Titel: | Neuere Vorschläge für lenkbare Luftballons. |
Fundstelle: | Band 254, Jahrgang 1884, S. 20 |
Download: | XML |
Neuere Vorschläge für lenkbare
Luftballons.
Mit Abbildungen.
Neuere Vorschläge für lenkbare Luftballons.
Den ersten Luftballon von länglicher Form haben nach dem Bulletin
d'Encouragement, 1884 Bd. 11 S. 140 bezieh. dem
Génie civil, 1884 Bd. 4 S. 23
schon 1784 die Gebrüder Robert und der Herzog de Chartres probirt; zu seiner Bewegung konnten
die Genannten nur die unzureichende Menschenkraft benutzen. Im J. 1852 stellte Heinr. Giffard das erste mit Dampf getriebene
Luftschiff her, das ebenfalls länglich war und eine kleine Hochdruckmaschine mit
Kessel und eine Schraube mit zwei ebenen Flügeln besaſs; Giffard stieg allein in seinem Luftschiffe auf und fuhr zuerst abweichend
von der Windrichtung. Dupuy de Lôme setzte im J. 1872
seinen groſsen, mit reinem Wasserstoff gefüllten Ballon mittels einer von 7 Menschen
getriebenen Schraube von 6m Durchmesser in
Bewegung; er vermied so die Feuersgefahr und das Leichterwerden des Ballon in Folge
des Verbrennens des Brennstoffes. Gaston Tissandier
führte im J. 1881 während der Pariser Ausstellung seinen kleinen, elektrisch
getriebenen Ballon (vgl. 1882 243 496) vor, dessen
Schraube mit Seide überspannte Flügel besaſs; bei den Versuchen erreichte der Ballon
ungefähr 3m Geschwindigkeit in der Secunde bei
einer Leistung von 1mk auf der Welle der Schraube.
Von da an arbeitete Gaston Tissandier mit seinem Bruder
Albert gemeinsam an der Construction eines
gröſseren Luftschiffes; ersterer insbesondere bemühte sich eine mit
doppelchromsaurem Kali gefüllte Batterie herzustellen, nachdem er sich durch den
Versuch überzeugt hatte, daſs diese vortheilhaft die Accumulatoren ersetzen könne;
er strebte ferner danach den dynamo-elektrischen Motor zu verbessern (vgl. 1883 248 257) und einen leistungsfähigeren
Entwickelungsapparat für das Wasserstoffgas herzustellen. Albert Tissandier dagegen verwerthete sein architektonisches Wissen für
die Construction des eigentlichen, länglichen Ballon, seiner Aufhängungsdecke und
der Gondel. Die Versuche wurden vorwiegend in der in Paris-Auteuil dazu
eingerichteten Werkstätte ausgeführt.
Der erste elektrische Ballon (Fig. 1) ähnelt in seiner
Form denen von Giffard und Dupuy de Lôme; derselbe miſst in der Länge 28m von Spitze zu Spitze und hat in der Mitte 9m,2 Durchmesser; an seinem unteren Theile hat er einen kegelförmigen
Fortsatz, welcher in eine selbstthätige Klappe endet; das Gewebe besteht aus
Percalin, welcher mittels eines ausgezeichneten, von Arnoul in Saint-Ouen-l'Aumône gelieferten Firnisses undurchdringlich
gemacht ist. Der Ballon hat 1060cbm Inhalt. Die
Aufhängedecke ist aus Bändern gebildet, welche auf Längsstreifen fest aufgenäht sind
und von denselben in ihrer richtigen geometrischen Lage erhalten werden; so
schlieſsen sich die Bänder vollkommen dem aufgeblasenen Stoffe an und bilden keinen
Vorsprung, wie es die Maschen eines Netzes thun würden.
