Titel: | Ueber selbstthätige Gasabschlussvorrichtungen zur Verhinderung von Gefahren durch explosive Gasgemische; von Robert Muencke. |
Autor: | Robert Muencke |
Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, S. 408 |
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Ueber selbstthätige Gasabschluſsvorrichtungen zur
Verhinderung von Gefahren durch explosive Gasgemische; von Robert Muencke.
Mit Abbildungen.
R. Muencke, über selbstthätige Gasabschlüsse.
In denjenigen Laboratorien, wo es erforderlich ist, durch Gaslampen Gegenstände
ununterbrochen Tage, Wochen, ja Monate lang bei unveränderlicher Temperatur zu
erwärmen, ist es durchaus geboten, um die Gefahren zu verhüten, welche durch
explosive Gasgemische verursacht werden, die gröſste Aufmerksamkeit aufzuwenden und
alle Vorsichtsmaſsregeln thunlichst umfangreich in Anwendung zu ziehen. Es ist dies
namentlich dort unerläſslich, wo die Flammenhöhe der Gaslampen durch in die Leitung
eingeschaltete Gasdruck- und Wärmeregulatoren geregelt wird.
Vor Allem wolle man darauf Bedacht nehmen, daſs zur Verbindung, an Stelle der
gebräuchlichen Kautschukschläuche, Bleiröhren angewendet werden und daſs die
gewöhnlichen Gaslampen für höhere Wärmegrade mit Luftzuführung (Bimsen- oder
Blaubrenner), um ein Zurückschlagen der Flammen zu verhindern, sämmtlich mit nicht
zu weitmaschigen fehlerfreien Drahtnetzkappen versehen sein müssen. Für niedrige
Wärmegrade, wie bei Vegetationskästen, ist es geboten, sich nur einfacher
leuchtender Gaslampen (ohne Luftzuführung) zu bedienen, bei denen das Gas aus einer
feinen runden Oeffnung ausströmt und in Form einer länglichen zugespitzten Flamme
verbrennt; sie stehen, um Ruſsablagerung zu vermeiden, in geeigneter Entfernung vom
Boden des Kastens. Jedes dieser Flämmchen ist mit einem leicht regulirbaren Hahne
versehen; durch geeignete Einstellung der Flammenhöhe bei sorgfältig isolirten
Kästen und Einschaltung eines Gasdruckregulators erreicht man auch ohne
Wärmeregelung bereits annähernd gleichmäſsige Temperaturen, wie dies für die meisten
Kulturen ausreichend ist.
Es ist ferner sehr darauf zu achten, daſs die mit Regulator verbundenen Flammen, da
bei der niedrigsten Einstellung oft schon eine geringe Bewegung der Luft hinreicht, um Verlöschen zu
bewirken, vor Luftzug geschützt sind; ich habe für diesen Fall einen kleinen
Glimmercylinder für sehr praktisch befunden; derselbe empfiehlt sich besonders durch
seine Durchsichtigkeit und Haltbarkeit gegen Wärme. Eine Sicherheitslampe dieser
Construction ist in Fig. 1 abgebildet; sind mehrere
solcher Lampen erforderlich, so werden dieselben entweder auf ein gerades, oder
kreisförmig gebogenes Gasrohr in geeigneten Entfernungen aufgeschraubt.
Fig. 1., Bd. 253, S. 408
Es ist zwar anzunehmen, daſs ein freiwilliges Verlöschen einer oder mehrerer solcher
Flammen unmöglich ist; doch schlieſst die Construction der eingeschalteten
Regulatoren bei nicht genügender Beaufsichtigung immerhin die Möglichkeit nicht aus,
daſs durch irgend welchen Zufall ein Verlöschen eintreten könnte. Und auch für diese
Fälle muſs Bedacht genommen werden.
Es sind viele Apparate und Constructionen empfohlen worden, um die weitere
Ausströmung von Gas aus Lampen, deren Hähne nicht geschlossen sind, zu verhindern.
Man glaubte namentlich die Diffusionserscheinungen von Leuchtgas gegen Thonplatten
mit Erfolg benutzen zu können, und Ansel u.a.
construirten derartige Apparate; ihre Wirkung ist jedoch nicht verläſslich genug und
da galvanische Elemente und Elektromagneten mit denselben verbunden werden müssen,
um den Gaszufluſshahn selbstthätig zu schlieſsen, so sind dieselben wegen der wenig
regelmäſsigen und unzuverlässigen Leistung in der Praxis gar nicht verwendbar. Auch
die Eigenschaft des Platin- bezieh. Palladiumschwammes, in mit Leuchtgas
geschwängerter Luft sich bis zum Glühen zu erwärmen, konnte nicht berücksichtigt
werden, da auch hier ein elektrischer Strom erforderlich ist und die Condensation
von geringen Mengen Leuchtgas nur unter Anwendung eines Luftstromes und erst bei
etwa 40° stattfindet. Uebrigens sind alle diese Apparate viel zu umständlich.
