Titel: | Ueber Neuerungen an Schiffskesseln. |
Autor: | Whg |
Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, S. 217 |
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Ueber Neuerungen an Schiffskesseln.
(Schluſs des Berichtes S. 137 d. Bd.)
Patentklasse 13. Mit Abbildungen im Texte und auf
Tafel 11 und 17.
Ueber Neuerungen an Schiffskesseln.
Auch der in Fig. 1 Taf.
17 gezeichnete Kessel von M. Schlepps in St. Petersburg (* D. R. P. Nr. 22861 vom 28. November 1882) schlieſst sich an die letzten beiden
Kesselformen an. Aehnlich dem Boehnke'schen Kessel
(vgl. Fig. 4 und 5 Taf. 11)
besteht derselbe aus zwei nahezu wagerechten und einem lothrechten Cylinder. Auch
die von dem letzteren eingeschlossene Feuerkammer ist im Wesentlichen cylindrisch,
jedoch nach oben wie nach unten durchgeführt und an den Enden mit abnehmbaren
Deckeln verschlossen, also leicht zugänglich. In dieselbe sind zur Vergröſserung der
Heizfläche, sowie zur Beförderung des Wasserumlaufes mehrere Gruppen schräg
ansteigender Wasserröhren eingebaut. Die Stellen der Cylinderwand, welche die Röhren
aufzunehmen haben, sollen durch passend gepreſste Blechstücke oder auch durch
Rothguſsplatten gebildet werden. Im äuſseren Kesselmantel sind den Rohrmündungen
gegenüber behufs Reinigens und Auswechselns der Röhren Mannlöcher angebracht. Ein
Hauptaugenmerk ist bei diesem Kessel auf die Erzielung einer möglichst guten
Verbrennung gerichtet worden. Der Rost besteht aus zwei Abtheilungen, einem vorderen
gewöhnlichen Planroste, welcher das frische Brennmaterial aufnimmt, und einem
dahinter liegenden korbförmigen Roste, in welche die glühenden Kokes, nachdem die
flüchtigen Kohlenwasserstoffe abdestillirt sind, geschoben werden. Damit die Gase
nicht zu schnell abgekühlt werden, ist der Verbrennungsraum mit feuerfesten
Magnesiasteinen ausgefüttert. In dem hinteren Theile dieser Ausfütterung sind sich
kreuzende Kanäle angebracht, durch welche eine wiederholte Mischung der heiſsen Gase
mit der unten zuströmenden Luft erreicht werden soll.
Die Kessel der in Fig. 4 und
5 bezieh. 9 und 10 Taf. 11 und Fig. 1 Taf.
17 veranschaulichten Gattung (von Boehnke, Delevaque
bezieh. Schlepps) haben auſser der Vermeidung der
Anker- und Stehbolzen noch den Vortheil, daſs man auf derselben Grundfläche eine
gröſsere Anzahl von Kesseln neben einander aufstellen kann, als wenn dieselben nur
aus einem Cylinder von groſsem Durchmesser bestehen.
In Fig.
2 und 3 Taf. 17
ist nach Engineering, 1881 Bd. 31 S. 273 ein nach Cottew's englischem Patent von Abbott und Comp. in Newark-on-Trent gebauter Kessel abgebildet, welcher
aus zwei neben einander liegenden Kesseln A mit je zwei
Flammrohren und einem in der Mitte darüber liegenden, von Heizröhren durchzogenen
Kessel C besteht. Jeder dieser drei Kessel, welche
durch Röhren mit einander in Verbindung stehen, soll seinen eigenen Dampfraum haben.
Die Construction gehört also zu den in D. p. J. 1881
239 * 425 und 240 * 87
beschriebenen Kesseln mit mehrfacher freier Wasseroberfläche. Zur Ueberführung der Heizgase aus den
Flammrohren in die Heizröhren ist hinten eine abnehmbare trapezförmige Feuerkammer
B angebracht, deren hintere und seitliche Wände
durch flache Wasserkammern gebildet werden; letztere sind mit dem Wasserraume des
Oberkessels C durch Röhren E (Fig. 3 Taf.
17) verbunden, während der in ihnen entwickelte Dampf durch O nach C überströmt. Beim gewöhnlichen
Betriebe wird das Speisewasser bei F in die
Wasserkammern von B eingepumpt; es gelangt dann durch
E in den Kessel C und
aus diesem durch eine Röhre G, welche in C bis zum Normalwasserstande hinaufgeführt und unten
mit Abzweigungen versehen ist, in die Kessel A. Durch
die Röhren H können jedoch auch die unteren, wie der
obere Kessel nöthigenfalls direkt gespeist werden. Durch die Röhren J wird der Schlamm, durch K der Schaum ausgeblasen. Der Dampf des oberen Kessels strömt durch Röhren
D in die unteren Kessel und wird aus diesen durch
Ventile M abgeführt. Bei S
sind Sicherheitsventile mit den Dampfauslaſsröhren L
angebracht. Der Kessel ist schon auf einer gröſseren Zahl von Dampfern im Betriebe
und soll sich gut bewähren.