Fig. 1., Bd. 254, S. 21
Fig. 2., Bd. 254, S. 21
Fig. 3., Bd. 254, S. 21
Die Aufhängedecke ist an zwei biegsamen Tragbäumen befestigt, welche von Spitze zu
Spitze an den Seiten des Ballon herlaufen, sich der Form des letzteren eng
anschlieſsen und jede störende Aenderung derselben verhindern. Diese Tragbäume sind
aus dünnen Nuſsbaumlatten hergestellt, welche sich an der Länge nach gesägte
Bambusrohre anlegen; vereinigt sind dieselben durch Seidenbänder. An der unteren
Seite der Aufhängedecke laufen Seile dreieckförmig zusammen und enden in 20
Tragseile, welche sich in Gruppen zu je 5 an die vier oberen Ecken der Gondel
anheften. Die Gondel (Fig. 2 und 3) ist aus Bambusstäben hergestellt, welche durch
Seile und mit Guttapercha überzogene Kupferdrähte fest verbunden sind. Der untere
Theil der Gondel besteht ans einem Nuſsbaumrahmen, welcher einen Boden aus
Weidengeflecht trägt. Die Tragseile umschlieſsen die Gondel vollständig; sie sind in
den Boden eingeflochten und vorher mit einem Kautschuküberzuge versehen, welcher die
Seile bei einem etwaigen Unfälle gegen den Angriff der zur Füllung der Batterien
vorhandenen Säuren schützen soll. 2m oberhalb der
Gondel sind die Tragseile durch einen wagerechten Seilkranz unter einander
verbunden. An diesem Kranze, welcher übrigens eine gleichmäſsige Vertheilung des
Zuges beim Herablassen bewirken soll, sind die für das Landen erforderlichen Seile,
das Leitseil und das Ankerseil, befestigt. Das Steuerruder ist aus einer groſsen,
nicht gefirniſsten Seidenfläche, welche auf ihrer unteren Seite durch einen Bambus
festgehalten wird, gebildet und ebenfalls am Kranze nach hinten zu befestigt.
Das Gewicht des ganzen Ballon beträgt 704k,
nämlich: 170k der Ballon mit seinen Klappen, 70k die Aufhängedecke mit Steuer und Tragseilen,
34k die biegsamen seitlichen Tragbäume, 100k die Gondel, 280k der Motor, die Schraube und die Batterien nebst der zu deren 2½stündigem
Betriebe nöthigen Flüssigkeit und 50k die
Fangvorrichtungen (Anker und Leitseil). Mit 150k
für 2 Personen und die Instrumente und 386k
Ballast würde die Gesammtbelastung 1240k
ausmachen.
Der Bewegungsapparat besteht aus der von Victor Tatin
entworfenen Schraube mit zwei Flügeln von 2m,85
Durchmesser, ferner einer Siemens'schen
dynamo-elektrischen Maschine, neues Modell von kleinstem Gewichte, endlich einer
Batterie von leichten Kalibichromat-Elementen. Die Metallnabe der Schraube ist hohl
und in derselben sind zwei lange Stangen aus gutem und ganz trockenem Tannenholze
befestigt, welche im Voraus richtig gebogene Latten tragen; die äuſseren Ränder sind
aus dünnem spanischen Rohre gebildet; die Flügel sind mit Seidenzeug, welches mit
Gummilack gefirniſst ist, bespannt und werden durch Stahldrähte gespannt erhalten;
diese sehr sorgfältig hergestellte Schraube wiegt nur 7k.
Die Dynamomaschine, auf Guſsstahlgestell, enthält 4 Elektromagnete und 56
Abtheilungen in der Bewickelung; der Anker ist sehr lang im Verhältnisse zu seinem
Durchmesser; die Bürsten sind verstellbar; die Maschine wiegt nur 55k und kann 100mk
liefern.
