Titel: | Ueber die elektrische Beleuchtung von Theatern mit Glühlicht. |
Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, S. 330 |
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Ueber die elektrische Beleuchtung von Theatern
mit Glühlicht.
Mit Abbildungen auf Tafel 24.
Ueber die elektrische Beleuchtung von Theatern mit
Glühlicht.
Einem im Elektrotechnischen Vereine gehaltenen Vortrage (vgl. Elektrotechnische Zeitschrift, 1884 S. 56 und 108) schickte der Ingenieur
Paul Jordan der Deutschen
Edison-Gesellschaft die Bemerkung voraus, daſs das erste groſse Theater,
welches in allen seinen Räumen elektrische Glühlichtbeleuchtung (mit mehr als 1200
Glühlampen) erhielt, das Savoy-Theater in London (vgl.
1882 244 204. 1883 248 * 241)
gewesen ist. Dann folgte das Brünner Stadttheater (vgl.
1883 248 * 241), welches, neu erbaut, in allen seinen
Räumen ausschlieſslich mit Glühlichtbeleuchtung nach Edison's System versehen wurde; nicht eine einzige Gasflamme ist
vorhanden; von auſsen ventilirte Oellampen dienen als Nothbeleuchtung. Bis jetzt hat
diese Anlage noch zu keiner Klage Anlaſs gegeben.
Als eine unmittelbare Folge der dortigen Elektricitäts-Ausstellung ist die im
Frühjahre 1883 beendigte, von der oben genannten Gesellschaft als deren erstes,
erfolgreiches Werk erstellte Anlage im Münchener
Residenztheater anzusehen. Kurz nach Vollendung der letzteren Anlage wurde
die Einrichtung einer ausschlieſslich elektrischen Beleuchtung im Hoftheater in Stuttgart, welches einem theilweisen
Umbaue unterzogen werden sollte, ausgeführt und am 16. November v. J. in Betrieb
gesetzt; hier ist selbst die Nothbeleuchtung eine elektrische.
Lichtmenge. Während bei Anwendung von Gasbeleuchtung in
Folge der bedeutenden Entwickelung von Wärme und ungesunden Gasen (vgl. 1883 249 391) und der groſsen Feuergefährlichkeit die
Lichtmenge und ihre Vertheilung eine begrenzte ist, kann dieselbe bei der
Glühlichtbeleuchtung, welche weder hitzt, noch Gase entwickelt, bis zu jeder
beliebigen Höhe gesteigert werden; somit können leicht und ohne die geringsten
Gefahren und Nachtheile die glänzendsten Lichtwirkungen erzielt werden. Das kleine,
aber schöne Münchener Residenz-Theater, welches sich wegen seiner im reichsten
Barockstile gehaltenen Ausstattung besonders für die elektrische
Glühlichtbeleuchtung eignet, hat etwa 800 Edison-Lampen, und zwar 700 Stück
16-kerzige und 100 Stück 8-kerzige. Die Stuttgarter Anlage besteht aus 210
10-kerzigen, 711 16-kerzigen und 156 32-kerzigen Glühlampen.
Maschinenanlage. Das Brünner Stadttheater, das Münchener
Residenztheater und das Stuttgarter Hoftheater haben ausschlieſslich zu dem Zwecke
der Lichterzeugung gebaute Maschinenanlagen. Bei allen dreien werden Edison'sche Dynamomaschinen des bewährten Modelles K
für 250 Stück 16-kerzige Glühlampen angewendet. Es kommen in München deren 3 und in
Brünn und Stuttgart je 4 in Anwendung. Die Maschinen sind parallel geschaltet und
arbeiten in einem Stromkreise. Besondere Ersatzmaschinen sind nicht vorhanden;
dagegen werden die Dynamomaschinen bei normalem Betriebe nicht auf ihre volle
Leistung in Anspruch genommen, so daſs, falls während des Betriebes eine derselben
auſser Thätigkeit gesetzt werden muſs, die übrigen entsprechend mehr angespannt
werden und den ganzen Strom liefern können.
