namentlich von zinnsaurem
Natron, wozu das schon lange bekannte Verfahren: Behandlung derselben mit einer
Lösung von Bleioxyd (Glätte) in Natronlauge, am geeignetsten ist und jüngst wieder
von F. Reinecken (1883 249 *
29) empfohlen wurde. Die von dem ausgeschiedenen Bleischlamme abgezogene Lauge wird
entweder direkt zur Erzeugung von zinnsaurem Natron eingedampft, oder durch
Einleiten von Kohlensäure Zinnoxydhydrat gefällt, welches zur Darstellung von
Zinnchlorid oder Pinksalz dient. In letzterem Falle erhält man als Nebenproduct eine
verhältniſsmäſsig geringwertige Sodalösung.
Allerdings nur auf Laboratoriumsversuche im Kleinen gestützt, schlage ich hiermit ein
Verfahren vor, welches sich als noch einfacher erweisen dürfte und darauf beruht,
daſs durch Erhitzen der Weiſsblechabfälle mit concentrirter
Natronlauge und Braunstein ebenfalls eine fast vollständige Entzinnung
derselben bewirkt wird und daſs aus der gewonnenen Lösung von zinnsaurem Natron
durch Neutralisation mit Essigsäure alles Zinnoxyd herausfällt, wobei ein
werthvolleres und gangbares Nebenproduct, nämlich essigsaures Natron, erhalten wird.
Die Entzinnung der Weiſsblechabfälle wäre demnach seitens der Fabriken von
Essigsäure bezieh. essigsauren Salzen in die Hand zu nehmen.
Die durch Blechscheren entsprechend zerkleinerten Abfälle werden in eisernen Kesseln
mit concentrirter Natronlauge und gemahlenem Braunstein durch längere Zeit gekocht
und schlieſslich die Masse vollständig bis zum Teige eingedampft. Die durch
Hinzufügen von Wasser erhaltene und nach vollständiger Klärung abgezogene oder
filtrirte Lösung wird mit Essigsäure gerade bis zum Eintritte der sauren Reaction
versetzt und zum Kochen gebracht, wobei sich sämmtliches Zinnoxyd ausscheidet.
Eine weitere Verwerthung der Weiſsblechabfälle betrifft ihre Verwendung zur Erzeugung eines Berlinerblau von besonderer Schönheit
und Lebhaftigkeit der Farbe. Bekanntlich ist auch das auf der Faser erzeugte
Berlinerblau viel brillanter (Napoleonsblau), wenn der dabei verwendeten Eisenbeize
Zinnsalz zugesetzt wurde. Es rührt dies nicht, wie dies mitunterVgl. z.B. Muspratt's technische Chemie, 3. Auflage, Bd. 2 S. 1317.
angenommen wird, bloſs von nachher ausfallendem Zinnsäurehydrat her, welches dem Berlinerblau
beigemischt, dieses klarer und somit lebhafter erscheinen läſst, sondern das
entstandene Ferrocyanzinn selbst bildet eine dem Berlinerblau ähnliche Verbindung
von noch laicht genügend bekannter Zusammensetzung. Fällt man z.B. eine Lösung von
Pinksalz mit gelbem Blutlaugensalze und versucht den bei gewöhnlicher Temperatur
rein weiſsen Niederschlag am Filter mit kochendem Wasser zu waschen oder bei höherer
Temperatur zu trocknen, so wird derselbe rasch unter Entwickelung von
Blausäuregeruch durch die ganze Masse blau. Im Exsiccator getrocknet, schrumpft
derselbe zu einer spröden, fast glasigen Masse zusammen, welche ein weiſses Pulver
gibt, das sich im Lichte aufbewahrt ebenfalls bald bläut.Es sei hier bemerkt, daſs Tessié du Mothay (1870
195 376) sich die Darstellung einer blauen
Farbe patentiren lieſs, welche durch mehrtägige Einwirkung des Sonnenlichtes
auf den durch Zusammenmischen der Lösungen von 10 Th. wolframsaurem Natron,
8 Th. Zinnsalz, 5 Th. Ferrocyankalium und 1 Th. Eisenchlorid gebildeten
Niederschlag entsteht; neben der Bildung von blauem Wolframoxyde hat
jedenfalls das geschilderte Verhalten des Ferrocyanzinnes bei der Bildung
der Farbe eine Rolle gespielt. Von der Voraussetzung ausgehend,
daſs ein Zinnpräparat wie auf der Faser auch bei der Erzeugung des Berlinerblau
selbst für den Farben ton desselben von Vortheil sei, wurden Weiſsblechabfälle mit
mäſsig verdünnter Salzsäure gekocht und die von dem Ungelösten abgegossene Lösung
mit Salpetersäure oxydirt. Nach starker Verdünnung mit Wasser wurde die Flüssigkeit
mit gelbem Blutlaugensalze gefällt, der erhaltene Niederschlag durch längere Zeit
mit der sauren Flüssigkeit gekocht, sodann abfiltrirt und nach dem völligen
Auswaschen auf flachen Schalen bei höherer Temperatur getrocknet. Das erhaltene
Product, mit käuflichen Fabrikaten bester Sorten von Pariserblau verglichen, zeigte,
bei fast gleicher Farbenstärke, eine gröſsere Lebhaftigkeit der Farbe, welche mehr
dem Smalteblau sich näherte. Es dürfte daher jedenfalls ein kleiner Theil namentlich
der an Zinn reicheren Abfälle in der Berlinerblaufabrikation eine Verwerthung
finden.