Titel: | Shone's Spülvorrichtungen für Schwemmsystem. |
Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, S. 324 |
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Shone's Spülvorrichtungen für
Schwemmsystem.
Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 23.
Shone's Spülvorrichtungen für Schwemmsystem.
Nach dem Engineer, 1884 Bd. 57 S. 477 haben Hughes und Lancaster in Chester gelegentlich der
Gesundheits-Ausstellung in London 1884 eine interessante Vorführung des Shone'schen Spülsystemes in vollem Betriebe
veranstaltet und dabei die Wirkung der selbstthätigen Luftausblasung und der
selbstwirkenden Spülvorrichtung vorgeführt, wobei die erforderliche Betriebsluft
durch einen Westinghouse'schen Apparat (vgl. 1877 223 * 18), wie derselbe an Locomotiven angebracht zu
werden pflegt, verdichtet wurde. Die Ausstellung enthält auch eine hydraulische
Kraftmaschine von Donaldson in London, so daſs in dem
schmalen Räume von 3 × 4m die vollständige
Vorführung des ganzen Systemes, sowohl durch Dampf-, als durch Wasserkraft
betrieben, ermöglicht wird, wobei jede einzelne Maschine selbstthätig ist und nur
dann zur Wirkung gelangt, wenn man Kanalwasser mit derselben ausblasen will.
Bevor in eine Beschreibung der Einrichtungen eingetreten wird, dürfte zur leichteren
Verständlichkeit eine Auseinandersetzung des Prinzipes dieses Spülsystemes am Platze
sein.
Es sind bei jeder wissenschaftlichen Behandlung des Problemes der Fortschaffung von
Kanalwassern hauptsächlich zwei Gesichtspunkte hervorzuheben: Die Vermeidung aller dickflüssigen Spüljauche bei geringem
Gefälle und erheblich wechselndem Wasserstande und die rasche Ueberführung des Kanalwassers an seinen Bestimmungsort, bevor eine
Zersetzung desselben in gröſserem Maſse Platz gegriffen hat. Kann das
Kanalwasser nicht ganz unter natürlichem Gefälle fortgeleitet werden, so führt man
dasselbe gewöhnlich durch ein Kanalnetz nach einem tiefen Punkte, an welchem sich
ein Sammelbehälter von genügender Gröſse vorfindet, um daselbst ein gleichmäſsiges
Aufpumpen zu gestatten; je mehr aber, was in der Regel der Fall, die Gefälle der
Kanäle sich verflachen, um so mehr wird durch dieses Verfahren ein Theil der Kanäle
selbst zum Anstauen der Spüljauche bezieh. als Sammelbehälter verwendet. Geschieht
dies, so reicht auch die gröſste Sorgfalt, verbunden mit häufigem Rühren, nicht hin,
die Entwickelung übelriechender Gase zu hindern; die gröſste Widerwärtigkeit aber
entsteht, wenn die Kanalwasser gehoben und sodann alle Oberflächen mit Schleim
bedeckt sind, welcher sich unter Einwirkung der atmosphärischen Luft zersetzt.
Andererseits ist das Kanalnetz um so kostspieliger, je tiefer man dasselbe zu legen
gezwungen ist, besonders dann, wenn es theilweise in Grundwasser führende Schichten
eingebettet werden muſs. Das Shone'sche System will nun
alle diese Schwierigkeiten beseitigen. Der zu entwässernde Bezirk wird in kleine
Flächen eingetheilt, innerhalb deren Ausfluſskanäle von kleinsten Abmessungen noch
mit gutem Gefälle und ohne erhebliche Grabentiefe nach einem Punkte geleitet werden können,
welcher sich zur Errichtung der Ausblasestation eignet. Dabei dürfen die auf dem
Prinzipe des Heronsballes beruhenden Hubapparate (die sogen. Ejectoren oder
Auswerfer) mit Zubehör ohne die geringsten Unzuträglichkeiten unter die Bodenfläche,
wenn nöthig an Stellen mit lebhaftestem Verkehre verlegt werden. Zu den
verschiedenen Auswerfern führen Leitungen, welche dieselben mit Preſsluft von den
Verdichtungspumpen versorgen, und es ist keinerlei Wärterpersonal nothwendig, auſser
um die Apparate gelegentlich nachzusehen. Der Ort für Aufstellung der Luft
Verdichter ist gleichgültig. Besitzt die Gemeinde ein Wasserhebewerk oder ein
Gaswerk, so kann in diese Anstalten auch die Einrichtung zum Luftverdichten verlegt
werden, da dieselbe ganz wenig Platz beansprucht; sind solche Plätze nicht
verfügbar, so kann die Anlage in der Nähe eines Kohlenlagers oder an sonst
beliebiger Stelle errichtet werden. Ist Wasserkraft vorhanden, so verwendet man
diese statt der Dampfkraft; in keinem Falle berechnen sich die Kosten der
Luftvertheilung über das betreffende Gebiet besonders hoch, weil die Weite der
Röhren eine geringe ist. Soll nur ein Theil des Kanalwassers gehoben werden, oder
ist die Hebung so unbedeutend, daſs die ganze erforderliche Arbeit keine Rolle
spielt, so ist es vortheilhafter, einen an die Wasserleitung angeschlossenen Motor
zu benutzen.