Als Motoren wurden bisher bei gröſseren elektrischen Anlagen für Theater nur
Dampfmaschinen angewendet und zwar werden zweckmäſsig statt eines einzigen groſsen
Motors mehrere kleinere aufgestellt, damit man beim etwaigen Versagen einer der
Betriebsmaschinen die von ihr zu verrichtende Leistung auf die anderen unter
Erhöhung der Cylinderfüllung übertragen kann.
Der Hanfseilbetrieb (vgl. 1883 248 241 u. 250 157) empfiehlt sich ganz besonders für elektrische
Lichtanlagen, da es bei diesen auf gröſste Betriebssicherheit ankommt.
Im Münchener Residenztheater übertragen 3 halbtransportable Compound-Dampfmaschinen
von Ruston, Proctor und Comp. in Lincoln von je 40e die Kraft auf eine gemeinsame Vorgelegewelle,
von welcher aus die 3 Dynamomaschinen angetrieben werden. Die Dampfmaschinen stehen
im Hofe zwischen dem National- und dem Residenztheater, die Dynamomaschinen im
Erdgeschosse des letzteren.
Im Stuttgarter Hoftheater werden die vier vorhandenen Edison'schen Dynamomaschinen, Modell K, für je 250 Edison-Glühlichter zu
16 Normalkerzen durch 2 Compound-Dampfmaschinen mit Condensation betrieben. Jede
derselben macht 130 Umdrehungen in der Minute bei 1/12 Füllung und 8at Ueberdruck; die Leistung beträgt 60 bis 100e. Zur Dampferzeugung dienen 4
Hochdruck-Dampfkessel mit rauchverzehrender Feuerung (System Tenbrink von G. Kuhn * D. R. P. Nr. 9563) mit
je 33qm Heizfläche und für 8at Ueberdruck gebaut, von welchen auch
gleichzeitig die Centraldampfheizung gespeist wird. Der vierte Kessel dient zur
Aushilfe. Die Maschinenanlage ist von der Maschinenfabrik G.
Kuhn in Stuttgart-Berg ausgeführt worden. Kesselhaus und Maschinenhaus sind
zwei einstöckige massive Gebäude von je 260qm
Grundfläche, mit schmiedeisernem Dachstuhle. Jeder Kessel besteht aus einem
Oberkessel von 1m,1 Durchmesser und 6m,02 Länge, ferner zwei darunter liegenden
Vorwärmern von je 0m,63 Durchmesser und 5m,39 Länge, einem gröſseren und einem kleineren
Quersieder. Gespeist werden die Kessel aus der Neckarwasserleitung durch eine
Dampfpumpe sowie durch eine zweite, in einem Injector bestehende Speisevorrichtung.
Die Dampfmaschinen mit Meyer'scher Expansionssteuerung
und Knüttel'schen Regulatoren (vgl. 1880 235 * 8) zeichnen sich durch ruhigen Gang aus. Die
Schwungräder als Riemenscheiben übertragen die Bewegung mittels Lederriemen und
Reibungskuppelungen (Patent Dohmen-Leblanc, vgl. 1882
243 * 273) auf die am Boden gelagerte Vorgelege welle
(300 Umdrehungen in der Minute), von welcher aus die Dynamomaschinen mit mehr als
900 Umdrehungen ebenfalls durch Lederriemen umgetrieben werden. Jede einzelne
Dynamomaschine läſst sich durch Ausrücken einer Klauenkuppelung auf der
Zwischenwelle auch während des Betriebes ausschalten. Die Anlage kann ohne weiteres
durch Aufstellung einer dritten Dampfmaschine und zweier Dynamomaschinen vergröſsert
werden, welche für die in Aussicht genommene elektrische Beleuchtung des
Residenzschlosses dienen sollen. Damit im Falle Schadhaftwerdens einer der
Dampfmaschinen eine Betriebsstörung vermieden wird, kann mittels der ausrückbaren
Reibungskuppelung jede Dampfmaschine während des Betriebes ausgeschaltet werden.