Bei dem in Fig. 8 und
9 Taf. 17 abgebildeten groſsen Doppelkessel von E. Delpech in Marseille (* D. R. P. Nr. 24215 vom 2. Februar 1883) sind
zwar die Haupttheile Z, in welche die Heizröhren
eingebaut sind, gleichfalls cylindrisch; unter denselben ist jedoch eine U-förmige,
aus flachen Wasserkammern gebildete Kofferbüchse V
angebracht, welche unter jedem der Kessel Z eine
einzige groſse Feuerkammer bildet. Die Roste nehmen die ganze Breite dieser Kammern
ein und werden durch je 3 Thüren f1 bis f3 beschickt. Ueber jedem Roste liegen 4 Sieder S1 bis S4, welche mit je zwei
Stutzen an den Kessel Z angehängt sind. Dieselben
sollen nicht nur die direkte Heizfläche vermehren, sondern hauptsächlich auch die
untere Mantelfläche von Z vor dem Verbrennen schützen.
Solcher Sieder sollen auf dem Schiffe mehrere in Vorrath gehalten werden, so daſs,
wenn einer schadhaft geworden sein sollte, derselbe leicht an Bord selbst
ausgewechselt werden kann. Die Wasserkammern V stehen
mit den Kesseln Z oben jederseits durch mehrere
Oeffnungen F und unten durch ein T-förmiges Rohr E in Verbindung. Da in den Kesseln Z die Verdampfung jedenfalls eine viel lebhaftere ist
als in den Kammern V, so wird ein Wasserumlauf, in E aufwärts, in V abwärts
gehend, hervorgerufen werden. Die beiden Feuerräume werden durch eine schwache
Ziegelmauer, welche sich beiderseits an das Rohr E
anschlieſst, von einander getrennt. Oben reicht dieselbe bis zu einer doppelten
wagerechten Scheidewand D, welche zwischen den einander
zugekehrten Stirnseiten der Kessel Z befestigt ist. Die
Heizröhren sind wie bei S. Hodge (vgl. Fig. 7 und
8 Taf. 11) in zwei Gruppen getheilt, von denen die eine unterhalb, die
andere oberhalb der Scheidewand D liegt. Die Heizgase
durchströmen zunächst die unteren Röhren, gelangen in die an den vorderen
Stirnseiten befindlichen Rauchkammern b und dann durch
die oberen Röhren in die über der Scheidewand D
liegende halbcylindrische Kammer J, an welche sich oben
der Schornstein anschlieſst. An der äuſseren Stirnseite sind die Feuerräume
gleichfalls durch je eine Ziegelmauer n abgeschlossen,
welche die Heizer vor der strahlenden Wärme schützt. In diesen Mauern sind Kanäle
z angeordnet, durch welche die Flamme in die
Rauchkammern b hinaufschlagen soll, um die in den
unteren Heizröhren verlöschten Gase wieder zu entzünden.
Fig. 1., Bd. 253, S. 219
Fig. 2., Bd. 253, S. 219
Ob dieser Erfolg wirklich eintritt, dürfte sehr fraglich sein.
Die Innenräume der Kessel sind durch Mannlöcher X und
Putzthüren A zugänglich. Die hinter der Feuerbrücke
sich sammelnde Flugasche wird durch Oeffnungen C
entfernt und in die Kammer J kann man durch die
Oeffnungen B gelangen.
Ein anderer Doppelkessel, welcher von A. Holt in
Liverpool entworfen und von Scott und Comp. in Greenock
für die Dampfer Teucer, Orestes und Laertes gebaut wurde, ist nach Engineering, 1883 Bd. 36 S. 544 in Textfig.