Praktisch verwendbar sind nur solche, welche möglichst direkt wirken, deren
Construction einfach und dauerhaft, deren Prüfung auf genaue Wirkung nur in
gröſseren Zeiträumen erfolgen muſs, deren Mechanismus offen liegt und übersichtlich
geordnet ist, so daſs ein flüchtiger Blick oder geringfügige Prüfung genügt, um
eingetretene Störungen sofort zu erkennen.
Martin hat zuerst nachgewiesen, daſs Metallband, welches
aus zwei verschiedenen fest mit einander verbundenen Metallen besteht, durch
Temperaturerhöhung sich beträchtlich krümmt und daſs eine aus solchem Bande
gefertigte Spirale sich durch Temperaturveränderung mehr oder weniger zu- oder
aufrollt; auf diesem Prinzipe beruht bekanntlich die Construction der
Metallthermometer. Rob. Koch verwendete dieses Prinzip
mit sehr gutem
Erfolge auch zur selbstthätigen Schlieſsung von Gashähnen, um die Bildung von
Explosionsgasen zu verhindern. Eine solche Koch'sche
Gaslampe mit selbstthätigem Gasverschlusse zeigt Fig.
2. Die mit ihren mittleren Enden an der Brenneröffnung festsitzenden
entgegengesetzt gestellten Spiralen c greifen mit ihren
äuſseren Enden in ein bewegliches, ⊤-förmig gestaltetes Metallstück h ein, welches der durch die Temperaturänderungen
bedingten Bewegung der Spiralen folgt und schlieſslich dem Hebelarme b während des Brennens als Stütze dient. So lange die
Spiralen erwärmt bleiben, liegt demnach auf h der
beschwerte Hebelarm b, welcher mit dem Hahngriffe k des Gaszuleitungshahnes a fest verbunden ist und dessen wagerechte Stellung der Bohrung dieses
Hahnes entspricht. Verlöscht die Flamme, so bewegt sich h in entgegengesetzter Richtung, der durch dasselbe unterstützte Hebelarm
b wird frei und stellt sich lothrecht ein, d.h.
derselbe verschlieſst die Gaszuleitung f (vgl. Fig. 3). Wird jede Gaslampe mit einer solchen Koch'schen Vorrichtung versehen, so ist man sicher,
daſs nach dem Verlöschen der Gaszutritt zu jeder Lampe selbstthätig abgeschlossen
ist.
Fig. 2., Bd. 253, S. 409
Fig. 3., Bd. 253, S. 409
Bei Anordnung dieser Vorrichtungen ist nur Rücksicht genommen worden auf die
Möglichkeit des Verlöschens durch Zufälligkeiten, die durch etwaige Störungen in
denjenigen Leitungen eintreten können, welche sich in den Arbeitsräumen selbst
befinden. Die meisten Gefahren aber werden durch den Haupthahn hervorgerufen,
welcher die Gasleitung für die Arbeitsräume öffnet und schlieſst.
Es empfiehlt sich im Allgemeinen, für jeden Arbeitsraum einen besonderen Haupthahn
einzuschalten, der unter specieller Aufsicht Desjenigen steht, welcher mit den
Arbeiten im Laboratorium betraut ist und sich beim Oeffnen dieses Hahnes überzeugt,
daſs die auſser Thätigkeit gesetzten Gaslampen sämmtlich abgeschlossen sind. Dort
aber, wo der Schlieſser der Haupthähne wenig oder keine Kenntniſs von den in dem Arbeitsraume
brennenden Gaslampen besitzt und wo die Leitung auch für Beleuchtungslampen in
anderen Räumen dient, kann der Fall eintreten, daſs der Haupthahn vor dem Eintreffen
des mit den Laboratoriumsarbeiten Betrauten geöffnet wird. In allen diesen Fällen
wird Gas aus denjenigen Lampen ausströmen, welche beim Schlieſsen des Haupthahnes
brannten, und die Bildung von explosiven Gasgemengen veranlassen. Es ist daher
durchaus erforderlich, eine Sicherheitsvorrichtung einzuschalten, welche den
Gaszutritt in jedem Arbeitsraume, sobald der Haupthahn geschlossen ist, selbstthätig
bis zur Auslösung der Arretirung verschlieſst.
Eine solche Sicherheitsvorrichtung ist durch die R.
Koch'sche Gaslampe gegeben. Man hat nur nöthig, den Hahn derselben je nach
der Anzahl der im Arbeitsraume vorhandenen Gaslampen zu vergröſsern und die
Vorrichtung als erstes Glied in die Gasleitung einzuschalten, wie es in Fig. 3 angedeutet ist. So lange diese Lampe brennt,
ist der Gaszutritt für den Arbeitsraum freigelegt; wird aber der Haupthahn
geschlossen, so schlieſst sich selbstthätig auch der Hahn der Gaslampe und
sämmtliche brennende Lampen verlöschen, ohne bei wieder geöffnetem Haupthahne Gas
ausströmen zu lassen; erst dann, wenn die Koch'sche
Vorrichtung entzündet worden ist, können die Arbeitslampen in Thätigkeit gesetzt
werden. Es ist von groſsem Vortheile unterhalb des ⊤-förmigen Metallstückes, auf
welchem der Hebel des Hahnes aufliegt, eine die Flammengröſse regulirende
Vorrichtung einzuschalten; man öffnet dieselbe anfangs vollständig, um die Spiralen
rasch zu erwärmen, und stellt dann die Höhe der Flamme derart ein, daſs die Spiralen
nur so erwärmt werden, als es erforderlich ist, um den Hebel in wagerechter Lage zu
tragen. Die Fig. 3 zeigt bei d diese von mir angebrachte Vorrichtung zur bequemen Regulirung der
Flammenhöhe. Dieselbe verhindert eine übergroſse Anstrengung der Spiralfedern und
bedingt eine unbegrenzte Dauer ihrer Wirkung, welche durch starke Vernickelung aller
Theile noch vergröſsert wird.