Eine besondere kleine Dampfmaschine dient zum Betriebe einer kleinen Dynamomaschine,
Modell E, welche die des Tages für die Proben
erforderlichen Glühlampen speist und zugleich den Strom für die in einem besonderen
Stromkreise im ganzen Hause vertheilt liegenden 30 Glühlampen der Nothbeleuchtung
liefert.
Leitung. Der von den Dynamomaschinen erzeugte
elektrische Strom wird bei allen 3 Anlagen in einem
Hauptstromkreise zu dem Theater geleitet und erst in diesem in zwei Stromkreise
getheilt, von denen der eine – die sogen. Hausleitung – alle diejenigen Lampen
speist, deren Lichtstärke während des ganzen Abends nicht geändert wird, also die
Lampen zur Erleuchtung der Vorhalle, der Treppenräume, Flure u.s.w., während in den
zweiten Stromkreis alle diejenigen Lampen eingeschaltet sind, welche im Laufe des
Abends einer Regulirung bedürfen, also die im Bühnen- und Zuschauerräume
angebrachten Lampen. Die sogen. Hausleitung steigt senkrecht vom Keller oder
Erdgeschosse bis zum Amphitheater empor und in jedem Range führen Abzweigungen den
vertheilten Lampen den Strom zu. Die Leitung für den Bühnen- und Zuschauerraum geht
direkt zu dem weiter unten beschriebenen Lichtstärken-Regulirungsapparate.
Die Leitungen bestehen aus mit unverbrennlich gemachter Baumwolle umsponnenem
Kupferdrahte; überall wird einer zu groſsen Erhitzung derselben durch Edison's Sicherheitseinschaltungen (vgl. 1883 248 243) vorgebeugt.
Die Vertheilung der Glühlampen in den einzelnen Theatern
ist eine sehr verschiedene; überall macht sich jedoch das Streben bemerkbar, die
Vorhalle, das Treppenhaus und das Foyer glänzend, die Flure und den Zuschauerraum
mäſsig und die Bühne ausreichend zu beleuchten. Wo der Kostenpunkt nicht gerade die
Hauptrolle spielt, sollte man auch den Zuschauerraum besser, als gewöhnlich,
beleuchten, weil dies einen ganz bezaubernden Eindruck macht. Man sollte, da die
geringe Wärmeentwickelung es zuläſst, die Glühlampen, möglichst vertheilt, an den
Brüstungen der verschiedenen Ränge anbringen und nur verhältniſsmäſsig wenige am
Deckenkronleuchter. Bei der oft empfohlenen Beleuchtung mit Centrallichtern, sogen.
Sonnen, erhält man im Theater durch die überhängenden Ränge und die Logenwandungen
ganz tiefe Schatten, welche zu den gut beleuchteten Theilen des Saales einen
unangenehmen Gegensatz bilden. Schon aus diesem Grunde dürfte auch eine
Bogenlichtbeleuchtung für den Zuschauerraum nicht empfehlenswerth sein. Auſserdem
aber gibt eine gemeinsame Anwendung von Bogenlicht und Glühlampen (und letztere ist
auf der Bühne allein anwendbar, da das Bogenlicht weder die nothwendige Vertheilung,
noch Regulirung zuläſst), wie solche z.B. im Münchener Ausstellungstheater
stattgefunden hat und aus ökonomischen Gründen empfohlen wird, eine schlechte
Wirkung; denn selbst, wenn das Bogenlicht, wie in München, durch matte Scheiben
gemildert wird, ruft es doch immer kalte Farbentöne hervor, was gerade bei einer
Verbindung beider Beleuchtungsarten besonders unangenehm hervortreten muſs.
