Titel: | Elektrische Steuerungen für Dampfmaschinen. |
Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, S. 393 |
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Elektrische Steuerungen für
Dampfmaschinen.
Patentklasse 14. Mit Abbildungen auf Tafel 28.
Elektrische Steuerungen für Dampfmaschinen.
In Hinblick auf die fortdauernd zunehmende Anwendung der Elektricität auf allen
Gebieten der Technik erscheint es ganz natürlich, daſs man neuerdings auch versucht
hat, die Dampfmaschinen „elektrisch“ zu steuern. In der That lag der Gedanke
sehr nahe, die Kraftwirkungen, welche man mit Elektromagneten oder Solenoiden durch
das so genau und bequem zu regelnde Oeffnen und Schlieſsen eines elektrischen
Stromes hervorrufen kann, zur Bethätigung der Steuerorgane einer Dampfmaschine zu
verwenden. Es sind in Deutschland bisher 3 Patente auf solche Steuerungen ertheilt
worden.
A. Krásza und J. Schaschl
in Graz (Erl.* D. R. P. Nr. 23981 vom 29. August 1882) wollen die Steuerorgane
direkt durch Solenoide bewegen. Steckt man einen Eisenstab durch zwei hinter
einander liegende Drahtspulen hindurch und leitet durch diese abwechselnd einen
elektrischen Strom, so wird der Stab hin und her bewegt, indem sein Schwerpunkt
abwechselnd in das eine und dann in das andere Solenoid hineingezogen wird. Krásza und Schaschl setzen
nun an die Stelle des Eisenstabes einfach die Spindel eines Ventiles, die Stange
eines Schiebers o. dgl. In Fig. 11
Taf. 28 ist die Anordnung z.B. für eine Ventilsteuerung angegeben.
An einem zwischen den beiden Ventilen eines Cylinderendes angebrachten Ständer T sind für jede Ventilspindel zwei Solenoide befestigt;
letztere sind einerseits mit Bürsten, welche auf umlaufenden Contacttrommeln
schleifen, andererseits mit einem Pole der Elektricitätsquelle verbunden, während
der andere Pol zu den Metallbelägen der Contacttrommeln geführt ist. Die Trommeln
für die Einlaſsventile haben die bekannten schraubenförmigen Beläge und werden durch
den Regulator gehoben und gesenkt. Die Ventile und die sonstigen Theile, mit welchen
die Spindeln in Berührung sind, müssen selbstverständlich aus nicht magnetisch
werdendem Metalle hergestellt sein.
Ob eine derartige Anordnung der Solenoide auf einer Ventilspindel, daſs beide in der gedachten Weise zur Wirkung kommen,
überhaupt möglich ist, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls würden sehr starke
Ströme oder auſserordentlich groſse Solenoide bezieh. beides für eine solche
Steuerung nöthig sein.
Kaum brauchbarer dürfte die Construction von A. C. M.
Prücker in München (* D. R. P. Nr. 25696 vom 4. Februar 1883) sein.
Dieselbe unterscheidet sich von der vorigen im Wesentlichen nur dadurch, daſs statt
der Solenoide Elektromagnete benutzt werden sollen, und
zwar ebenfalls für jede Ventilspindel o. dgl. zwei. Fig. 8 und
9 Taf. 28 zeigen dieselben in Form von Hufeisenmagneten N, S und N1, S1. Zwischen beiden ist auf der aus Messing
o. dgl. gefertigten Ventilspindel mittels Muttern g und
g1 ein
trommelförmiger Anker A befestigt. An den Magneten sind
sichelförmige Stücken, m und n1, m1, durch Messingplättchen p versteift,
befestigt, zwischen welche der Anker beim Heben und Senken des Ventiles abwechselnd
hineintritt. Es soll hierdurch eine möglichst gleiche Kraftwirkung während des
ganzen Ventilhubes erreicht werden. Oben befindet sich ein doppelt wirkender
Luftbuffer L. Die Contacttrommeln für die
Einlaſsventile sind hier fest am Regulatorständer angebracht und die Bürsten an der
Regulatorhülse befestigt, so daſs sie mit dieser zugleich sich drehen und auf- und
abbewegen.
Fig.
10 Taf. 28 zeigt schematisch die elektrische Verbindung der Theile mit
einander und mit der Elektricitätsquelle S. Die
Contacttrommel ist in der Abwickelung und, im Vergleiche mit den Magneten, stark
vergröſsert dargestellt. Für die Auslaſsventile ist die Einrichtung die gleiche mit
dem Unterschiede, daſs die Bürsten nicht an der Regulatorhülse hängen, sondern nur
mit der Geschwindigkeit der Kurbelwelle kreisen und die Metallbeläge in der
Abwickelung als Rechtecke erscheinen.