Eine andere von mir in neuester Zeit construirte, vielfach erprobte, selbstthätig
wirkende Gasabschluſsvorrichtung beruht auf dem Prinzipe der Quecksilberwippe. Man
schaltet dieselbe in diejenige Rohrleitung als erstes Glied nach dem
Gasdruckregulator ein, deren Tag und Nacht brennende Gaslampen bei eintretenden
Störungen selbstthätig abgeschlossen werden sollen. Fig.
4 veranschaulicht den Apparat in Thätigkeit, bei geöffnetem
Gasdurchgangshahne d und brennendem Flämmchen l, Fig. 5 dagegen auſser
Thätigkeit, also mit geschlossenem Hahne d und ohne
Flämmchen l.
Auf einer eisernen, durch Schrauben befestigten Platte a
steht die Säule b, die nahe am Fuſse die Verschraubung
cg für die Gaszuleitung trägt und in den
Gasdurchgangshahn d mit rechtwinkliger Bohrung endigt,
welche den Gaszutritt in die Röhre f vermittelt oder
aufhebt. h ist die Verschraubung zum Anschlusse der Weiterleitung
zu den Gaslampen, e der gebogene Arm mit dem
Winkelhebel vw und dem Verbindungsstabe u mit Hülse t. Eine
stumpfwinklige gebogene Glasröhre s mit einerseits
erweitertem Gefäſse liegt in der Metallfassung o
befestigt, welche, durch das leicht bewegliche Gelenk bei m mit der Säule verbunden, sich im labilen Gleichgewichte befindet; die
Schrauben n begrenzen den Ausschlagswinkel nach rechts
und links.
Fig. 4., Bd. 253, S. 411
Fig. 5., Bd. 253, S. 411
Der am Hahnküken festsitzende, gebogene Hebelarm z endigt mit dem Gewichte x; die Röhre i trägt den kleinen Hahn k, welcher das Sicherheitsflämmchen l reguliren läſst. Dieses Flämmchen ist, wie sämmtliche von mir
gefertigten Sicherheitslampen, vor Luftzug durch einen passenden Glimmercylinder
geschützt (vgl. Fig. 1).
Um den Apparat in Gang zu setzen, hebt man Röhre s aus
den Fassungen or und t, bringt mittels Glasstab einen Tropfen Chloroform in dieselbe, gieſst so
viel Quecksilber nach, daſs dasselbe in der Röhre s den
in der Fig. 5 schwarz gezeichneten Raum einnimmt,
befestigt s in o und t und stellt die Schrauben n derart ein, daſs die Röhre s nach rechts in
die Lage der Fig. 5 gebracht wird. Ueber die
Erweiterung von s, welche der Wärme von l direkt ausgesetzt ist, schiebt man einen entsprechend
langen Drahtnetzcylinder. Man öffnet nun den Gashahn g
durch Heben von x, entzündet l und erwärmt die Erweiterung der Röhre s so
lange, bis durch das in den anderen Schenkel gedrückte Quecksilber derselben die
Lage der Fig. 4 gegeben ist, legt x auf w und vermindert die
Flammengröſse durch Hahn k in l derart, daſs das Quecksilber in der Röhre s
eine feste Lage eingenommen hat. In dieser Stellung Fig.
4 ist diese Vorrichtung so hergerichtet, um die angeschlossenen Lampen in
Thätigkeit zu setzen. So lange das Flämmchen l brennt,
so lange brennen auch die Gaslampen; verlöscht dasselbe durch Schlieſsen eines
auſserhalb liegenden Hauptgashahnes, so tritt nach kürzester Zeit das Quecksilber
aus dem linken in den rechten Schenkel der Röhre s, das
Gewicht x wird von w
abgeworfen und mit dem Hahne d gleichzeitig die weitere
Gaszuleitung abgeschlossen (vgl. Fig. 5), die nur
durch Wiederentzünden von l und Einstellen der Wippe
s geöffnet werden kann.
Diese Vorrichtung wirkt sehr genau, bedarf keiner besonderen Pflege; die einzelnen
Theile sind sämmtlich übersichtlich geordnet und die Einstellung vollzieht sich in
kürzester Zeit; ihre Aufstellung beansprucht nur einen kleinen Raum und der
Gasverbrauch der sehr kleinen Flamme l ist
auſserordentlich gering.Diese Gasabschluſsvorrichtungen werden in den Werkstätten von Dr. Rob. Muencke, Berlin NW.,
gefertigt.