Bei den Theatern bietet die meiste Schwierigkeit die Beleuchtung der Bühne, auf welcher etwa zwei Drittel der sämmtlichen im
Theater vorhandenen Glühlampen angebracht sind. Die Bühnentechnik, welche heutzutage
die allergröſsten Anforderungen an die Beleuchtung stellt, verlangt einmal, daſs
sämmtliche Flammen gleichzeitig und plötzlich hell oder dunkel gestellt werden
können, aber auch ein allmählicher Uebergang in den Lichtstärken möglich ist; ferner
muſs man auch die einzelnen Lampengruppen, wie die Lampen der verschiedenen
Soffitten, Coulissen, Versatz stücke und der Rampe, unabhängig von einander
reguliren hönnen. Der hierzu erforderliche umständliche Regulirungsapparat wird
zweckmäſsigerweise auf der Bühne und zwar so angebracht, daſs der denselben
bedienende Mann die ganze Bühne übersehen kann.
Der Bühnenregulirungsapparat dient dazu, den Hauptstrom in so viel Stromkreise zu
theilen, als aus bühnentechnischen Rücksichten erforderlich sind, und in letztere je
nach der gewünschten Lichtstärke der Lampen Widerstände einzuschalten. Es liegen
bisher zwei prinzipiell verschiedene Constructionen von Bühnenregulatoren vor, von
denen die eine im Brünner, die andere im Münchener und Stuttgarter Theater in
Anwendung gekommen ist.
Der Brünner Apparat, dessen Prinzip schon früher (1883 248 243) kurz mitgetheilt
wurde, besteht im Wesentlichen, wie aus Fig. 1 und
2 Taf. 24 hervorgeht, aus einer den Lampengruppen entsprechenden Anzahl
Kurbeleinschaltern a (die oberen b dienen einem besonderen später zu erwähnenden
Zwecke), mittels deren die oberhalb des Apparates angebrachten Neusilberdrähte e bezieh. f, welche als
Widerstand dienen, in 29 Graden eingeschaltet werden können. Mit Bs bezieh. Bs1 sind Bleisicherungen bezeichnet, welche
der Strom zu durchflieſsen hat, bevor derselbe in den Apparat eintritt.
Mittels dieses Apparates können, wenn denselben ein Mann bedient, durch die
Umschalter c bezieh. d
immer nur eine, höchstens zwei Lampengruppen gleichzeitig regulirt werden, während
doch die Bühnentechnik verlangt, daſs jede beliebige Anzahl Lampengruppen
gleichzeitig geregelt werden kann. Letzteres ist mit dem neuen Regulator in
Stuttgart möglich, dessen Einrichtung in Fig. 3 Taf.
24 schematisch dargestellt ist.
Der Apparat besteht im Wesentlichen aus einer oder mehreren Achsen w und einer Anzahl (32) auf diesen drehbarer,
doppelarmiger Hebel H, deren unterer Arm über
Contactklötze schleift, welche mit einem unterhalb liegenden Rheostaten verbunden
sind. Bei der gezeichneten Stellung von H sind die
zwischen den Drähten D und V liegenden Theile des Rheostaten in den Stromkreis eingeschaltet; den
Stromlauf deuten die ungefiederten Pfeile an. Um nun mehrere Hebel gleichzeitig
drehen und so mehrere Lampengruppen auf einmal regeln zu können, sind die oberen
Arme der ersteren mit verschiebbaren Handgriffen versehen. Schiebt man den
Handgriff, welcher durch eine Schleppfeder am Herunterfallen gehindert wird, nach
oben, so tritt derselbe zwischen einen Rahmen, welcher durch Handrad und
Schneckengetriebe hin- und herbewegt werden kann. Endlich ist an dem Apparate noch
eine kleine Vorrichtung vorhanden, mit deren Hilfe man die Lampen jeder Lampengruppe
kurz aufblitzen lassen kann, um auf diese einfache Weise scenisch den Blitz
nachzuahmen. Es geschieht dies dadurch, daſs man mit einem Hebel h (Fig. 3) die
eben eingeschalteten Widerstände auf einen Augenblick kurz schlieſst.