Jede der 6 Abtheilungen der 4 Ebonitkästen einer Batterie enthält 11 Kohlen (von
150mm Höhe, 80mm Breite und 3mm Dicke) und 10 etwas
kleinere Zinke von 1mm,5 Dicke, die für 3 Stunden
ausreicht; die Zinkplatten sind vollkommen amalgamirt. Jede Abtheilung hat unten ein dünnes Ebonitröhrchen,
das mit einem Längskanale in Verbindung steht, von welchem ein Kautschukrohr nach
einem groſsen, sehr leichten Eboniteimer führt; wird letzterer mittels einer über
Rollen laufenden Schnur über den Spiegel der Batterie gehoben, so läuft aus dem
Eimer die angesäuerte doppelchromsaure Lösung in die Batteriekästen. Die 4 Eimer
enthalten jeder 301 Flüssigkeit. Die 24
Abtheilungen sind hinter einander geschaltet; die durch die Kanäle hergestellten
Verbindungen der Abtheilungen oder Elemente jedes Kastens sind unschädlich, weil der
Widerstand der Flüssigkeit so sehr groſs ist.
Der erste Versuch wurde am 8. Oktober 1883 unternommen. Die
Füllung des Ballon (von 1060cbm Rauminhalt)
dauerte von 8 Uhr Morgens bis 2½ Uhr Nachmittags. Um 3 Uhr 20 Minuten begann das
Aufsteigen bei schwachem Ostsüdostwinde, der auf der Erde fast = 0 war, in 500m Höhe jedoch eine Geschwindigkeit von 3m in der Secunde erreichte. Der Ballon schwebte
sehr gleichmäſsig in 400 bis 500m Höhe und blieb
beständig aufgeblasen; das überflüssige Gas entwich von selbst durch die untere
Sicherheitsklappe, welche sehr regelmäſsig arbeitete. Ein Quecksilberumschalter
gestattet 6, 12, 18 oder 24 Elemente der Batterie zu benutzen und dadurch die
Umdrehungszahl der Schraubenwelle zwischen 60 und 180 zu wechseln. Mit 12 hinter
einander geschalteten Elementen war die Eigenbewegung des Ballon in der Luft
ungenügend. Mit 24 Elementen vermochte der Ballon dem Winde Stand zu halten; bald
jedoch gerieth derselbe in Drehungen, welche durch das Steuer nicht vollständig
überwunden werden konnten; bei weiteren Versuchen aber fanden sich Mittel, die
Drehungen zu vermeiden. Beim Fahren normal zur Windrichtung blähte sich das Steuer
wie ein Segel und veranlaſste noch heftigere Drehungen. Daher dürfte ein Luftschiff
dieser Art nur in einer Stellung seiner Längsachse unter einigen Graden gegen die
Windrichtung zu benutzen sein. Beim Fahren mit dem Winde waren Abweichungen aus der
Windrichtung nach links und nach rechts leicht möglich. Um 4 Uhr 35 Minuten wurde
der Ballon bei Croissy-sur-Seine herabgelassen.
Fig. 4., Bd. 254, S. 23
Das zur Füllung dieses Ballon erforderliche Wasserstoffgas soll nach G. Tissandier aus
Eisen, Drehspänen und verdünnter Schwefelsäure hergestellt werden (vgl. auch Giffard 1878 227 * 366). Das
Eisen wird in 6m hohe Cylinder G (Fig. 4) gefüllt,
welche aus 8 einzelnen 45cm weiten Steingutröhren
aufgebaut und mit einem Kitte aus geschmolzenem Schwefel, Harz, Talg und Glaspulver
gedichtet sind. Die Schwefelsäure, gemischt mit 3 Vol. Wasser, tritt durch das Rohr
A unten in das Eisen, während die gebildete
Eisensulfatlösung durch das Rohr B und C abflieſst. Das entwickelte Wasserstoffgas steigt in
dem mit Eisenstücken gefüllten inneren, aus verbleitem Kupfer hergestellten Rohre
auf und entweicht seitlich durch das Rohr T zu einem
Waschapparate und zwei mit Natron und Chlorcalcium oder mit gebranntem Kalke
gefüllten Reinigern E. In der Glaskugel H befindet sich ein Thermometer und ein Hygrometer. Der
Apparat liefert ununterbrochen stündlich bis 300cbm Wasserstoff.
