Titel: Zur Verarbeitung von Paraffin und Ozokerit.
Fundstelle: Band 253, Jahrgang 1884, S. 412
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Zur Verarbeitung von Paraffin und Ozokerit. Patentklasse 23. Mit Abbildungen auf Tafel 30. Zur Verarbeitung von Paraffin und Ozokerit. Die zum Entfärben des Paraffins verwendeten Rückstände von der Blutlaugensalzfabrikation, Knochenkohle u. dgl. halten erhebliche Mengen von Paraffin zurück. Wernecke in Gerstewitz bei Weiſsenfels (* D. R. P. Nr. 27333 vom 27. Oktober 1883) verwendet nun zur Wiedergewinnung dieses Paraffins zwei mit einander verbundene Gefäſse I und II (Fig. 1 und 2 Taf. 30), welche durch einen trichterartigen Boden a und einen Siebboden b in die drei Abtheilungen B, C und D geschieden sind. Flüssigkeitszeiger e und Probirhähne h und i gestatten die Beobachtung der Vorgänge in den Gefäſsen. Der Betrieb beginnt damit, daſs die Abtheilung D des Apparates I mit Wasser oder einer Salzlösung durch den Trichter f bis zum Hahne h gefüllt wird. Am besten eignet sich eine solche Lauge, welche bei der für den Macerationsprozeſs nöthigen Erwärmung noch nicht ins Kochen geräth. Hierauf folgt die Beschickung des Gefäſstheiles B mit dem zu behandelnden Materiale. Dasselbe ist feinpulverig, so daſs es theilweise selbst durch die Löcher des Siebes b durchrieselt und nur durch die zwischen a und b befindlichen Filterstoffe, z.B. Hede, vom weiteren Durchfallen abgehalten wird. Nun wird das Lösungsmittel durch die Oeffnung E aufgegossen. Hierzu dienen leichte, aus Braunkohlentheer gewonnene Mineralöle, welche im Stande sind, eine gewisse Menge Paraffin in Lösung zu führen. Damit das Filtermaterial in C gleich von vorn herein mit solchem Oele getränkt und gegen die etwa auftretenden Wasserdämpfe geschützt wird, kann man auch durch den Trichter f Mineralöle eingieſsen. Nach erfolgter Beschickung und Schluſs der Oeffnung E wird in die Schlange d der Rückdampf aus der mit direktem Dampfe gespeisten Rohrschlange d des Apparates II, in welchem die Auslaugung beendet ist, geleitet. Zu dem Ende sind die Hähne M und N offen, ebenso die Hähne n, p und Q, dagegen m und r geschlossen. Die dadurch nach D gebrachte Wärme theilt sich der Lauge und durch diese dem Lösungsöle mit, welches bei dieser Temperatur das in den Materialien enthaltene Paraffin vollständig löst. Diese Paraffinlösung sinkt durch das Filter C nach D. Sobald dies in hinreichendem Maſse geschehen ist, wird durch Hahn g die Lauge mit der Paraffinlösung abgelassen. Dann wird im Apparate I zur Fertigdestillation geschritten, während der Apparat II nun entleert und frisch gefüllt wird. Zu diesem Behufe wird nach Schluſs der Hähne M und r unter Oeffnen von m direkter Dampf nach d geleitet, welcher durch q, P und N nach der Schlange d im Apparate II und durch R ins Freie streicht. Zugleich wird auch der Hahn o geöffnet und durch die offene Schlange c direkter Dampf in die Räume C und B geführt. Die durch den direkten Dampf in D, C und B erzielte Temperaturerhöhung bewirkt eine Verflüchtigung zunächst der nach D gelangenden Paraffinlösung, welche zum Theile als Dampf durch k abzieht, theils an der Füllung von B sich niederschlägt, abtropft und wieder verflüchtigt wird. Schlieſslich wird auch der letzte Rest des noch in der Beschickung befindlichen Oeles als Dampf durch k abgetrieben. Ist dies geschehen, so werden alle Hähne des Apparates I geschlossen, die vollkommen ausgelaugte Beschickung wird durch F entfernt und das Gefäſs für eine Wiederholung des Prozesses vorbereitet. Damit beim Bleichen von Ozokerit sich dasselbe durch zu hohes Erwärmen nicht dunkel färbt, wird es nach Ch. O. Chemin in Paris (D. R. P. Nr. 27 316 vom 22. Juli 1883) in Wasser