Die 4 Edison-Maschinen sind in Parallelschaltung mit dem Hauptkabel verbunden; von
diesen sind unter der Bühne 2 Hauptzweige nach dem Bühnenregulator und 2 für die
Hausbeleuchtung in je einer Leitung durch den Mittelbau bezieh. links und rechts
abgezweigt. Auch die Elektromagnete der 4 Dynamomaschinen sind unter sich parallel
geschaltet und ihr Strom wird durch einen Hauptregulator im Maschinenhause zur
Regulirung der Gesammtlichtstärke im ganzen Gebäude verstärkt oder geschwächt. Ein
Uppenborn'sches Voltmeter gestattet die Beobachtung
der Spannung. Ein Signalapparat von Seubel entzündet
eine rothe bezieh. grüne Lampe, wenn die Spannung über bezieh. unter der normalen
ist, während bei normaler Spannung keine der beiden Lampen brennt. Der nach Seubel's Angaben von Dr. Edelmann in München ausgeführte Bühnenregulator befindet sich auf der
rechten Prosceniumsseite, über demselben der Rheostat aus 32 Widerstandsrahmen mit
4km Kupferdraht und 11km,5 Neusilberdraht. Auf der Bühne befinden sich
30 Stromkreise: rechte und linke Rampen-, 8 Soffitten-, 16 Coulissen-, rechte und
linke Versatz-, rechte und linke Transparent-Beleuchtungen; die vier letzteren
besitzen auf 36 Stellen im Bühnenpodium Einschaltestellen für versetzbare
Beleuchtungskörper. Den Zuschauerraum erhellen 2 Stromkreise: Kronleuchter und
Balkonbeleuchtung. In der Regel ist der Zuschauerraum durch den Kronleuchter mit 170
Lampen zu 16 Kerzen erleuchtet; bei festlicher Beleuchtung treten die 3 Balkonreihen
mit zusammen 159 Lampen zu je 10 Kerzen hinzu. In den Ankleidezimmern des
Theaterpersonals sind die Glühlampen auf Gelenkarme aufgesetzt. Gänge, Treppen,
Garderoben u.s.w. sind mit Wand- und Deckenleuchtern erhellt, welche von den 3
Hauptstromzuführungen im Mittelbaue und den beiden Seiten gespeist werden. Jede
Abzweigung von den Hauptleitungen erfolgt durch Bleisicherungen. Von den Lampen
kommen 120 auf die Soffitten, 10 auf die Portalcoulissen, 24 32-kerzige und 50
16-kerzige auf die Versatz- und Transparentbeleuchtung, 40 auf die Rampen, 90 auf
die Ankleidezimmer, 35 auf den Ballet- und Statistensaal, 170 auf den Kronleuchter,
210 auf Treppen, Gänge, Haupteingang, Garderoben, 159 10-kerzige auf die 3
Balkonreihen, 39 auf das Orchester, 5 und 11 16-kerzige auf Kessel- und
Maschinenhaus. Beim Haupteingange, bei der Kasse und auf den Haupttreppen wird die
Beleuchtung abwechselnd immer aus einem anderen der 3 Hauptstromkreise für die
Hausbeleuchtung entnommen, damit bei etwaigem Versagen des einen diese Stellen nicht
vollständig ins Dunkel gerathen können.