Ist die Lenkbarkeit des Tissandier'schen Ballon eine
immer noch sehr bedingte, so wird neuerdings von einem Versuche berichtet, welchen
die Génieofficiere Renard und Krebs mit einem in den Militärwerkstätten von Chalais erbauten Ballon
angestellt haben und der insofern ein durchaus befriedigendes Ergebniſs hatte, als
es zum ersten Male gelungen sein soll, das Luftschiff nach einer längeren Fahrt auf
den Ausgangspunkt zurückzubringen und an genau vorher bestimmter Stelle zu landen.
Nach dem Génie civil, 1884 Bd. 5 * S. 303 hat Hervé-Mangon der Akademie der Wissenschaften am 18.
August 1884 einen Bericht über das neue Luftschiff erstattet, welchem nachfolgende
Angaben entnommen sind.
Textabbildung Bd. 254, S. 24
Der Ballon selbst besitzt eine lang gestreckte Form und ist nach der beigegebenen
Skizze noch schlanker gehalten als der von Tissandier,
auſserdem aber nicht symmetrisch, insofern der vordere Theil merklich gröſsere Weite
besitzt als der hintere. Die Gondel ist möglichst nahe unter dem Ballon angebracht
und besitzt eine sehr groſse Länge. Hierdurch ist die Form des Ballon offenbar sehr
gesichert und dürfte in diesem Umstände, welcher es erst ermöglichte, einen so lang
gestreckten Ballon zu verwenden, mit der Hauptgrund des Erfolges liegen. Im
Gegensatze zu Tissandier wurde das starre Steuerruder an der Gondel selbst angebracht und
die Schraube an das vordere Ende derselben verlegt. Die Länge des Ballon beträgt
50m,42, sein Durchmesser 8m,40, während sich sein Gesammtrauminhalt auf
1864cbm beläuft.
Nach angestellten Versuchen war, um dem Ballon eine secundliche
Geschwindigkeit von 8 bis 9m zu ertheilen, eine
Nutzleistung von 5e erforderlich und wurde demnach
unter Berücksichtigung des Wirkungsgrades der Schraube die elektromagnetische
Maschine auf eine Leistung von 8e,5 berechnet,
wonach der zum Betriebe erforderliche Strom 12e
elektrisch bezieh. 8829 Volt-Ampère darstellt. Die diesen Strom liefernde Batterie
ist in 4 Gruppen getheilt, welche auf dreierlei Weise auf Spannung oder Strom
verbunden werden können. Das Gewicht der Batterie beläuft sich für die elektrische
Pferdestärke auf 19k,35. Die Schraube, über deren
Ausführung nähere Angaben fehlen, übte auf einen festen Punkt bei 46 Umläufen in der
Minute eine Zugkraft von 60k aus.
Der den 1864cbm Rauminhalt
entsprechende Auftrieb des Ballon von rund 2000k
vertheilt sich folgendermaſsen:
Ballon und innerer Hilfsballon
369k
Hemd und Netz
127
Gondel
452
Steuer
46
Schraube
41
Maschine
98
Gestell und Zwischenmechanismen
47
Schraubenwelle
30,5
Batterie, Apparate und Zubehör
435,5
Luftschiffer
140
so daſs verbleiben
für Ballast
214
–––––
2000k.