Bei einer zweiten einfacheren Anordnung sind statt der Hufeisenmagnete hohle
Stabmagnete benutzt, durch welche die Ventilspindel hindurchgeht; bei einer dritten
ist der Anker als wagerechtes Pendel und bei einer vierten für Hähne bestimmten
Anordnung in Gestalt eines schwingenden Kreuzes ausgeführt. Immer aber sind zwei
Magnete für jedes Steuerorgan vorhanden, von denen der eine das Oeffnen, der andere
das Schlieſsen bewirkt. Einfacher wäre es, nur das erstere durch einen Magnet, das
letztere aber durch eine Feder o. dgl. zu veranlassen. Freilich müſste dann der eine
Magnet noch bedeutend kräftiger sein als jeder der hier benutzten beiden Magnete;
aber auch für diese würden so starke Ströme nöthig sein, daſs die Einrichtung
schwerlich Anwendung finden kann.
Anders verhält es sich mit der Steuerung von P. R. Allen
in London (* D. R. P. Nr. 26028 vom 14. Januar 1883), welcher die Wirkung von
Solenoiden oder Magneten nicht zur Bewegung der Steuerorgane selbst, sondern nur zur
Auslösung derselben, also zum Einleiten der
Schluſsbewegung benutzen will. In Fig. 16 und
17 Taf. 28 ist beispielsweise die Einrichtung für eine Corliſssteuerung,
System Spencer und Inglis (1867 186 * 82 und 1874 214 * 270) dargestellt. Die 4
Steuerhähne erhalten ihre Bewegung von der durch ein Excenter b in gleichmäſsige Schwingungen versetzten Scheibe a, indem an jeder Hahnkurbel eine gabelförmige federnde
Klinke angebracht ist, welche hinter einen Bund der an die Scheibe a angehängten Zugstange z
faſst. An jeder Stange z ist ein Paar neben einander
liegender Solenoide befestigt, deren Kerne mit den Auslösedaumen derart verbunden
sind, daſs die Auslösung erfolgt, sobald ein Strom durch die Solenoide geschickt und
in Folge dessen die
Kerne in dieselben hineingezogen werden. Der Schluſs der Hähne wird dann in
bekannter Weise durch Federn, Luftdruck o. dgl. bewirkt. Zur Herbeiführung des
Stromschlusses dienen die Contacttrommeln g, welche
durch den Regulator verschiebbar auf einer in der Höhlung des Maschinenbalkens
untergebrachten Welle J angeordnet sind; dieselben
bestehen aus nichtleitendem Materiale und sind mit schmalen Metalleinlagen versehen,
welche für die Einlaſsventile nach einer Schraubenlinie verlaufen. Die zugehörigen
Bürsten sind einstellbar an einer Stange befestigt und leitend mit den Solenoiden
verbunden, welche an den einen Pol der Elektricitätsquelle angeschlossen sind,
während der andere Pol mit den Metallbelägen in Verbindung steht. Die Auslaſsventile
können auch in gewöhnlicher Weise zwangläufig bewegt werden. Die Steuerung muſs
natürlich so eingerichtet sein, daſs die Hähne, wenn einmal aus irgend einem Grunde
die Auslösung nicht erfolgen sollte, jedenfalls noch vor Ende des Hubes zwangläufig
geschlossen werden. Die Contactvorrichtungen können noch auf verschiedene andere
Weise ausgeführt werden; so können z.B. die Metallstreifen auf den Trommeln g parallel zur Welle, also längs einer Erzeugenden
liegen und dafür die Trommeln auf einer steilgängigen Schraube verschiebbar sein,
oder es können die Streifen nach einer Spirale in einer ebenen Scheibe eingelassen
und die Bürsten auf derselben radial verschiebbar sein u.s.w. Die Patentschrift
enthält auch noch die Einrichtungen für mehrere andere Hahn- und
Schiebersteuerungen. Bei einigen derselben sind an Stelle der Solenoide
Elektromagnete benutzt.
Fig.