Farbenwirkungen. Die Bühnentechnik erfordert aber nicht
nur weitgehendste Vertheilung und Regulirung des Lichtes, sondern auch leicht zu
erzielende Farben Wirkungen, welche sich bei Glühlicht viel vollkommener und
wirkungsvoller als bei Gasbeleuchtung erreichen lassen. Darüber, wie diese
Farbenwirkungen am besten zu erzielen sind, gehen die Ansichten der Bühnentechniker
noch aus einander. Der Obermaschinenmeister Brandt am
Berliner Opernhause, welcher übrigens zuerst in Deutschland Versuche mit Glühlampen
auf der Bühne (im Berliner Opernhause Mai 1882) gemacht hat, will die Lampen einer
jeden Soffitte, Rampe und Coulisse in 3 Stromkreisen brennen lassen, von denen der
eine weiſse, der zweite rothe und der dritte grüne Lampen enthält. Bei dieser
Einrichtung ist es möglich, von einer Centralstelle aus die Regulirung der
Lichtstärke und die Farbenwirkungen zu besorgen. So ist, wie Fig. 1
zeigt, die Einrichtung im Brünner Theater getroffen worden. Auſser den 13
Kurbeleinschaltern a, welche zur Regulirung der
Lichtstärken der weiſsen Lampen dienen, sind nochmals dieselbe Anzahl (b) vorhanden, welche bei geeigneter Stellung der
Umschalter c und d zur
Regelung der rothen oder grünen Lampen dienen können. Der Obermaschinenmeister Lautenschläger der kgl. Oper in München benutzt dagegen
nur weiſse, in einem einzigem Stromkreise brennende Glühlampen und bringt dieselben,
sollen Farbenwirkungen auf der Bühne hervorgebracht werden, in einem besonderen, von
ihm angegebenen „Universal-Bühnenapparate für farbige Glühlichtbeleuchtung“
an. Derselbe besteht im Wesentlichen aus einem als Achse dienenden und die
elektrischen Leitungen aufnehmenden Gasrohre r (Fig.
4 bis 9 Taf. 24),
an welchem durch Klammern der unten in einem rechten Winkel gebogene Reflector p befestigt ist, an dessen umgebogenem Theile die
Glühlichter q angebracht sind. Um die Achse r dreht sich ein Cylinder n, welcher zum Theile offen ist, zum Theile aus farbiger Gelatine besteht,
so daſs die verschiedensten Lichtwirkungen nach Belieben hervorgerufen werden
können, wenn derselbe durch ein über die Rolle g
gelegtes Drahtseil von einer Centralstelle aus in Umdrehung versetzt wird. Die
doppelarmigen, an den Enden des Gasrohres r
aufgeschraubten Hebel t (Fig. 6)
dienen als Aufhängevorrichtung. Der Gelatinecylinder n
wird von einem Schutzkasten k aus Metallblech (Fig.
8) oder aus Holz (Fig. 5, 6
und 9) umgeben, welcher aufklappbar ist. Den Glühlichtern kann durch Umdrehen
der Achse r jede beliebige Stellung gegeben werden, wie
die Fig. 7 bis 9 zeigen.
Durch Einstecken eines Stiftes in das betreffende Loch des auf die Achse r aufgeschraubten doppelarmigen Hebels t und des Stellringes i
(Fig. 6) wird die Achse an dem Gehäuse k
festgestellt. Da man also die Stellung der Glühlichter beliebig zu ändern vermag, so
kann derselbe Apparat ohne jegliche Aenderung sowohl für Rampen, Coulissen,
Soffitten, als auch Versatzstücke angewendet werden; man kann denselben aufhängen,
aufrecht stellen, hinlegen und mit demselben nach vor- und rückwärts leuchten, ohne
ihn herumdrehen zu müssen. Der beschriebene Apparat bewährt sich in München sehr
gut.
Bei der Brandt'schen Einrichtung lassen sich Regulirung
und Farbenwirkung von einer gemeinsamen Centralstelle aus leicht und bequem
erzielen, während der Handhabung der Lautenschläger'schen Apparate mittels Drahtseile – namentlich wenn die ganze
Bühne damit versehen sein sollte – wohl gewisse Schwierigkeiten im Wege stehen
dürften. Die Einrichtung von Brandt gestattet ferner,
die Farben zu mischen, indem man die rothen und grünen Lampen gleichzeitig erglühen
läſst. Mit dem Lautenschläger'schen Apparate kann man
dagegen immer nur eine Farbe nach der anderen zur Wirkung bringen. Die Brandt'sche Anordnung vertheuert aber die Anlage
erheblich, weil auf der Bühne 3mal so viel Lampen angebracht werden müssen, als zu
deren Beleuchtung eigentlich erforderlich sind; auch begibt sie sich des Vorzuges
der Glühlichtbeleuchtung, im Gegensatze zur Gasbeleuchtung sehr leichte
Soffittenkasten zu haben. Ersteres fällt um so mehr ins Gewicht, als man bereits
beginnt, um an Anlage- und Unterhaltungskosten zu sparen, die bisher übliche Zahl
16-kerziger Glühlampen durch eine geringere Anzahl Lampen von bedeutend gröſserer
Leuchtkraft zu ersetzen. In München angestellte Versuche ergaben, daſs man ohne
jeden Nachtheil für die Beleuchtungswirkung auf der Bühne in den Soffitten und in
den Coulissen je zwei 16-kerzige Glühlampen durch eine 32-kerzige ersetzen kann, und
letzteres ist auch bereits im Stuttgarter Theater geschehen.