1 und 2 dargestellt. Es ist dies ein
einziger verhältniſsmäſsig langer Kessel, in welchen in der Mitte eine oben ebene,
unten ungefähr zum Mantel concentrische Feuerkammer eingebaut ist. Der Kesselmantel
selbst ist in der Mitte cylindrisch, in den Endtheilen besteht er aus zwei durch
ebene Stücke verbundenen Halbcylindern. Jeder dieser Endtheile enthält 3 Wellrohre,
welche sämmtlich durch Rohrstutzen von 0m,5
Durchmesser in die gemeinschaftliche Feuerkammer münden. Von dieser gehen dann nach
jeder Seite 146 Heizröhren von 100mm Durchmesser,
wovon 32 Ankerröhren sind, aus. In die Feuerkammer sind 6 stehende Wasserrohre von
0m,38 Durchmesser eingebaut, Auſser durch
diese Rohre wird die ebene Decke der Kammer durch eine Anzahl aufgesetzter Barren
getragen. Die Stirn- und mittleren Rohrwände werden durch eine gröſsere Zahl
Längsanker und Blechwinkel, die ebenen Seitenflächen der Endtheile durch 4 Queranker
gehalten. In jeder Stirnwand befinden sich unten 3 Mannlöcher; auch die Feuerkammer
ist durch ein seitliches Mannloch zugänglich. Die Längsnähte sind 3fach, die
Quernähte doppelt genietet. Die Mantelbleche sind 23mm,8, die Rohrplatten 19mm, die
Wellbleche 11mm dick. Die Nieten haben einen
Durchmesser von 30mm. Ferner ist L = 7m,32, D = 3m,66, d (kleinster Durchmesser der Wellrohre) = 1m,02, R = 9qm,5, H = 348qm, H : R = 36, Gesammtquerschnitt der Heizröhren = 1qm,99, S = 5,27 k/qc.
Eine wieder etwas abweichende Anordnung zeigt der in Textfigur 3 nach Engineering, 1883 Bd. 36 S.
338 abgebildete Doppelkessel, welcher von W. Doxford und
Söhne in Sunderland für den Dampfer Hanoverian
gebaut wurde. Derselbe ist durchweg cylindrisch und gleichfalls jederseits mit 3
Flammrohren versehen; derselbe enthält aber statt der einen gemeinschaftlichen
Feuerkammer deren 6, eine für jedes Flammrohr, so daſs der Querschnitt dem in Fig.
6 Taf. 11 (Wallsend Company) gezeichneten
ähnlich ist mit dem Unterschiede, daſs die Decken der Feuerkammern eben sind. Oben
ist mit 2 Stutzen ein groſser Dampfsammler aufgesetzt. Der Kessel enthält 382
gewöhnliche und 134 Ankerröhren von 89mm
Durchmesser und wiegt 62t ohne
Feuerungseinrichtung, Rauchkammern u.s.w. Es ist L =
6m,10, D = 4m,72, d = 1m,17, R = 11qm,75, H = 372qm,5, H : R = 31,8, S = 5,63 k/qc. Auf der Hanoverian wurden zwei solcher Kessel neben einander aufgestellt, deren 4
Rauchkammern in einen
gemeinschaftlichen Schornstein von 2m,44
Durchmesser münden.
Fig. 3, Bd. 253, S. 221
Die folgenden Neuerungen betreffen die Feuerung der
Schiffskessel.
Welton hat vorgeschlagen, an der Stelle, wo sich die
Feuerkammern an die Flammrohre anschlieſsen, eine durchlochte, aus Asbestmasse
hergestellte Platte A einzubauen (vgl. Fig. 4 und
5 Taf. 17), um eine gute Verbrennung
herbeizuführen. Dieselbe kann in so fern günstig wirken, als sie die Mischung der
Brenngase mit der Luft befördern und, als Wärmespeicher dienend, nach dem Aufgeben
frischen Brennmaterials die zunächst abdestillirenden Kohlenwasserstoffe zur
Entzündung bringen wird. Die Einrichtung wird von Gebrüder
Duncan in London angewendet.
Rait und Gardiner in Millwall leiten nach Gibb's englischem Patent die Heizgase, nachdem sie
durch die Heizröhren in die vorderen Rauchkammern eingetreten sind, nicht direkt in
den Schornstein, sondern führen sie zunächst unter die
Kessel, so daſs auch die untere Mantelfläche derselben als Heizfläche zur Wirkung kommt. Diese
Anordnung erscheint namentlich in so fern zweckmäſsig, als dadurch die Ausdehnung
der Kesselmantel eine gleichmäſsigere wird und diese in Folge dessen mehr geschont
werden; die Zugwirkung wird jedoch dabei beeinträchtigt.
Eine Verstärkung des Zuges will Wéry in Paris nach dem Engineer, 1888 Bd. 55
S. 31 in folgender Weise erreichen: Umgibt man den Schornstein mit einem offenen
Mantel, so wird durch die Erwärmung der in dem Zwischenräume befindlichen Luft in
letzterem eine aufsteigende Strömung hervorgerufen, welche bekanntlich häufig zu
Lüftungszwecken benutzt wird (vgl. Burrell * S. 139 d.
Bd. bezieh. Schlepps
Fig.