Um eine gleichmäſsige Wirkung zu erzielen, sind Windkessel erforderlich, in welchen
die Luft einen etwas höheren Druck hat, als derselbe zur Hebung des Kanalwassers
nöthig wäre; unter Umständen ist aber auch das Vertheilungsnetz selbst als
Windkessel ausreichend. Ist die erforderliche Pressung erreicht, so wird
selbstthätig die Verdichtungspumpe an der Betriebsstelle auſser Gang gesetzt, um
unnütze Kraftverschwendung zu vermeiden. Sobald einer der Auswerfer gefüllt ist,
gestattet ein selbstwirkendes Ventil den Eintritt der Preſsluft in denselben, welche
sodann das Abwasser in einen höheren Kanal oder in eine Druckleitung preſst, in
welcher dasselbe weiter geführt oder sofort nutzbar gemacht wird; die Hebung
geschieht so rasch, daſs eine Entwickelung übelriechender Gase durch Zersetzung
unmöglich ist.
Was die durch Hebung der Kanalwasser entstehenden Kosten anbelangt, so werden
dieselben bei Verwendung gepreſster Luft, wie theoretisch und praktisch nachzuweisen
ist, bei Hebungshöhen unter 20m geringer als beim
Pumpenbetriebe. Soll aber das Kanalwasser auf gröſsere Höhen gehoben werden, so kann
man sich diesen Vortheil durch Eintheilung des Entwässerungsgebietes in Zonen auch
in solchen Fällen wahren. Es bedarf dabei nur eines einzigen Vertheilungsnetzes für
die Preſsluft, sofern die Spannung derselben in erster Linie dem Maximum der
Förderhöhe entspricht und durch allmähliche Expansion den nächstfolgenden
Förderhöhen angepaſst wird. Bei solchem Verfahren ergibt sich der weitere Nutzen,
daſs man nicht wie bei einer Central-Pumpenanläge im gewöhnlichen
Sinne gezwungen ist, alles Kanalwasser von dem tiefsten Schlammsammler nach
der höchsten Auslaufstelle auszupumpen, vielmehr jede unnöthige Arbeit vermeiden
kann. Indessen verursacht die pneumatische Hebung des Kanalwassers auch dann keine
höheren Arbeitskosten als der Pumpenbetrieb, wenn in der That von einer einzigen
Stelle aus das Wasser auf eine Höhe bis zu 60m zu
fördern wäre, sofern in solchem Falle die Förderung staffelförmig – in Abtheilungen
– geschieht, was ganz unwesentliche Einrichtungskosten nothwendig macht. Während man
beim Pumpenbetriebe zur Verrichtung einer bestimmten Wasserhebungsarbeit die 1½ bis
2fache Arbeit an der Betriebsmaschine leisten muſs (wie unsere Quelle annimmt), soll
dieses Verhältniſs bei der pneumatischen Hebung viel günstiger sein, nämlich bei
5m Förderhöhe = 1,2, bei 10m = 1,3, bei 15m
= 1,4; erst bei 20m und darüber verändern sich die
Verhältnisse zu Ungunsten der Verwendung von Preſsluft. Im Uebrigen wird der
Vortheil beliebig vieler Hebungsorte, welche alle mit Preſsluft von einem Punkte aus
betrieben werden können, ohne daſs die Vertheilung der treibenden Kraft erheblichen
Aufwand veranlaſst, immer als besonderer Vorzug des neuen Systemes in Anspruch zu
nehmen sein.
Nach der vorstehenden Auseinandersetzung über das Shone'sche System ergibt sich, daſs Kanalwasser in ganz flachen Bezirken
überall mit guten Gefällen abgeleitet werden können und daſs deshalb dieses
Verfahren sich ganz besonders für Seestädte mit langen Frontstellungen gegen die See
eignet. Wenn eine passende Zahl von Auswerfern vorgesehen ist, kann die Spüljauche
sehr schnell entfernt werden, bevor ihre Zersetzung eintritt; auch ist jede
plötzliche Anschwellung des Kanalwassers durch die in den Windkesseln angesammelten
Vorräthe gepreſster Luft verhindert. Dieser letztere Umstand ist es insbesondere,
welcher die Auswerfer befähigt, die denselben zuflieſsenden Kanalwasser ebenso
rasch, als dieselben ankommen, auch wieder weiter zu fördern, ohne daſs eine plötzliche Arbeitssteigerung der Luftverdichtungspumpen
dadurch bedingt würde.