Die Fahrt wurde um 4 Uhr Abends begonnen bei fast windstillem Wetter. Der Ballon erhob sich langsam bis
über die umgebenden Höhen, worauf die Maschine in Bewegung gesetzt wurde und unter
ihrer Wirkung der Ballon sich in beschleunigte Bewegung versetzte, dabei jeder
Weisung des Steuers genau folgte. Zunächst wurde eine südliche Richtung auf die
Ebene von Chatillon und Verrières zu eingeschlagen, darauf in der Nähe der
Landstraſse von Choisy nach Versailles die Fahrt nach letzterem Orte gerichtet. Da
nun der Ballon sich als völlig lenkbar bewies, so wurde beschlossen, zurückzukehren
und in Chalais selbst den Versuch zu wagen, niederzusteigen trotz des geringen
Raumes, der dort für eine Landung zu Gebote stand. Der Ballon drehte sich unter
einem Ausschlage des Steuers von nur 11° in einem Kreise von 300m Durchmesser und gelangte ohne Schwierigkeit nach
Chalais zurück. Hier wurde sodann mit derselben Leichtigkeit eine Schwenkung nach
links ausgeführt, worauf der Ballon sich in 300m
Höhe über seinem Auffahrtspunkte befand und durch Oeffnen des Ventiles zum Sinken
gebracht wurde. Hierbei muſste die Maschine abwechselnd vorwärts und rückwärts
arbeiten, um den Ballon genau auf die für die Landung gewählte Stelle zu bringen.
Als derselbe sich etwa noch 80m über dem Boden
befand, wurde ein herabgelassenes Seil ergriffen, mittels dessen der Ballon mit
Leichtigkeit auf denselben Wiesenfleck gebracht wurde, von welchem er aufgestiegen
war, worauf die Landung ohne Störung vor sich ging.
Die Gesammtlänge des durchfahrenen Weges betrug 7km,6 und wurde in 23 Minuten zurückgelegt.
Hiernach ergibt sich die mittlere secundliche Geschwindigkeit zu 5m,50. Die Zahl der verwendeten Elemente belief
sich auf 32, die im Mittel erforderliche Stromkraft betrug 250mk. Die Wirkungsgrade der Maschine sowohl, als der
Schraube sind zu 0,7 anzunehmen, beider zusammen demnach rund gleich 0,5. Die
mittlere Fortbewegungsarbeit war also etwa 125mk
und der Widerstand des Ballon angenähert gleich 22k,8. Mehrere Male während der Fahrt begann der Ballon um 2 bis 3° auf- und
abzuschwanken, ähnlich dem Stampfen eines Schiffes, sei es nun, daſs dieses Stampfen
durch Unregelmäſsigkeiten der Form, sei es, daſs es durch örtliche, senkrecht
gerichtete Luftströmungen hervorgerufen wurde.
So weit der französische Bericht. Bei einem neueren Versuche,
welcher am 12. September zu Meudon in Gegenwart des Kriegsministers Campenon vor sich ging, ist dagegen nach dem Figaro die Lenkbarkeit des Ballon in Folge des starken Windes nicht möglich gewesen. Nach dem Petit Journal sollen indeſs die Unternehmer mit dem Erfolge zufrieden
gewesen sein.
Inzwischen scheint der erste günstige Erfolg des Versuches von Renard und Krebs die
Aufmerksamkeit der Ingenieure in Frankreich dem Luftschiffe in hohem Grade
zuzuwenden. Im Génie civil, 1884 Bd. 5 * S. 333 bezieh.
* S. 334 werden wenigstens gleich zwei neue Vorschläge zur Construction lenkbarer
Ballons besprochen.
Der erste von Duroy de Bruignac betrifft die
vortheilhaftere Anbringung der Schraube, so daſs deren Kraftrichtung nicht bloſs
nahe dem Mittelpunkte des Widerstandes vorbei, sondern durch denselben hindurch
geht. Zu diesem Zwecke wird empfohlen, anstatt eines zwei Ballons neben einander
anzuordnen, um so die Schraubenwelle zwischen denselben unterbringen zu können.