Als vor etwa 50 Jahren die Gasbeleuchtung die ehrwürdigen Oellampen ersetzte, hatte
man einen groſsen Fortschritt gethan. Das bei der alten Oelbeleuchtung so unbequeme
Instandhalten der Lampen fiel fort und die Reinlichkeit war eine gröſsere. Ferner
konnte die Lichtstärke der Lampen leicht und von einer Centralstelle aus geregelt
werden. Die Säle und ihre innere Ausstattung erschienen glänzender und prunkvoller
und es konnten mit der neuen Beleuchtung Wirkungen erzielt werden, welche die milde
Flamme der Oellampe nicht zulieſs. Die Nachtheile der Gasbeleuchtung, übermäſsige
Lufterhitzung und Luftverderbniſs (vgl. v. Pettenkofer
1883 249 391), erkannte man anfangs nicht und später
muſste man sich nothgedrungen in dieselben fügen, denn eine Rückkehr zur alten
Oelbeleuchtung war nicht möglich. Noch mehr als das Publikum von der allgemeinen
Erhitzung haben die darstellenden Künstler von der strahlenden Wärme der Gaslampen
zu leiden, welche zu allen Seiten – hinter den Coulissen, zwischen den Soffitten und
zu ihren Füſsen an der Rampe – angebracht sind. Auch werden die den Gaslampen der
Rampe entströmenden warmen Verbrennungsproducte von dem Schauspieler eingeathmet.
Diese trockene und erwärmte Luft erschwert das Sprechen und Singen, weil sie
ausdörrend auf die Schleimhäute des Mundes und der Kehle einwirkt. Trotz
kostspieliger Lüftungseinrichtungen, welche hierfür Abhilfe schaffen könnten, würde
dennoch, wie die im Philosophical Magazine
veröffentlichten Untersuchungen von W. W. Jaques in
Baltimore darthun, die aufsteigende erwärmte Luftströmung eine Wand bilden, welche
den Schall nur zum Theile durchläſst. Es gelang Jaques,
durch mehrere Schichten aufströmender erwärmter Luft so viele Luftwände
herzustellen, daſs die Reflexion derselben im Stande war, die menschliche Stimme bis
fast zur Unhörbarkeit abzudämpfen. Das Glühlicht dagegen kann Abhilfe schaffen; denn
es besitzt die anerkannten Vorzüge des Gaslichtes – leichte Regulirbarkeit und
groſse Lichtfülle – in erhöhtem Maſse, ist aber frei von allen demselben anhaftenden
Mängeln; es entwickelt nur verschwindend wenig Wärme und gar keine
Verbrennungsproducte. Das Glühlicht gibt den Theatern die Annehmlichkeiten wieder,
welche das Gaslicht ihnen genommen hat; es erhöht die festliche Stimmung durch
seinen reinen, sonnigen Glanz, welchen es ausstrahlt, ohne die Luft zu erhitzen oder
zu verderben. Es verändert ferner die Farben der Dekorationen weit weniger als das
Gaslicht und verdirbt dieselben vor allen Dingen nicht durch Ruſsabsatz.
Wegen dieser Vorzüge in Verbindung mit der groſsen Feuersicherheit (vgl. 1882 245 255. 1884 251 551) dürfte
fortan kein neues Theater anders als mit Glühlicht beleuchtet werden.