Fig.
1 Taf. 23 zeigt einen Schnitt durch eine Ausblasestelle. Die Spüljauche,
welche der Auswerfer C heben soll, sammelt sich in
einem Straſsenschachte A, aus welchem das Einlaſsrohr
B nach C führt. Sowohl
das Einlaſsrohr B, als auch das Auslaſsrohr D sind mit Kugelventilen versehen, welche sich für den
Durchfluſs von Spüljauche am besten bewährt haben. Die selbstthätige Steuerung für
den Lufteinlaſs, welche in der unter der Straſse liegenden Büchse E untergebracht ist, wird durch zwei Napfkolben
bethätigt, welche im Inneren des Kessels C auf einer
durch eine Stopfbüchse herausgeführten Eisenstange F
sitzen; die letztere steuert durch einen Hebel das Luftventil um. Der untere
Napfkolben befindet sich nahe dem Boden des Auswerfkessels C und ist mit der offenen Seite nach oben gerichtet, während der andere in
umgekehrter Stellung im oberen Theile des Auswerfers auf die Stange F
aufgebracht ist. Steigt
nun die Spüljauche so hoch, daſs dieselbe den nach unten gekehrten oberen Kolben
erreicht, so wird dieser und die Stange F gehoben und
durch letztere das Luftventil geöffnet, welches nun Preſsluft durch das Rohr G in den Auswerfkessel C
strömen läſst. Dadurch schlieſst sich das Einlaſsventil für das Kanalwasser und der
Luftdruck preſst den Inhalt des Kessels C durch das
Auslaſsventil in die Ableitung D. Sobald aber die
Oberfläche der Spüljauche in C tiefer gesunken ist als
die untere Bodenfläche des unteren Napfkolbens, welcher voll Spüljauche bleibt, so
zieht dessen nunmehr in der Luft hängendes Gewicht die Stange herunter, der
Lufteinlaſs wird in Folge dessen abgesperrt und gleichzeitig damit kann die Luft aus
dem Kessel C durch das Rohr H entweichen. In demselben Augenblicke schlieſst sich auch das
Auslaſsventil nach dem Ablaufkanale und der Kessel C
wird durch das Einlaſsventil von Neuem mit Spüljauche versehen. Das Gewicht der
geleerten Kolben ist durch ein an dem Ventilhebel angebrachtes Gegengewicht I ausgeglichen.
Shone's Auswerfapparate mit Preſsluftbetrieb sollen
besonders geeignet sein, um Abgänge der chemischen
Fabriken und Brauereien zu heben, weil
dieselben aus Materialien hergestellt werden können, welche nicht angegriffen
werden. Ebenso geeignet erscheinen sie für heiſse
Spüljauche; da in diesem Falle die Preſsluft durch die von der Flüssigkeit
zugeführte Wärme an Ausdehnungsvermögen gewinnt, so wird der Luftverbrauch
herabgezogen und Arbeit gewonnen. Statt des Pumpenbetriebes wäre die Verwendung von
solchen Druckkesseln in Bergwerken wegen des Nutzens, welchen die abgehende
Preſsluft zur Unterstützung des Luftwechsels gewährt, ganz besonders geeignet;
ebenso für Berieselungszwecke, wo dieselbe den groſsen Vortheil bieten würde, eine
beliebige Anzahl selbstthätiger Ausguſsstellen zu ermöglichen, welche alle von einem
Punkte aus durch die in ganz engen Röhren zugeleitete Betriebsluft bethätigt werden
können. Das System hat in Eastbourne, Warrington, Winchester und an anderen Orten
Englands Verwendung gefunden. Wie mitgetheilt wird, hat die Gemeinde Warrington
sogar den Versuch gemacht, den Inhalt der Schlammsammler des Kanalnetzes mittels der
oben beschriebenen Auswerfapparate auf die gröſsten Entfernungen zu befördern und
damit den ekelhaften und kostspieligen Abzug in offenen Leitungen zu vermeiden.