1 Taf. 17). Wéry will dieselbe zur
Beförderung des Zuges im Schornsteine selbst verwenden, indem er den Mantelraum, wie
Fig. 10 und 11 Taf. 17
zeigen, oben abschlieſst und die aufsteigende Luft durch eine Anzahl Oeffnungen in
den Schornstein eintreten läſst. Ueber diesen Oeffnungen sollen Schraubenflächen im
Schornsteine angebracht werden, welche die Luft und die Gase zu einer wirbelnden
Bewegung zwingen. Die Einrichtung ist von J. Watt und
Comp. u.a. bei dem Kessel des Dampfers Moreton
ausgeführt worden.
Das Bestreben, die Schnelligkeit der Dampfschiffe zu steigern, drängt immer mehr zu
der Benutzung eines künstlich verstärkten Zuges, um mit
nicht zu groſsen Kesseln möglichst viel Dampf zu gewannen. Mit den bisher hierzu
verwendeten Einrichtungen, namentlich den bei Torpedobooten eingeführten
geschlossenen Staakräumen mit gepreſster Luft, sind jedoch manche erhebliche
Uebelstände verknüpft. Die verhältniſsmäſsige Verdampfung fällt durchschnittlich
sehr gering aus und die Kessel leiden sehr dabei (vgl. Butler 1883 250 93). Diese Nachtheile will J. Howden in Glasgow (* D. R. P. Nr. 24796 vom 31.
December 1882) durch die in Fig. 6 und
7 Taf. 17 dargestellten Anordnungen vermeiden. Vor der Vorderwand des
Kessels, dieselbe fast vollständig bedeckend, ist eine Kammer a angebracht, welche sowohl die rechteckigen
Rauchkammern b, wie auch die vor den Flammrohren
befindlichen cylindrischen Gehäuse d einschlieſst. Die
Heizgase gelangen durch Röhren c, welche die Kammer a durchziehen, in den Schornstein und sollen auf diese
Weise die Luft, welche durch ein Gebläse bei o in die
Kammer a eingetrieben wird, vorwärmen. Die Hauptsache
soll nun eine zweckmäſsige und genau zu regelnde Einführung und Vertheilung der so
vorgewärmten Luft ober- und unterhalb des Rostes sein. Die trommelförmigen Gehäuse
d, vorn mit luftdicht schlieſsenden Thüren
versehen, sind durch eine die Fortsetzung der Rostplatte bildende wagerechte Wand
e in je einen oberen und unteren Raum geschieden,
von denen der erstere von dem Feuerraume durch eine durchlöcherte und mit besonderer
ebenfalls durchlöcherter Thür versehene Wand getrennt ist. Diese Thür ist mit der
vorderen Feuerthür durch Stehbolzen verbunden, wird also mit derselben gleichzeitig
geöffnet und geschlossen. Die Luft tritt nun aus der Kammer a
sowohl in den unteren,
wie in den oberen Raum von d durch Oeffnungen am
Umfange, welche mittels Gitterschieber von auſsen mehr oder weniger geschlossen
werden können. Die betreffenden Handgriffe sind mit Zeigern verbunden, welche die
Gröſse der Oeffnungen genau erkennen lassen. Es kann mithin die unter und die über
den Rost einströmende Luftmenge, jede für sich,
innerhalb weiter Grenzen verändert werden. Beim Schüren bleiben die Oeffnungen ganz
geschlossen. Sehr günstig erscheint die Einrichtung für die Heizer, da die Luft in
der Kammer a die strahlende Wärme von der
Kesselstirnwand auffängt, der Kesselraum also kühl bleibt, namentlich wenn das
Gebläse die Luft aus demselben entnimmt.
Bei kleinen, nach dem Locomotivsysteme gebauten Schiffskesseln wird die Luft in einer
am hinteren Kesselende angebrachten Kammer a in
gleicher Weise vorgewärmt und in seitlichen Rohren nach einer das Gehäuse d umgebenden Kammer geleitet. Auch bei Anwendung
natürlichen Zuges sollen die gleichen Anordnungen vortheilhafte Verwendung finden.
Die Patentschrift enthält eine gröſsere Anzahl verschiedenartiger Ausführungen des
gleichen Grundgedankens.
J. Howden hat mit dem in Fig. 6 und
7 Taf. 17 dargestellten Kessel (für welchen L
= 2m,74, D =
3m,05, d = 0m,91 ist) eingehende Versuche angestellt, über
welche er in der Jahresversammlung der Institution of Naval
Architects (vgl. Engineering, 1884 Bd. 37 S.
313) berichtete und die bisher sehr zufriedenstellend ausgefallen sein sollen. Es
wurde hiernach bei einem stündlichen Verbrauche von 211k Kohlen für 1qm Rostfläche noch eine 9
½ bis 10 fache Verdampfung (auf 100° berechnet) und eine vollständig rauchfreie
Verbrennung erreicht.
Whg.