14 Taf. 28 zeigt eine in Verbindung mit diesen Steuerungen anzuwendende
Sicherheitsvorrichtung. Der wagerechte Arm des
Winkelhebels y ist mit der Regulatorhülse verbunden. Am
unteren Ende des senkrechten Armes sind zwei Knöpfe angebracht, von denen der eine
bei höchster, der andere bei tiefster Lage des Regulators gegen einen Contactstöpsel
u2 bezieh. u1 stöſst. Die
Führungen der letzteren stehen mit dem einen Pole der Elektricitätsquelle in
Verbindung und von den hinter den Stöpseln liegenden Federn, welche gegen die
Führungen isolirt sind, geht eine Leitung zu sämmtlichen Solenoiden oder
Elektromagneten der Einlaſsorgane. Sobald nun einer der Stöpsel durch den
Winkelhebel y in sein Gehäuse gedrückt wird, werden
beide Einlaſsorgane gleichzeitig ausgelöst und geschlossen; dieselben bleiben auch
geschlossen, da der betreffende Stöpsel durch einen Sperrhaken so lange eingedrückt
gehalten wird, bis man diesen von Hand aushebt. Da der Winkelhebel y bei still stehender Maschine gegen den Stöpsel u1 drückt, so muſs, um
das Anlassen der Maschine zu ermöglichen, die nach den Solenoiden gehende Leitung
mit einem Unterbrecher versehen und dieser so mit dem Absperrventile verbunden sein,
daſs der Stromschluſs für die Solenoide nur bei geöffnetem Absperrventile
stattfinden kann, wie dies z.B. in Fig. 15
Taf. 28 angedeutet ist.
Die allgemeine Anordnung der Maschine ist in Fig. 12
Taf. 28 veranschaulicht. Unter dem Balken ist eine kleine Dynamomaschine B angebracht, welche von der Kurbelwelle aus getrieben
wird und als Elektricitätsquelle während des Ganges der Maschine dient; sie ist mit
einem unter dem Cylinder liegenden Sammler A verbunden,
welcher hinreichend Elektricität aufnehmen kann, um beim Anlassen die nöthigen
Ströme zu liefern. Der Regulator kann sammt den Contactvorrichtungen in beliebiger
Entfernung von der Maschine aufgestellt sein, um durch die Erschütterungen derselben
nicht beeinfluſst zu werden.
Wenn die Dampfmaschine überhaupt zum Betriebe von dynamoelektrischen Maschinen dienen
soll, so kann natürlich der Strom diesen entnommen werden, so daſs die besondere
kleine Maschine B (Fig. 12) in
Wegfall kommt. In diesem Falle soll auch an Stelle des Centrifugalregulators ein
Solenoid verwendet werden, durch welches der ganze erzeugte Strom oder nur eine
Abzweigung desselben geleitet wird. Der Gang der Maschine wird dann nicht direkt
nach ihrer Geschwindigkeit, sondern nach der Stromstärke geregelt. In Fig.
18 Taf. 28 ist die betreffende Einrichtung angegeben. Der Kern d des Solenoids ist durch einen Winkelhebel mit einer
wagerecht geführten und die Contactbürste tragenden Stange verbunden und wird durch
eine Schraubenfeder s getragen, bezieh. aus dem
Solenoide herausgezogen. Je stärker der Strom wird, um so mehr wird unter Anspannung
der Feder der Kern d heruntergezogen und dadurch die
Bürste nach links verschoben, was dann einen um so früheren Schluſs des
Einlaſsorganes zur Folge hat.
Da bei allen diesen Einrichtungen der von dem Regulator zu überwindende Widerstand
sehr gering ist, so wird auch bei richtiger Ausführung eine auſserordentlich genaue
Regelung des Ganges der Maschinen erzielt werden.
In Verbindung mit diesen elektrischen Steuerungen will P. R.
Allen (* D. R. P. Nr. 25721 vom 14. Januar 1883) einen Registrirapparat benutzen, welcher in Fig. 13
Taf. 28 ersichtlich ist. Oberhalb eines durch ein Uhrwerk oder auch durch die
Maschine selbst gleichmäſsig fortbewegten Papierstreifens sind auf wagerechten
Führungen zwei kleine Elektromagnete angebracht. Der eine wird von der Kurbelwelle
aus mittels einer Herzscheibe so hin und her bewegt, daſs derselbe in verkleinertem
Maſsstabe genau die Bewegung des Dampfkolbens nachahmt; der andere ist mit einem Bourdo'schen Manometer verbunden, dessen Rohr an den
Ventil- oder Schieberkasten angeschlossen ist, und wird der Aenderung der
Dampfspannung entsprechend verschoben. Beide Magnete stehen mit den
Contactvorrichtungen der Einlaſsorgane in Verbindung, so daſs beide im Augenblicke
des Abschlusses eines derselben erregt werden. Dabei machen dann ihre Anker einen
Stich in das Papier. Auf diese Weise wird für jeden Hub der Füllungsgrad und die
Spannung im Augenblicke der Dampfabsperrung notirt. Wenn man nun etwa nach
Indicatordiagrammen eine Tabelle ausarbeitet, welche für die in Betracht kommenden
Spannungen und Füllungen die entsprechenden Arbeiten enthält, so kann man aus den
gewonnenen Aufzeichnungen annähernd die von der Maschine in einer gewissen Zeit
geleistete indicirte Arbeit ermitteln.