Der andere Vorschlag bezieht sich auf die Anwendung von Preſsluft und rührt von D. Stapfer in Marseille her. In Anbetracht, daſs z.B.
ein Whitehead'scher Torpedo bei nur 350k Gewicht 15 Minuten lang eine Arbeit von 4e leisten kann, kommt Verfasser zum Schlüsse, daſs
Preſsluft ein ganz geeigneter Motor für ein Luftschiff insbesondere für militärische
Zwecke sei, und schlägt vor, in einem etwa 20m
langen und 36cm weiten Rohre von 5mm Wandstärke eine Luftmenge von 20001 auf 50 bis 60at zu verdichten und auf eine am hinteren Ende des Rohres angebrachte
Torpedomaschine, welche unmittelbar zum Betriebe einer Luftschraube dienen könnte,
wirken zu lassen.
Das Gewicht dieses Rohres mit Maschine, Bühne für die Gondel und
mit Luft von angegebener Spannung gefüllt, würde 1104k betragen. Der Vortheil würde darin beruhen, daſs dieses Rohr, in zwei
Theile zerlegt, bequem fortzuschaffen wäre und auch die Apparate zum Füllen
desselben einfach und bequem durch einen von 2 Pferden betriebenen Göpel bethätigt
werden könnten. Ein weiterer Vortheil dürfte darin bestehen, daſs dieses Rohr in vortheilhaftervortheihafter Weise eine gute Stützung für einen langgestreckten Ballon abgeben könnte.
Immer aber würden die Apparate zur Erzeugung des Wasserstoffgases zum Füllen der
Ballons ihrer Schwerfälligkeit halber ein gewichtiges Hinderniſs zu einer
ausgiebigeren Benutzung der lenkbaren Ballons zu militärischen Zwecken im Felde
bieten und nimmt daher Stapfer an, daſs die Heere sich
vorläufig zu Rekognoscirungszwecken mit kleinen, etwa 800cbm fassenden und mit Leuchtgas gefüllten Ballons
begnügen würden.
Schlieſslich sei noch ein Luftschiff erwähnt, welches Gustav
Koch als Modell von 140cbm Inhalt
ausgeführt und in München, Stuttgart u.a. O. ausgestellt hat. Dieser Ballon besitzt
eine cylindrische Form mit halbkugelig abgerundeten Enden. Als Treibapparate dienen
zwei 4flügelige Schrauben, welche in einem mit der Gondel verbundenen Gestelle
oberhalb letzterer möglichst nahe unter dem Ballon angeordnet sind. Als Steuer dient
ein dreieckiges, am hinteren Ende des Ballon angebrachtes Segel, welches von der
Gondel aus durch Schnüre gelenkt wird.
Trotz der geringen Gröſse des Ballon genügt die Steigkraft
desselben, um einen 4jährigen Knaben zu tragen, welcher mittels eines Schnurtriebes
die beiden Schraubenflügel in mäſsig rasche Drehung versetzt, was trotz der nicht
gerade günstigen Form des Ballon eine Eigengeschwindigkeit von etwa 1m erreichen läſst. Dabei gehorchte der Ballon bei
den bisher allerdings nur in geschlossenen Räumen angestellten Versuchen dem Steuer recht
befriedigend. Für ein demnächst nach dieser Anordnung auszuführendes gröſseres
Luftschiff ist als Triebkraft Elektricität vorgesehen, oder aber es soll zum
Betriebe der Schrauben eine durch dem Ballon entnommenes Gas gespeiste
Gaskraftmaschine verwendet werden. Im letzteren Falle hofft der Erfinder, durch
Anwendung eines rotirenden Gasmotors das Maschinengewicht auf etwa 6k für 1e
herabbringen zu können.
Wenn auch die Flugmaschine der Zukunft eher auf aerodynamischem Prinzipe beruhen
wird, so ist nicht daran zu zweifeln, daſs der lenkbare Ballon vorläufig einen
wichtigen Abschnitt auf dem Wege zur Lösung der Flugfrage bilden und mannigfacher
Verwendung fähig sein würde.