Ein anderer, von Hughes und Lancaster ausgestellter
Apparat ist Shone's hydraulischer Hausspülapparat, welcher als wirksame Einrichtung
insbesondere dann am Platze zu sein scheint, wenn man auf gewöhnliche Weise gute
Gefälle (1 : 25 und mehr) nicht erreichen kann. Gewöhnliche glatte Hausabzugsrohre
von engem Kaliber erhalten, selbst wenn sie mit aller Sorgfalt gelegt sind, vielfach
Sackungen, in welchen die unregelmäſsig und in schmierigem Zustande zuflieſsende
Spüljauche leicht liegen bleibt, ohne daſs man ein Mittel hätte, die alsbald
faulende und zähe
Ablagerung zu entfernen. Um diesem Uebelstande zu begegnen, ist nun der
Hausspülapparat erfunden. Derselbe kann an jeder Stelle der Wirthschaftsgebäude
angebracht werden, nach welcher man die Spüljauche in Zuführungsleitungen mit
passendem Gefälle führen kann; dadurch werden die Rohrleitungen kurz und man kann
denselben Gefälle geben, bei welchen die Abgänge der Wasserclosets unfehlbar sofort
gegen den Apparat abflieſsen. Dasselbe findet statt mit den Schmutz wassern der
Sinkkasten, Waschküchen u. dgl. Die auf solche Weise zugeführte Spül jauche erreicht
den Apparat in ganz frischem Zustande und, wenn derselbe eine Aufnahmefähigkeit von
etwa 225l hat, während die verschiedenen Zuflüsse
für jeden Tag im Ganzen etwa 1350l betragen mögen,
so wird täglich eine 6malige Entleerung des Apparates stattfinden müssen.
Textabbildung Bd. 253, S. 328
Wie aus nachstehender Abbildung zu ersehen ist, besteht dieser Hausspülapparat aus
einem dicht verschlossenen Kasten A mit geneigtem
Boden, in welchen die zu entfernenden Flüssigkeiten durch das Rohr B zuflieſsen. Bei C
schlieſst sich ein über Dach geführtes Dunstrohr an, während die Ableitung durch den
heberförmigen Kanal D mit dem Kasteninneren in
Verbindung gebracht ist. In dem kugelförmig gestalteten Gefäſse E, aus welchem ein Rohr e
bis fast auf den Boden des Kastens A führt, befindet
sich eine Kippschale, welche durch den Hahn F in mehr
oder minder groſsen Zeiträumen mit Wasser gefüllt wird, dann plötzlich umkippt und
ihren ganzen Inhalt von etwa 9l in den Kasten A ergieſst. In Folge der Gestalt des Kastenbodens
bewirkt dieses stoſsweise Einflieſsen einer gröſseren Wassermenge ein Ansteigen des
Kasteninhaltes im Heberkanale D, welcher angefüllt wird
und nun in sehr kurzer Zeit das ganze im Kasten A
angesammelte Schmutzwasser abführt. Dadurch, daſs dies in einem Male geschieht, wird
eine gründliche Spülung des Abfallrohres bewirkt und bleiben in letzterem keine
Schmutzreste hängen, wie es der Fall sein würde, wenn alles Abfallwasser, ohne erst
im Spülapparate gesammelt zu werden, in kleinen Mengen, wie es zuflieſst, auch
abgeleitet würde. Uebrigens bleibt im Kasten A genügend
Flüssigkeit bei der Entleerung zurück, um einen Wasserverschluſs für die Rohre D und e zu bilden, so daſs
weder durch D Kanalgase ausströmen, noch die Gase aus
dem Kasten A selbst durch e in die Hausräume gelangen können. Durch nachflieſsendes Schmutzwasser
wird dieser Abschluſs immer vollkommener.
Aus Beobachtungen ist festgestellt, daſs die ganze Entleerung eines solchen Apparates
sich in etwa 35 Secunden vollzieht. Dieses rasche Eintreten frischer Spüljauche in
den Rohrstrang bringt dieselbe Wirkung hervor wie das Durchschwemmen der Spüljauche
von 3500 Einwohnern zur Zeit des gröſsten Ergebnisses, wenn das letztere den Betrag
von 90l auf den Kopf und Tag erreicht. Wenn die
Hausabzugsröhren auf diese Weise von ihrer eigenen frischen Spüljauche rasch
durchflössen werden, sind sie viel weniger der Gefahr ausgesetzt, Koth anzuhängen
als bei den gegenwärtig gebräuchlichen Einrichtungen und auch die Luft wird bei
jeder Entleerung des Apparates erneuert. Es scheint somit, daſs der Shone'sche Apparat nicht
allein das Eindringen von Kanalgasen aus den öffentlichen Leitungen in Wohnräume
verhindert, sondern auch in hohem Grade oder ganz die von den Hausleitungen
beständig aufsteigenden üblen Gerüche zu beseitigen vermag, wenn im einzelnen Falle
alle Vorbedingungen für die ganze Einrichtung erfüllt sind.