geschmolzen, dessen Temperatur nicht über 70° steigt; schon bei 75° soll eine dunklere Färbung eintreten. Das von den niederfallenden Unreinigkeiten abgegossene Ozokerit wird in eine Retorte gefüllt, dann fügt man mittels eines Siebes gleichmäſsig vertheilt und allmählich 5 bis 15 Proc. Schwefelblüthe hinzu. Die Heizung der Retorte und die Einführung des überhitzten Dampfes geschieht auf die in Stearinfabriken üblichen Weise. Bei ununterbrochener Destillation soll ein gelbes, beim Erkalten krystallisirendes Product erhalten werden. Der Schwefel soll hierbei theils mechanisch, theils chemisch wirken. Chemin hebt hervor, daſs die bleichende Wirkung des Schwefels ausbleibt oder wenigstens in nur geringem Maſse eintritt, wenn das zu bleichende Ozokerit einmal auf eine höhere Temperatur, als 75°, erhitzt worden ist, woher es auch kommt, daſs das vorliegende Verfahren bei manchen im Handel vorkommenden Ozokeritsorten versagt, was eben lediglich dem Umstände zuzuschreiben ist, daſs diese Sorten früher über die angegebene Temperaturgrenze erhitzt waren. Das Destillationsproduct wird entweder, wie bei der Stearinfabrikation, in Formen gegossen, die gegossenen Kuchen werden warm gepreſst, wobei die Platten der Presse auf einer Temperatur von 35 bis 50° gehalten werden. Diese Pressung entfernt den gröſsten Theil der in der Masse enthaltenen Oele und der bei niedriger Temperatur schmelzenden Kohlenwasserstoffe. Oder man bringt das Destillationsproduct, nachdem man es auf eine der bekannten Methoden gepulvert hat, in eine auf einer Temperatur von 40 bis 50° gehaltene Schleudertrommel und führt alsdann Wasser von 45 bis 65° in Regenform ein, welches die in der Masse enthaltenen Oele und leicht schmelzbaren Kohlenwasserstoffe mit sich reiſst. Man kann dieselbe Arbeit auch bei gewöhnlicher Temperatur ausführen, indem man das warme Wasser durch Amylalkohol oder irgend ein anderes der bekannten Lösungsmittel für Oel und leicht schmelzbare Kohlenwasserstoffe ersetzt. Das auf dem einen oder anderen Wege erzielte Product wird im Wasserbade bei einer Temperatur von 35 bis 70° geschmolzen und dann 20 Proc. Amylalkohol beigesetzt. Das Ganze wird durch ein Rührwerk gehörig verrührt und dann in Formen gegossen und erkalten lassen. Die erzielten Kuchen werden einer zweiten Pressung in einer gewöhnlichen hydraulischen Presse unterworfen, dann von Neuem geschmolzen und 4 Stunden lang tüchtig mit Knochenkohle verrührt. Alsdann filtrirt man über Knochenkohle und erhält nunmehr eine vollständig weiſse, harte, klingende Waare mit einem Ertrage von 79 bis 80 Procent der rohen Masse. Die Rückstände der letzten Behandlung werden destillirt, um aus denselben das zur Anwendung gelangte Lösungsmittel wieder zu gewinnen, und alsdann einer neuen Menge Rohproduct beigemengt, um mit diesem wiederum den beschriebenen Gang durchzumachen. Um die beschriebenen Verfahren noch leichter durchzuführen, kann man dem Ozokerit vor der Destillation 25 bis 40 Proc. Erdöl oder Naphtarückstände beimengen. Um ein Product herzustellen, welches man an Stelle des Wachses zum Wichsen der Möbel, Parquetböden, Ledergeschirre u.s.w. verwenden kann, setzt man dem geschmolzenen Ozokerit je nach der Natur des zu erzielenden Productes 3 bis 20 Proc. Schwefelblüthen zu und mengt dazu noch 10 bis 100 Proc. Harz, Paraffin, gewöhnliches Wachs oder sonstige in Kohlenwasserstoffen lösliche Wachsarten bei. Weiſse oder hellgelbe Wachsersatzmasse erhält man, wenn man das in der vorbeschriebenen Weise gebleichte Ozokerit mit Harz, Wachs u.s.w. in den angegebenen Verhältnissen mischt. Diese Ersatzmittel sollen nach Chemin „Cires Parisiennes“ genannt werden.

Tafeln

Tafel Tafel 30
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